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Die Einmannpartei im 21. Jahrhundert

Unser Führer: Horst Seehofer

Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, die Bayern. Ein Rückblick auf das glorreiche CSU-Jahr 2014.

Von Paul Casimir Marcinkus

„Wenn es technisch möglich wäre, ich würd den ganzen Tag Geschlechtsverkehr mit mir selber haben!“

„Wenn es technisch möglich wäre, ich würd den ganzen Tag Geschlechtsverkehr mit mir selber haben!“

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München, Heidemannstraße, Mitte Oktober 2014: In der Bayernkaserne, dem Erstaufnahmelager für Flüchtlinge, funktioniert bald gar nichts mehr. Dutzende von Flüchtlingen lagern unter freiem Himmel, bekommen oft nicht mal eine Decke. Was ist eigentlich los in Bayern? War das Ergebnis der letzten Landtagswahl eine Dreier-Koalition aus AfD, NPD und Reps? Die als erstes den berüchtigten Satz aus der Asyldurchführungsverordnung, der erst im Juli 2013 nach langem Hin und Her vom Landtag gestrichen wurde, wieder zur Geltung gebracht haben? Der Satz lautet: „Die Unterbringung der Asylbewerber soll die Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland fördern.“ Wenn man die himmelschreienden Szenen auf dem Areal der Bayernkaserne gesehen hat, kann man nur sagen: Dieses zynische Ziel, die Rückkehrbereitschaft der Flüchtlinge zu fördern, ist so ziemlich das einzige, was hier erkennbar erreicht wird.

Jetzt hieß der Sieger der Landtagswahl aber weder AfD noch NPD noch Reps, sondern CSU. Nach einem Intermezzo von fünf Jahren ist die Partei wieder wie ehedem Alleinherrscherin in Bayern. Keine Bierzeltrede, in der nicht unter Jubel festgestellt wird, dass ohne die CSU in Bayern nichts geht. Mittlerweile fragen sich viele, auch solche, die beim letzten Mal doch wieder CSU gewählt haben, ob es am Ende vielleicht so ist, dass m i t dieser Partei in Bayern nichts mehr geht. Und ob diese Partei, die sie da gewählt haben, eigentlich jeden menschlichen Anspruch aufgegeben hat (vom „C“ in ihrem Namen redet eh schon lang niemand mehr). Das Rote Kreuz nannte die Zustände in Zirndorf, dem anderen bayerischen Erstaufnahmelager, bereits im September eine „humanitäre Katastrophe mitten in Bayern“. Das Rote Kreuz! Hat irgendwer schon mal vom Bayerischen Roten Kreuz was Negatives über die CSU gehört? Was muss da passiert sein?

Was sollen denn diese Elendsgestalten in unserm weißblau-metallic-lackierten BMW-Paradies?

 Seehofer redet sich darauf raus, es sei nicht vorhersehbar gewesen, dass auf einmal so viel Flüchtlinge in Bayern um Asyl bitten. Stimmt schon. Woher hätte man das wissen sollen. Da hätte man direkt hin und wieder die Tagesschau anschauen oder die Süddeutsche lesen müssen. Da tobt seit März 2011 dieser Bürgerkrieg in Syrien, im Irak ist es nicht viel besser, und in Afrika gibt es ein gutes Dutzend Staaten, wo ein jeder, der nur irgend die Kraft dazu hat, die Flucht ergreift: Krieg, Terror, Hunger, Verzweiflung. Aber freilich, was hat das mit Bayern zu tun? Mit der besten aller möglichen Welten? Wo ein weiser Regent aus der Staatskanzlei heraus die Geschicke eines prosperierenden Hightech-Standorts leitet? Was sollen denn diese Elendsgestalten in unserm weißblau-metallic-lackierten BMW-Paradies? Die verschmutzen uns am Ende noch unsere blankpolierten Kotflügel! Können die nicht woanderst kampieren, zefix?

Staatsministerin Müller bittet um die "Solidarität der Bevölkerung".

Staatsministerin Müller: teilnahmsvolles Geschau. Foto: Archiv

Die einzige Frage, die Seehofer sich stellt, ist die: Würden es die Wähler honorieren, wenn ich in die Bayernkaserne fahr und mich mit syrischen Flüchtlingen ablichten lass? Bis dato (Stand 30. Dezember 2014) ist Seehofer der Überzeugung: der Wähler würde das nicht honorieren. Es würde zumindest schlecht zusammenpassen mit einer Politik, die zwar nicht mehr so lautstark ausländerfeindlich daherkommt wie noch vor zwanzig Jahren, die aber keinen Zweifel daran lässt, dass der Ausländer als solcher eine Gefahr darstellt für das schöne, unberührte Bayernland.

Das teilnahmsvolle Geschau von Leuten wie Emilia Müller und Martin Neumeyer in Richtung Ausländer kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Ausländerpolitik der CSU derzeit von zwei Grundpfeilern bestimmt ist: der „Ausländermaut“ und der Parole „Wer betrügt, der fliegt“. Erstere ist das zeitgemäß niedrigschwellige Angebot an das landläufige Ressentiment: Wenn die sich schon erdreisten, bayerische Straßen zu befahren, bitteschön, wir sind ein weltoffenes Land, aber dann sollen sie wenigstens dafür zahlen! Letztere ist die perfide Unterstellung, dass im Ausländer im Grunde der Betrüger steckt – das uralte, nicht totzukriegende Phantasma, mit dem sich schon Odysseus, der große Ausländer des Abendlands, herumschlagen musste.

Die Flüchtlingsflut: eine Halluzination

Einen realen Hintergrund für die von der CSU unentwegt verbreitete Angst, ein Ansturm von Ausländern bedrohe Bayern, gibt es nicht. Wenn man halbwegs nüchtern ist und die Flüchtlingszahlen anschaut, kann man nur staunen, was für eine entrückte Insel der Seligen Bayern nach wie vor ist. 2014 haben 32.000 Flüchtlinge bei diesem Volk von 12,6 Millionen um Asyl nachgesucht. 32.000 Personen – soviel nimmt die Türkei locker an einem einzigen Tag auf. Und Bayern stöhnt, weil so viele in einem Jahr daherkommen. Wenn man nur wollte, wäre es ein Kinderspiel, die unterzukriegen. Leerstehende Liegenschaften in Staatsbesitz gibt es en masse, da könnte man ganze Völker beherbergen. Von den ungenutzten Immobilien der Kirchen ganz zu schweigen: Da hätte ein ganzer Kontinent Platz.

