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Computerbetrug

Rosenkrieg: Landgericht bestätigt Schuldspruch

Das Landgericht Regensburg hat die Verurteilung eines 54jährigen wegen Computerbetrugs bestätigt. Der Ingenieur ließ demnach fast 230.000 Euro vom Konto seiner Ex-Frau verschwinden.

Der Angeklagte atmet tief durch als er sich setzt. Er schüttelt ungläubig den Kopf, das Gesicht in beide Hände gelegt. Gerade hat die 3. Strafkammer am Landgericht Regensburg seine Berufung gegen eine erstinstanzliche Verurteilung wegen Computerbetrugs verworfen. Man sei überzeugt davon, dass es der 54jährige war, der im September 2016 seine Ex-Frau um fast 230.000 Euro erleichtert habe, so der Vorsitzende Richter Robert Rösl. Der Angeklagte habe das Geld zunächst auf ein Girokonto und von dort auf ein Bankkonto in Polen transferiert. Dann wurde das Geld in Bitcoins umgewandelt und verschwand spurlos (Mehr darüber). Die nun bestätigte Verurteilung stützt sich ausschließlich auf Indizien, die Richter Rösl Punkt für Punkt auflistet.

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Unbekannter Dritter scheidet aus

Zum einen habe der Ingenieur ein „deutliches Motiv“ gehabt. Nur wenige Monate vor der Trennung hatte ihn seine Frau zu einem Ehevertrag überredet, in dem er weitgehend auf Ansprüche verzichtet hatte. Vorgeblich, weil sie sich gerade mit einer eigenen Praxis selbständig gemacht hatte und so vermeiden habe wollen, dass ihr Gatte für eventuelle Schulden haftbar gemacht werden könnte. Später stellte sich aber heraus, dass die Ärztin zu diesem Zeitpunkt bereits einen Neuen hatte, ihren heutigen Ehemann. Der 54jährige habe sich da „über den Tisch gezogen“ gefühlt, so Rösl, und deshalb die Tat begangen.

Eine Phishing-Attacke eines unbekannten Dritten hält das Gericht (im Gegensatz zur Bank des Opfers, die ihr den Betrag erstattet hatte) nach der Beweisaufnahme für ausgeschlossen. Das polnische Konto sei – völlig untypisch für solche Taten – auf den Namen der Ex-Frau eröffnet worden. Dazu sei eine Kopie ihres Ausweises vorgelegt worden. Für die Online-Transaktionen sei eine Pre-Paid-Karte verwendet worden, die bei einem Regensburger Elektromarkt gekauft wurde. „Es gibt also auch den lokalen Bezug“, so Rösl.

Gericht: Die Ex-Frau kann es nicht gewesen sein

Im Endeffekt kämen für die Tat also nur der Angeklagte oder seine Ex-Frau infrage. Doch das diese das Geld verschwinden ließ, scheidet für das Gericht aus. Zwar sei klar, dass es sich hier um eine konfliktbelastete Trennung handle – das Zivilverfahren um eventuelle Ansprüche läuft noch. Auch habe die Ex-Frau des Angeklagten durchaus Belastungseifer an den Tag gelegt. Allerdings gebe es „keine belastbaren Hinweise“, dass sie etwas mit der Tat zu tun gehabt habe.

Dagegen sprächen die technische Raffinesse, mit der die Tat begangen worden sei. Allein mit der Verwendung eines Tor-Browsers wäre die Ärztin überfordert gewesen, so das Gericht. Dafür spreche, dass sich der Angeklagte während der Ehe um alle Online-Tätigkeiten gekümmert habe – er richtete sowohl die E-Mail- als auch die Bankkonten für seine Frau ein, kannte Passwörter, verfügte über TANs und tätigte alle Bankgeschäfte. Gegen eine Täterschaft der Ex spreche auch, dass das polnische Bankkonto auf ihren Namen eingerichtet wurde. „Wenn sie den Angeklagten hätte belasten wollen, wäre es doch naheliegend gewesen, das Konto auf seinen Namen zu eröffnen.“

„Angeklagter hatte das Know-How“

Der 54jährige habe hingegen über das notwendige Know How verfügt. Er habe Zugang zu den Konten gehabt und da er sich früher schon um die Bankgeschäfte gekümmert habe, sei es auch naheliegend, dass er auch nach der Trennung noch über die notwendigen TANs verfügt habe. Ein weiteres Indiz sei der gesicherte Browserverlauf des Angeklagten, demzufolge er nach Pre-Paid-Karten bei besagtem Regensburger Elektrofachmarkt recherchiert habe. Noch belastender sei die Ausweiskopie, die zur Eröffnung des polnischen Kontos verwendet wurde. Dort sei noch die Adresse der gemeinsamen Wohnung eingetragen gewesen. Dabei sei die Ärztin bereits ausgezogen gewesen und habe sich mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits umgemeldet gehabt.

Als entscheidendes Indiz sieht die Kammer schließlich eine verschlüsselte PDF-Datei, die auf einem Datenstick des Angeklagten wiederhergestellt werden konnte. Sie enthält die Daten des polnischen Bankkontos. Die Aussage des 54jährigen, derzufolge er die Daten aus dem E-Mail-Konto seiner Ex gehabt habe, wo er über Monate noch heimlich mitgelesen hätte, bezeichnet Rösl als „reine Schutzbehauptung“. Laut einem datenforensischen Gutachten sei das PDF erst zu einem Zeitpunkt erstellt worden, als die Ärztin ihre E-Mail-Passwörter bereits geändert hatte. „Es gibt also keine begründeten Zweifel, dass der Angeklagte diese Datei selbst erstellt hat.“

Letztes Mittel Revision

Da der 54jährige bislang nicht vorbestraft ist und ihm die Tat leicht gemacht worden sei, hält das Gericht die vom Amtsgericht verhängte Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten trotz der hohen Summe, um die es geht und trotz des professionellen Vorgehens für angemessen. Die verschwundenen 228.144 Euro wurden vom Angeklagten bereits eingezogen. Zusätzlich muss er 16.000 Euro für gemeinnützige Zwecke bezahlen.

Ihm bleibt nun nur noch das Rechtsmittel der Revision.

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