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Filmkritik zu „Monuments Men - Ungewöhnliche Helden"

Willst du Nazifilme drehen, musst du nur nach Deutschland gehen

George Clooneys neuester Streifen „Monuments Men“ propagiert eine zweifelhafte moralische Attitüde – übrigens bezuschusst durch etwa 8,5 Millionen deutsche Filmförderung.

Von David Liese

George Clooney führte bei seinem neuen Film Regie und spielte die Hauptrolle. Fotos: Twentieth Century Fox.

George Clooney führte bei seinem neuen Film Regie und spielte die Hauptrolle. Fotos: Twentieth Century Fox.

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Lange genug waren deutsche Filminvestitionen in Hollywood als „stupid german money“ bekannt. Fonds auf dem grauen Kapitalmarkt, in die Anleger völlig blauäugig einzahlten, wurden in Filmproduktionen von zweifelhaftem künstlerischem Wert regelrecht verbrannt.

Seit einigen Jahren hat der Staat Schluss mit dem dummen deutschen Geld gemacht. Das heißt aber nicht, dass Hollywood nicht weiterhin auf Investitionen aus der Bundesrepublik zählen kann. Die Süddeutsche Zeitung hat die Botschaft, die von Deutschland aus ans filmproduzierende Ausland (und damit in erster Linie an Hollywood) gerichtet ist, in einem Artikel 2010 so formuliert: „Wenn du dich nicht komplett bescheuert anstellst, würde der Staat gern sechzehn Prozent deines Budgets bezahlen – ohne Rückzahlung, ohne große bürokratische Hürden, garantiert.“

Herr Clooney ließ sich nicht lang bitten

Da ließ sich auch George Clooney für seine neueste Produktion „Monuments Men – Ungewöhnliche Helden“ nicht zweimal bitten. Für ein vage auf Tatsachen basierendes Drehbuch, das – welch Glück – einen direkten Deutschland-, genauer gesagt einen Nazi-Deutschlandbezug hat, griff er mal eben 8,5 Millionen Euro beim Deutschen Filmförderfonds (DFFF), einer Initiative des Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, ab.

Im Gegenzug ließ er sich gern darauf ein, seinen Film in Deutschland zu drehen. Er handelt von einer alliierten Spezialeinheit im zweiten Weltkrieg, die für den Erhalt kultureller Schätze und Kunstwerke sorgen und von den Nazis verschleppte Beute zurückerobern soll.

Wirtschaftsförderung des Bundesbeauftragten für Kultur und Medien

Der Hintergedanke der Förderpolitik, die finanzkräftige US-Produktionen wie „Monuments Men“ (Budget: 70 Millionen Dollar) klar bevorzugt: Das Produktionsvolumen muss zu einem großen Teil in der Bundesrepublik ausgegeben werden.

Dementsprechend ist es nur recht und billig, im Zusammenhang mit den Fördergeldern des DFFF von einer verkappten Wirtschaftsförderung zu sprechen. Um künstlerischen Wert geht es dabei weniger, auch wenn sämtliche geförderte Projekte einem „kulturellen Eigenschaftstest“ unterzogen werden. Dass den selbst Schund wie Tom Cruises „Valkyrie“ bestanden haben (Fördersumme 4,8 Millionen), spricht für sich.

Quentin Tarantino erhielt für seinen Nazifilm „Inglourious Basterds“ übrigens 6,8 Millionen, also knapp zwei Millionen Euro weniger als Clooney. Der Zusammenhang zwischen der Thematik des Dritten Reichs und hohen Fördergeldern ist auffällig. Prinzipiell erscheint das nicht weiter verwunderlich – denkt man in Hollywood an „Germany“, ist Hitler meist nicht weit.

Genug Melodramatik für die gesamte Westfront

So eben auch im Falle der „Monuments Men“. Der fast zweistündige Film bietet vor allem ein gewaltiges Aufgebot an in die Jahre gekommenen Hollywood-Stars. Neben Clooney selbst laufen John Goodman, Bill Murray und Bob Balaban auf. Garniert mit Matt Damon und Jean Dujardin sowie Cate Blanchett in der gefühlt einzigen weiblichen Rolle des Films sollte wohl dieser Cast allein schon für den Kassenerfolg garantieren.

