Innere Sicherheit. Die Zeiten, in denen allein die Polizei dafür zuständig war, sind vorbei. Was das Personelle angeht, ziehen sich Bund und Land zunehmend zurück. Andere füllen dieses Vakuum. Städte schaffen kommunale Ordnungsdienste, wie zum Beispiel in Regensburg. Unternehmen, Politiker und Prominente aus allen Bereichen setzen verstärkt auf die Privatwirtschaft: Sicherheitsdienste sind eine Boom-Branche.
Diese Sicherheitsdienste wirken auf den ersten Blick seriös und zuverlässig. Sei es nun der Internetauftritt des Branchenriesen BOS Franken Security GmbH, die Homepage seines Kooperationspartners HSD Sicherheitsdienst in Nittenau oder die B.O.P.D. Security Management, eine Firma aus Burglengenfeld, die sich wiederum als Partner von HSD ausweist: Die Referenzen lesen sich beeindruckend. Selbst beim kleinsten der drei, der B.O.P.D.. Firmenchef Martin Stangl führt auf seiner Referenzliste neben einer Reihe namhafter Künstler und Unternehmen auch „V.I.P.: Innenminister Beckstein“ als Garanten für Zuverlässigkeit und Seriosität an. Bei B.O.P.D. scheint man sich demnach in guten Händen zu befinden. Dieser Eindruck wird allerdings nicht bestätigt, wenn man ein weiteres wirtschaftliches Standbein dieses Dienstleisters in Sachen Sicherheit genauer betrachtet.
Unter dem Namen „Support Wear“ betreibt Martin Stangl einen Internetversandhandel. Von Springerstiefeln über Bomberjacken, Schlagstöcke und Handschellen bis hin zu mit Quarzsand gefüllten Lederhandschuhen gibt es alles zu erwerben, was der militant ambitionierte „Nationale Sozialist“ oder der gewaltbereite „Autonome Nationalist“ als „Einsatzubehör“ so braucht. Inklusive entsprechend bedruckter T-Shirts und Pullover. Werbeslogans wie „Auf die Straße Kameraden. Nationaler Widerstand“ oder „Frei, sozial und national“ flankieren die Produktpalette, die unter anderem in der Sparte „Security“ angeboten wird. Wer kauft nun bei Martin Stangl ein? Vermutlich Mitglieder der Neonazi-Gruppe „Widerstand Cham“, als deren „offizieller Unterstützer“ sich Stangls Internetshop bezeichnet.
Nationaler Ordnerdienst
Die Anhänger des „Widerstand Cham“ bekennen sich zum „nationalen Sozialismus“, wollen die Zukunft „weißer Kinder“ sichern und rufen zum „Kampf um Deutschlands Freiheit“ auf. Man veranstaltet Schulungen mit Neonazi-Kadern, gedenkt dem Massenmörder Rudolf Hess und ist der militanten Szene zuzurechnen. Verantwortlich für den Widerstand Cham zeichnet Robin Siener, NPD-Kreisvorsitzender, Kopf der Neonazi-Kameradschaft „Urd & Skult“, einschlägig vorbestraft. Ein durchaus bemerkenswertes Detail: Der „Widerstand Cham“ unterstützt unter anderem den „Nationalen Ordnerdienst“, der im Auftrag der NPD für Sicherheit sorgt. Zuletzt Anfang Januar, bei einem Aufmarsch in Passau. Diese Referenz sucht man auf der offiziellen Liste von Sicherheitsdienstleister Martin Stangl vergeblich. Einer genaueren Prüfung hält diese Liste aber ohnehin nicht stand.
Günther Beckstein: „Als Referenzobjekt bin ich völlig ungeeignet“
Auf unsere Nachfrage hin zeigen sich mehrere Betroffene überrascht. „Als ich Innenminister war, war die Polizei für meine Sicherheit zuständig“, sagt uns der ehemalige bayerische Ministerpräsident Dr. Günther Beckstein am Telefon. Die Firma selbst kenne er nicht. „Ich kann aber nicht ausschließen, dass ein Veranstalter, bei dem ich eingeladen war, diesen Sicherheitsdienst beauftragt hat.“ Becksteins Fazit: „Als Referenzobjekt bin ich völlig ungeeignet.“
Auch der SSV Jahn Regensburg findet sich auf Stangls Liste. Dort fällt man aus allen Wolken. Im Präsidium kennt man den Sicherheitsanbieter nicht. Auch den Regensburger Bäderbetrieben, zuständig für das ebenfalls gelistete Referenzobjekt Donauarena, ist die B.O.P.D. Security Management „kein Begriff“. Ähnliches hören wir von den Handelsketten „H&M“ oder Kaufland: „Wir unterhalten keine geschäftliche Beziehung zu der Firma B.O.P.D. Security Management.“
Hat der Rechtsaußen-Sicherheitsdienstleister etwas durcheinander gebracht? Die Strukturen im Sicherheitsgeschäft scheinen ziemlich verworren zu sein. Als Zuständigen für die Sicherheit nennen die von Stangl gelisteten Referenzobjekte SSV Jahn und Donauarena den Branchenriesen: die bereits erwähnte BOS Franken Security GmbH. Diese wiederum hat die Aufträge offenbar in Kooperation mit dem HSD Sicherheitsdienst in Nittenau übernommen, für den Martin Stangl als Geschäftsführer tätig ist. Eine Anfrage hat der HSD Sicherheitsdienst bis Redaktionsschluss nicht beantwortet (Zwischenzeitlich gibt es eine Antwort). Ein Hinweis auf Stangls Internetshop wurde vor wenigen Tagen von der HSD-Homepage gelöscht.
Epilog:
Nach einer Anfrage bei Martin Stangl zu seinen beiden Firmen, blieb der rührige Unternehmer eher wortkarg. Der Internetauftritt seines Sicherheitsdienstes ist seit Mittwochabend nicht mehr erreichbar. Lesen Sie dazu auch: Einstweilige Verfügung gegen Sicherheitsdienstler