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Ministerium geht gegen Rüge vor

Corona-Schnelltests: Millionenauftrag vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht

Hat das bayerische Gesundheitsministerium bei einer Auftragsvergabe zur Lieferung von Corona-Schnelltests in eklatanter Weise gegen geltendes Recht verstoßen? Darüber muss am Freitag das Oberste Landesgericht entscheiden. Das Ministerium geht dort gegen einen Beschluss der Vergabekammer Südbayern vor, die zahlreiche Verstöße bei dem Millionenauftrag rügt.

88.141.200 Laien-Schnelltests hat der Freistaat Bayern allein zwischen Februar und Juli angeschafft – ging es bei mancher Vergabe zu unbürokratisch zu? Foto: Wikimedia Commons

Am morgigen Freitag wird es ernst für das bayerische Gesundheitsministerium. Das Oberste Bayerische Landesgericht in München wird sich dann mit der Beschwerde des Ministeriums gegen eine Entscheidung der Vergabekammer Südbayern beschäftigen. Die Kammer hatte eine Auftragsvergabe des Ministeriums zur Lieferung von 5,3 Millionen Corona-Schnelltests zur Selbstanwendung in vielfacher Hinsicht gerügt. regensburg-digital hatte am 18. Oktober zunächst exklusiv über den 24seitigen Beschluss und dessen eindeutige Feststellungen berichtet.

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Die Vergabe an die Siemens Healthcare GmbH mit einem geschätzten Volumen von 25 Millionen Euro hat demnach in praktisch jeder Hinsicht gegen die – coronabedingt ohnehin stark gelockerten – Regeln des Vergaberechts verstoßen. Von Ungleichbehandlung ist die Rede, von Verstößen gegen das Transparenzgebot, von Ermessensfehlern und von fehlendem Wettbewerb. Ein anderer Anbieter von Schnelltests hatte Beschwerde gegen die Vergabe eingelegt und bekam in vollem Umfang recht. Der Auftrag war zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits erfüllt und vom Freistaat bezahlt.

Opposition im Landtag fordert Aufklärung

Auch die Süddeutsche Zeitung hatte einen Tag später über den Fall berichtet. Es folgten mehrere Anfragen der Grünen im Landtag zum konkreten Fall und zwischenzeitlich auch ein längerer Fragenkatalog der FDP-Fraktion. Diese fordert nun eine genaue Aufschlüsselung von Nachprüfungen durch Vergabekammern, den jeweiligen Auftragssummen, eventuellen Verstößen und deren finanzielle Folgen. Auch der Untersuchungsausschuss, den der Landtag im Zuge der Maskenaffäre um den Rechtsanwalt und CSU-Politiker Alfred Sauter eingesetzt hat, soll sich mit entsprechenden Vergaben beschäftigen – zumindest insoweit Abgeordnete daran beteiligt waren.

Das Gesundheitsministerium hat konkrete Fragen unserer Redaktion zu der Vergabe mit Verweis „auf das noch laufende Gerichtsverfahren sowie die Wahrung des Grundsatzes der Vertraulichkeit“ bislang nicht beantwortet. Die Entscheidung der Vergabekammer bezeichnete eine Sprecherin des Ministeriums als „vergaberechtlich unzutreffend“. Auf Nachfrage des Landtagsabgeordneten Florian Siekmann (Grüne) erklärte das Ministerium, dass „weder im Vorfeld noch bei Durchführung des Vergabeverfahrens“ Vermittler beteiligt gewesen und dementsprechend „auch keine Provisionen oder Vermittlungsentgelte bezahlt“ worden seien.

Waren die Tests deutlich zu teuer?

Beim Auftrag über die Lieferung der 5,3 Millionen Selbsttests könnte für den Steuerzahler dennoch ein Schaden im zweistelligen Millionenbereich entstanden sein. Die Tests eines Unternehmens, das bei der Vergabe nicht berücksichtigt wurde, lag bei 3,20 Euro pro Stück. Der Durchschnittspreis der Schnelltests, die der Freistaat zwischen Februar und Juli vornehmlich bei Siemens Healthcare bestellt hat, lag um mehr als zwei Euro darüber.

Gegenüber der Süddeutschen Zeitung hatte das Ministerium diese Rechnung als falsch bezeichnet. Der Preis von 3,20 Euro stamme vom März 2021, der Zuschlag bei der in Rede stehenden Vergabe sei aber bereits im Februar erteilt worden. Darüber hinaus habe die Firma, die sich erfolgreich bei der Vergabekammer beschwert hat, „die erforderlichen Mengen zum erforderlichen Zeitpunkt mit Tests vergleichbarer Qualität und der erforderlichen Sonderzulassung“ nicht liefern können.

Ministerium sieht keine Schadenersatzansprüche

Ob dies tatsächlich zutrifft, dürfte auch bei der morgigen Verhandlung vor dem Obersten Landesgericht eine Rolle spielen. Und dort wird sich dann auch klären, ob und welche Schadenersatzansprüche die beschwerdeführende Firma im Anschluss in einem weiteren Verfahren geltend machen können wird. Bislang geht man im Gesundheitsministerium davon aus, dass solche Ansprüche „weder in tatsächlicher noch rechtlicher Hinsicht“ bestehen.

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Kommentare (5)

  • Hutzelwutzel

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    Toll, dass Ihr da dran seid. Ich denke, dass man in diesem Umfeld noch viel mehr finden wird. So viel, dass vom Unterlagenumfang her die legendäre Alexandrinische Bibliothek ein Bücherschrankerl ist.

  • Gesunde

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    Die teuren Tests sind bestimmt sicherer und besser als die billigen. Alles für unsere Gesundheit und Sicherheit.
    Jetzt auch in KiTa.
    Statt jedem Kind ein Apfel, Mandarine oder Nuss zu geben, wird in der Nase gebohrt.

    Gibt’s in der Politik noch irgendwas was rechtsmäßig läuft? Leider bekommen es die meisten Menschen nicht.

  • Mr. T.

    |

    Gesunde, es steht nicht zur Debatte, Kinder gesund zu ernähren ODER sie zu testen. Der verpflichtenden Tests dienen zum Schutz der Kinder, Betreuer*innen und Eltern vor einer Infektion. Äpfel, Mandarinen und Nüsse können sie obendrein weiter bekommen.

  • Druide

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    Teuere Teste sind nicht die besten. Siemens kommt aus China, Roche aus Korea. Der Roche Test ist lt einer niederländischen Studie auch noch recht schlecht und erkennt lt Studie bei infizierten mit wenig Symptomen nur 35% als poitiv.
    Es gibt da auch Listen bei EU und in den USA von der FDA, wo viele Teste die in Deutschland normal sind als sehr schlecht beurteilt werrden. Das sind meistens die billigen unter 1 EUR aber eben auch solche wie der von Markenunternehmen.

Kommentare sind deaktiviert

drin