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Glosse

Nudeln mit Scheiße

Universitäten waren schon immer ihrer Zeit voraus. Nicht nur auf dem Gebiet der Wissenschaft, sondern auch und gerade im politischen und gesellschaftlichen Bereich. Die außerparlamentarische Opposition der 68er-Studentenbewegung ist dafür nur ein Beispiel. Der akademische Elfenbeinturm ist Seismograf der Gesellschaft. Dort kündigen sich bevorstehende Entwicklungen und Fortschritte frühzeitig an. Das Studentenwerk Niederbayern/Oberpfalz bezieht nun Stellung zu dieser Tradition – mit einer der Zukunft zugewandten Mensa.

Von Marius Cramer

Auf dem Porzellanteller sind liebevoll Nudeln mit einem wabbeligen braunen Überzug drapiert. Dazu reicht man Kirschen. Dies lässt nicht nur vermuten, dass die Metro gerade wieder Schattenmorellen im Angebot hat. Nein. Dieses Gericht – Schokonudeln genannt – ist viel mehr, ja, es ist die Konkretisierung des sich selbst emporhebenden Geistes deutschen Erfindungsreichtums.

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Zu den Zeiten der napoleonischen Besatzung formierten sich Studentenverbindungen und kämpften für das Ende der Kleinstaaterei. Zur Deutschen Revolution wandelte sich die Bewegung schließlich zum Republikanismus hin – man kann sagen, das erste Anzeichen einer Demokratie. Deutschland hat nicht nur eine Weile gebraucht, um dieses Geschenk anzunehmen, vielmehr hat sich das Rad auch gedreht, denn heute haben die Verbindungen erhebliche Defizite mit ihren eigenen Werten. So mag es anscheinend auch mit den Schokonudeln sein, dem zeitgenössischen Hambacher Fest für Feinschmecker.

Das Hambacher Fest für Feinschmecker: Schokonudeln.

Schluss mit den altbackenen Traditionen der gastronomischen Diktatur. Unzeitgemäße Schnitzel mit Kartoffelsalat oder Reisepfannen mit Gemüse haben nichts auf den Tabletts der hungrigen Studenten zu suchen. Wer immer nur dasselbe frisst, der denkt auch immer nur dasselbe. Beflügelt werden muss der Verstand und zwar mit aller schöpferischen Kraft, die ein Mensaessensdesigner aufbringen kann. Nur so züchtet man das neue Leistungsträgergeschlecht unserer Nation heran.

Doch wie kommt man auf derart umwerfende Ideen; von welchen Musen wurde die Gastronomie des Studentenwerks geküsst?

Online gibt es das Rezepte-Portal www.chefkoch.de, auf dem jeder seine fantasiereichen Küchengeburten veröffentlichen kann. Liebhaber dieser demokratisierten Küche haben gar ein Fanblog gegründet: Worst of Chefkoch. Zwischen Bananencremesuppe mit Hackfleisch, die zusätzlich auch noch mit Kokosraspeln und 250 Gramm Ananas angereichert wird, oder Leberkäse an Pesto verde mit Schlagsahne wirken auch die Kreationen des Studentenwerkes nicht fehl am Platz.

Dass man auf diesen reichen Fundus zukunftsweisender Küchenideen zurückgreifen würde, bestreitet das Studentenwerk allerdings. Man koche einfach gerne „kreativer“ und habe bereits genug Inspirationsquellen, heißt es auf Nachfrage. Und natürlich gibt es auch Klassiker wie den legendären Pilz-Toast: zwei Scheiben Toast, eine Handvoll Dosenchampignons, 3. Wahl, bedeckt mit geraspeltem Käse. Macht dann Zweieuroirgendwas.

Die Beilagen, die als nahrhafte Ergänzungen angeboten werden, tragen hingegen weniger freigeistige Namen. Sie klingen – standesgemäß – wie wissenschaftliche Bezeichnungen: „Salatmix Zucchinirohkost Blaukraut-PreiselbeerrohkostG Joghurt-Zitronen-Dressing Balsamico Dressing G“. Der arme Germanistikstudent, der sich – mangels Fachwissen – nichts darunter vorstellen kann, mag sich dann passend zur gerade stattfindenden Georg-Bücher-Vorlesung verzweifelt seine Schüssel Erbsen herbeisehnen.

Geklaut hat die Mensa also nicht. Es scheint eher andersherum, denn auf Amazon gibt es ein lustiges Gesellschaftsspiel namens Shit fall into the Bowl. Die Macher müssen wohl durch einen Regensburger Mensaaufenthalt inspiriert worden sein, denn es ist bereits ausverkauft.

Wer hat hier bei wem geklaut?

Es kommt eben immer darauf an wie man sich verkauft. In einem (ebenfalls gut verkauften) Lokalroman wird von Spaghetti Creola gesprochen, gerade weil Nudeln mit ‘n bisschen Currysoße nicht sonderlich geheimnisvoll klingen. Und während Schokonudeln in der Mensa noch relativ günstig zu haben sind, würde „Pasta con le déféquer“ in einem dieser pseudo-schicken Schuppen in der Altstadt bestimmt für 9,80 Euro über die Theke gehen. Die Universität nimmt eben auch hier wieder eine Vorreiterrolle ein – passend zur hippen, jungen Altstadt, zu deren Aufwertung sie erneut einen wertvollen Beitrag geleistet hat. Also dann: an Guadn.

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Kommentare (5)

  • Horst

    |

    Da unten steht: “Ist Ihnen dieser Text etwas wert?” Meine persönliche Gefühlslage diesbezüglich: Nö. Und ich frage mich außerdem, warum r-d dieser lustig sein wollende Text über ein brandheißes Thema wie “In der Uni-Mensa gibt es ab und zu grenzwertige Gerichte” eine Veröffentlichung wert ist.

  • Bernd

    |

    Bravo, Cramer, Bravo. Ein Höhepunkt jagt den anderen. “Dies lässt nicht nur vermuten, dass die Metro gerade wieder Schattenmorellen im Angebot hat” – Brüller. Danke auch für “Shit fall into the Bowl” und “Worst of Chefkoch”. Made my day.

  • Barnie Geröllheimer

    |

    Gequirlte Shice. Nicht das Essen, der Text.

  • liltroll

    |

    Furchtbar schlechter, unlustiger Text. Kann mich Horst nur anschließen: Wo ist die Relevanz und was macht sowas auf r-d? Sommerloch?

  • Mitesser

    |

    1 A Text, den man so eigentlich nur in der MZ erwartet hätte.

Kommentare sind deaktiviert

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