Zum Abschluss der Theaterwoche im Kulturzentrum W1 brachte David Liese vor ausverkauftem Haus Georg Büchners Woyzeck auf die Bühne.
Dass Woyzeck nicht das einfachste Stück ist, lässt sich schon daran festmachen, dass der Regisseur selbst vor der Premiere eine Einführung in das Werk, das Leben des Autors Georg Büchner und die Inszenierung gibt. Büchner, 23jährig gestorben, konnte das Dramenfragment nie beenden – bis auf vier handschriftliche, undatierte und sehr unterschiedliche Fassungen ist nicht viel erhalten. So ist denn der Stücktext durch Ellipsen, willkürlich scheinende Gesinnungs- und Handlungssprünge und seltsame Brüche gekennzeichnet, die uns ohne Anfang und ohne geschlossenes Ende stehenlassen. All das passt zur Geistesverfassung des Titelhelden, der durch Armut, Demütigungen, medizinische Experimente und Hunger in den Wahnsinn strudelt.
Die Protagonisten des Stückes heißen Franz Woyzeck und Marie, mit der er ein Kind hat und die er am Ende des Abends ermorden wird. Beide Rollen, sowie ein ganzes Arsenal an Nebenfiguren werden von den Schauspielschülerinnen Laura Puscheck und Sophie Reichert gespielt. Dabei ist die Tonalität des Stückes von Beginn an mehr auf das Zeigen als auf das Begründen, mehr auf die laute Verzweiflung denn auf die stillen Abgründe der menschlichen Seele gelegt.
Dass hier zwei Frauen fast ausschließlich in Männerrollen schlüpfen, hätte zu einem interessanten Subtext über die Geschlechtlichkeit des Wahnsinns, über Schmerzensmänner und Demütigungen eines patriarchalen Systems führen können. Stattdessen wird über diese Ebene im Stück kaum etwas vermittelt – warum Liese die Rollen mit zwei Frauen besetzt hat, bleibt letztlich unklar.
Das Büchner-Fragment, schon in den existierenden Textfassungen nicht linear und einem kontinuierlichen Spannungsbogen unterworfen, verlässt in Lieses Strichfassung gänzlich die Erzählebene und beschränkt sich darauf, Stimmungen, Gedanken- und Dialogfetzen aneinanderzureihen, um so Woyzecks freien Fall in psychologische Untiefen assoziativ zu beleuchten. Und beleuchten ist hier im inhaltlichen Sinne gemeint. Die Bühne wird vor allem mit hartem Streiflicht bedacht und manchmal – wenn etwa die Darstellerinnen auf den Tonboxen hinter den Zuschauerreihen eine Textpassage sprechen – auch gar nicht. Das lässt das ganze Geschehen seltsam im Dunkeln, aber soviel zu sehen gibt es eh nicht, ist diese Inszenierung eher text- denn handlungsbasiert. Auch Bühne und Kostüm sind Träume eines minimalistischen Möbeldesigners mit einem Stahlrohrquader und einem Kinderwagen, der als anachronistisches Element stilistisch aus der monochromen Bühnen- und Kostümgestaltung heraussticht.
Es bleibt, dem W1 zu seiner Theaterwoche zu gratulieren, dessen Abschluss Woyzeck war. Das ehemalige Jugendzentrum und jetzt Zentrum für junge Kultur positioniert sich damit erstmals als möglicher Spielort einer freien Theaterszene. Dieser freien Szene, die grade noch etwas schüchtern beginnt, sich in Regensburg eigene Stoffe, eigene Lesarten und Themen anzueignen, sei ein herzliches Toi Toi Toi gewidmet. Möge sie Regensburg – abseits von Uni und Stadttheater – bereichern und verstören und, nach Erika Fischer-Lichte, zur „Wiederverzauberung der Welt“ beitragen.
Woyzeck. Regie: David Liese. Mit: Laura Puscheck, Sophie Reichert. Weitere Vorstellungen: 17. Januar und 1. März, jeweils um 19 Uhr im W1.
Neuland für die Stadt Regensburg – um die Bürger am Kulturentwicklungsplan zu beteiligen, hat man heute den Startschuss für ein eigenes Wiki gegeben. Nach allerlei Fragwürdigkeiten dürfen die Bürger nun wirklich einmal mitreden.
Ritter, Dämonen und Alben tummelten sich am vergangenen Wochende auf der Burg Kallmünz. Dort wurde mit fast 100 Darstellern ein Trailer für die kürzlich vollendete Buchtrilogie „Der zwölfte Orden“ gedreht. Unser Fotograf Daniel Gilch hat einige Bilder von den Dreharbeiten geschossen.
