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Frauen Union will Umbenennung

NS-Multifunktionär als Namensgeber

Während die Stadt Regensburg derzeit systematisch Straßen, Plätze und Parks überprüft, um historisch problematische und belastete Namen zu identifizieren, fordert die Frauen Union, den Karl-Freitag-Park nach Alt-Bürgermeisterin Hildegard Anke zu benennen. Beim Namen des 1928 eröffneten Parks im Stadtsüden ist tatsächlich einiges schiefgelaufen.

Bei dem Parknamen stimmt so einiges nicht. Foto:om

„Benannt nach dem Botaniker ‚Karl Freitag‘ Fürstlicher Archivrat und Förderer der Kleingartenidee“. Die Beschilderung am Karl-Freitag-Park in Regensburg ist mehr als irreführend. Denn tatsächlich ist der Park in Kumpfmühl nach einem „Karl Freytag“ benannt, der allerdings kein Botaniker, sondern Lehrer war. „Förderer der Kleingartenidee“ war er zwar, fürstlicher Archivrat jedoch nicht. Hier liegt eine offensichtliche Verwechslung mit Rudolf Freytag vor, der tatsächlich für das Haus Thurn & Taxis im Archiv- und Bibliotheksdienst tätig war.

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Frauen Union drängt auf Umbenennung

Doch im Vergleich zur eigentlichen Problematik sind die Falschinformationen am Eingang der städtischen Grünanlage eher nur Anekdoten. Denn Karl Freytag war von 1933 bis 1945 „fanatischer Anhänger der Nationalsozialisten“. So verkündete es zuletzt die Regensburger Frauen Union. Sie möchte den Karl-Freitag-Park deshalb umbenannt haben und hat sogleich einen Vorschlag parat: Hildegard-Anke-Park. Die frühere CSU-Bürgermeisterin Anke feierte erst kürzlich ihren 100. Geburtstag. Es sei zwar eine Ausnahme Straßen, Plätze und Parks nach lebenden Personen zu benennen, doch in diesem speziellen Fall dränge die Frauen Union darauf.

Denn „Hildegard Anke hat sich zeitlebens für alte Menschen, für sozial Schwache und für Kinder eingesetzt. Innerhalb der CSU war sie für uns Frauen immer ein Vorbild. Für die Stadt Regensburg ist Hildegard Anke ein echter Glücksfall.“ Das befindet die Vorsitzende der Frauen Union und Stadträtin Ariane Weckerle. Der andere Grund für den Umbenennungsvorschlag liegt in der Person Karl Freytags, der sich selbst „noch im Herbst 1944 als 78-jähriger freiwillig zum Volkssturm“ gemeldet habe, so Stadträtin Bernadette Dechant.

Nationalsozialist und „Kleingartenvater“

In der Tat war der Oberlehrer und Kleingärtner, der übrigens keinen Bezug zu Regensburg hat, ein überzeugter Nationalsozialist und Multi-Funktionär in NS-Verbänden. So war er nicht nur NSDAP-Parteimitglied und Blockleiter der Ortsgruppe Borstei in München, sondern betätigte sich aktiv auch im NS-Lehrerbund, der NS-Volkswohlfahrt und als Untergruppenführer im Reichsluftschutzbund, im Sängerbund oder in der Reichskulturkammer.

Und auch als „Kleingartenvater von München“ spielte er eine wichtige Rolle für das Regime. Im 100-jährigen Jubiläumsheft des Kleingartenvereins München von 2017 heißt es zu ihm: „Vom Reichsarbeitsminister war er [Freytag] am 6. Mai 1933 beauftragt worden, den ‚Reichsverband der Kleingartenvereine Deutschlands‘ gleichzuschalten und das ‚Führerprinzip’ dort einzuführen. Als am 29. Juli 1933 der ‚Reichskleingärtnertag’ stattfand, konnte Freytag vermelden, dass er 530.000 deutsche Kleingärtner in den ’NS-Reichsbund der Kleingärtner und Kleinsiedler‘ überführt hatte.“

Kaum Quellen zur Namensgebung

Der Park in Regensburg wurde bei seiner Errichtung im Jahr 1928 – also vor der NS-Zeit – nach Freytag benannt. Über die genauen Umstände ist wenig bekannt. So gibt etwa das historische Standardwerk über Regensburg – „der große Bauer” – hierzu überhaupt keine Auskunft. Der heutige Karl-Freitag-Park wurde 1928 als „Dauerkleingartengruppe“ eröffnet und 1952 als „Karl-Freytag-Anlage“ der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, schreibt die Stadt Regensburg nach Archivrecherchen auf Nachfrage.
„Wohl aufgrund des Engagements für das Kleingartenwesen“, schlussfolgert die städtische Pressestelle, warum der Park nach Freytag benannt wurde. Der Name, den man nicht nur falsch schrieb, sondern offenbar zweitweise auch falsch zuordnete, blieb über die Jahrzehnte bestehen.

