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Stadthalle: Denkverbote und K.O.-Kriterien

Zum Top-Standort avanciert: Der Ernst-Reuter-Platz. Foto: AignerDas Interesse am Thema Stadthalle ist eher spärlich. Im Presseclub sind am Montag noch Stühle frei. Um von Planungsreferentin Christine Schimpfermann und ihrem Mitarbeiter Armin Mayr das den aktuellen Stand zu erfahren, ist vor allem betagteres Publikum in den Presseclub gekommen. Das Thema beschäftigt die Stadt – gelinde ausgedrückt – ja auch schon seit „geraumer“ Zeit. Fast 30 Jahre lang war die CSU, bisweilen mit Unterstützung der SPD, auf den Standort Donaumarkt fixiert. Ein erster Antrag der CSU zu diesem Thema stammt aus dem Jahre 1979. Zwei Jahre später stellte Hans Schaidinger, damals noch Verwaltungsrat, entsprechende Pläne vor. Es brauchte die Abwahl eines – von Schaidinger beratenen – Oberbürgermeisters (Friedrich Viehbacher) und drei Bürgerentscheide (1999, 2004 und 2006), flankiert von teuren Architektenwettbewerben, Plakat-, Marketing- und Werbekampagnen der Stadt bis ein Umdenken einsetzte: Der Ernst-Reuter-Platz ist jetzt der Top-Favorit unter den Stadthallen-Standorten. Rund zehn Jahre lang war der Vorschlag von Stadtrat Günther Riepl (Freie Wähler) sowohl von der Verwaltung wie auch von der seit 1998 in die städtischen Planungen eingebundenen Städtebau Helmut Baum GmbH (zur Internetseite) als nicht realisierbar beurteilt worden. Zitat aus dem sogenannten Baum-Gutachten: „Das geplante Raumprogramm mit ca. 12.000 qm Programmfläche lässt sich auf dem rund 4.700 qm großen Grundstück nicht vernünftig unterbringen.“ Deshalb werde der Standort Ernst-Reuter-Platz „nicht weiterverfolgt“. An dieser Haltung, die offenkundig den Vorgaben von Verwaltungschef Hans Schaidinger entstammte, änderte auch ein von Riepl 2004 erstelltes Bebauungs- und Verkehrskonzept nebst Plänen nichts. Das Denkverbot blieb. Zwei Bürgerentscheide später und ein erneute Standort-Untersuchung später (Artikel zur Untersuchung aller acht Standorte) ist alles anders. Stellten die neusten Stadthallen-Pläne im Presseclub vor: Armin Mayr und Christine Schimpfermann. Foto: asMittlerweile hat die Verwaltung ein „deutlich anderes Verkehrskonzept“ (Christine Schimpfermann) zu Grunde gelegt, das in Teilen frappierend den Vorschlägen von Riepl gleicht. Nun stehen 10.000 Quadratmeter Baufläche zur Verfügung. Der Bustreff rückt näher an den Bahnhof heran, der Ernst-Reuter-Platz wird nahezu vollständig vom Verkehr entlastet und es wird eine größere – zum Teil begrünte – Fußgängerzone bis auf Höhe der Albertstraße geben. Ein neues Hotel ist offenbar nicht zwingend notwendig. Als Hotelstandort in Frage käme aber beispielsweise das jetzige Bürgerzentrum in der Maxstraße. Das klingt nach lauter Vorteilen. Weshalb das späte Umdenken? Armin Mayr: „Der Ernst-Reuter-Platz war nie ein schlechter Stadthallen-Standort.“ Allerdings sei seinerzeit „wenig Bereitschaft“ vorhanden gewesen, „ein gut funktionierendes Verkehrskonzept aufzugeben“. Und noch weniger Bereitschaft, den Donaumarkt aufzugeben. Mayr: „Eines muss man klar zugeben: Durch den Wegfall des Standorts Donaumarkt ist der Leidensdruck höher geworden.“ Die neue Planungsrefrentin durfte umdenken. Folgerichtig wurde der „große Wurf“ gewagt und alles komplett umgeplant.
Pläne im Vergleich: Die Vorstellung der Verwaltung aus dem Jahr 2008... Plan: Stadt Regensburg... und Riepls Plan aus dem Jahr 2004.
Ähnlichkeiten mit Riepls Konzept aus dem Jahr 2004 sind – trotz zum Teil erheblicher Unterschiede – erkennbar, zum Beispiel die Verkehrsbefreiung des Ernst-Reuter-Platzes, die Verlegung des Busbahnhofs und die Erweiterung der Fußgängerzone. 2004 hatte Riepl sich offenbar schon über die Finanzierung des Projekts Gedanken gemacht. So heißt es in seinem Konzept: „Ein privater Investor (…) steht zusammen mit einem international tätigen Kongress-Kultur-Betreiber (…) hinter diesem Projekt.“ Einen solchen Investor muss sich die Stadt nun erst wieder suchen. Ebenso einen Betreiber, „wer auch immer das sein wird“ (Schimpfermann). Über die Kosten, die durch eine Stadthalle entstehen werden, und wie viel die Stadt davon zu tragen hat, lassen sich laut Christine Schimpfermann bislang keine konkreten Aussagen treffen. Mit 50 bis 60 Millionen an reinen Baukosten für die Stadthalle sei allerdings zu rechnen. Und, wer auch immer Bau und Betrieb übernehmen wird – die SPD und CSU haben sich im Koalitionsvertrag bereits auf das umstrittene Finanzierungsmodell PPP (Public-Private Partnership) geeinigt. Hier wird die Stadt in jedem Fall drauf zahlen. SPD-Fraktionschef Norbert Hartl hatte kürzlich von „fünf bis sechs Millionen Euro jährlich“ gesprochen. Mayr: „Betriebswirtschaftlich ist eine solche Investition nicht rentabel.“ Allerdings müsse man die „weitergehenden Effekte“ für die gesamte Stadtentwicklung berücksichtigen. Der Übernachtungssektor wird laut Schimpfermann schwerpunktmäßig von einem Kultur- und Kongresszentrum profitieren. Das von Norbert Hartl ausgegebene Ziel – „Wir wollen, dass die Stadthalle in vier Jahren steht“ – dürfte indessen kaum zu erreichen sein. Schimpfermann: „Wir befinden uns am Anfang der Diskussion.“ Und es gibt durchaus das eine oder andere Problem. Da gibt es zunächst eine etwas kryptische Äußerung von Oberbürgermeister Hans Schaidinger, der am 8. Oktober mit Blick auf den Ernst-Reuter-Platz im Stadtrat meinte: „Von den Altstadtkaufleuten werden wir für diesen Standort Watschen bekommen.“ Wofür und weshalb, darüber schwieg Schaidinger sich allerdings aus. Auch Christine Schimpfermann konnte diese Aussage des Oberbürgermeisters auf Nachfrage im Presseclub „nicht nachvollziehen“. Eine entsprechende Anfrage an die städtische Pressestelle blieb bislang noch unbeantwortet. Ein nachvollziehbarer Kritikpunkt sind dagegen die Allee-Bäume auf Höhe des einstigen König-Ludwig-Denkmals, die gefällt werden müssten. Der Freistaat Bayern muss seine Zustimmung zur Abholzung geben. Die Grünen haben bereits Widerstand dagegen angekündigt. Dass dies tatsächlich ein K.O.-Kriterium werden könnte, steht angesichts des Umgangs mit solchen Bäumen an anderer Stelle (Diskussion ums Hotel im Fürstenschloss inklusive Baumfällaktion) indessen kaum zu befürchten. Ein K.O.-Kriterium wäre es laut Schimpfermann aber, sollte sich ein – von einige Archäologen vermuteter – jüdischer Friedhof unter der Baufläche befinden. Eine Umbettung wäre, den Religionsgesetzen folgend, nicht zulässig. Noch im November werden erste archäologische Untersuchungen vorgenommen. Skeptiker, die für den Fall eines Scheiterns der Stadthallen-Pläne am Ernst-Reuter-Platz, eine Rückkehr zum Donaumarkt befürchten, können allerdings – fürs Erste – beruhigt sein. Die Verwaltung erhielt bei diesem Szenario vom Stadtrat den Auftrag, Planungen am Unteren Wöhrd in Angriff zu nehmen. Mögliche Probleme dort: Das deutsche Jugendherbergswerk will sein Gebäude an diesem Standort bislang „auf gar keinen Fall“ aufgeben. Diese Fläche braucht die Stadt aber, um nicht auf den kontaminierten Flächen am Unteren Wöhrd bauen zu müssen. Die Sanierungskosten würden für so einen Fall auf eine Summe „zwischen 18 und 35 Millionen Euro“ geschätzt. Vermutlich ebenfalls ein K.O.-Kriterium.
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Kommentare (2)

