Es gibt kein richtiges Leben im falschen. Aber das bessere Leben, das gibt es schon. Um das geht es in dem soeben angelaufenen gleichnamigen Film der polnischen Regisseurin Malgorzata Szumowska, und das muss man gleich vorwegnehmen: Die erfolgreiche Pariser Journalistin Anna, bis ins letzte Zucken der Mundwinkel authentisch gespielt von Juliette Binoche, erkennt, dass sie doch nicht auf der richtigen Seite steht.Ausgerechnet die zwei jungen Studentinnen, die sich ihr Studium mit Prostitution verdienen und die sie sich deswegen als Studienobjekt für ihre nächste Zeitschriftenreportage ausgesucht hat: ausgerechnet diese bemitleidenswerten Geschöpfe, diese armen Flittchen – sind glücklicher als sie, führen das bessere Leben.
Wenn die bürgerliche Journaille übers „Rotlichtmilieu“ herfällt, kann man Gift drauf nehmen, dass erstens Empörung über die Arbeitsbedingungen der Prostituierten vorgeheuchelt wird, während zweitens gleichzeitig alles sehr kitzlig und schlüpfrig und aufregend ist. Und natürlich ist das ganze in eine einzige, große Distanzierung eingehüllt: Man berichtet über etwas, womit man nichts zu tun hat und nichts zu tun haben will.
Der Gegenfilm zu „Tag und Nacht“
Im Kino ist das nicht anders, wie die österreichische Filmemacherin Sabine Derflinger mit „Tag und Nacht“ sehr eindrucksvoll vorgeführt hat: zwei Studentinnen in Wien gehen anschaffen und gehen daran, wie das eben so kommen muss, zugrunde. Ein Film, der ganz locker und flockig beginnt und mit einer einzigen Moralkeule endet. Zu dem Zweck bedient sich Derflinger des uralten Märchens, das da lautet: Männer, die zu Prostituierten gehen, sind erstens pervers und zweitens gewalttätig. Aber wenn man schon solche Sachen wie den Förderungspreis des österreichischen Bundeskanzlers an der Backe bzw. am Revers hat, dann fühlt man sich vermutlich verpflichtet, derlei Schmäh zu verbraten.
„Das bessere Leben“ ist regelrecht der Gegenfilm zu „Tag und Nacht“. Malgorzata Szumowska entkommt Derflingers Dilemma mit einem einfachen Kunstgriff: sie macht den schrägen, verlogenen gutbürgerlichen Blick auf die Prostitution zum Thema, indem sie die Journalistin Anna in den Mittelpunkt stellt. Die ist sich sehr sicher, dass sie mit den beiden jungen Frauen, die sie interviewt, nicht das geringste gemein hat. Schließlich ist sie, um mit Georg Büchner zu reden, „eine honette Person“!
Es ist, wie so oft, ein beiläufiger Satz, der die ganze Geschichte zum Kippen bringt. Auf ihre immergleichen Fragen an die beiden Prostituierten („Was empfinden Sie dabei?“, „Fühlen Sie sich nicht gedemütigt?“ usw.) antwortet eine einmal: „Und wie ist das bei Ihnen?“ Aber so ist das natürlich nicht gedacht! Annas distinguierte Antwort: „Ich denke, dass wir dabei bleiben sollten, dass es hier um Sie geht!“
Die hochheilige Demarkationslinie ist bürgerlicher bullshit
Bis Anna nicht mehr um die Erkenntnis herumkommt: es geht eben doch auch um ihr eigenes Leben. Die hochheilige Demarkationslinie zwischen den bemitleidenswerten Gossenmädchen und der Dame höheren Standes ist bürgerlicher bullshit. Auch eine noch so arrivierte und feine Dame hat mit den von ihr verachteten Professionellen mehr gemein, als erlaubt ist. Mit beharrlicher Empathie verfolgt Szumowska Annas Leidensweg, an dessen Ende die keineswegs verzweifelte Einsicht steht: An den Frauen geht’s immer zuerst raus, egal ob sie auf den Strich gehen oder in einem Luxusapartement ihren Mann bekochen dürfen. Beziehungsweise in dem Fall: den Chef des Göttergatten. Das ist das schönste am „Besseren Leben“: Als Anna schließlich und endlich mit ihrem Mann und dessen Chef zu Tische sitzt, ist sie soweit: sie steht drüber, sie sieht durch den blöden Chef hindurch, sie sieht die richtige Realität, die wirklich wichtigen Dinge. Was das ist, wird natürlich nicht verraten.