Schon früher Nazi-Namensgeber getilgt

Die Forderung nach Umbenennungen von Straßen, Plätzen und Parks sorgt regelmäßig für Kontroversen. Zuletzt stand etwa Drei-Mohren-Straße im Fokus, deren Name (nicht nur) von Aktivistinnen und Aktivisten der „AG Straßenumbenennung“ als rassistisch kritisiert wird. Sie heißt immer noch so.

In den vergangenen Jahren wurden jedoch schon Orte umbenannt, die Namen von Nazis und Nazihelfern trugen. So heißt der nach NSDAP-Bürgermeister und CSU-Oberbürgermeister Hans-Hermann-Park seit 2015 Albert-Schweitzer-Park. Auch die Josef-Engert-Straße (heute: Am Biopark) bei der Universität wurde nach Veröffentlichungen von regensburg-digital umbenannt. Robert Werner konnte in ausführlichen Recherchen Engert als glühenden Antisemiten und NS-Anhänger enttarnen.

Historische Untersuchung kommt

Dass die aktuelle Initiative der Frauen Union unmittelbaren Erfolg haben wird, ist allerdings eher unwahrscheinlich. Auch ob sich die neu gewünschte Benennung (zumal nach einer noch lebenden Person) durchsetzen wird, ist ungewiss. Doch „wie alle Straßennamen wird auch der Park im Rahmen der historischen Aufarbeitung der Regensburger Straßennamen überprüft“, teilt die Stadt mit unserer Redaktion mit.

So werde „die Aufstellung der betroffenen Straßennamen und Vorschläge für Umbenennungen oder ähnliche Maßnahmen“ dem Stadtrat gesammelt vorgelegt, der anschließend entscheiden wird. Der Karl-Freitag-Park, der nach einem fanatischen Nazi benannt ist, dürfte dabei sicherlich ganz oben auf der Liste stehen.

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Kommentare (22)

  • bedah

    |

    Was es nicht alles so gibt. Schöner Vorschlag.
    Leider finden sich zu Hildegard Anke wenig Informationen im Netz, abgesehen von ihrem Geburtstag und diesem Park – Vielleicht mag jemand mit Quellen einen Artikel über sie auf der Wikipedia erstellen, oder gleich auch weitere Bürgermeister ergänzen:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:B%C3%BCrgermeister_(Regensburg)

  • Verwundert

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    Zum Glück bleibt uns die “Drei-Mohren-Straße” erhalten. Wer Anderes fordert verletzt zutiefst die Bewunderung für Menschen aus andern Kulturen!

  • joey

    |

    Albert Schweitzer hat ja auch seine Schattenseiten. Glücklicher sind da Kepler und Luther – lang genug zurück, was dann sicher auch für Mohren gilt.

    Die Grünen Anhänger hier im Forum würden sich wohl einen Annalena Park mit Kunstrasen wünschen.-)

  • lol

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    Jaja, bald verschwindet die Geschichte oder wird “angepasst” weil sie nicht mehr “passt”.

    Mir fällt als Beispiel zB. “Die fröhliche Türkenstraße” ein, die wird sicher auch platt gemacht weil es “wem auch immer” nicht passt.

  • Flo

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    Das sind die wirklich wichtigen Zukunftsthemen unserer Stadt.

  • auch_ein_regensburger

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    Die Frage, ob H. Anke eine geeignete Namenspatronin wäre, mal beiseite, stellt sich selbstverständlich die Frage, warum ein Regensburger Park nach einem Nazi benannt sein muss, der noch nicht einmal etwas mit Regensburg zu tun hatte.

    Dass Datko und joey offensichtlich meinen, Nazis als Namensgeber wären kein Problem, kann mich auch nicht mehr überraschen.

  • joey

    |

    @auch_ein_regensburger
    da haben Sie mich mißverstanden. Die Umbenennung ist nötig.

  • Thomas

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    Schon merkwürdig wie im gesamten “Wertewesten” das selbe Schauspiel zu beobachten ist.
    Bleibt zu hoffen dass wir uns bei dem ganzen gecancle, dennoch noch verwantwortlich und schuldig fühlen dürfen, zur Not richtens dann aber Paar mehr Stolpersteine und Denkmäler,
    ihr wisst schon, kein Vergeben kein Vergessen.
    Schizo.