  • Pascal

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    Regensburg braucht dringend eine Stadthalle, ganz dringend, wegen der Wirtschaft und so. Ganz, ganz dringend! Sonst verhungern ja alle! Und diese Stadthalle brauchen wir dringend auf dem Donaumarkt. Alle anderen Standorte sind pfuibäh. Verarschen kann ich mich selber! Ich wette, der Donaumarkt kommt wieder. Wie sonst ist zu erklären, dass er im Investitionsprogramm fast gänzlich ausgespart ist? Regensburg sei wachsam!

  • Wisser

    |

    Leider muss ich eine Aussage im vorstehenden Artikel korrigieren. Die Diskussion um eine Stadthalle reicht weit länger zurück. Sie begann, wenn ich mich nicht irre, Ende der sechziger Jahre ,it der Gründung der City-Center GmbH&CoKg. Es gab eine Diskussion um das Parkhotel Maximilian, das als Veranstaltungszentrum, so der damalige Arbeitstitel. Aus denkmalpflegerischen Gründen und wegen der damals obskuren Konstruktion einer GmbH&CoKG ging diese Vorhaben den BAch runter. Der nächste Versuch wurde 1975 in einer NAcht und Nebelaktion der Verwaltung mit dem Veranstaltungszentrum Arnulfsplatz gestartet. Auslöser waren ein städtisches Grundstück und das Konjunkturprogramm ZIP. Man rechnete nicht mit dem immensen Widerstand der Westnerwachtler, die dieses Konjunkturgeschenk nicht haben wollten. Es brach u.a. der SPD und dem hoffnungsvollen OB-Kandidaten Albert Schmid das Genick und verhalf einem Nobody, Friedrich Viebacher zum OB. Dieser versprach sofort das Vorhaben Veranstaltungszentrum am Arnulfsplatz endgültig zu beerdigen. Die mühsame Standortsuche mit Kommunikationsproblemen zwischen denen da oben und jenen da unten reicht als weit länger zurück. Jedes MAl wurde argumentiert, ohne diese grandiose Infrastruktureinrichtung würde Regensburg in die Bedeutungslosigkeit zurückfallen. Soviel zur Geschichte!

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