Mei, es ist halt eine grundsätzliche Angelegenheit: ob man partout weiterhin im bajuwarischen Saft vor sich hinschmoren will. Oder ob man irgendwann vielleicht doch einen Blick links und rechts riskiert und sieht, dass da seit Jahrzehnten auch noch andere Leute da sind. Mittlerweile leisten sich auch die konservativsten Bundesländer wie Baden-Württemberg ein „ausländisches“ Gesicht in der Regierung. Sogar die Merkel, die nicht direkt unter Verdacht steht, eine Türkenversteherin zu sein, hat sich in ihr Bundeskanzleramt die Hamburger SPD-Politikerin Aydan Özoguz als Staatsministerin für Integration geholt. Das hat, ganz unabhängig von der Person und dem Erfolg des jeweiligen Kabinettsmitglieds, auf jeden Fall den Effekt, dass die Ausländer im allgemeinen und die deutschen Türken im besonderen das Gefühl haben, dass sie endlich, endlich mit am Tisch sitzen. Seit fünfzig Jahren sind sie hier, seit fünfzig Jahren wird über ihre Köpfe hinwegentschieden. Jetzt hat man sie zum ersten Mal an den Tisch gebeten. Und zwar nicht an irgendeinen saublöden Runden Alibi- und Katzentisch, der nie nichts zu melden hat, sondern an den Kabinettstisch, wo‘s ums Eingemachte geht.

Ein türkischer Name auf Seehofers Kabinettsliste? Wo kämen wir denn da hin!

So ist es in ganz Deutschland. Ganz Deutschland? In Bayern ticken die Uhren natürlich wieder anders, da spielt man 1964, mitten im Jahr 2014. Ein türkischer Name auf Seehofers Kabinettsliste? Wo kämen wir denn da hin! Der Regional- und Konfessionsproporz wird in der Staatskanzlei peinlichst beachtet, nicht auszudenken, wenn sich die Unterfranken oder die Protestanten in München nicht ausreichend repräsentiert sähen. Nur die bayerischen Muslime und die bayerischen Türken, die gibt es nicht. Nicht in München, nicht in der Machtzentrale. Reicht schon, dass es sie auf der Straße gibt, scheint die fatale Botschaft zu sein. Da zeigt sich der sonst so lockere und aufgeschlossene Herr Seehofer auf einmal so verknöchert wie ein persischer Mullah.

„Ich hab nix gegen Fremde, aber diese Fremden sind nicht von hier!“

Schöne Worte aus der Landesregierung an die Adresse der bayerischen Muslime und Türken kann man jederzeit hören. Schon Beckstein wurde nicht müde, sich seiner ausgezeichneten Beziehungen zur „community“ zu rühmen. Unter einer Voraussetzung: immer jovial und gnädig von oben herab, nie auf Augenhöhe. Unausgesprochen schwingt da immer mit: Eigentlich haben sie in unserm schönen Bayernland nix verloren, aber wir sind ja so wahnsinnig tolerant, dass wir sie auch leben lassen. Man muss sich mal mit Reinhard Erös unterhalten, dem niederbayerischen Arzt, der das halbe Jahr Schulen bauend in Afghanistan verbringt: Die Taliban geben sich nicht so generös gegenüber Fremden.

Integrationsbeauftragter Martin Neumeyer:

Integrationsbeauftragter Martin Neumeyer (Mitte):Ein beflissen-weltoffenes Feigenblatt für eine Partei, die für Abschottung und „Mir-san-mir“-Gehabe steht. Foto: pm

Aber in Bayern hilft halt nix. Da gilt das Asterix-und Obelix-Gesetz: „Ich hab nix gegen Fremde, aber diese Fremden sind nicht von hier!“ Anderswo gibt‘s türkische Minister, in Bayern gibt‘s den Integrationsbeauftragten Martin Neumeyer, den garantiert niederbayerisch-indigenen Spargelbauernkönig aus Abensberg („Vorsitzender der Erzeugergemeinschaft Abensberger Qualitätsspargel“ ist sein korrekter Titel). Der heftig schluckt, wenn der Big Boss mal wieder „Wer betrügt, der fliegt“ röhrt. Der geschmerzt schaut, wenn im NSU-Untersuchungsausschuss wieder mal ein Verfassungsschützer sagt, dass er Hase heißt. Und der ansonsten ein beflissen-weltoffenes Feigenblatt abgibt für eine Partei, die für Abschottung und „Mir-san-mir“-Gehabe steht.

Don Quijote im Dialog mit den Windmühlen

Soweit das eine Thema Ausländer, nur mal so kursorisch abgehandelt. Aber macht die CSU bei den anderen Themen eine bessere Figur? Stichwort Energiewende: Anfang Oktober kündigte Seehofer einen drei- bis viermonatigen „Dialog mit der Bevölkerung“ über die geplanten Nord-Süd-Stromtrassen an. „Dialog mit der Bevölkerung“: ein echter Seehofer. Damit stellt er sich an die Spitze der Bürgerinitiativen gegen die geplanten Stromtrassen und gibt dem Affen Zucker. Altes CSU-Prinzip: regieren, indem man opponiert, immer gleichzeitig dagegen sein, gegen die eigene Politik. Die Trassen stehen zufällig im Koalitionsvertrag von Berlin, den Seehofer im Oktober 2013 unterschrieben hat. Und schon der Koalitionsvertrag ist sich der Gefahr bewusst, dass es gegen die Stromtrassen Widerstand geben könnte: „Aufgrund der hohen Dringlichkeit des Netzausbaus für das Gelingen der Energiewende ist eine breite Akzeptanz der Bevölkerung notwendig, die heute noch in vielen Fällen nicht gegeben ist.“ Und nun wird Seehofer mit seinem „Dialog“ diese bröckelnde Akzeptanz noch genüsslich weiter aushöhlen.

Ilse Aigner (re.) ist nach Melanie Hummel (li.) die zweitüberflüssigste Ministerin in Seehofers Kabinett. Foto: pm

Ilse Aigner (re.) ist nach Melanie Hummel (li.) die zweitüberflüssigste Ministerin in Seehofers Kabinett. Foto: pm

Gegen die Windenergie, die in den letzten zwanzig Jahren einen sagenhaften Aufstieg erlebte, reitet Seehofer an wie ein Don Quijote. Wenn sich seine Abstandsregel durchsetzt, dann wird in Bayern nur noch alle zehn Jahre ein Windrad aufgestellt. Dass ihm die „Verspargelung der Landschaft“ ein Dorn im Auge ist, glaubt man ihm sofort. Vermutlich ist ihm die Tatsache nicht geheuer, dass Windräder genauso wie Strommasten jederzeit rückstandslos wieder beseitigt werden können. Das Isental dagegen ist nach dem Bau der A 94 unwiderruflich und für alle Zeiten hin. Mit den Gegnern der Isentaltrasse hat es seltsamerweise keinen „Dialog“ gegeben, deren Argumente haben die CSU nie interessiert.

