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Landkreis Schwandorf

CSU-Attacke auf JUZ Burglengenfeld

Das JUZ in Burglengenfeld ist eines der ältesten selbstverwalteten Jugendzentren überhaupt und gilt weit über die Grenzen des Landkreises Schwandorf hinaus als Institution. Einen kürzlich bekannt gewordenen Vorstoß des CSU-Landrats, dem Trägerverein nach fast 50 Jahren zu kündigen, kann man eigentlich nur als politisch motivierte Attacke bezeichnen.

Herbstfest im JUZ Burglengenfeld 2021. Wenn es nach dem Landrat geht, könnte damit bald Schluss sein. Foto: privat

Thomas Ebeling ist ein Politiker zum Anfassen. 2014 wurde er zum Landrat in Schwandorf gewählt – als erster CSU-Politiker in der Geschichte des Landkreises überhaupt. Damals noch knapp vor der SPD-Politikerin Marianne Schieder, bei seiner Wiederwahl 2020 schon unangefochten mit fast 70 Prozent. In regelmäßigen Bürgersprechstunden auf seinem Facebook-Kanal scheut Ebeling auch unangenehme Themen nicht. Er spricht über Corona-Zahlen und Verschwörerdemos, über Flüchtlinge, die Energiewende und die Feuerwehr. Man kann dem Landrat dabei zuschauen, wie er E-Gitarre spielt und man erfährt, dass er mit seinem getreuen Bürgersprechstunden-Moderator, dem Autor Fabian Borkner, schon mal einen Schoko-Zauberstab verspeist hat. Dialog und Dialogbereitschaft – das sei einfach das Wichtigste, vor allem dann, wenn man nicht einer Meinung sei, betont Ebeling dabei immer wieder.

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Worüber der Landrat ungern spricht

Nur über ein Thema spricht der 46-Jährige gar nicht gerne und dann wird aus dem Politiker zum Anfassen schnell ein angefasster Politiker. Seit die Mittelbayerische Zeitung vor gut drei Wochen aufgedeckt hat, dass Ebeling in einer nichtöffentlichen Ausschusssitzung des Kreistags versucht hat, das JUZ Burglengenfeld nach fast 50 Jahren aus seinen angestammten Räumen zu werfen, befindet sich der Landrat nicht nur intensiv auf Maulwurfssuche. Er schweigt auch beharrlich zum dem Thema – mit Verweisen, die nicht unbedingt überzeugen.

Selbst die Antwort zur Frage, was er denn nun von diesem Jugendzentrum halte und dem, was dort gemacht wird, verweigert der CSU-Politiker mit Verweis auf die Nichtöffentlichkeit besagter Sitzung. Mit Vertreterinnen des JUZ gesprochen hat Ebeling während seiner acht Jahre als Landrat ohnehin noch nie.

Fast 50 Jahre selbstorganisiert

Das JUZ Burglengenfeld gilt als Institution. Es ist eines der ältesten selbstorganisierten Jugendzentren in Bayern. Einer der letzten subkulturellen Räume in der Oberpfalz.

Hier war 1986 der Ausgangspunkt für das „Anti-WAAhnsinns-Festival“ gegen den Bau der Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf. In der Musikkneipe spielen regelmäßig regionale und überregional bekannte Bands, wie z.B. Ton Steine Scherben. Auch viele Regensburger nutzen das JUZ mangels allzu vieler Auftrittsmöglichkeiten in der Domstadt.

Hier gibt es Raum für politische und (sub)kulturelle Debatten. In der denkmalgeschützten ehemaligen Landwirtschaftsschule gibt es zudem mehrere Proberäume für Bands. Die Bluesfriends Burglengenfeld-Regenstauf, Organisatoren des überregional bekannten Südstaatenmusikfests, bieten hier Raum für Musiker verschiedenster Richtungen. „Das JUZ bringt keine drogenabhängigen Hartzer hervor“, sagt Jule Richter vom gemeinnützigen Trägerverein. „Wir bieten Freiraum zum sich Ausprobieren, für Musik und Debatten. Wir schaffen Zukunft.“

Allzu viel Kosten verursacht diese wichtige Infrastruktureinrichtung für den Landkreis nicht. Der stellt das Gebäude mietfrei zur Verfügung, lediglich die Betriebskosten werden in Rechnung gestellt. Aus Burglengenfeld, Maxhütte-Haidhof und Teublitz gibt es jährlich insgesamt 3.000 Euro freiwillige Leistungen als Zuschuss.

