Entdecke Veranstaltungen in Regensburg Alle Kultur Oekologie Soziales Kino
Polizei setzt auf harte Linie

Anzeigenflut gegen Nazi-Blockierer

Nach der Eskalation bei der Auflösung einer NPD-Blockade im September in Regensburg setzt die damals scharf kritisierte Polizeiführung nun auf eine harte Linie. Seit wenigen Tagen laufen gegen bis zu 20 Personen, die an der friedlichen Sitzblockade teilgenommen haben sollen, Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Nötigung. Der Strafrechtler Dr. Jan Bockemühl rät den Betroffenen, sich „zu einer breiten Phalanx zusammenzuschließen und die Sache durchzufechten“.

Kriminalisierung von Nazi-Gegnern: Die Teilnehmer der friedlichen Sitzblockade im September werden jetzt der Nötigung beschuldigt.

Kriminalisierung von Nazi-Gegnern: Die Teilnehmer der friedlichen Sitzblockade im September werden jetzt der Nötigung beschuldigt.

Es war das unschöne Ende eines eigentlich erfolgreichen Tages. Als die NPD am 5. September 2013 mit ihrem Truck nach Regensburg kam, um auf dem Domplatz ihre Hetzreden zu schwingen, gab es breiten gesellschaftlichen Widerstand. Mindestens 2.000 Regensburgerinnen und Regensburger – von der Antifa bis zur CSU – demonstrierten gegen das kleine Häuflein von Neonazis.

WERBUNG

Als die NPD schließlich den Domplatz verlassen wollte, versperrten Dutzende Menschen deren Tross den Weg und ließen sich zu einer Sitzblockade nieder. Hunderte weitere Demonstranten blieben auf dem Domplatz stehen.

Gewaltsame Räumung war Thema im Landtag

Nach mehreren erfolglosen Aufforderungen per Lautsprecher, die Straße freizugeben, räumte die Polizei die Blockade schließlich mit Gewalt. Pfefferspray und Schlagstöcke kamen dabei auch gegen unbeteiligte Passanten zum Einsatz. Es gab mehrere brutale Festnahmen. Die durchaus riskante Einsatzstrategie, den NPD-Tross im Zentimeterabstand durch die Menschenmassen zu führen war Thema einer Landtagsanfrage. Sowohl die Polizeiführung wie auch das Innenministerium nahmen Stellung.

Seitdem liefen elf Ermittlungsverfahren: sieben gegen Demonstranten und vier gegen Polizeibeamte. Das war bis vor wenigen Tagen der Stand der Dinge.

Ein Rippenbruch, Gehirnerschütterung, Prellungen: "Kollateralschäden" einer Festnahme, bei der nicht einmal Personalien aufgenommen wurden. Foto: red

Ein Rippenbruch, Gehirnerschütterung, Prellungen: “Kollateralschäden” einer Festnahme, bei der nicht einmal Personalien aufgenommen wurden. Foto: red

Doch nun scheint die Polizei auf eine harte Linie zu setzen: Gegenüber unserer Redaktion bestätigte das Polizeipräsidium, dass „gegen zehn bis 20 Personen“ Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Nötigung laufen. Uns liegen bislang acht Vorladungen zur Beschuldigtenvernehmung vor.

Darin heißt es unter anderem:

„Es wird Ihnen zur Last gelegt, sich am 05.09.2013 in Regensburg an einer Sitzblockade beteiligt zu haben, die letztlich zur Folge hatte, dass Versammlungsteilnehmer der NPD, nach Beendigung ihrer angezeigten Versammlung auf dem Domplatz, mit einiger Verspätung abreisen konnten.“

Ermittelt wird bislang gegen Personen, die im Nachhinein über die Kameraufnahmen identifiziert werden konnten. „Im Verlauf der Ermittlungen können es auch noch mehr werden“, so ein Polizeisprecher.