Ilse Aigner ist nach Melanie Hummel derzeit die zweitüberflüssigste Ministerin in Seehofers Kabinett. Kaum hat sie den Mund aufgemacht, wird sie vom großen Paten, der es einfach besser weiß, schon wieder düpiert und korrigiert. Aber das ist ja auch schon wieder so eine Sache: Kann es sein, dass eine Mehrheit der Bayern das toll findet, wenn der Ministerpräsident seine Leute regelmäßig so abkanzelt, wie es sich heute keine Schulkinder mehr gefallen lassen würden? Doch Söder und Aigner und wie sie alle heißen, halten alle still und ducken sich weg. Sie gehen davon aus, dass sie sich keine Freunde machen würden, wenn sie dem Unberechenbaren die Stirn böten. Und es ist zu befürchten, dass sie damit rechthaben.

Das Erfolgsrezept: Jeder Seite recht geben

Jeder Seite recht geben, das ist auch das Erfolgsrezept von Ludwig Spaenle. Der Kultusminister, dessen Haus sich nicht in der Lage sieht, aus der Geburtenzahl den Lehrerbedarf in sechs Jahren zu berechnen, ist mindestens genauso vehement für das achtjährige Gymnasium, wie er für das neunjährige ist. Und das Erstaunlichste: Jetzt muss so ein Volksbegehren der Freien Wähler noch nicht mal die erforderlichen Unterschriften zusammenkriegen, die Regierung lenkt trotzdem sofort ein. Auch ein geschickter Schachzug: Wer das nächste Mal ein Volksbegehren anleiern will, wird zu hören kriegen: Ach wo, das brauchts doch garned, der Seehofer richtet das auch so!

Es ist das Ende der Politik. Mit anderen Worten: genau das, was sich der Bayer seit Jahr und Tag erträumt hat. Endlich hat er seine Ruh, es gibt nichts mehr zum diskutieren, denn über allem waltet und schaltet ja der große Seehofer, der alles im Sinne der Bevölkerung regelt.

Da ist es dann auch schon wurscht, wenn die neue Umweltministerin eine Omnibusunternehmerin aus Erding ist und sich im Leben noch nie für Umweltpolitik interessiert hat. Und zum Ausgleich dafür in die Kamera strahlt und mitteilt, dass sie „sehr naturverbunden“ sei. Ja dann!

Joachim Herrmann

Joachim Herrmann: verantwortlich für eine nicht enden wollende Kette polizeilicher Übergriffe und unverhältnismäßiger Gewaltanwendung. Foto: Archiv/ Staudinger

Eigentlich ein Wunder, dass die Christine Haderthauer dann doch zurückgetreten ist. Bloß wegen so ein paar Modellautos! Dieses „von Idealismus getragene Engagement finanzieller Art“, das hätte ihr doch eh keiner ernsthaft nachgetragen! Wie? Ausbeutung von Gefangenen in der Psychiatrie? Mei, ein paar ewige Nörgler gibt es immer.

Schon wieder vergessen: die nichtendenwollende Kette polizeilicher Übergriffe und völlig unverhältnismäßiger Gewaltanwendung, für die Innenminister Joachim Herrmann verantwortlich zeichnet: Regensburg, Rosenheim (gleich zweimal), Nürnberg, München, um nur die herausragendsten Fälle zu nennen. Dass die Beamten zumeist ungeschoren davonkommen – juckt das noch wen?

Verwandtenaffäre, ein Sonnenkönig, Geiselhöring und, und, und…

Schweigen wir von der Verwandtenaffäre, von Georg Schmid, von Jakob Kreidl, von Geiselhöring! Ein Fraktionsvorsitzender, gegen den Anklage erhoben wird, weil er Sozialversicherungsbeiträge und Steuern hinterzogen haben soll, ein Landrat, der erst eine Doktorarbeit fälscht und dann so ausgiebig den Sonnenkönig spielt, dass er jetzt mit Schadenersatzforderungen in Höhe von 1,7 Millionen Euro konfrontiert ist, eine niederbayerische Kleinstadt, in der bei der Kommunalwahl im März 2014 auf einmal ein paar hundert rumänische Saisonarbeiter zum wählen gehen und samt und sonders CSU wählen, wobei sie anscheinend selber nie einen Stimmzettel zu Gesicht bekommen haben – was selbst für bayerische Verhältnisse zu auffällig ist: die Wahl wurde annulliert und muss wiederholt werden.

Ist eigentlich schon alles wurscht in Bayern? Bzw. woher kommt dieses matschige Bananenrepublikgefühl („Ist halt so, kann man nichts machen“), und v.a.: wie soll das weitergehen? Vielleicht hilft ein kurzer Rückblick.

Kurzer Rückblick auf die letzte Wahl

Es war der 2. Oktober 2013, zweieinhalb Wochen nach der Landtagswahl, bei der die CSU die absolute Mehrheit zurückeroberte. Ganz Bayern, hieß es an diesem Mittwoch im BR viertelstündlich, schaute gespannt auf den strahlenden Wahlsieger, den großen Vorsitzenden Horst Seehofer: Wann verkündet er, „wen er sich als CSU-Fraktionsvorsitzenden vorstellt?“ – Das mit dem verkürzten Gymnasium geht schon in Ordnung, hab ich mir damals gedacht. Es gibt wirklich überflüssigen Lernstoff. Wir haben damals z.B. in der zehnten Klasse ein Jahr lang Sozialkunde gehabt. Schuljahr 1980/81, der Lehrer hieß Alfons Steinhofer, war jung und frisch und schaffte es einigermaßen, uns im schlimmsten Flegelalter in Schach zu halten. Infolgedessen weiß ich noch recht gut, was uns der gute Mann alles näherbrachte: z.B. die Gewaltenteilung, das A und O der Demokratie. Das Parlament kontrolliert die Regierung. Genau, so ist es laut Lehrbuch. Und so ist es bei uns im freien Westen im allgemeinen und bei uns in Bayern im besonderen.

