Wie man sich täuschen kann. Als die Demonstration mit leichter Verspätung am Basler Platz beginnt, wundern wir uns noch über die auffällig geringe Polizeipräsenz. Eine deeskalierende Maßnahme? Diese anfängliche Hoffnung wird enttäuscht. Nach einigen hundert Metern steigt die Zahl der anwesenden Polizisten binnen kürzester Zeit. Um kurz vor 13 Uhr wird der antikapitalistische Block gewaltsam vom Rest der Demonstration getrennt und eingekesselt. Man wolle „den friedlichen Protestteilnehmern, außerhalb des Antikapitalistischen Blockes, die Fortsetzung des Aufzuges zu ermöglichen“ und „gewaltbereite, vermummte“ Personen aufhalten, hieß es von der Polizei als Begründung.
Kreativer Begriff von Vermummung…
Dass dieser antikapitalistische Block – der von der Polizei als störend ausgemacht wurde – keineswegs gewalttätig war, verschweigt die Polizei. Den Begriff „Vermummung“ legt sie recht „kreativ“, um nicht zusagen willkürlich aus. Der Polizei in Frankfurt genügt dafür zum Beispiel bereits das Tragen einer Brille. Auch die sogenannte „passive Bewaffnung“ – zum Beispiel Schutzbrillen und Kleidung aus Leder – wurde als Begründung herangezogen, um die Demonstration zu einkesseln. Der provisorische Gesichtsschutz (z.B. aus durchsichtiger Folie), den einige Menschen später tragen, wird übrigens erst nach der Einkesselung angefertigt – als die Polizei beginnt, massiv mit Pfefferspray gegen friedliche DemonstrantInnen vorzugehen und einige Polizisten Gasmasken an den Gürteln tragen, die darauf hindeuten, dass eventuell der Einsatz von Gas bevorstehen könnte.
Der vermeintlich “schwarze Block”. Noch ist alles friedlich. Fotos: privat
Stundenlang keine Toiletten
Erst nach mehreren Stunden im Kessel lässt die Polizei Behelfstoiletten für die Eingeschlossenen zu. Bis zu diesem Zeitpunkt sind die DemonstrantInnen gezwungen, ihre Notdurft hinter einem Transparent zu verrichten. Ebenfalls mehrere Stunden dauert es, bis die Eingekesselten mit Wasser und Essen versorgt werden konnten – nicht durch die Einsatzkräfte. Der Dank dafür gilt engagierten Mitarbeitern Frankfurter Schauspielhauses, die Eimer mit Wasserflaschen in Körben zu den Eingekesselten abseilen. Sanitäter und Mitglieder der Linken versorgen – begleitet von heftigen Diskussionen mit der Polizei – andere Demoblöcke mit Essen und Wasser.
Die Demoleitung bot der Polizei schließlich an, zum Basler Platz zurückzukehren und dort die Abschlusskundgebung durchzuführen. Doch diese lehnte ab. Stattdessen wird mehrfach gefordert, dass die DemonstrantInnen sich Leibesvisitationen und Passkontrollen unterziehen sollen. Das wiederum wird über den Lautsprecherwagen abgelehnt.
Nach circa sechs Stunden beginnt die Polizei, in den Kessel zu drängen und zu versuchen, Leute aus der Demo zu reißen. Die Ersten, die von der Polizei abgeführt werden, sind die parlamentarischen BeobachterInnen, die eigentlich durch Immunität geschützt sind. Unmittelbar darauf gehen die Einsatzkräfte gewalttätig mit Schlagstöcken, Fäusten und Pfefferspray gegen die weiterhin friedlichen DemonstrantInnen vor. Erst jetzt gibt es auch Gegenwehr.
Polizei verletzt Journalisten und zerstört Kameras
Erst nach einigen Stunden erreicht die Polizei den Lautsprecherwagen und besetzt ihn, zerschlägt Transparente und demoliert den LKW. Nicht nur DemonstrantInnen werden Opfer von Polizeigewalt. Mehreren Journalisten wird Pfefferspray ins Gesicht gesprüht. Einer muss ins Krankenhaus gebracht werden. Mehrere Kameras gehen zu Bruch oder werden beschlagnahmt.
Erst gegen 22 Uhr – fast zehn Stunden nach Beginn der Demonstration – gelingt es der Polizei, den Block vollständig abzuführen. Die DemonstrantInnen werden in ein behelfsmäßiges, stark bewachtes Lager gebracht, das mit Stacheldraht und einem Räumpanzer gesichert ist.



