Update I: Am Montag, 14. November, haben wir eine Abmahnung von “Die Freiheit” erhalten. Unten stehender Artikel sei geeignet, die Partei “in der öffentlichen Meinung als verachtenswert erscheinen zu lassen”. Streitwert: 50.000 Euro.
Wir werden die Unterlassungserklärung nicht unterzeichnen und haben die Berliner Anwaltskanzlei der “Freiheit” aufgefordert, die Abmahnung bis zum 1. Dezember zurückzunehmen. Die Gewerkschaft verdi hat uns Rechtsschutz zugesagt.
Vorerst verweisen wir auf den Artikel der Webevangelisten: Rassisten muss man Rassisten nennen.
Update II: Am 12. Dezember hat die Rechtsanwaltskanzlei von “Die Freiheit” nach diversen Drohgebärden erklärt, dass man “weitere gerichtliche Schritte (…) derzeit für nicht notwendig” hält. Wir können den Betroffenen von solchen Einschüchterungsversuchen nur raten, sich nicht einschüchtern zu lassen.
Unser Artikel vom 9. November:
Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein Stand der Bayernpartei – weißblaue Fahne, Tischdecken mit Rautenmuster und einer der Männer, die da am Wochenende lächelnd auf dem Neupfarrplatz stehen, hat sogar einen Janker an. Sie erzählen von den Billionen, die da sinnlos in Brüssel verschwendet werden, von Deutschland als „Zahlmeister Europas“ und verteilen abgetippte Zeitungsartikel, ohne Impressum. „Die Freiheit“ geht nun auch in Regensburg auf Mitgliederfang. „Bürgerrechtspartei für mehr Freiheit und Demokratie“ nennt sich die Ende 2010 gegründete Vereinigung, ausgewiesene Rechtspopulisten sind es, die da Freiheit, Demokratie und Bürgerrechte im Mund führen.
Freiheit a la „Die Freiheit“
In Zeiten von Finanz- und Eurokrise machen sich solche Schlagwörter gut; einige Passanten bleiben stehen und lassen sich belabern. Und wenn sich der eine oder andere doch mal zu erinnern glaubt, dass er es hier mit einer „NPD light“ zu tun hat, kommt wie aus der Pistole geschossen: „Nein. Wo denken Sie hin. Wir sind eine Partei der Mitte.“ Mit der Wahrheit hat das freilich wenig zu tun.
Im Oktober 2010 wurde „Die Freiheit“ von dem ehemaligen Berliner CDU-Abgeordneten René Stadtkewitz gegründet. Sie unterhält unter anderem Kontakte zu Rechtsextremisten in Schweden, der FPÖ in Österreich, der Geert Wilders-Partei „für die Freiheit“ in den Niederlanden oder Vlaams Belang in Belgien.
Wie weit es mit der Freiheit her ist, die „Die Freiheit“ zu vertreten behauptet, zeigen Forderungen im Grundsatzprogramm nach einer Verschärfung der Abtreibungsregelungen, nach Zuwanderungsstopp, Rentenkürzungen für Kinderlose oder die darin formulierte Behauptung, es gebe „linksideologisch motivierte Experimente zur Umerziehung der Bevölkerung und sozialistischer Gleichschaltung unserer Gesellschaft“.
Schön formuliertes „Ausländer raus!“
„Das Recht auf Heimat ist ein Menschenrecht, welches für alle Völker zu wahren und umzusetzen ist“, heißt es in der so genannten „Jerusalemer Erklärung“, die Stadtkewitz zusammen mit Vertretern der oben genannten Parteien im Dezember 2010 unterzeichnete. Das kann man auch kürzer ausdrücken, allerdings klingt es dann nicht mehr so schön: „Ausländer raus!“ Gemeint sind dabei in erster Linie Muslime.
Undifferenziertes Eindreschen auf den Islam gehört zum Programm. Rassismus kommt unter dem Deckmäntelchen einer vorgeblichen Fundamentalismus-Kritik daher. Wie die Frankfurter Rundschau kürzlich berichtete bestehen dementsprechend enge Kontakte von „Die Freiheit“ zu und personelle Verflechtungen mit dem Internetportal „Politically Incorrect“ (PI), das sich immer wieder durch hetzerische und rassistische Artikel gegen Muslime auszeichnet.
Moschee-Bau im Visier?
Münchner Vertreter von PI wurden im vergangenen Jahr regelmäßig in Regensburg angekarrt, um sich bei Veranstaltungen zum geplanten Moschee-Bau einzumischen. In anschließenden Artikeln auf dem Internet-Portal zeigten sich die Autoren enttäuscht über die angeblich so unkritischen Regensburger und ereifern sich über die Regensburger CSU-Stadträtin Bernadette Dechant und Polizeidirektor Wolfgang Mache, die es gewagt hatten, Widerworte zu geben oder die PI-Vertreter gar der rechten Szene zuzuordnen.
Am Wochenende halten sich „Die Freiheit“-Aktivisten in Regensburg mit ihren Islam-Thesen zurück, zumindest im direkte Gespräch mit uns. Es geht um den Euro, die bösen Bürokraten in Brüssel und die Griechen, denen man doch nicht immer noch mehr Geld hinterher werfen solle. Das passt eben gerade zur Stimmung. Da springt man gerne populistisch auf und eine Debatte über den Moschee-Bau in Regensburg – die kommt bestimmt wieder…