Nix gegen den sympathischen Alfons Steinhofer, Friede seiner Asche. Aber vom Unterrichtsstoff her hätten wir uns das Jahr damals wirklich sparen können, denk ich mir dreißig Jahre später: Die 101 frischgewählten CSU-Abgeordneten des bayerischen Landtags harren darauf, dass ihnen der alte und designierte neue Ministerpräsident mitteilt, wer ihr neuer Vorsitzender wird. Das heißt: Die CSU wahrt nicht mal mehr den demokratischen Schein. Weil: die Landtagsfraktion könnte ja so tun, als ob sie sich selber einen Vorsitzenden wählt, insgeheim aber den Kandidaten nehmen, den der Herr Ministerpräsident präferiert. Aber nicht mal mehr dazu reicht‘s. Man gibt gleich in aller Öffentlichkeit zu, dass man eine Einmannpartei ist und von parlamentarischer Kontrolle gar nichts hält. Oder, anders gesagt: Bei der Landtagswahl am 15. September 2013 standen ja auch noch fünf Verfassungsänderungen zur Abstimmung, vielleicht erinnert sich noch wer. So genau wusste niemand, worum es dabei ging, kein Mensch hatte Lust, das ganze Kleingedruckte zu lesen. Ganz Bayern stimmte den Verfassungsänderungen einfach blind zu. Am 2. Oktober 2013 stellte sich dann heraus, was man da angekreuzt hatte. Einer der fünf neuen Verfassungsartikel lautet: „Der CSU-Fraktionsvorsitzende wird nicht von der Fraktion gewählt, sondern vom Ministerpräsidenten in einer Nacht voller unruhiger Träume ermittelt und am nächsten Tag der Fraktion mitgeteilt.“

Die leibhaftige Verkörperung dessen, was sich (bei der Landtagswahl 2013) 2.882.169 bayerische Wahlberechtigte herbeisehnten. Foto: Archiv

Die leibhaftige Verkörperung dessen, was sich (bei der Landtagswahl 2013) 2.882.169 bayerische Wahlberechtigte herbeisehnten. Foto: Archiv

Seehofers Traumgesichten entstieg dann bekanntlich ein gewisser Thomas Kreuzer, den sich Seehofer zwei Jahre lang als Staatskanzleichef herangezogen hatte und den er nun als „Allzweckwaffe“ rühmte. Das war als höchstes Lob gemeint. Demokratietheoretisch war es ein Offenbarungseid. Wenn der Fraktionschef der Regierungspartei die Allzweckwaffe des Regierungschefs ist, dann heißt das nichts anderes als: Eine Kontrolle der Regierung durch das Parlament findet nicht statt. Beziehungsweise bleibt den Oppositionsparteien überlassen, die aber wenig ausrichten können. Regierungsfraktion und Regierung marschieren im Gleichschritt über das Parlament hinweg.

„101 Seehoferlinge“ – die Endlosschleife im Landtag

Oder ist Bayern einfach unbemerkt von Walt Disney aufgekauft und zu einem großflächigen Unterhaltungs- und Freizeitpark umfunktioniert worden? Walt Disney brachte 1961 den Zeichentrickfilm „101 Dalmatiner“ heraus, in dem es um unglaublich dramatische Verwicklungen im Vierbeinerbereich geht. 1996 folgte dann das bei weitem nicht mehr so tolle Remake mit Schauspielern. Und nun seit Oktober 2013: „101 Seehoferlinge“ – die bis 2018 live angesetzte Farce im bayerischen Landtag? – Aber das ist jetzt ungerecht gegenüber den Dalmatinern. Denn die sind eine muntere, freche Truppe gegen die 101 CSU-Abgeordneten, die schon kuschen, wenn sich der Seehofer nur räuspert und die ergeben jedes Wort vom Munde ihres Herrn ablesen.

Politischer Aschermittwoch der CSU in Passau:  „76 Prozent können nicht irren!“

Politischer Aschermittwoch der CSU in Passau: „76 Prozent können nicht irren!“

Preisfrage: Von wem stammt der Ausspruch: „Die Regierung handelt, wie die Bevölkerung denkt, und die Bevölkerung denkt, wie die Regierung handelt“? Von Kim Jong-il oder Kim Jong-un? Naja, es ist ein echter Seehofer, Januar 2014. Das ist jetzt ein unverhältnismäßiger Vergleich? Kabarett? Ja, natürlich. Seehofer lässt nicht über Nacht mal eben ein Familienmitglied, das ihm verdächtig erscheint, hinrichten. Er hat auch keine Raketenrampen im Vorgarten, sondern nur eine Modelleisenbahn im Keller. Andererseits: vom Prinzip her gibt es schon gewisse Ähnlichkeiten. Seehofer hat die CSU, die nach der Katastrophe 2008 schon jede Hoffnung aufgegeben hatte, wieder zur absoluten Mehrheit geführt. Am 15. September 2013 erhielt er dafür eine unsichtbare Urkunde überreicht, auf der ihm Narrenfreiheit auf Lebenszeit garantiert wird. Genauer gesagt, er hat sich diese Urkunde selber überreicht, schließlich ist er Ministerpräsident und Parteivorsitzender in Personalunion. Es gibt niemanden, der berechtigt wäre, ihm irgendwas zu überreichen. Oder, wie Oliver Welke im März 2014 in der heute-show, Seehofers Stimme nachäffend, ätzte: „Wenn es technisch möglich wäre, ich würd den ganzen Tag Geschlechtsverkehr mit mir selber haben!“

Anlass von Welkes Anfall: eine Umfrage von infratest dimap, die dem Staats- und Parteichef Mitte Januar, vier Monate nach seinem Wahlsieg, eine bombastische Beliebtheit über alle Parteigrenzen hinweg bescheinigte, was Seehofer beim Politischen Aschermittwoch in Passau Anfang März leidlich ausschlachtete: „Anfang des Jahres haben 76 Prozent der bayerischen Bevölkerung erklärt, sie sind mit der Arbeit des bayerischen Ministerpräsidenten zufrieden, liebe Freunde. 76 Prozent für Horst Seehofer, und ich sage euch: 76 Prozent können nicht irren!“ Und als könne er es selbst nicht recht glauben, redete sich Seehofer in einen regelrechten Selbstbeweihräucherungsrausch hinein: „Merkt euch nicht 48, merkt euch nicht 49, merkt euch nicht 50 Prozent, die werden für die Europawahl vorhergesagt, sondern merkt euch einfach 76 Prozent!“

Einer für alle, alle für einen: Seehofer kann sich nicht retten vor Sympathie

Bei der Europawahl im Mai 2014 fuhr die CSU dann zwar keine 50, sondern nur 40,5 Prozent ein – ein kurzes landesweites Erschrecken über die Allmacht der Partei? Doch die für Seehofer persönlich so schmeichelhaften Umfragewerte vom Januar sind in der Tat ein Phänomen für sich, vor allem wenn man sich die Einzelheiten anschaut. Dass die CSU im Januar 2014 wie ein Mann (94 Prozent) hinter Seehofer steht – na gut. Aber auch seitens der Opposition schlägt dem Ministerpräsidenten nichts als geballte Zustimmung entgegen: bei den Freien Wählern 78 Prozent, bei der SPD 56 Prozent, und noch bei den Grünen-Wählern ist es fast jeder zweite (45 Prozent), der Seehofer ein gutes Zeugnis ausstellt. Handelt es sich selbst bei den Grünen zur Hälfte um verkappte CSUler? Ist die Sehnsucht nach der mächtigen Partei, die alles in der Hand hat und nach dem starken Mann, der alles regelt, flächendeckend und parteiübergreifend verbreitet? Haben die Bayern einfach keine Lust auf Demokratie?