Mit Vorwand Sozialwohnungen gegen missliebige Mieter

Erster CSU-Landrat in Schwandorf: Thomas Ebeling. Foto: Barbara Stopfer/Landratsamt Regensburg

Doch die politische Ausrichtung scheint dem Landrat und seiner CSU ein Dorn im Auge zu sein. Die Mieter des JUZ seien mehrfach als „linksautonome Szene aufgefallen“, heißt es in dem internen Protokoll zu der Sitzung, aus dem die MZ zitiert. Doch dass man dem Jugendzentrum deshalb den Garaus machen will, wird dann doch nicht so klar benannt. Von dringendem Sanierungsbedarf sprach Ebeling in der Sitzung, die gegen den Widerstand der SPD nichtöffentlich stattfand. Deshalb, so der Landrat, müsse man den Vertrag mit dem Verein kündigen.

Und wenn man die missliebigen Mieter schon mal draußen hat, dann kann man sie auch ganz draußen halten, scheint Ebeling sich gedacht zu haben. Stattdessen könne man dann Sozialwohnungen in dem Gebäude unterbringen. Für die bestehe im Städtedreieck Bedarf, so Ebelings Vortrag in besagter Sitzung.

Durchgebracht hat Ebeling seinen Vorstoß fürs erste nicht – zunächst soll ein Konzept zur Sanierung des Gebäudes erstellt werden. Auch Räume für Jugendarbeit soll es dann noch geben. Doch welche, wie viele, für wen – und unter welchen Bedingungen? Die jungen Leute hängen mangels konkreter Informationen komplett in der Luft.

Offener Brief an den Landrat

In einem Offenen Brief haben sie kürzlich den Landrat aufgefordert, mit ihnen in den Dialog zu treten (hier als PDF). „Das Jugendzentrum in Burglengenfeld ist eine seit Jahrzehnten existierende, öffentliche Institution, sodass wir allein die Diskussion über eine Schließung in einer nicht-öffentlichen Sitzung nicht nachvollziehen können“, heißt es darin. „Da wir bisher nicht in die Diskussion über unser eigenes Fortbestehen einbezogen wurden, wenden wir uns nun direkt an Sie.“ Durch eine Kündigung des Mietverhältnisses werde „dem Verein der Boden unter den Füßen weggezogen“. Deshalb bitte man den Landrat um eine Stellungnahme und darum, seine Planungen zu überdenken.

Eine Antwort von Ebeling gab es bislang noch nicht. Auch sämtliche Medienanfragen lässt der Landrat mit dem Verweis auf die Nichtöffentlichkeit besagter Sitzung von sich abprallen, selbst dann, wenn es weder um Vertragsverhältnisse noch konkrete Inhalte der Sitzung geht, sondern schlicht um Fragen, die ein gewählter Politiker, der sich als dialogbereit beschreibt, schlicht beantworten müsste.

Keine Ahnung oder keinen Bock?

Erstaunlich bei alledem: Folgt man Ebelings (Nicht-)Antworten zu Fragen, die wir ihm gestellt haben, dann hat der Landrat weder Ahnung davon, ob und welcher Sanierungsbedarf besteht, noch davon, ob zusätzliche Sozialwohnungen an dieser Stelle überhaupt notwendig sind. Entweder er schweigt oder er verweist an andere Stellen, die zuständig seien. Doch zumindest die Kritik von SPD und Grünen, derzufolge er mit der verfolgten Kündigung des JUZ-Vertrags eine „städtedreiecksfeindliche Politik“ betreiben würde, will Ebeling so nicht stehen lassen. „Ich wohne selbst im Städtedreieck“, lässt er kurz und bündig wissen.

Einen Antrag, den Grünen-Kreisrat Rudi Sommer am Montag in der öffentlichen Sitzung des Bauausschusses gestellt hat, mit dem Ziel, Planungsmittel zur Verfügung zu stellen, um das JUZ zu sanieren und so zu dessen Erhalt beizutragen, hat der Landrat übrigens mit harschen Worten zurückgewiesen. Dafür gebe es erst einmal kein Geld, das gehöre nicht hierher und überhaupt: Das habe doch alles irgendwie etwas mit der nichtöffentlichen Sitzung zu tun, über die man partout nicht reden solle…

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Kommentare (18)

  • Mr. T.