Anders lässt es sich kaum erklären, was Clooney mit seiner fünften Regiearbeit abliefert. Der Film bietet kaum zündenden Witz, selbst wenn er ihn geradezu provoziert, und noch weniger Charakterzeichnung. Dafür strotzt er aber vor gähnenden Längen und Melodramatik, die für die gesamte Westfront gereicht hätte.

Die Nazis als Monster und faszinierende Unholde

Dabei hätte man gerade im Zuge der aktuellen Diskussion um Nazi-Beutekunst so viel aus dem Projekt machen können. Man hätte die millionenschwere Bezuschussung durch Steuergelder vielleicht sogar abseits von ökonomischen Überlegungen rechtfertigen können, ähnlich, wie man es 2009 bei Tarantinos „Inglourious Basterds“ konnte. Der schaffte es immerhin, mit der Ästhetik des Faschismus zu brechen, ihm die Maske der ewigen Dämonie zu entreißen und die Nazis als jämmerliche Verlierer, als kaltblütige, berechnende Machtmenschen zu enttarnen.

„Monuments Men“ wirkt dagegen wie eine Rolle rückwärts zurück in eine Zeit, als die Behandlung Nazi-Deutschlands Hollywood-Granden wie Steven Spielberg vorbehalten war, als den Nationalsozialisten mit Werken wie „Schindlers Liste“ Monumente gesetzt wurden, die Leni Riefenstahl nicht schöner hätte inszenieren können.

Der deutsche Filmkritiker Georg Seeßlen kommentierte das einmal so: „Dass sie im Kino weiterlebten als Monster und faszinierende Unholde, gegenüber von leidenden, schwachen und chancenlosen Opfern, das wäre nach dem “Endsieg” die zweitliebste Phantasie der Nazis.“

Moralische Kernaussage: Sterben für Kultur lohnt sich

Die moralische Kernaussage, auf die sich Clooneys Film herunterbrechen lässt: Es lohnt sich, nicht nur sein Land und sein Wertesystem im Krieg zu verteidigen, sondern auch dessen kulturelle Errungenschaften. Das Sterben für die Kunst wird glorifiziert, kraftvoll-manipulativ unterstützt durch formvollendeten filmischen Kitsch.

Wahrscheinlich hätten diesen Satz sogar die Nazis unterschrieben. Kaum jemand verstand es so gut, das Sterben im Namen von irgendetwas zu glorifizieren, wie die Faschisten. Und so werden Clooneys „Monument-Männer“ selbst zum propagandistischen Monument, zur Statue aus bewegten Bildern, die da schreit: Menschen, es gibt da etwas echt Sinnvolles, für das es sich zu Sterben lohnt. Schultert die Gewehre, Marsch an die Front, kämpft für eure Werte und eure Kultur.

Für „Monuments Men” lohnt es sich nicht, zu sterben

Wiederum lohnt es sich, die Süddeutsche zu zitieren, die treffend über den Film schreibt: „Clooney will von Zeiten erzählen, als amerikanische Soldaten noch loszogen und ihr Leben riskierten für die gute, die richtige Sache – und nicht einfach nur, um Öl, Reichtum oder Macht zu sichern.“

Vielleicht wird die Losung des „stupid german money“, des dummen deutschen Geldes, bald durch einen kernigen Satz wie „Willst du Nazifilme drehen, musst du nur nach Deutschland gehen“ ersetzt. Die deutsche Filmförderung wird den Produzenten keinen Strich durch die Rechnung machen. Für „Monuments Men“ jedenfalls lohnt es sich weder zu sterben noch den Gang ins Kino anzutreten.

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Kommentare (1)

  • R.W.

    |

    Danke für die Filmbesprechung, die mich trotz Warnung nicht davon abgehalten hat, die Monuments Men anzusehen.