Zumindest ziehen 2,8 Millionen bayerische Wahlberechtigte (so viele waren es bei der Landtagswahl 2013) das Kasperltheater à la Seehofer der Demokratie entschieden vor. Oder wie soll man Seehofers Ankündigung sonst nennen, er werde, nachdem ihm der Koalitionspartner FDP abhanden gekommen ist, nunmehr eine „Koalition mit der Bevölkerung“ eingehen?

Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, die Bayern

Doch ist Bayern nicht das freieste Land der Welt? Aber hallo! Hier kann man mitten in der Nacht beim Herumzappen auf BRalpha auf einmal dem alten Karl Popper gegenübersitzen, der einem in aller Ruhe und Freundlichkeit erklärt, dass es Gesellschaften gibt, „die mehr oder weniger offen sind, und Gesellschaften, die gar nicht offen sind“. Die jüngste Entwicklung – das Gespräch stammt aus dem Jahr 1974 – macht dem Wiener Philosophen, der vor den Nazis nach Neuseeland floh und dann in England lehrte, vor allem deshalb Sorgen, weil in den westlichen Demokratien „die Parteidisziplin so straff wurde, dass die Parteiführer fast diktatorische Mächte haben, und das ist sehr schlecht.“

Als würde er das System Seehofer ahnen, malt Popper einen Staat an die Wand, in dem „die regierende Partei praktisch allmächtig ist“ und demzufolge „der regierende Parteiführer praktisch allmächtig ist“. Und dann kommt‘s. Mitten in der Nacht, um fünf vor drei, sagt ein Philosoph im bayerischen Fernsehen in einer unerschütterlichen, fast liebenswürdigen Ruhe ungelogen und ungestraft: „Aber die Grundidee der ganzen Demokratie ist, die Macht zu beschränken und zu kontrollieren. Nicht zu viel Macht, das ist die Grundidee der Demokratie. Die Macht muss verteilt sein, sodass nicht zu viel Macht in einer Hand ist.“

Sowas kann man im Lande Bayern in aller Öffentlichkeit sagen! Man kann in der Früh um drei im Staatssender das herrschende System komplett in Frage stellen! Den Ministerpräsidenten persönlich aufs heftigste attackieren! Ohne dass am nächsten Tag der Fernseh-Chefredakteur fristlos entlassen wird und ein Stoßtrupp alle Bücher von Karl Popper aus den öffentlichen Bibliotheken entfernt! Weil, also, es passiert am nächsten Tag: natürlich gar nichts. Höchstens dass irgendein Redenschreiber vom Seehofer nicht schlafen hat können und bei nächster Gelegenheit ein paar weise Worte von Sir Karl Popper in die Rede des MP einflicht. Und der dann den großen Karl Popper zitiert und somit ungerührt sich selbst konterkariert, das ist eh die Kunst, die er am besten beherrscht.

„Es geht immer alles mögliche in einer Weise schief, die man nicht hat voraussehen können.“

Dabei gibt Popper sogar noch einen entscheidenden Hinweis, wie die Gewaltenteilung verwirklicht werden kann: „Die Demokratie ist ein großes Experiment, und die verschiedenen Formen der Demokratie müssen gegeneinander ausprobiert werden, eine Form und ein andere Form. Niemand ist fähig, alle die Schwierigkeiten, die inneren möglichen Widersprüche vorauszusehen, die sich durch die Gesetzgebung verwirklichen.“ Und dann kommt wieder ein Satz, der sich nur auf Bayern beziehen kann: „Es geht immer alles mögliche in einer Weise schief, die man nicht hat voraussehen können.“ Nur, deswegen darf man nicht gleich verzweifeln, ruft Karl Popper den Bayern in der Früh um drei zu. Und gibt ihnen einen kleinen Tip: „Aber das ist eben der Grund, dass man in der Politik eine mehr experimentelle Haltung annehmen sollte.“

„Die Regierung handelt, wie die Bevölkerung denkt, und die Bevölkerung denkt, wie die Regierung handelt.“ Nicht von Alexander Lukaschenko, Vladimir Putin oder Kim Jong-un, sondern Horst Seehofer.

„Die Regierung handelt, wie die Bevölkerung denkt, und die Bevölkerung denkt, wie die Regierung handelt.“ Nicht von Alexander Lukaschenko, Vladimir Putin oder Kim Jong-un, sondern Horst Seehofer.

Ach Popper! Eine mehr experimentelle Haltung! In der Politik! In Bayern! Auf so verrückte Ideen muss man erst mal kommen! Politik in Bayern, das heißt seit jeher und von Anbeginn der Welt: Keine Experimente! Man schimpft fünf Jahre lang ausdauernd und inbrünstig auf die Politik, die gemacht wird. Und dann wählt man genau die gleichen wieder.

Bayern, der Inbegriff der permanenten Revolution

Bayerns Staatsphilosoph – genau, um von Popper auf Polt zu kommen: Gerhard Polt hat das vor Jahren bündig formuliert. In seinem unsterblichen Monolog „Der Revolutionär“ räsoniert einer ohne Punkt und Komma über alle Ungeheuerlichkeiten, die in Bayern seit Jahr und Tag passieren, von der endlosen Asphaltierung der Landschaft bis zum hemmungslosen Pushen der Atomkraft. Der Mann ist völlig fertig, er redet sich regelrecht in Rage, ein mitreißendes „J‘accuse!“. Und dann kommt das Finale, die Quintessenz seiner furiosen oppositionellen Anklage: „Ja Sakrament, da muß doch amal was passieren?! Des gibt‘s ja gar net! Und zwar revolutionär! Da ghört direkt a Revolution her! Und des is der Grund – und drum wähl ich auch diesmal CSU.“

Um aber jetzt von Polt wieder auf Popper zurückzukommen: Der war in seinen jungen Jahren in Wien mal bei der Kommunistischen Partei. Und dann war er für den Rest seines Lebens geheilt und hat immer die demokratische Veränderung gepredigt. Bzw.: die Demokratie als Experiment. Experimentieren heißt ausprobieren, aber das ist es ja eben. Das würde praktisch bedeuten, dass einmal die eine Partei ans Ruder kommt, und dann auch mal wieder eine andere. Und genau das ist das, was den Bayern an der Demokratie so stört. Experimente in der Wahlkabine? Wo kämen wir denn da hin?

