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Nachtwanderer sind keine Ordnungshüter

„Wir sind keine Hilfspolizei oder Bürgerwehr. Wir verteilen keine Müllbeutel, kontrollieren keine Ausweise und konfiszieren auch keinen Schnaps.“ Was Uta Ulland und Dieter Behning am Mittwochabend im Runtingersaal erzählen steht in erfreulichem Kontrast zu der Lärm-/Müll-/Alkohol-Problem-Diskussion, die insbesondere seit den Sommermonaten in Regensburg geführt wird. Die beiden kommen aus Bremen, Stadtteil Huchting, und haben dort Ende 2004 das Projekt „Nachtwanderer“ ins Leben gerufen. Nachtwanderer – war da nicht mal was? Stimmt! Im Juli hatte Sozialbürgermeister Joachim Wolbergs ein solches Projekt für Regensburg ins Gespräch gebracht und war damit auf scharfe Kritik gestoßen. Der Begriff „Elternstreife“ wurde geboren, das Rieger-Lager innerhalb der Regensburger CSU bezeichnete den Vorschlag als „absurd“ – wohl weil der erste Vorstoß dazu aus der ungeliebten Schlegl-CSU kam – man zankte sich ein wenig und schließlich vertagte ein verärgerter Sozialbürgermeister den Nachtwanderer-Vorstoß auf später. Am Mittwoch war es nun so weit: Ulland und Behning stellten ihr Projekt einem kleinen Grüppchen von Politikern, Verwaltungsmitarbeitern und Ordnungshütern im Runtingersaal vor und eines wurde dabei deutlich: Wer Lärm, Müll und Vandalismus den Jugendlichen in die Schuhe schieben will und sich dafür von Nachtwanderern Abhilfe erhofft, wird enttäuscht sein. „Am Anfang gab es einige, die geglaubt haben, sie laufen jetzt mal mit dem Baseball-Schläger durch Bremen und sorgen für Ordnung“, erzählt Ulland. „Die mussten wir leider wieder nachhause schicken.“ Und auch der Versuch, ein solches Projekt von politischer Seite anzustoßen, erscheint wenig geeignet, das in Regensburg in die Tat umzusetzen, was in Bremen seit sechs Jahren gängige Praxis ist: Ehrenamtlich wandern Erwachsene nachts durch die Stadt und versuchen, mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. „Ohne Paragraphen im Kopf und ohne ihnen etwas vorzuschreiben“, beschreibt Behning diesen idealistischen Ansatz. Wenn dadurch Lärm, Müll oder Vandalismus – sofern die Jugendlichen dafür überhaupt verantwortlich sein sollten – weniger werden, dann ist das allenfalls ein Nebeneffekt, aber nicht die Zielsetzung des Nachtwanderer-Projekts. „Die Jugendlichen wollen abspulen, weil zuhause keiner Zeit hat, um zuzuhören. Und das tun wir“, erzählt Behning. Die Nachtwanderer seien kein Projekt gegen Lärm, Müll oder Vandalismus, sondern eines für Jugendliche. Einschreiten bei Raufereien, Konfiszieren von Alkohol oder Erteilen von Platzverweisen – „das ist nicht unsere Aufgabe“. „Ich kritisieren die Jugendlichen nicht, weil sie saufen, sondern ich frage mich, warum sie das tun“, ergänzt Ulland. Die Haltung „Die Jugendlichen stören, die müssen hier weg“ könne sie absolut nicht nachvollziehen. Eine in Regensburg all zu selten gehörte Haltung. Auch am Mittwoch im Runtingersaal gab es immer wieder Fragen danach, ob Nachtwanderer in Regensburg nun mehr Sicherheit oder weniger Lärm brächten. Zwei Kripo-Beamten unterstützen die Bremer Nachtwanderer mit kostenlosem Deeskalationstraining; das Geld für Kleidung oder Kurse muss bei verschiedenen Projektstellen und Organisationen zusammengebettelt werden. „Wir legen Wert auf unsere Unabhängigkeit“, so Ulland. Anders würde man auch bei den jungen Leuten an Glaubwürdigkeit verlieren. Bleibt die Frage, wer ein solches Projekt in Regensburg anstoßen soll. Bislang gibt es vor allem Rufe nach Sperrzeitverlängerungen, drakonischen Strafen, mehr Polizei und Kontrolle. Die bisweilen hysterisch geführte Müll- und Lärmdiskussion wird all zu schnell mit Jugendlichen in Verbindung gebracht. Allein schon die Aufregung wegen jugendlicher Skateboarder in der Altstadt oder Spielplätzen in der Nähe von Wohnhäusern geben bislang wenig Anlass zu der Hoffnung, dass in Regensburg eine solche Initiative aus sich selbst heraus entstehen könnte. „Wir erleben, dass in der Mehrheit ausschließlich nach der Ordnungsmacht und Sanktionen gerufen wird“, sagt auch der städtische Rechtsreferent Dr. Wolfgang Schörnig. Wie geht es nun in Regensburg weiter? Sozialbürgermeister Wolbergs versprach, ein Budget zur Verfügung zu stellen, sollte sich in Regensburg eine Nachtwanderer-Initiative gründen. Polizeipräsident Rudolf Kraus sagte ebenso Unterstützung zu wie Ordnungsamtschef Alfred Santfort. Jetzt fehlen nur noch die freiwilligen Nachtwanderer. www.nachtwanderer.info
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Kommentare (3)

  • Sepp

    |

    “Wenn dadurch Lärm, Müll oder Vandalismus – sofern die Jugendlichen dafür überhaupt verantwortlich sein sollten”

    Nein es sind die Rentner, wer sonst ????? !!!!
    Ich bin dafür das Sozialverträgliche Frühableben einzuführen also tot den Erwerbslosen und Rentnern !!!

    Ein Jugendlicher….

  • Britt

    |

    @sepp

    es gibt ja auch noch zwischen jugendlichen und rentnern. das gleichsetzen lärm =jugendliche ist völlig daneben. zum jungesellenabschied feiern muss man meistens über 18 sein…

  • Sepp

    |

    Ich glaube du hast es nicht wirklich verstanden…. es gibt nach jugendlich nur noch Rentner da ist nichts mehr dazwischen also das behaupten die Werbung und die Medien nicht ich..
    Junggesellen -abschied ?!?!? Wer ist denn so blöd und Heiratet heute noch so eine S…
    Und nach drei jahren dann tolle Scheidungsfete oder ???
    ALso echt und wenn dann feiert man so was in Las Vegas …. bei Black jack und Nutten…. was sonst ???

Kommentare sind deaktiviert

drin