    So interessant die Hintergrundinfos sind, die Liese liefert, so platt ist seine Einordnung des Films, der sicherlich kein „Nazi-Film“ ist, wie der Autor ständig suggeriert.

    Ja, die moralische Kernaussage – es lohne sich, nicht nur sein Land und sein Wertesystem im Krieg zu verteidigen, sondern auch dessen kulturelle Errungenschaften – kommt recht platt daher, gerade für den europäisch-sozialisierten Betrachter. Doch noch platter ist es, wenn Liese behauptet, dass die Nazis ähnlich gedacht bzw. gehandelt hätten. Es ist keineswegs so, dass die deutschen Vernichtungskrieger und ihre Helfer, die Unterwerfung und Vernichtung im Sinne hatten, ebenso moralisch aufgeladen agierten hätten wie die Monument Mens. Auch als Polemik gegen den tatsächlich zeitweise sehr kitschigen Film wäre eine solche Gleichsetzung der amerikanischen und deutschen Motivationsquellen – falls es so etwas überhaupt gibt – inhalts- und sinnfreier Quatsch. Spielberg und Riefenstahl in eine Reihe zu stellen, wie Liese es platt antiamerikanisch tut, erscheint mir dümmliche Polemik ohne Aussage zu sein.

    Darüber hinaus lief die von Clooney vorgetragene Kernaussage des Films tatsächlich auf eine Sakralisierung von Kunst und Kult hinaus, die demnach höher zu bewerten sei, als der Verlust von Menschenleben. Hier, bei der Ausblendung und Banalisierung der Massenvernichtung im NS, hätte eine grundsätzliche Kritik am Film anzusetzen gehabt und nicht bei irreführenden Gleichsetzungen, wie Liese sie ausbreitet.

    Clooney konnte zu Drehbeginn nichts von der aktuellen internationalen Debatte um NS-Raubkunst und einer generationenübergreifenden Raubkunst-Familie namens Gurlitt wissen. Von daher ist es unredlich, wenn Liese überheblich posaunt, Clooney hätte „gerade im Zuge der aktuellen Diskussion um Nazi-Beutekunst so viel aus dem Projekt machen können.“ Bitte schön, wer macht denn die historischen Zusammenhänge um Enteignung von jüdischem Eigentum zum (Film-)Thema. Etwa die deutschtümelnde Filmindustrie?

    Im Film ist davon die Rede, dass die Plünderung von jüdischen Bibliotheken und der Raub von Kunstwerken im besetzten Paris durch den „Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg“ betrieben wurden. Dies ist korrekt, doch wer weiß von diesen Zusammenhängen?
    Mitglied dieses Stabs war ein gewisser Wilhelm Grau, der 1936 in München die „Forschungsabteilung Judenfrage“ (mit)gegründete. Grau hat zuvor mit einer „nationalsozialistische Hetzschrift” promoviert: “Antisemitismus im Mittelalter: Das Ende der Regensburger Judengemeinde 1450-1519.” Dieses Werk stand (oder steht?) jahrzehntelang in der Präsenz-Bibliothek des Stadtarchivs.

    Der in Straubing geborene W. Grau sollte 2003 in einem „zentralen Werk zur Wirtschaftsgeschichte Regensburgs im Spätmittelalter” (Zitat Oberbürgermeister Hans Schaidinger) von seiner Nazi-Vergangenheit reingewaschen und als seriöser Stadtgeschichtler rehabilitiert werden. Da konnte nicht gut gehen, nicht mal in Regensburg.
    Herausgeber wurde das Werk (Klaus Fischer, „Regensburger Hochfinanz”, 2003) von der Stadt Regensburg, bzw. von den Museen und dem Archiv der Stadt. Fischer ist (Vertrauens-)Lehrer an der Regensburger BOS, und mischte lange bei „Schule ohne Rassismus“ mit.
    Erst nach jahrelangen Protesten wurde die Restauflage von „Hochfinanz“ eingestampft.
    http://www.regensburg-digital.de/geschichtsschreibung-im-welterbe/11022010/

    Stoff für Holywood?

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drin