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Am 15. September 2013 bot sich den Bayern das günstigste mögliche Experiment seit der frühen Bronzezeit. Eigentlich gar kein Experiment, denn es hat gar nichts schiefgehen können. Eigentlich mehr ein einziges Garantieangebot als ein Experiment. Es hieß Christian Ude. Ein Gegenkandidat, der nicht nur landesweit bekannt, sondern allen wohlvertraut war. Von dem man sagen hätte können: Der hat jetzt immerhin die Landeshauptstadt zwanzig Jahre lang regiert, und die ist dabei nicht komplett den Bach runtergegangen. Da könnt man‘s ja mal mit dem probieren! Nur, um zu schauen, wie das ist, aus purer Neugier! Vielleicht haben‘s die Sozialdemokraten ja auch im Kreuz! – Aber nein. Der kriegt bloß zwanzig Prozent. Der ist schon sympathisch, und kompetent ist er auch, aber er ist halt doch nicht CSU! Da macht man doch lieber sein Kreuzl bei dem alten Schlawiner, da weiß man, was man hat!

Auf dass Ludwig Thomas wenig politisch korrekter Bänkelgesang auch nach hundert Jahren einmal mehr erfüllt werde:

Was ist schwärzer als die Kohle?
Als die Tinte? Als der Ruß?
Schwärzer noch als Rab und Dohle
Und des Negers Vorderfuß?
Sag mir doch, wer dieses kennt!
– Bayerns neues Parlament.

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Kommentare (18)

  • Gerd-Bodo Dick

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    Horst Seehofer hat kein leichtes Erbe angetreten. Der Erblasser Edmund Stoiber hat mit Heinrich von Pierer ehemals Chef von Siemens einige Altlasten hinterlassen. Bevor er zum Akten aufräumen nach Brüssel befördert wurde. Mittlerweile hat er schon 3 Milliarden eingespart. Die Währung darf sich jeder selbst aussuchen. Otto Wiesheu und Hans Wallner waren auch keine Paradezieher.
    Die neuen Zugpferde Ludwig Spänle, Beate Merck zogen auch nicht richtig an und Peter Ramsauer und Christine Haderthauer mussten gar ausgespannt werden. Nicht leicht auf dem Kutschbock wenns nur bergauf gehen soll. Ludwig Spänle hat sogar seine Frau Miriam noch gut mitverdienen lassen. Alles nach Recht und Gesetz. Es gibt nicht zum nörgeln. Und die Wunderwaffe Georg Schmied hat sich mit der Hypo Alpe Adria zum Schreckschussknaller dekradiert. Ein Hoch auf die Barbara Stamm die zieht und zieht bis Sie nicht mehr kann. Aber leider keine Alternative für Bayern in Sicht. Für die Pleite Partei kam das Garaus recht gach. Die braven Blassen die Christian Uhde folgen bekommen auch keine rote Farbe auf die Bahn geschweige Soziales für den braven Bürger geregelt. Also bleibt abzuwarten was die bösen Linken und die anderen ABC ler hinbekommen. Ich sehe weiter schwarz für Bayern. Vielleicht auch gut so. Ich freu mich schon auf den Nockherberg 2015 mit neuen Gesichtern. Schade für die Christine ihr lachen wird uns fehlen. Guten Rutsch in die bayrische schwarz pigmentierte Zukunft.
    Querdenker

  • Gondrino

    |

    Alles wahr, aber es wird sich trotzdem wohl nichts ändern. Ich verstehe die WählerInnen schon lange nicht mehr, nicht nur in Bayern. Die einzigen, die was ändern könnten, sind die, die nicht zur Wahl gehen, obwohl viele von ihnen am meisten davon profitieren würden.

  • Ludwig Bruckbeck

    |

    @Gondrino: Find ich auch! Wenn alle, die sich so spöttisch und überlegen über das unausrottbar schwarze Bayern lustig machen, selbst zur Wahl gingen, dann wäre Bayern schon lange nicht mehr so unausrottbar schwarz!

  • Wiedentanz

    |

    Oh wei, oh wei!

    Den Autoren dieses Artikels merkt man in jeder einzelnen Zeile die bodenlose Enttäuschung und die aufrechte Empörung darüber an, dass die sakrischen Bayern einfach nicht links wählen und links werden wollen….weder sozial, noch kulturell, noch gesellschaftlich.

    Ja so ein Mist aber auch! Zefix, das man in einer Demokratie aber auch leider immer wieder hochkant verlieren kann, des is scho g’scheid bled….und das es dann auch so eintritt, erst recht! Ja selbst Messias Ude vom Münchner Progressivenbiotop wurde rüde am Eingang der Staatskanzlei abgewiesen.

    Es muss der selbsternannten geistigen Avantgarde, die sich stets urban-weltmännisch gibt während sie auf all die ach so dummgebackenen Dörfler, “Nicht-Linken” aka “Semi-Rechten” und schlichtweg Andersdenkenden arrogant hinabblickt, wirklich ein Dorn im Auge sein: Das Wahlvolk weigert sich standhaft den “einen wahren Glauben”, denn “einen richtigen Weltblick” anzunehmen, der da wöchentlich von all den Olli Welkes, Polts, Fischers, Roths, Rinderspachers, Ströbeles et al. verbreitet wird. Wie gemein von den Bayern! Meinungspluralismus is a bitch!

    Vielleicht wird aber andersrum ein Schuh draus: Wenn schon die unbelehrbaren, unverbesserlichen, mistigen, stockkonservativen, reaktionären, zuwanderungsskeptischen Bayern nicht wollen, dass sich Bayern zu einer größeren Version von Berlin-Neukölln oder Duisburg-Marxloh hin entwickelt, dann könnten doch all diejenigen, die diese Entwicklung vermissen, einfach ihren Wohnort verändern? Wer’s großstädtisch-linksliberal-multikulturell will hat doch in Deutschland genügend Optionen.

    (Ja aber wer sagt eigentlich, dass sie einzig richtige Art zu leben und zu denken, die Eure sein muss?)

    Denn seien wir mal ehrlich: Mit Bayern wollt’s ihr doch im Grunde eh nichts zu tun haben – vor allem wenn ihr mit euren grünrot gefärbten norddeutschen Kollegen in Kontakt tretet. Für euch klingen Worte wie “Straubing, Regenstauf, Viechtach, Weiden” wie tiefster Spiesserurwald. Und dann der hinterwäldlerische, traditionelle Dialekt erst…zum Glück ist er gar nicht mehr nötig, denn in linken Kreisen hat man sich stolz abgewöhnt auch nur einen Ansatz von Akzent durchdringen zu lassen und kokettiert stattdessen mit seinem akzentfreiem Hochdeutsch! Die Münchner Schickeria des 21. Jahrhunderts machts bekanntlich vor. Aber auch die konnte den geliebten Ude nicht retten.

    Das Leben ist halt kein roter Ponyhof mit grünen Stallungen.