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    Vielleicht sollten sie dort auch mal ein paar Rechtsrocker spielen lassen, um den Konservativen die ewige Angst vor Linksextremen, die sie in allen links von der JU sehen, etwas zu nehmen. Der pseudojunge Rock’n’Roll-Landrat ist auch nur ein alter weißer Mann. Den kannst mit Seehofer Söder und Scheuer in einen Sack stecken und erwischst jedes Msl denselben wennst reinlangst. Unionskarrierler pur …

  • Altjuzlerin

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    Grüßt hier das Murmeltier?
    Wir waren vor Jahren keine linksversifften Bombenleger und auch die aktiven Juzler sind keine linksversifften Bombenleger. Herr Ebeling hat unser Alter, ich unterhalte mich gerne einmal mit ihm darüber, dass das Juz nicht der Vorhof der Gosse ist. Im Gegenteil, Jugendliche tragen aktiv und in Eigenverantwortung zur Jugendkultur bei. Welche Haarfarbe sie dabei haben, ist völlig einerlei.

  • auch_ein_regensburger

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    Bei der nächsten Gelegenheit wundert sich die CSU dann wieder, dass sie bei jungen Leuten so schlecht ankommt.

    Woran es wohl liegt?

  • Zwei Flaschen Hans

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    Wer sich in Vereinen engagiert braucht kein JUZ. Wer in Vereinen seine Arbeit macht braucht kein JUZ. Wer von jedem Verein abgelehnt wird braucht ein JUZ.

  • Kreative Flasche

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    @2FL Hans
    Da gehen also alle hin, denen die übliche behäbige, spießige Vereinsmeierei zu blöd ist? Scheint ein sehr interessanter, viel versprechender Ort zu sein, dieses JUZ. Muss da hin.

  • Zwei Flaschen Hans

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    Kommentar gelöscht. Kein Getrolle.

  • Diese jungen Leute

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    Jugendkultur ist wohl nur dann erwünscht wenn sie nach dem Geschmack des LR ist. Ich möchte mir nicht ausmalen wie gruselig die dann wäre…

  • Ungläubige Gottesfürchtige

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    Links-autonom? Schätze eher nicht, die bitten nicht verzweifelt um Dialog mit der Herrschaft….

  • Daniela

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    Der “Der gute Landrat und seine Wähler , Doku – Seifenoper aus der Oberpfalz, demnächst im Live Stream von eberling. tv…. ”

    Nein mir fällt, außer Satire nix mehr ein dazu. Da produziert sich der Herr Landrat als weltoffen, diskussionsfreudig, zukunftsorientiert, dem Wähler zugewandt…., Aber, wenn’s um heikle Themen, wie diesem, geht, dann wird’s nicht öffentlich.

    Möge der Landrat doch bitte aufpassen, die Jugend von heute, sind die Wähler von morgen…, erst war Corona, jetzt kommt Eberling, um der Jugend den Platz und die Freiheit zu nehmen, sich zu treffen, aus zu probieren, sich aus zu leben und sich auch über politische und Alltagsthemen aus zu tauschen. Herr Eberling, die Jugend benötigt eigene Freiräume….

  • EssJott

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    Nun, der schöne Thomas wäre nicht der erste CSU-Politiker, der sich ob eines (zu) guten Wahlergebnisses vom Volksverteter zum Volkszertreter entwickelt. Absolute Mehrheiten werden besonders in christlich-konservativen Kreisen gerne als Rechtfertigung für absolutistisches Regieren umgedeutet. Bleibt zu hoffen, dass die Wählerinnen und Wähler bei der nächsten Wahl die passende Quittung ausstellen. Aber leider ist das Wahlvolk zum Einen ohnehin vergesslich, zum anderen mit steigendem Alter besonders. Die Jugend ist aufgefordert zu wählen, was _ihren_ Interessen dient und das ist in der Regel nicht die CSU.

  • K.

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    Kommentar auf Wunsch der Verfasserin gelöscht.

  • Bernd

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    Jugendzentren leisten eine wichtige Arbeit. Sie sind eben gerade nicht ein Trachten- oder Schützenverein mit dem Ziel, CSU-gefällige Brauchtumspflege zu betreiben.

    Es stünde einem Landrat gut zu Gesicht, seine Themen transparenter zu behandeln und nicht ohne Not gewachsene Strukturen zu zerstören. Wenn es tatsächlich irgendwo schlimme Zustände geben sollte, dann holt man die Leute an einen Tisch und informiert sich. Punkt.

  • Sonny

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    @Karin
    Ich hoffe Verleumdungsklage kommt bald an.

  • Altjuzlerin

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    Die Vorurteile über das Juz sind nun abgearbeitet. Können wir zum Problem zurückkehren?
    Mich langweilen Storys über Drogenkonsum und Linksautonome. Sie sind so alt wie das Juz.

  • Paul Paulsen

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    CSU gewählt, CSU bekommen. Welches Verständnis von Demokratie dieser Verein in den letzten Jahren zur Schau getragen hat, sollte eigentlich jede Wiederwahl undenkbar machen, aber willkommen in Bayern.

