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Debatte im Stadtrat

Wie teuer kommen die Stadt externe Berater?

Externe Berater reduzieren und mehr auf verwaltungsinterne Kompetenz setzen – dieses Ziel hat sich die Regensburger Rathauskoalition in ihrem gemeinsamen Vertrag gesetzt. Eine Bestandsaufnahme zu externen Beratungsleistung in den letzten Jahren lehnt man aber ab.

„Eine Befragung, über die ganz Regensburg gelacht hat.“ Das ist für Joachim Wolbergs, die Bürgerbeteiligung zum Kultur- und Kongresszentrum am Ernst-Reuter-Platz 2017 (ein Kommentar dazu) – Kostenpunkt damals: 350.000 Euro. Es ist nur ein Beispiel, mit dem der Fraktionschef der Brücke das Ansinnen begründet, externe Vergaben von Studien – im wesentlichen geht es um Kommunikationsleistungen – mal genauer aufzuschlüsseln. Zuletzt extern vergeben wurde beispielsweise die Erarbeitung eines Radstreckenkonzepts. Kostenpunkt inklusive Öffentlichkeitsbeteiligung: 150.000 Euro. Ebenso das Thema Verkehrsberuhigung in der Altstadt – 177.000 Euro.

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Von guten und schlechten Studien

Es könne unterschiedliche Gründe haben, etwas extern zu vergeben, sagt Wolbergs in der Sitzung des Bau- und Vergabeausschusses am Dienstag. Wenn man in der Verwaltung keine Ahnung oder keine Kapazitäten habe, oder wenn man zu dem Schluss komme, dass andere es besser können als man selber. „Dann ist man damit gut beraten.“ Es gebe aber auch andere, schlechte Gründe für externe Vergaben. „Man will selber nicht, weil man sich im Zweifel auf andere berufen möchte.“

Er könne sich sowohl an Studien erinnern, die Sinn gemacht hätten, als auch an solche, „die völlig daneben waren“. Und es gebe Vergaben, bei denen wisse man nicht, was daraus geworden sei. Für wenig sinnvoll hält Wolbergs etwa die „unsägliche Vergabe“ wegen der erwähnten Befragung zum RKK am Ernst-Reuter-Platz. Und aktuell an eine Vergabe zur externen Moderation der Verkehrsberuhigung in der Altstadt. „Das kann sowohl die Verwaltung als auch die Politik deutlich besser.“ Und bei der Sanierung der Oberen Bachgasse, da habe der Stadtrat 70.000 Euro bewilligt für eine Agentur, die das begleiten sollte. „Anschließend hat man davon nichts mehr gehört.“

Joachim Wolbergs ist überzeugt, dass Verwaltung und Politik vieles besser könnten als Externe. Foto: Archiv/Bothner

Wolbergs‘ Fazit: „Wir wollen wissen, welche Vergaben es gegeben hat und mit welchen Kosten.“ Der Antrag der Brücke-Fraktion fordert eine Auflistung aller externen Vergaben von Studien zwischen Mai 2014 und April 2021. Konkret geht es um Machbarkeitsstudien, Gutachten, Kommunikationsstrategien und Bürgerbeteiligungsprozesse, Masterpläne sowie Presse- und Öffentlichkeitsarbeit – aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Direktorien im Rathaus und den Kosten.

Artinger: „ABM-Maßnahme für die Verwaltung“

Es gehe hier nicht darum, irgendeinen politischen Popanz aufzubauen, so Wolbergs. Aber nachdem insbesondere die CSU in der Koalition von einem strukturellen Problem im Haushalt spreche, möglicherweise von zu viel Personal, dann müsse man dies unter diesem Gesichtspunkt prüfen, ob man nicht einige externe Vergaben zurück ins Haus hole. Tatsächlich hat sich die Koalition – vor allem auf Wunsch der CSU – in ihrer Regierungsvereinbarung darauf verständigt, externe Berater zu „reduzieren“ und „vorrangig auf die verwaltungsinterne Kompetenz“ zu setzen.

Bürgermeister Ludwig Artinger teilt als Sitzungsleiter „den Eindruck, dass man sich in den letzten Jahren zunehmend externer Hilfe bedient“ habe. Es könne natürlich sein, dass die Verwaltung diese Aufgabe nicht leisten könne, es könne aber auch sein, dass „manchmal der Blick von außen sinnvoll ist und vom Bürger auch eher akzeptiert wird“. Allerdings sei es ja der Stadtrat, „wir selber“, der diesen Vergaben zustimme. Der sei dann auch in der Pflicht gegebenenfalls anders zu entscheiden. Jetzt „als ABM-Maßnahme“ für die Verwaltung über sieben Jahren alle Vergaben zu prüfen, hält Artinger deshalb „für wenig sachgerecht“.

Recherche zu Vergaben ohne Verwaltung schwierig

Ein Problem bei der Angelegenheit: Eine Recherche zu dem Thema ist ohne Unterstützung der Verwaltung kaum möglich. Erst ab einer Summe von 100.000 Euro werden die Fachausschüsse des Stadtrats beteiligt, zwischen 10.000 und 100.000 Euro entscheidet die Verwaltung unter Beteiligung des Vergabeamts – und alles unterhalb dieser Summe fällt in die Kompetenz der jeweiligen Amtsleiter. „Da taucht ganz viel nicht (in Sitzungsvorlagen) auf“, so Wolbergs. Insofern könne eine Fraktion für sich das gar nicht im Detail herausfinden.