  • franz

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    Es lebe Bayern
    Ein hoch für die CSU

  • Bairischer Weltblick

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    @ Wiedentanz

    Also wenn es Ihnen mit Ihrem “hinterwäldlerischen, traditionellen Dialekt, den man sich in linken Kreisen stolz abgewöhnt hat”, wirklich ernst ist, dann streichen Sie jetzt ohne jegliche Meckerei und in der Kutte des reuigen Büßers den in Ihren “richtigen Weltblick” hineingerutschten Herrn Polt. Und zwar pronto!
    Basta!

  • Bairischer Weltblick

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    Und auch hier irrst Du:
    “Für euch klingen Worte wie “Straubing, Regenstauf, Viechtach, Weiden” wie tiefster Spiesserurwald.” Falsch! Eher nach “norddeutschem Kollegen”, lieber Wiedentanz.
    Bei “uns” würden diese Worte sicher ganz anders klingen. Allen voran Dein Viechtach.

  • Ludwig Bruckbeck

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    @ Wiedentanz: Das ist aber jetzt nicht echt, oder? Die mustergültige Karikatur eines CSU-Wählers meldet sich zu Wort, exakt wie in dem Artikel von Paul Casimir Marcinkus beschrieben! Der wandelnde Minderwertigkeitskomplex, der sich doppelt und dreifach herabgewürdigt fühlt: als Bayer, als Landei und als CSUler. Und der ebendiese drei Klischees gleichzeitig rundum erfüllt. Das fängt dabei an, daß er von “den Autoren dieses Artikels” spricht, weil er Paul Casimir Marcinkus nicht kennt und den anscheinend für drei Personen hält. Als biederer Bayer kennt man halt nur Caspar, Melchior und Balthasar, basta. Bayerische Spitzenbildung eben. Davon, daß sich in dem Klagelied einer beleidigten Leberkassemmel in jedem Satz drei Fehler finden (egal ob nach alter oder neuer Rechtschreibung, die Grammatik hat sich ja nicht geändert), schweigen wir mal. Da hätten vermutlich auch ein paar Jahre mehr Schule nichts geholfen. Kein Deutsch können, aber sich zu der Drohgebärde versteigen: Wenn’s euch hier nicht paßt, dann schleicht’s euch! – Kaum wagt es mal jemand, ein Minderheitsvotum abzugeben, werden sie sofort aggressiv. Es darf einfach nur eine Meinung geben im CSU-Staat. Es genügt ihnen nicht, daß sie seit einem halben Jahrhundert die unumschränkte Macht haben, sie dulden auch keine Meinungsäußerung, die in eine andere Richtung geht. Wie schwach auf der Brust muß man sein, daß man aus der Position der unangefochtenen Herrschaft heraus so einen freundlich vorgebrachten Einwand wie den von Paul Casimir Marcinkus nicht aushält! Dabei formuliert Marcinkus noch sehr diplomatisch. Wenn man sich jetzt die neueste Hetzkampagne der CSU gegen “Wirtschaftsflüchtlinge” ansieht, kann man eigentlich nur sagen: Wieder einmal versteht man, warum die NPD in Bayern keinen Fuß auf den Boden bringt. Weil die CSU den bayerischen Nazis jeden Wunsch von den Lippen abliest. Bei Scheuer geht’s gegen “Wirtschaftsflüchtlinge”, bei der NPD heißen sie “Scheinasylanten” – der Unterschied ist minimal, angesprochen wird der gleiche ausländerfeindliche Mob, der sich von den höchsten Repräsentanten des Staates bestätigt und angespornt fühlt. Man kann warten auf den nächsten ausländerfeindlichen Anschlag.

  • DerSepp

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    REGIDA= Regensburger gegen die Islamisierung des Abendlandes;
    Alle Christenmenschen gegen die pösen Moslems..Kreuzzug anno 2015

  • Wiedentanz

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    @Ludwig Bruckbeck:

    Sie irren sich bezüglich meines Beitrags gleich mehrfach. Ich bin nämlich weder CSUler noch ein stereotypes “Landei” (obwohl ich nichts dagegen habe oder hätte). Als bayerischen Patrioten sehe ich mich dagegen durchaus.

    Als Gelegenheitsleser von Regensburg-Digital ist mir ‘Paul Casimir Marcinkus’ tatsächlich nicht bekannt. Realname? Fakename? Mischung aus beiden Möglichkeiten? Keine Ahnung. Ein “Mea Culpa” werden Sie deswegen von mir aber trotzdem nicht hören, denn es ist kein Basiswissen. Ich bewerte den Text und nur den Text, nichts anderes. Es wäre die gleiche Reaktion gekommen wenn ihn Hr. Aigner selbst geschrieben hätte.

    Was mich aufregt ist einfach das selbstverliebte “Wir haben recht, und nur wir, deswegen sind wir besser u. geistig fähiger als die anderen, die sowieso im Zweifel zumindest potentiell rechte Dimpfel sind!” Es ist eine Sache sein (linkes) Weltbild mit Selbstbewußtsein zu vertreten. Das ist gutes Recht. Aber es ist eine andere Sache die Verkündigung des eigenen Weltbilds und der eigenen subjektiven politischen Meinung ständig mit mehr oder weniger ehrabschneidenden Seitenhieben, Unterstellungen und Diffamierungen auf den vermeintlichen oder realen politischen Gegner bezogen zu garnieren. Dieses latent oder gar offen mitschwingende “Wir > Ihr” nervt auf Dauer und verunmöglicht Dialog. Meinungsvielfalt ist ein hohes Gut, und man tut ihr keinen Gefallen wenn man inhaltlischen Dissens mit der Faschokeule kontert. Denn es ist ein Totschlagargument. Jemand, der sich für die konsequente und zügige Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern und gegen eine unbeschränkte Zuwanderung ausspricht (und stattdessen das kanadische, US-amerikanische oder australische Modell bevorzugt), ist eben nicht automatisch ein verkappter Braunhemdenträger. Und man kann die zur Schau gestellte Willkommenheißung eines Herrn Wolbergs hinsichtlich des in naher Zukunft eröffnenden Erstaufnahmelagers in Regensburg durchaus kritisch betrachten (monetär; sozial; infrastrukturell) ohne insgeheim Anschlagspläne im Schreibtisch zu verbergen.

    Warum wird das Spektrum auf der Linken sorgfältig differenziert (sozial; sozialistisch; kommunistisch; ökologisch-progressiv; marxistisch; leninistisch; internationalistisch; antideutsch; sozialdemokratisch et al. ), während alles jenseits der durch Merkel sozialdemokratisierten Union einförmig entweder als “rechtspopulistisch” oder gar “rechtsradial” herabgewürdigt wird?

    Würde man den Spieß umdrehen, gäbe es nach solcherlei Denkart entweder nur “Linkspopulisten” (=SPD) oder “Linksradikale (=Grüne/Linkspartei/Falken, alle anderen linken Strömungen). Wäre ziemlich unangemessen und billig, oder?