Mindestens 100 Menschen theoretisch betroffen

An der Sitzblockade hatten sich mindestens 100 Menschen beteiligt. Darunter auch mehrere Lokalpolitiker, mehrere Ortsvorsitzende der Regensburger SPD, der damalige FDP-Kreisvorsitzende Michael Feil. Oder auch mehrere Mitglieder der Piratenpartei. Einer von ihnen ist Thoralf Will, damals Bezirksvorsitzender und Landtagskandidat.

Will hatte unmittelbar nach dem Einsatz die Polizei scharf kritisiert und auch Strafanzeige erstattet. „Ich habe damals mehrere Stunden im Krankenhaus verbracht. Dort wurden diverse Prellungen diagnostiziert, die mir ein Polizeibeamter beigebracht hat, indem er mir von hinten in Waden und Oberschenkel getreten hat, als ich einem liegenden Demonstranten aufhelfen wollte, den sie in die Menge geworfen haben“, erinnert er sich. Am Mittwoch flatterte ihm nun eine Vorladung ins Haus. Für Will ist das Schreiben „blanker Hohn“. „Statt sich um Aufklärung zu kümmern und die erbärmliche Vorstellung der Polizei einigermaßen wieder ins Lot zu bringen, reiten sie sich nun noch weiter rein und blamieren sich bis auf die Knochen.“

Der NPD-Lkw und die beiden Busse fuhren im Zentimeterabstand durch die Menschenmassen. Foto: Herbert Baumgärtner

Der NPD-Lkw und die beiden Busse fuhren im Zentimeterabstand durch die Menschenmassen. Foto: Herbert Baumgärtner

„Anzeigenflut ist ein Ablenkungsmanöver“

Ebenfalls zur Vernehmung eingeladen wurde DGB-Gewerkschaftssekretär Andreas Schmal. Er sagt: „Sich Nazis in den Weg zu stellen ist, auch wenn dies für die Kollegen von der Polizei einen längeren Einsatz bedeutet, legitim und demokratische Pflicht.“ Jetzt, so Schmal weiter, solle „mit einer Anzeigenflut von der tendenziell unsouveränen Vorgehensweise der Einsatzleitung abgelenkt werden“.

Rät, die Sache durchzufechten: Dr. Jan Bockemühl. Foto: archiv

Rät, die Sache durchzufechten: Dr. Jan Bockemühl. Foto: archiv

Eine rechtliche Handhabe hat die Polizei durchaus. Eine Blockade an sich ist zwar keine Nötigung, allerdings gibt es Spitzfindigkeiten. „Den Blockierern wird vermutlich zur Last gelegt werden, dass sie den vorausfahrenden Bus als Tatmittel benutzt haben, um den dahinter fahrenden NPD-Truck aufzuhalten“, sagt der Regensburger Strafrechtler Dr. Jan Bockemühl. Grundlage für diesen Vorwurf ist die sogenannte „Zweite-Reihe-Rechtsprechung“. Diese fuße auf einer „unsäglichen Entscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts vom März 2011. „Ich halte diese Entscheidung für falsch und sie ist auch nicht unumstößlich.“ Den Betroffenen rät Bockemühl jetzt, sich zusammenzutun und die Sache mit ihren Rechtsanwälten „in einer breiten Phalanx“ durchzufechten.

Betroffene schließen sich bereits zusammen

Die ersten Schritte dafür sind offenbar bereits eingeleitet. Auf Facebook haben sich mehrere Betroffene zu einer Gruppe zusammengeschlossen. Das Bündnis „Kein Platz für Nazis“ rät Empfängern des polizeilichen Schreibens, sich nicht gegenüber der Polizei zu äußern.

„Wir bitten euch, Kontakt mit uns aufzunehmen, wenn ihr auch so einen Brief bekommen habt. Gemeinsam können wir uns weitere Schritte (politisch als auch juristisch) überlegen.“

Print Friendly, PDF & Email

SUPPORT

Ist dir unabhängiger Journalismus etwas wert?

Dann unterstütze unsere Arbeit!
Einmalig oder mit einer regelmäßigen Spende!