  • tom lehner

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    Das Vokabular das gegen das Burglengenfelder JUZ durch den CSU Landrat verwendet wird reiht sich ein in eine lange Geschichte von Anfeindungen und Diffamierung seitens der hiesigen Konservativen, sprich der CSU. Wäre ich CSU nah würde ich das JUZ auch als Stachel in der ansonst so tollen Amigogesellschaft empfinden. Vermutlich gibt es auch hinter dem neuerlichen Vorstoss eine gewinnbringende Alternativverwendung für das Anwesen. Da sind Andersdenkende und im Besonderen gegenpolige politische Ansichten natülich im Weg.
    Ich bin kein großer JUZ Gänger, empfinde das JUZ mit seinen Konzerten und Veranstaltungen aber als echte Bereicherung für unsere Region die sonst nirgends geboten werden. Darum ist es mir auch um Welten lieber als eine Partei, deren Politiker in Pandemiezeiten hunderttausende € mit Maskengeschäften in die eigene Tasche schaufeln. Und das auf Kosten der Allgemeinheit. Und bei der Förderung des JUZ reden wir von 3000€ im Jahr.
    An der Stelle des Menschen der sich Landrat nennt würde ich vor Scham im Boden versinken.

  • Dieter

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    Weiß man eigentlich, ob das VAZ Pfarrheim Burglengenfeld da in einem Zusmenhan steht? Das scheint ja ein ähnliches Schicksal zu ereilen.

  • Skyrider

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    Da gibts einen Landrat, der sich selbst als “bürgernah” und den Menschen “zugewandt” bezeichnet. Dieser Landrat Ebeling, hat nun anscheinend das JUZ Burglengenfeld, das von konservativen Kreisen schon immer als der “Hort der linksgerichteten Gesinnung” bezeichnet wurde, auf seiner Agenda, um jahrzehntealte politische Rechnungen zu begleichen. Ich dachte, das wäre überwunden. In nicht öffentlichen! Sitzungen des Kreistages wird dann das fadenscheinige Argument des sozialen Wohnungsbaus angeführt, wobei der Landkreis Schwandorf hier, wie andere Landkreise und Kommunen auch, dieses Problem jahrzehntelang dem sogenannten “frei finanzierten” Wohnungsmarkt überlassen haben. Wie es auch gehen kann, zeigen andere Landkreise. Hier wurde sozialer Wohnungsbau umgesetzt,ohne Kultur-Jugendeinrichtungen oder sonstige Institutionen einfach nur mal so aus politischen Gründen heraus infrage zu stellen.
    Wäre Hr. Ebeling so “bürgernah”wie er sich immer gibt, würde er sich nicht hinter der “Schweigepflicht” in nicht öffentlichen Sitzungen verstecken und sich einer öffentlichen Diskussion stellen. Daran ist ihm und seiner CSU aber anscheinend nicht gelegen.
    Ich muss gestehen, der Kontakt zum JUZ, ist außer gelegentlichen Besuchen oder Sommerfesten seit Jahren immer weniger geworden. Das ist auch dem Alter geschuldet. Wie mir aber von unabhängiger Seite bestätigt wurde, gehts hier, vor allem bei Diskussionsrunden,noch ganz schön zur Sache. Daran hat sich anscheinend zu früheren Jahren nichts geändert. Freut mich.
    Aber wie Franz Schindler schrieb.
    “Wer beabsichtigt, das JUZ in seiner bestehenden Form zu schließen, muss mit großer Gegenwehr rechnen”
    Recht hat er. Hier ist jetzt nicht nur die aktuelle Generation der Jugendlichen gefordert, sondern auch die Semester “gesetzteren Alters”, so wie ich einer bin, die nicht nur zu WAA Zeiten, sondern auch noch zu späterer Zeit später kennenlernen durften, was es heißt, Unterstützung zu erfahren. Wir durften kennenlernen, wie wichtig es ist, sich zu treffen, verschiedene Meinungen auszutauschen, eigene Anschauungen einfach mal wieder “einzuordnen”.
    Diese Möglichkeit sollte meiner Meinung auch der heutigen Jugend im JUZ erhalten bleiben.
    Hr. Ebeling sei noch eines ins Stammbuch geschrieben. Oberpfälzer können furchtbar stur sein. Vor allem in der politischen Auseinandersetzung,erst recht, wenn sie von einer Sache überzeugt sind. Egal ob alt oder jung, da hat sich zu früheren Zeiten nichts geändert.

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drin