Es gibt ja überall so ein paar unglückliche Orte. Solche Orte, an denen sich nie irgendetwas lange hält. Einer dieser unglücklichen Orte schien bislang die Adresse Arnulfsplatz 4 zu sein. Wienerwald, Anastasia, Sushi, anderes asiatisches Essen… Wer sich noch lückenlos dran erinnern kann, welche Namen in den letzten zehn Jahren dort über dem Eingang prangten, sollte sich Gedanken über einen Auftritt bei “Wetten dass…” machen. Möglicherweise setzt das seit Mitte Oktober dort ansässige “Tiki Beat” dieser Kette unglücklicher Öffnungen und Schließungen ein Ende. Schon im normalen Bar-Betrieb recht vielversprechend, holte sich das Tiki mit Stormy Heather und Gefolge ein erstes Highlight ins Haus.
Inside Wikileaks ist langweilig, irrelevant und uninformativ. Wie so viele Kinofilme, die vom ,echten Leben’ inspiriert sind. Dabei hätte man das Drama um Julian Assange bestimmt retten können.
Pumperärmel statt Anzug, Lockenpracht statt Glatze, bejubelt statt kritisiert: Beim Bürgertheater im Historischen Reichssaal durfte Hans Schaidinger den Kaiser geben.
Am Dienstag starteten die deutschsprachigen Meisterschaften im Poetry Slam in Bielefeld. In der Presse kommen die modernen Wettbewerbe nach wie vor schlecht weg, zuletzt bei Boris Preckwitz in einem im Oktober 2012 erschienen Artikel der Süddeutschen Zeitung: „Mehr und mehr eine Farce“ seien Poetry Slams – langweilig, billig oder sogar falsch. Eine späte Antwort.
Helge Schneider ist zurück auf der Leinwand. Der vielleicht konsequenteste Jazzer der Bundesrepublik nimmt es billigend in Kauf, mit „00 Schneider – Im Wendekreis der Eidechse“ einen großen Teil seines zahlenden Publikums zu vergraulen.
Einmal in meinem Leben will ich einen Literaturnobelpreisträger vor der Auszeichnung kennen. Dieses Jahr fällt die Wahl auf Alice Munro. Das bedeutet einen Umbruch, weil Munro Kurzgeschichten schreibt und Kanadierin ist. Aber was bedeutet es sonst?
Liebe Leserinnen und Leser, in dieser Woche startet mit dem „Gilch der Woche“ eine neue Rubrik. Der Fotograf Daniel Gilch (Vorstellung folgt) wird sich in regelmäßigen Abständen Themen und Phänomenen in Regensburg mit Bildern und Bilderserien widmen. Für Vorschläge und Anregungen sind wir unter gilch@regensburg-digital.de offen. Dieses Mal gibt’s (übrigens durchweg legale) Graffiti in Regensburg. […]
Brom und Barium: zwei Elemente, deren Kürzel ein hohes Maß an Aufmerksamkeit erfahren. So wie Heisenberg, Chrystal Meth, Chemie im Speziellen und die Wissenschaft im Allgemeinen. Zumindest bis Sonntag. Dann endet die US-amerikanische Fernsehserie Breaking Bad.
Jeder, der in der Schule Faust gelesen hat, kennt die Story vom Wüstling: Junger ehrgeiziger Mann fällt dem Teufel in die Hände, der ihn erst verdirbt, mit ihm um seine Seele spielt, um ihn dann mit Wahnsinn zu schlagen. Wenn’s denn mal so einfach wäre. Premiere der Oper „The Rake’s Progress“ am Sonntag am Theater Regensburg.
Seit zwei Tagen steht fest: Ben Affleck spielt den neuen Batman. Ein Dorn im Auge von Fanboys auf der ganzen Welt. Warum eigentlich? Schließlich ist Affleck unauffällig, erfolgreich, der ewige Underdog – und damit eigentlich ideal besetzt.
Mit Bügelbrett und Regenradar startete gestern die 31. Auflage der Regensburger Stummfilmwoche. Gezeigt wurde “Das Cabinet des Dr. Caligari”, begleitet von einer ganz besonderen musikalischen Untermalung.
Obwohl ich Festivals nicht mag, verschlug es mich nach drei Jahren Abstinenz im Juli 2013 auf das Summerjam in Köln und das MELT! in Ferropolis. Dort sah ich MAJOR LAZER und THE KNIFE, zwei Elektro–Acts, die zunächst wenig miteinander zu tun haben, mich jedoch gleichermaßen mit ihren Bühnenshows zum Nachdenken brachten. Über den Live–Charakter elektronischer Musik. Und Konzerte im Allgemeinen.
Es ist mal wieder soweit: Die Fürstin und ihr Schloss putzen sich für die Schlossfestspiele heraus. Eröffnet wurde das zehntägige musikalische Spektakel am Freitag mit der Verdi-Oper „La Traviata“ – und zwischen viel Plüsch, Kitsch, Schischi und einer geifernden Gloria schaute auch Klaus Wowereit vorbei.