Per PayPal:
Per Überweisung oder Dauerauftrag:

 

Verein zur Förderung der Meinungs- und Informationsvielfalt e.V.
IBAN: DE14 7509 0000 0000 0633 63
BIC: GENODEF1R01

Kommentare (24)

  • Jochen VV

    |

    Wird gegen den/die Veranstalter/Leiter der Gegendemo auch ein Verfahren eingeleitet?

  • Egon Schiele

    |

    Ein absolut verständlicher Rat. Rechtsanwälte müssen auch leben:) Jedes Mitglied der Phalanx ist schließlich ein potentieller Mandant.

  • mithai

    |

    Eine Mutter und ihre zwei Kinder starben am Mittwochabend bei einem Feuer in einer Hamburger Flüchtlingsunterkunft. Ermittler halten Brandstiftung inzwischen für die wahrscheinlichste Ursache…

    …und zeitgleich werden in Regensburg Bürger wegen einer NPD-Blockade kriminalisiert!

    Warum sollten wir tatenlos zusehen, wie die Rechte Szene wächst und wächst und immer gewaltbereiter wird?

  • Mr. T

    |

    Dazu fällt mir nur der geniale Karl Kraus ein: Der Skandal
    fängt an, wenn die Polizei ihm ein Ende macht. Aus der Fackel 263
    27-28; Sprüche und Widersprüche Ich hoffe, ich habe das korrekt
    zitiert, nicht dass man mir noch einen Dr. anhängt.

  • Marion Puhle

    |

    Da fehlen einem wirklich die Worte. Menschen, die sich
    friedlich den Nazis in den Weg stellen (sitzen) werden jetzt
    kriminalisiert. Wir alle sind aufgerufen, uns solidarisch zu
    erklären. Zu einer Vorladung muss man nicht gehen und sich schon
    gleich gar nicht dazu äußern. Sollen NazigegnerInnen jetzt
    gespalten und mundtot gemacht werden? Rechtstaat ade!!!! Ein
    unglaublicher Vorgang. Marion Puhle

  • Matthias

    |

    Ich hab von der Polizei nichts anderes erwartet… Schuld
    sind ja IMMER die anderen, also werden auch ALLE mit Anzeigen
    überflutet… wo kämen wir da in diesem Polizeistaat sonst auch
    hin…

  • Hans-Peter Dantscher

    |

    Ich halte diese Maßnahme entweder für einen verzweifelten
    Versuch einen unverhältnismäßigen Polizieinsatz nachträglich
    rechtfertigen zu können oder aber die linke, allternative,
    emanzipatorische, oder einfach wir haben keinen Bock auf Nazis
    “Szene” in Regensburg aufs Korn zu nehmen. Ich denke beides wird
    scheitern. Falls Letzteres der Fall sein sollte, kann ich das
    nachvollziehen, in Regensburg hat sich doch einiges getan in der
    letzten Zeit: Asylprotest (mehrere Vorträge, Besuche von
    Gerichtsverhandlungen, Theaterstücke zum Thema und vieles mehr),
    hunderte Menschen die Npdaufmärsche blockieren, teils bundesweite
    Berichterstattung zu verschiedenen Themen (regensburg.digital sei
    dank) welche doch das konservative Weltbild erschütern. Ich war bei
    der Blockade nicht in Regensburg, aber die Ermittler können sicher
    sein ich wär dabei gewesen. @ mithai: Es ist für mich interessant,
    dass sie/du das Thema Asyl ansprechen, aber ich werte das als Indiz
    dafür, dass der Asylprotest nicht umsonst war und (so meine
    Hoffnung) ein Bestandteil zukünftiger antifaschistischer Arbeit
    sein könnte.

  • Mathilde Vietze

    |

    Also ich finde es paradox: Einerseits wird – völlig zu Recht –
    gerufen “Nazis raus” und wenn das braune Gesindel dann
    endlich abrückt, wird ihm der Weg versperrt. Und ein
    Gewerkschafter täte gut daran, sich um die Aufgaben zu
    kümmern, für die er von der Gewerkschaft gut bezahlt
    wird und sich nicht hier zum Helden hochzustilisieren.