    Meine Rechtschreibung dürfen Sie gerne kritisieren, aber nach einem langen Arbeitstag muss ich nicht unbedingt astreine Texte herunterrasseln. Solange sie gut lesbar, gut gegliedert, annäherend fehlerfrei geschrieben und verständlich sind (und – das maße ich mir jetzt einfach mal an – dies ist auch gegeben) mache ich mir keinen Kopf um Lapalien.

    Wiedentanz
    Gebürtiger Regensburger, wohnhaft im Landkreis Regensburg
    Sozialpädagoge B.A.

    (überraschenderweise bin ich nicht der CSU-Bierdimpfel aus Hinterdumpfing, für den Sie mich gerne halten würden. Tatsächlich teile ich auch einige linke politische Positionen, v.a. im außenpolitischen und finanzpolitischen Bereich. Aber dies weiter auszuführen würde womöglich Ihr Schwarz-Weiß-Denken und Ihre über Jahre hinweg sorgfältig justierte Freund-Feind-Kennung durcheinanderbringen)

  • Veronika

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    @DerSepp:

    REVIDA wäre besser! Regensburg gegen die Verblödung Im Abendland!
    Ausserdem gilt immer noch: lux oriente! Dort geht die Sonne auf, bei uns verdunkeln sich bei den *.GIDA’s die letzten verbliebenen Gehirnzellen.

  • Mathilde Vietze

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    Seehofer hat ein schweres Erbe angetreten. Mir kommen ja
    schon die Mitleidstränen. Dann hätte er sich halt nicht hin-
    drängen sollen und mit dazu helfen, daß Dr Beckstein
    hinausgeekelt wurde.

  • Thomas Bauenfeind

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    Mir san mir,das kenne ich seit ich auf der Welt in Bayern bin. Da können die Schwarzen machen was sie wollen.Wen ein gewisser CSU-Generalsekretärs Otto Wiesheu da jemand zusammen fährt, im Rausch. Nach 7 Jahren wieder Rückkehr in die höhere Politik beweist, dass manche Fehler schnell vergessen werden: Danach würde er Staatssekretär, um dann 1993 ausgerechnet bayerischer Verkehrsminister . So ist es halt. Und der Herr Beckstein sagt dann auch noch, 2 Liter Bier ist in Bayern ganz normal. Und alte Haderlump Strauss, sagte mal : am rechten Rand gibt es nichts, außer der CSU.Und diese selbe Politik, wird heute noch immer weiter geführt. Siehe Asylpolitik .Ob ich das noch erleben werde. Das, die letzte Einheits Partei die mit der Kirche zusammen nicht mehr diesem Land Regiert wird ! Aber da viele Mensch in Bayern, noch an das C der Partei glauben. Sowie der glaube an der Kirche . Weil beides das Christliche Abendland vertreten. Wird sich nichts enden. Servus euer Bauer Feind

  • Franz Paul

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    Otto, wer? Gibt’s nichts aktuelleres?

  • Gerd-Bodo Dick

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    Warum ist das Bundesland Bayern seit vielen Jahren eine große wirtschaftliche Macht?
    Viele fleißige und ehrliche Menschen mit verschieden Dialekten und Denkweisen sind in bewundernswerter Weise mit “ihrer Heimat” verbunden. Genau so fleißig wie viele andere Bundesbürger auch. Kultur, Tradition und Fortschritt mit CSU Politikern an der Spitze, gut in Einklang gebracht. Deshalb werden Politiker der CSU mit großer Mehrheit genau von diesen Menschen immer wieder gewählt. Berlin soll sexy sein aber bis unter die Haarspitzen pleite. Politiker wie Klaus Wowereit und seine roten und auch schwarzen Kumpanen haben es geschafft die Bundeshauptstadt zu ruinieren. Berlin, eine wunderschöne Stadt auf Kosten der reichen Bundesländer wie Bayern. Bayern und München mit vielen liebenswerten Orten mit ganz besonderen Darstellungen glänzen dagegen wie ein Stern am Horizont. Ohne Bayern wäre Deutschland noch viel ärmer. Stelle man sich vor, in München müsste man noch in Riem landen weil der neue Franz Josef Strauß Flughafen nicht fertig wird. Unvorstellbar für Bayern. Wo Rot mit Grün regiert gibt es nur Probleme. Wir in Baden-Württemberg bekommen es hautnah mit. Ein Regierungspräsident den man nicht nur wegen der Sprache schlecht versteht. Polizeireform und eine total verkorkste Bildungspolitik gleichen der Einführung der Mengenlehre. Handwerkliche Fehler wird man sagen wenn der Rückbau erfolgen muss. Spricht Dialekt wie der Herr Hubert Aiwanger von den Freien Wählern den man auch oft nicht versteht. Kein Problem wir haben ja Sprachforscher im Bayrischen Fernsehen. Der beste Musiksender kommt auch aus Bayern. Bayern 1 hören wir auch in Baden und in Württemberg sehr gerne und oft. Rote, Grüne, Freie oder sonstige ABC Parteien überzeugen einfach bodenständige Bürger und die vielen Zugereisten Menschen in Bayern nicht. Deshalb geben viele Wähler nach wie vor der CSU ihre Stimme. Ohne wenn und ohne aber belegbar durch unabhängig geprüfte Wahlergebnisse. Da hilft kein schwarz malen oder Klugreden. Kritiker der CSU sollten schlicht und einfach Dinge tun die vom Bürger auch verstanden werden. Schwarze Schafe gibt es in jeder Partei. Da kommt man mit dem Aufzählen nicht nach. Einfacher wenn man nur die verurteilten Straftäter aller Farben kennt. Mein abschreckendes Beispiel ist Herr Joseph Martin Fischer genannt auch Joschka. Metallsterne auf Polizisten geworfen, Bürger in Uniform die unsere Freiheit schützen dabei schwer verletzt, rechtskräftig verurteilt, integriert in grüner Ideologie, nach Amerika gefahren und als Aussenminister zurück gekommen. Nur Steuergelder mit Neuverschuldung verprasst für fragwürdige humanitäre Aufbauhilfen. Heute dürfen wir nach Zustimmung von Claudia Roth ohne verfolgt zu werden, Krieg in Afghanistan dazu sagen. Hauptsache die Kohle stimmt wie bei den anderen Politik Profis auch. Man muss kein Hellseher sein, solange die intoleranten Besserwisser, Klugsch….. (Redner) und permanente Systemkritiker der CSU den Bürger nicht besser überzeugen, wird sich am weis blauen Bavaria Himmel auch in Zukunft nichts ändern. Ein Hoch auf die bayrische Kultur. Der Schöpfer bewahre uns den kulturellen Reichtum für eine gemeinsame friedliche Zukunft.

    Querdenker

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drin