06 Mai2011

- Sprachrohr eines neonazistischen Promis: der 64jährige Gerd Walther.
Ein mildes Urteil, ein Angeklagter, der das gewünschte Podium erhielt und eine phasenweise sichtlich überforderte Richterin: So lautet das Fazit nach zwei Tagen und insgesamt 14 Stunden Verhandlung gegen den Berliner Gerd Walther vor dem Amtsgericht Regensburg (unser Bericht zum ersten Prozesstag).
Wegen Volksverhetzung verurteilte Ursula Schimke-Kinskofer den gerichtsnotorischen Judenhasser am Freitag zu einer Bewährungsstrafe von vier Monaten. Der 64jährige Junggeselle ist bereits einschlägig vorbestraft, mehrfach wegen Volksverhetzung, aber auch wegen Veruntreuung, Beleidigung und Vortäuschens einer Straftat. Die Staatsanwaltschaft hatte angesichts dessen und wegen des „fehlenden Unrechtsbewusstseins“ bei Walther acht Monate Haft gefordert.

Leugnung bleibt „trotz aller Wortspiele“
Beim Prozess gegen den holocaustleugnenden Piusbruder Richard Williamson vor gut einem Jahr in Regensburg hatte Walther sich vor die laufenden Fernsehkameras gedrängt und unter anderem behauptet: „Die Gerichte haben doch bei den Auschwitzprozessen Beweisnotstand. Es gibt keinen forensischen Beweis für die Offenkundigkeit des Holocaust.“ Durch diese Aussage sei der Tatbestand der Volksverhetzung eindeutig erfüllt, so Schimke-Kinskofer. Walther habe mit seinem von „hoher Intensität geprägtem Auftritt“ gezielt eine Plattform gesucht, um den öffentlichen Frieden zu stören. „Trotz aller Wortspiele“ bleibe sowohl objektiv wie subjektiv die Behauptung, dass der Massenmord an den Juden nicht stattgefunden habe (Als Einstieg: Argumente gegen Holocaust-Leugner). Im Gegensatz zur Klarheit des Urteils ließ die Richterin diese Klarheit bei der Verhandlungsleitung vermissen.Richterin macht es Walther leicht
Walther hatte an den beiden Verhandlungstagen ausreichend Gelegenheit, diesen Massenmord zu relativieren, zu leugnen, zu bestreiten und ins Lächerliche zu ziehen. Ohne Not und trotz mehrfacher Hinweise durch Staatsanwalt Marcus Lang, dem Angeklagten das Wort zu entziehen, wenn er sich nicht zur Sache äußere, ließ Ursula Schimke-Kinskofer Walther gewähren. Selbst dessen Pflichtverteidiger Uli Boldt zeigte sich am Rande des Prozesses überrascht davon, „wie leicht“ es seinem Mandanten gemacht werde. „Die Richterin hätte weit mehr Möglichkeiten, das zu unterbinden“, so Boldt. Man darf festhalten, dass das Verfahren ohne Staatsanwalt Lang wohl völlig aus dem Ruder gelaufen wäre. Mehrfach wies er Richterin Schimke-Kinskofer auf die einschlägigen Passagen der Strafprozessordnung hin – manchmal mit Erfolg. 
- Prozessbeobachterin für ihren Lebensgefährten? Die Ebersberger Rechtsextremistin Sylvia Stolz.
Gerd Walther nutzte das ihm gebotene Podium weidlich aus und ließ – sehr zur Freude des Publikums – keinen Zweifel an seiner Geisteshaltung. Von seinen sieben am Mittwoch angereisten Anhängern waren am Freitag noch drei geblieben.
Die bekannte Hitler-Verehrerin und einschlägig verurteilte Holocaust-Leugnerin Sylvia Stolz notierte an beiden Tagen eifrig mit, was Walther vorzutragen hatte. Immer wieder beriet sie sich mit Walther in den Verhandlungspausen.
Stolz’ Lebensgefährte, der ehemalige Rechtsanwalt, verurteilte Terrorist, Volksverhetzer und Antisemit Horst Mahler, darf als Spiritus Rector des Verfahrens gelten. Aus seiner Feder stammen mehrere Schriftstücke, die Walther zum Teil zu Protokoll gab, zum Teil verlas. Letztlich war Walther nur die Handpuppe, die in Regensburg Mahlers Ergüsse zum Rechtsstaat, zum Grundgesetz und zur Meinungsfreiheit vortragen durfte.