  • 07.02.2014 … Presseschau — Antifa Netzwerk

    |

    […] Die NPD-Kundgebung vom September letzten
    Jahres in Regensburg hat ein Nachspiel. Die Polizei wirft nun einer
    Reihe von Demonstrant*innen Nötigung vor
    (mittelbayerische.de, Regensburg digital). […]

  • Altstadt-Kid

    |

    Mal ganz ehrlich, ohne das Verhalten der Polizei
    entschuldigen zu wollen, aber das war die dämlichste Aktion in der
    Blockadehistorie. Man stelle sich nur vor in dem ganzen Tumult
    kriegt ein NPDler einen “nervösen Fuß”, und fährt in die
    Sitzblockade. Dann wäre natürlich auch die Polizei schuld
    gewesen,und es hätte Mord und Totschlag gegeben Wie kann man das
    blockieren, was man eigentlich bezweckt! Das man die Leute jetzt
    anzeigt halte ich für übertrieben, die sind eh schon genug
    geschlagen.

  • Kerstin Lange

    |

    Die Polizei – Schutz und Schild dieser Partei- hier wie
    anderswo!

  • Marion Puhle

    |

    Liebe Frau Vietze, weltweit nimmt der Rassismus zu. Man
    schaue nach Ungarn, Österreich, Griechenland, Spanien, Italien usw.
    In Deutschland nehmen die Angriffe auf Ausländer zu und
    Asylunterkünfte sind immer wieder Ziel von rassistischen Attacken,
    siehe Berlin und Hamburg. Wenn sich Menschen in den Weg stellen und
    den Nazis keinen Fußbreit gewähren, dann hat das etwas mit
    Zivilcourage zu tun und nicht mit irgendeiner Position, die ein
    Gewerkschafter inne hat. Keinen Fußbreit den Faschisten. Marion
    Puhle

  • Sebastian Wild

    |

    Das BVerfG hat aber eben auch 2011 entschieden, dass eine Sitzblockade durchaus eine Spontanversammlung nach Versammlungsrecht ist. Die npd Kundgebung war zu dem bereits beendet und somit keine versammlung mehr. Für micht hat hier die Einsatzleitung nicht nur mehrfach versagt sondern auch noch Grundrechte verletzt.
    Deshalb habe ich damals als augenzeuge der gesamten Aktion auch Strafanzeige gegen ihn gestellt aber von der hört man natürlich nichts mehr.

    Achja und weil das jemand hier schrieb: die npd hätte garnicht in die blockade reinfahren können weil vor ihr drei Reihen usk und BePol standen.

    Kenne selbst wenigstens zwei wegen Nötigung belangte Personen. Wenn wer nen Zeugen braucht…

  • Hans-Peter Dantscher

    |

    @ Frau Vietze und Alt-stadt Kid: Stellen Sie sich vor, sie
    plannen, für sagen wir mal die Spd eine Wahlkampftour quer durch
    Bayern mit Terminen in verschiedenen Städten. Wie nervig würden
    Sies finden, wenn ihre Plannung über mehrere Stunden verzögert
    wird? Würde ein Npdler einen “nervösen Fuß” bekommen, hätte er ein
    ziemlich großes Problem, so blöd ist auch ein Nazi nicht. Ach, in
    dem Fall würd ich noch ganz andere “Heldeninszenierungen”
    vorstellen können. :-)

  • Mathilde Vietze

    |

    Zu Hans-Peter Dantscher: Was wollten Sie mir mit Ihrem
    Kommentar eigentlich vermitteln? Wer glaubt wird selig, wer nichts
    weiß, muß alles glauben.