(Bis 11.4. im Ostentor, anschließend in der Filmgalerie im Leeren Beutel)
Anfang des Jahres hat GfK Geomarketing verkündet, dass Regensburg seinen Titel als Singlehauptstadt verteidigt hat. Sieht so aus, als ob sich besagte Zielgruppe was Neues einfallen lassen müsste für die Liebe. Sind Speed-Dating, Single-Stadtführung und Elite-Partner denn tatsächlich hilfreich, einsame Herzen einander näher zu bringen? Ach was!
Es ist eine feine Ausstellung, die da derzeit am Arsch der Welt stattfindet. Die Kunstreihe TAMTAM macht Station in Regensburg und der Umgang der Offiziellen damit ist ein schlagendes Beispiel kulturpolitischer Ignoranz.
Mit einem Riesenfussball reisten die Regensburger Jakob Schmid und Franz Berzel 1932/ 33 kreuz und quer durch Deutschland – wir veröffentlichen das Tagebuch der beiden Ballonauten.
Wenn man sich schon als Türsteherin und Gast kannte, klappt’s Jahre später auch mit dem Pachtvertrag. Die Cafébar wird – entgegen aller Befürchtungen – nicht geschlossen.
Mehr Straßen mit Frauennamen? Ja, wo kämen wir denn da hin? Warum Frauen mit entsprechenden Verdiensten nur schwer zu finden sind und warum sich Hans Schaidinger aus der (noch einzuführenden) Chauvi-Kasse eigentlich ein paar Euros genehmigen dürfte, diskutierten die Stadträtinnen und Stadträte letzten Dienstag.
„Ein hohler, dünnwandiger, leicht verformbarer Gegenstand, der zur Aufnahme von anderen Gegenständen geeignet ist.“ Was sich beim ersten Lesen (bei Wikipedia) doch etwas geheimnisvoll anhört, ist zunächst einmal ein gar nicht so unbekannter Gegenstand: der Beutel. Doch die Zeiten, in denen ebendieser Gegenstand nur ganz banal zur Aufnahme anderer Gegenstände verwendet wurde, scheinen vorbei zu sein.
Möglichst hoher Zinssatz oder ethisches Investment? Eine Demonstration am kommenden Freitag soll darüber aufklären, womit Finanzdienstleister die Renditen für ihre Kunden erzielen. Da ist von Nahrungsmittelspekulation bis Streumunition alles dabei, was richtig Geld bringt.
Die Turnhalle am Goethe-Gymnasium bekommt eine komplett neue Lüftung. Das beschlossen die Stadträte am Dienstag einstimmig. Ob nun die Stadt und damit der Steuerzahler für Lüftung und allen anderen Kosten aufkommen muss, die in Zusammenhang mit der mehrfachen Sperrung der Halle entstanden sind, oder das planende Architekturbüro, ist bislang unklar. Ebenso wie hoch der entstandene Schaden eigentlich ist.
Die „katholische Grundhaltung“ reicht bis zum Uniklinikum: Fast alle Regensburger Krankenhäuser verweigern Frauen ein Rezept für die „Pille danach“. Als Reaktion auf die Berichterstattung bei regensburg-digital haben die Regensburger JuLis einen Antrag beim Bundeskongress eingereicht, der vergangene Woche mit breiter Mehrheit verabschiedet wurde: Die „Pille danach“ soll es rezeptfrei geben. In Regensburg starten die JuLis eine Informationskampagne.