  • R. Werner

    |

    Ein falsch geschriebener Nazi, in der Tafel falsch zugeordnet und aktuell zeitlich falsch eingeordnet. Also nichts geklärt – so geht die Stadt Regensburg mit ihren Namenspatronen um.

    Übrigens: Der Karl-Freitag-Park wurde bereits im August 1949 öffentlich genutzt, als die katholische Jugend ihren Diözesantag in Regensburg veranstaltete und im Karl-Freytag-Park das Laienspiel „Das Schloßparkkömödchen“ von E. J. Lutz aufgeführt wurde.

    Bemerkenswert auch die Rolle des oben genannten fürstlichen Oberarchivrat Dr. Rudolf Freytag, ein Freund des Nazibürgermeisters Hans Herrmann. Nach der Machtübernahme der Nazis 1933 leistete Rudolf Freytag der Stadtverwaltung unter dem SS-General und Nazi-OB Schottenheim bei der Neubenennung von Straßen und Plätzen eine sachverständige, sprich nazigetreue Beratung. Nach dem Ende des Kriegs wurden im Mai 1945 auf Anordnung der US-Militärregierung die nach Nazis benannten Straßen und Plätze wieder umbenannt. Vorschläge dafür machte wiederum der fürstliche Oberrat Freytag, dem Hans Herrmann dafür 1955 die die „Albertus-Magnus-Medaille“ verlieh.

  • Hthik

    |

    @joey 24. August 2021 um 08:56

    “Die Grünen Anhänger hier im Forum würden sich wohl einen Annalena Park mit Kunstrasen wünschen.-)”

    Der ist nichtmal schlecht. It’s funny, ’cause it’s true.

    Bidenpark. Tatsächlich wäre so mancher zeitgenössische Politiker, auch wenn er nicht von herausragender Moral ist, besser, als was wir jetzt haben. Zu dem überlasse ich das Schlusswort Brecht, Die Verurteilung des Lukullus

    “Ins Nichts mit ihm und ins Nichts mit allen wie er!”

  • Ulrich Mors

    |

    Der Name von Frau Anke ist hei mir so positiv mit Regensburg verbunden, dass ich mir eine Erinnerung durch Namensgebung gut vorstellen kann. Nicht nachvollziehen kann ich einen Bezug zu dem Park und vor allem zur Notwendigkeit. Wenn die genannten Fakten richtig sind, handelt es sich doch um völlig verschiedene Personen mit völlig verschiedener politischer Vita. Hier scheint der Eifer für politisch motivierte Namenspurifizierung sehr wenig sorgfältig und wenig objektiv zu sein. Fraglich ist auch die Loslösung vom Bezug der Stadtbegrünung. Besser wären Realismus und Aufklärung für Menschen in ihrer Zwiespältigkeit bei Gut und Böse. Damit kann man mehr verbessern als durch Auslöschung, weil vielleicht das Bewusstsein für eigene zeitliche Bedingtheit und Irrtümer geschärft wird.

  • Jerome

    |

    Kommentar gelöscht. Bitte sachlich bleiben.

  • Hthik

    |

    @Flo 24. August 2021 um 09:05

    Nun, es muss sich nicht jeder Regensburger damit befassen, wenn man es aber tut,
    dann spricht nichts gegen Sorgfalt auch im Kleinen.

  • Hthik

    |

    @lol 24. August 2021 um 08:59

    “Jaja, bald verschwindet die Geschichte oder wird “angepasst” weil sie nicht mehr “passt”.”

    Es handelt sich hier nicht um Geschichtsunterricht, der Fakten darstellen soll, sondern um die Benennung kommunaler Liegenschaften, die der Ehrung dient. Ich bin sehr dafür, dass die Deuschte Regierung von vor 45 gecancelt bleibt ebenso wie deren politische Ehrungen.

  • Idee

    |

    Straßennamen nach Personen sollten künftig einfach vermieden werden. Es gibt genügend Alternativen.