  • Marion Puhle

    |

    Warum es wichtig ist, sich gegen die braune Bagage zu
    wehren. Hier ein Artikel aus der Jungen Welt Anschluß in der Mitte
    Immer mehr “Bürgerinitiativen” hetzen auf Facebook gegen Asylheime
    und deren Bewohner. Drahtzieher sind organisierte Neonazis Von
    Susan Bonath Sie tarnen sich als “Bürgerinitiativen” und ziehen im
    sozial­en Netzwerk Facebook gegen Asylheime zu Felde. Nach dem
    Motto “das wird man ja wohl noch sagen dürfen” bewerben sie braune
    Ideologie und initiieren rassistische Aufmärsche. Hinter den
    Internetseiten stecken meist organisierte Neonazis. Gezielt
    kanalisieren sie bürgerliche Existenzängste auf das Feinbild
    “Ausländer” und buhlen, drei Monate vor den Europa- und etlichen
    Kommunalwahlen, um Zustimmung aus der “Mitte der Gesellschaft”. Um
    die 40 solcher braun-bürgerlicher Allianzen zählte das “Netz gegen
    Nazis” bereits zu Jahresbeginn. Und immer neue tauchen auf:
    Stimmung machen die Neonazis vor allem in Sachsen, Brandenburg,
    Thüringen und Sachsen-Anhalt. Aber auch gegen Migrantenunterkünfte
    in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hessen geht es zur
    Sache. Die Facebook-Gruppe “Schneeberg wehrt sich” machte im Herbst
    bundesweit von sich reden. Über diese rekrutierten örtliche
    NPD-Funktionäre bis zu 1800 Bürger zu Fackelmärschen gegen ein
    Asylheim in der 15000-Einwohner-Stadt. Daß die Neonazis dort offen
    agieren, stört die über 3800 Befürworter dieser Seite offenbar
    nicht. Andere braune Akteure bleiben lieber anonym. “Wir wollen
    keine Asylbewerber”, stellen etwa die Macher der Seite “Nein zum
    Heim in Hoyerswerda” klar. “Jeder Bürger” aus der Lausitzstadt, die
    1991 traurige Berühmtheit durch Brandanschläge auf Wohnheime
    ausländischer Arbeiter erlangte, könne hier “seine Erfahrungen mit
    den ungebetenen Gästen” mitteilen – aber bitte doch “nicht
    rassistisch”. Was die Seitenbastler und deren rund 2300 “Freunde”
    darunter verstehen, wird an Sprüchen wie “Raus mit dem Pack” oder
    “36 sind 36 zuviel” gut deutlich. Gemeint sind die ersten 36
    Flüchtlinge, die am Mittwoch eine neue Unterkunft in Hoyerswerda
    bezogen haben – die erste seit den Pogromen vor fast 23 Jahren. An
    die Anschläge erinnert sich auch ein Kommentator auf der Seite und
    droht: “Das einzige, was passieren wird: siehe 91.” Den ersten
    Angriff in der Stadt hat ein Marokkaner bereits hinter sich: Am
    Freitag verpaßte ihm ein ortsansässiger 37jähriger mitten auf dem
    Marktplatz einen Schlag auf den Kopf, wie die Polizei informierte.
    Ähnlich rassistisch geht es auf vergleichbaren “Anti-Heim”-Seiten
    zu. In Sachsen tragen sie Namen wie “Geithain wehrt sich”, “Raus in
    die Zukunft Chemnitz” oder “Chemnitz stellt sich quer”. Andere
    nennen sich “Wir sind Borna”, “Leipzig steht auf”, “Dresden sagt
    nein”, “Rötha wehrt sich” und “Unser Eilenburg”. Gegen Flüchtlinge
    in Leipzig-Schönefeld agiert gar eine “Elterninitiative”. Eine
    Plattform gegen ein Heim in der 9500 Einwohner zählenden Stadt
    Zschopau vereinte in knapp drei Monaten über 5000 Anhänger. Der
    Hetze gegen eine Einrichtung in Bautzen stimmten binnen weniger
    Wochen über 3000 Menschen zu. Gegen den Bau einer Moschee in
    Leipzig-Gohlis zogen fast 10000 zu Felde. Auch Heime in Brandenburg
    stehen im Fokus der Neonazis, etwa in Gransee, Parchim, Oderberg,
    Bad Belzig, Friesack, Premnitz, Rathenow, Falkensee und
    Lauchhammer. In Thüringen machen Rechte gegen Unterkünfte im
    Kyffhäuserkreis, in Heiligenstadt und Greiz mobil und hetzen gegen
    eine Moschee in Eisenach. In Sachsen-Anhalt stehen ebenfalls
    mehrere Heime auf braunen “Abschußlisten”. Mittlerweile haben sich
    auch zahlreiche Protestgruppen auf Facebook formiert; einige
    Lokalpolitiker versuchen, mit Bürgergesprächen den braunen Mob zu
    besänftigen und das städtische Image zu retten. Im
    sachsen-anhaltischen Gardelegen sind SPD-Bürgermeister Konrad Fuchs
    und Altmark-Landrat Michael Ziche (CDU) gerade aufgewacht. So
    hatten regionale Medien vergangene Woche über die Facebook-Gruppe
    “Nein zum Heim in Gardelegen” berichtet, die in nur einer Woche
    fast 2000 Befürworter fand. Eiligst setzten die Kommunalpolitiker
    am Donnerstag mit einem Mahngang zur Unterkunft “ein Zeichen für
    Toleranz”. Dabei ziehen Neonazis mit einer Facebook-Seite schon
    seit Monaten gegen ein Flüchtlingsheim in Bitterfeld-Wolfen zu
    Felde, fast unkommentiert und mit über 2200 Anhängern. Gegen die
    Betreiber einer weiteren braunen Plattform, mit der gegen ein Heim
    in Merseburg agitiert wird, ermittelt bereits die Polizei wegen des
    Verdachts der Volksverhetzung, wie diese am Donnerstag mitteilte.
    Zwar wurde die Internetseite kürzlich gelöscht, eine neue namens
    “Merseburg wehrt sich” ist aber bereits in Betrieb. Neben
    NPD-Werbung finden sich dort etwa Propaganda für Musikbands aus dem
    Dunstkreis des in der BRD verbotenen neofaschistischen Netzwerks
    “Blood & Honour” und Leitparolen wie “Merseburg bleibt
    deutsch”. Ein Thema für Sachsen-Anhalts Landes-CDU ist die
    völkische Stimmungsmache der Neonazis indes nicht. Drei Monate vor
    den Kommunalwahlen hat sie sich vielmehr auf die Linkspartei
    eingeschossen. Die solle sich doch bitte vom “Linksextremismus”
    distanzieren, forderte der CDU-Fraktionsvorsitzende André Schröder
    in einer Erklärung vom Freitag. Junge Welt 10.02.2014 Keinen
    Fußbreit den Faschisten Marion Puhle