Ein Verwaltungsmitarbeiter hingegen schaffe das binnen einer Stunde. Und von einer ABM-Maßnahme zu sprechen sei angesichts der vielen Berichtsanträge der Koalition, die häufig Schaufensterfunktion hätten, „unterirdisch“. Um eine sachgerechte Diskussion über mögliche strukturelle Probleme innerhalb der Verwaltung führen zu können, über Einsparpotentiale und Möglichkeiten, gegebenenfalls nachjustieren zu können, sei eine solche Auflistung unbedingt nötig.

Koalition: Das braucht es nicht.

Klaus Rappert hält eine Rückschau bei den externen Vergaben nicht für sinnvoll. Foto: Staudinger

Die Koalition hat sich allerdings festgelegt: Eine solche Auflistung braucht es nicht. „Was soll da rauskommen?“, fragt Klaus Rappert (SPD), ebenso Günther Riepl (Freie Wähler). „Am Ende steht dann eine Summe und dann wissen wir auch nicht mehr als vorher“, sagt Riepl. Eine Rückschau bringe nichts, meint Rappert.

Eine schwache Argumentation sei das, findet Anna Hopfe (Grüne). „Es muss uns gemeinsam daran gelegen sein, Trends mit Zahlen und Fakten zu untermauern.“ Und den Trend hin zur externen Vergabe von Kommunikationsleistung scheine es nunmal zu geben. Auch Astrid Lamby (ÖDP) hält den Antrag für gut. Es komme eben auf den Aufwand an.

Der hört sich nach Auskunft einer Verwaltungsmitarbeiterin nicht übermäßig groß an. Zumindest scheint man das bewältigen zu können. Man könne das schon raussuchen, sagt Waltraud Spangel vom städtischen Vergabeamt. Bei der Zuordnung gemäß der Aufschlüsselung, welche die Brücke fordert, müsse man sich aber auf die Überschriften verlassen dürfen. Pro Jahr gebe es nämlich im Vergabeamt „circa 1.000“ Vergaben, aus denen man die angefragten Posten herausfiltern müsse.

Ingo Frank (DIE PARTEI) regt an, das Heraussuchen der in Rede stehenden Vergaben doch extern zu vergeben, wenn es die Verwaltung nicht schaffe. Unterdessen muss Sitzungsleiter Artinger immer mal mit Engelszungen auf Wolbergs und Rappert einreden, die sich gegenseitig als „Obergschaftler“ und „Dipferlscheißer“ titulieren. Der Antrag der Brücke wird gegen die Stimmen von Grünen, ÖDP, Brücke und Ingo Frank abgelehnt.

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Kommentare (7)

  • Jakob Friedl

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    Eine Anfrage im Februar 2021 zum Stand der Vergabe des Budgets für Kommunikation und Marketing der Obere Bachgassen-Baustelle an eine externe Agentur… mit Antwort: https://ribisl.org/kulturbaustelle-obere-bachgasse/

    Eine persönliche Rückschau: Die den insgesamt 700 000 € teuren RKk Beteiligungsprozess „Stadtraum gemeinsam gestalten“ begleitende „vollcornform Ideenwerkstatt“ arbeitete völlig umsonst, es sind zumindest ein paar künstlerische Arbeiten dokumentiert, an denen man sich immer noch erfreuen kann. Vgl.: http://europabrunnendeckel.de/?p=5573 hier z.B. der Imagefilm „Kohleskizze“ https://youtu.be/j9H5gENQqeY

  • Piedro

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    Kommentar gelöscht. Keine Beleidigungen.

  • Gewusst wie?

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    Berater/Gutachter wurden wohl in allen Stadtratsperioden eingesetzt. Die Explosion erfolgte aber erst in den Neunzigern. Während der ersten bunten Koalition wurden mehrere Gutachten zur Personalausstattung eingeholt. Das war zweifellos ein sich um Verantwortung zu drücken, weil man bei internen Diskussionen, dem Stadtrat und der Öffentlichkeit gegenüber auf die externe Expertise verweisen konnte und es auch tat. Nach diesem Muster wurde in der nachfolgenden Stadtratsperiode die Beauftragung externer Dienstleister immer stärker. Es ging soweit, dass nahezu alle strittigen Themen der Stadtpolitik von der Verwaltung und nicht zu vergessen den städtischen Unternehmen nach aussen vergeben wurden, selbst Reden und Redaktionsbeiträge des Oberbürgermeisters. Der Fraktionsvorsitzende der Brücke war während seiner Amtszeit keine Ausnahme.

  • Hansemann

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    Externe Berater verdienen sich seit jeher schon immer eine goldene Nase. Das dürfte doch allen bekannt sein oder???
    Kein Politiker ist im Stande einmal etwas auf die eigene Kappe zu nehmen, das ist die Realität und zugleich traurig, weil keiner den Mum dazu hat.
    Armselige Politik, aber immer klug daherreden.

  • Gewusst wie?

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    Es sind nicht nur die ehrenamtlichen Stadträt*innen sondern vor allem die Verwaltungsspitze bestehend aus Oberbürgermeister*in, Bürgermeister*innen, berufsmäßigen Stadträt*innen und Gechäftsführer*innen, die sich mittels Gutachten und externen Dienstleistungen Entlastung in der Verantwortung einkaufen. Noch nie war der Personalstand der Stadtverwaltung und ihrer Unternehmen so hoch wie heute. Personalmangel kann nicht Grund für die erheblichen Ausgaben für Externe sein.

  • Hthik

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    Immerhin darf man jetzt fragen. Es gab eine Zeit, in der jeder, der solche Beratung in Zweifel zog einfach mit “Im Vergleich zu den Kosten des geplanten Projekts, kostet das doch fast nichts” abgespeist wurde. Als einziges Argument in Endlosschleife, mit dem jeder Zweifel weggewischt wurde

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drin