    Der nächste Kandidat für eine Umbenennung dürfte der Agnes-Miegel-Weg in Burgweinting sein. In Hannover wurde der Miegelweg in Igelweg umbenannt
    https://www.hannover.de/Kultur-Freizeit/Architektur-Geschichte/Erinnerungskultur/ZeitZentrum-Zivilcourage/St%C3%A4dtische-Erinnerungskultur/Wissenschaftliche-Betrachtung-von-namensgebenden-Pers%C3%B6nlichkeiten-in-Hannover

    Allerdings sollten die Kommunen auch die Kosten für Wirtschaft und Bevölkerung beachten und auffangen. Betriebe brauchen neues Briefpapier und neue Visitenkarten; bei rechtzeitiger Ankündigung des Namenswechsels ist das kein Problem. Wenn ein Unternehmen Briefpapier für 10 Jahre lagert – selber schuld.

    Bürger müssen eventuell ihre Ausweisdokumente und andere Unterlagen ändern. Dies ist mit Kosten verbunden. Wenigstens die Kosten, die bei der zuständigen Kommune entstehen, sollten erlassen werden.

  • Madame

    |

    Regensburg ähnelt immer mehr den geschichten aus bullerbü einer schwedischen kinderserie von astrid lindgren. Warum will man den Namen Freitag park wieder ändern? Hat denn der Stadtrat nichts anders zutun. Es gibt wohl mehr dringende probleme in regensburg . Die frau Anke hat wohl gute arbeit geleistet für regensburg. Aber die schwarze partei spielt natürlich auch eine rolle. Man braucht auch einen eingeführten namen nicht zu ändern. Was jetzt an neuen Wohnungen bzw.an neuen Stadtviertel entsteht, kann auch ein strassenname von h. Anke zu ehre gereichen. Oder kann ist regensburg durch corona geschädigt?
    .

    tadtersammlung nichts

  • Privatfrau

    |

    Jetzt ist’s endgültig soweit – abseitiger kanns nicht mehr werden. Hamm wir denn keine r(w)ichtigen Probleme mehr? Einfach mal einen Blick auf die tagesaktuellen Geschehnisse auf der Welt werfen!
    Wie armselig muss man sein, sich mit “Karl Freitag” zu beschäftigen und sich daran aufzuputschen (-geilen?), während gar nicht mal zu weit entfernt Menschen um ihr Leben
    kämpfen und fürchten müssen?
    Was für ein erbärmlich ereignisarmes Leben müssen diese hier aktiven Meinungsmitteiler führen, um es derart mit weniger als (gar) nichts kundzutun?
    Herr Aigner – ich bitte untertängist um Deaktivierung meines E-Mail-Accounts. Ich ertrags einfach nicht mehr.
    Mit besten Grüßen – Privatfrau

  • Stefan Aigner

    |

    @privatfrau

    Die Deaktivierung Ihres E-Mail-Accounts steht nicht in meiner Macht. Sorry.

  • Wolfgang

    |

    “Haben wir denn keine anderen Probleme?”
    Klar haben wir die. Aber, da werden die Nörgler staunen: man kann sich mit mehr als einer Sache beschäftigen! Wobei ich ja grundsätzlich zustimme, dass ausufernde Diskussionen über derartige Umbenennungen müßig sind, denn dass Nazis des Gedenkens nicht würdig sind, schon gar nicht in Form von Straßen, Plätzen oder Parks, da sind wir uns (hoffentlich!?) alle einig! Also weniger diskutieren *ob* eine Umbenennung nötig ist, sondern welcher Name die Lücke füllen soll. Das spart Zeit, so dass wir uns schnell wieder den wichtigeren Themen widmen können.

  • KW

    |

    @Privatfrau, ihr Kommentar am 24.08.2021 um 23:05
    Wie armselig muss man sein, um sich so an tagesaktuellen Geschehnissen aufzuputschen, dass man anderen verbieten will auch anderen Themen diskutieren zu wollen, und dabei übersehen, dass immer und überall auf dieser Welt der blanke Horror herrscht (um nur mal ein Beispiel rauszupicken: Bürgerkrieg in Syrien mit allem was dazugehört, wie Foltergefängnisse etc.).
    In diesem Sinne hätten Sie hier bei rd niemals irgendetwas kommentieren dürfen. Merken Sie was?
    Was den Park angeht, warum nicht einen unverfänglichen Namen der irgendeinen Bezug zum Ort hat wählen (Kumpfmühler Park oder ähnliches) statt immer zu versuchen, verstorbene (oder lebende), mehr oder weniger wichtige Personen damit ehren zu wollen?

  • Mr. B.

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    Wen es im Umfeld d. Fr. Anke so war, wie Herr Datko es geschildert hat und da war doch etwas, ich glaube mit dem sog. Brüchner-Areal, dann müssen m. E. andere Vorschläge her.
    Weiß hierzu jemand näheres?

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drin