  • Timo Beil

    |

    Also ich kenne auch paradoxe Geschichten. Letzten September erst kündigt in meiner Wohngemeinschaft der Verwalter den Besuch von äußerst unangenehmen Personen an, welche ich in meine gute Stube lassen soll. Ich könne mich zwar beschweren, aber nichts dagegen tun, das stünde so in der allgemeinen Hausordnung. Also trommele ich alle meine Freunde und Bekannten zusammen und besetze Couch und alle Sessel im Wohnzimmer damit dieser Besuch merkt, dass er unerwünscht ist. Während wir da so sitzen und gespannt warten, hat der Hausmeister die Wohnungstür aufgeschlossen und die angekündigten Gestalten in die Küche geführt. In Anwesenheit des Hausmeisters und unter großem Geschrei und Protest kacken die Unholde doch auf den Küchentisch! Während wir empört auf Saubermachen drängen und versuchen zu verhindern, dass das Pack selbiges am gleichen Tag in einer anderen Wohnung ausführt, fährt der Hausmeister seine Ellenbogen aus und bahnt sich rücksichtslos einen Korridor zum Ausgang und nimmt die Übeltäter gleich mit. Und wer jetzt dachte das war es jetzt, sieht sich seit kurzem mit einer Abmahnung des Hausmeisters wegen Verstoßes gegen die allgemeine Hausordnung konfrontiert. Zu guter Letzt wohnen hier im Haus auch noch Leute die der Meinung sind wir hätten solchen Strolchen den Hintern abputzen müssen, damit der Spuk schnell vorbeigeht und der Hausmeister daneben nicht so blöde aussieht. Die Welt wird immer verrückter.