Wer heute noch echten Fußball mit Herz, ohne Millionäre oder Spielerberater sehen will, der schaut sich ein Turnier der Extraklasse an und besucht die „alternativen“ Meisterschaften der Freizeitmannschaften. Blut, Schweiß, Tränen, na auf jeden Fall viel Schweiß und Spaß haben die zu bieten, nicht zuletzt ist Regensburg eine Metropole der alternativen Teams in Deutschland.
Mit einem Riesenfussball reisten die Regensburger Jakob Schmid und Franz Berzel 1932/ 33 kreuz und quer durch Deutschland – wir veröffentlichen das Tagebuch der beiden Ballonauten.
Vor 70 Jahren, am 2. April 1942, begann die Deportation der Regensburger Juden. An diesem Tag wurde mit 109 Personen die größte Gruppe verschleppt. Vier Tage später trafen sie in der Nähe der ostpolnischen Stadt Lublin, in Piaski, ein. Ermordet wurden diese Regensburger im Laufe der folgenden Monate zumeist in den Vernichtungslagern von Bełżec und Sobibor. Welche Situation fanden die deportierten Juden in Piaski bzw. in den Todeslagern vor? Eine Skizze des Weges in die Vernichtung aufgrund aktueller Fachliteratur.
Ein Kulturfest in einer von Regensburgs schönsten Grünflächen zur Bereicherung der sommerlichen Kultur-Tour-de-Force? Das klingt schön, wenn auch nicht besonders innovativ. Vier Abende im Stadtpark sind vom 28. Juni bis zum 1. Juli dieses Jahres geplant, der Slogan des Festes: „Von Regensburg für Regensburg“. Ein Fest für alle! Für alle jedenfalls, die auf Verdi, Orff oder sinfonische Blasmusik stehen und einigermaßen solvent sind.
Ein erneuter Coup für das Immobilienzentrum Regensburg. Die hochaktive Aktiengesellschaft ist nun auch größter Grundstückseigentümer am Alten Schlachthof. Sozialwohnungen werden in dem am Donnerstag angepriesenem „Marina-Quartier“ nicht entstehen. Die kommen alle an eine Ecke am Straßenrand.
Der missglückte Versuch von Bürgermeister Gerhard Weber, einen Lehrer am Regensburger Goethe-Gymnasium mundtot zu machen, hat Ruth Lewerenz zu einer kleinen Politsatire inspiriert.
Keinen Erfolg hatte Schulbürgermeister Gerhard Weber mit dem Versuch, einen kritischen Lehrer des Goethe-Gymnasiums bei seinen Vorgesetzten anzuschwärzen. Doch Weber ist nicht nur für Schulen, sondern auch für Sport zuständig. Und auch hier kann es vorkommen, dass der Bürgermeister schon mal zu unsportlichen Mitteln greift.
20 Millionen für ein Museum des Freistaats, fast 50 Prozent mehr für das Haus der Musik: In Regensburg fließen die Millionen offenbar wie das Wasser der Donau. Auch die Opposition stimmt größtenteils zu, wenn auch zähneknirschend und nur deshalb, weil es eh nicht mehr anders geht.
Der Regensburger Bischof G.L. Müller stellt seine Gegner gern als ungebildetes, ungehobeltes, selbstsüchtiges Volk dar. Ein besonders ungebildeter, ungehobelter und selbstsüchtiger Müllerkritiker starb heute vor einem Jahr: der Studiendirektor a.D. Klaus Karl. In den zahlreichen Nachrufen auf ihn, sowohl in der Zeitung als auch bei der Beerdigung, wurden Karls exorbitante Bildung und sein mustergültiges Engagement um das Gemeinwohl gerühmt. Dass er gleichzeitig einer der vehementesten und wortgewaltigsten Kritiker des Bischofs war, vergaß man zu erwähnen. Deshalb hier zum ersten Todestag ein Rückblick auf ein ungewöhnliches Leben.