  • aohiddis

    |

    Hier wird immer von Demokratie und dem Recht auf freie Meinung gesprochen. So soll es auch sein, dass jeder diese, seine Meinung, auch öffentlich kundtun darf.
    Wenn ich aber gerade dieses Recht auf freie Meinungsäußerung, einem anderen beschneide, auf welche Art auch immer, nur weil mir dessen Meinung nicht gefällt, dann muß ich auch die Konsequenzen tragten.
    Rechtstaatlichkeit, nur wenn sie mir in den Kram passt, das funktioniert so eben nicht. Also hört auf zu jammern. Gleiches Recht für alle.

  • Major Schloch

    |

    Wir müssen es akzeptieren, dass der Schoß der Dummheit noch fruchtbar ist. Wir müssen es nicht tolerieren, dass Verbrecher noch einmal Macht über dieses Land erhalten. An dem Tage, an welchem sie die Macht dazu haben, werden Demokratie und das Recht auf freie Meinung nämlich abgeschafft. Also hört auf von Sachen zu labern, von denen ihr keine Ahnung habt.

  • Roland

    |

    Eine Frage stelle ich mich immer wieder.

    Irgendwas verstehe ich daran nicht. Die Edelweispiraten, die Menschen um die Geschwister Scholl und einige andere Menschen die sich friedlich gegen das Regime aufgelehnt haben werden heute zurecht als Helden gefiert. Es werden Schulen und Straßen nach ihnen benannt.

    Wenn sich heute friedlich 100 & sogar 1000 Menschen, aus den Unterschiedlichsten ethnischen & religösen Herkünfte werden sie Regelmäßig als kriminelle hingestellt wenn sie versuchen eine Meinungsfreiheit zu verhindern denen der der Anfangszeiten der NSDAP verhindern möchte.

    Ich bin wahrscheinlich zu Dumm dafür den Unterschied zu erkennen. Für mich gibt es da keinen. ICH jedenfalls hätte damals auch bei den Edelweispiraten mitgemacht, auch wenn es mein Leben gekostet hätte und ich werde auch HEUTE Regelmäßig friedlich gegen Nazis Demonstrieren.

  • Joachim Datko

    |

    Die Gesellschaft steckt hier in einem Dilemma, in einer Zwickmühle!

    Zu 11.03.14 08:48 “[…] Ich bin wahrscheinlich zu Dumm dafür den Unterschied zu erkennen.”

    a) Viele Menschen teilen die Meinung, dass es gut und wichtig ist, von Anfang an rechtsextreme Aufmärsche zu verhindern.

    b) Nichtsdestotrotz haben wir Grundrechte, die nicht zur Disposition gestellt werden dürfen, egal wie ehrenwert der Zweck ist!

  • Johannes

    |

    Der Rechtsanwalt gibt ja super Ratschläge. Wann wird hier in diesem Land endlich einmal verstanden, was

    D E M O K R A T I E und vor allem das Grundrecht auf Versammlumgsfreiheit für

    – Jedermann

    – friedlich und ohne Waffen

    bedeutet.

    Sitzblockade ist Nötigung daher Strafbar. Man kann der NPD, solange Sie nicht verboten ist, nicht verbieten sich zu versammeln. Wenn diese ganzen Gegner endlich einmal begreifen würden, dass es das Beste wäre, diese Rechtsradikalen einfach zu ignorieren.

Kommentare sind deaktiviert

drin