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E-Bikes im Regensburger Westen geklaut

Diebespaar verurteilt

Am Donnerstag verurteilte das Amtsgericht Regensburg ein Ehepaar zu nicht ganz dreijährigen Freiheitsstrafen. Um ihre Drogensucht zu finanzieren, hatten die beiden im Sommer 2020 in einer Diebstahlserie vor allem E-Bikes aus Tiefgaragen in Regensburg geklaut. Die Angeklagten werden in eine Klinik eingewiesen.

Die Eheleute S. hatten es vor allem auf E-Bikes abgesehen. Foto: om

Es wäre „zu kurz gegriffen“ von einem Gaunerpärchen wie Bonnie und Clyde zu sprechen, das eine Schneise der Verwüstung hinterlässt. Verteidiger Christian Reiser ist der Ansicht, man müsse sehen, wie stark die Diebstahls- und Sachbeschädigungsserie „Ausfluss der Lebenssituation“ gewesen sei, in der sich die beiden befunden hätten.

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Auf der Anklagebank vor dem Amtsgericht Regensburg sitzen die Eheleute Patrick und Tamara S., die im Sommer 2020 mehrere Gegenstände aus Tiefgaragen und Kellern in Regensburg geklaut hatten. Dabei hatten sie es besonders auf hochwertige E-Bikes und Mofas abgesehen. Es entstand ein Schaden von mehr 16.000 Euro. Sowohl die Verteidigung als auch das Gericht sind davon überzeugt, dass das Diebesgut der Finanzierung des regelmäßigen Crystalkonsums diente. „Wir müssen davon ausgehen, dass die Taten sonst nicht passiert wären,“ so die Vorsitzende Richterin Andrea Costa.

Staatsanwaltschaft und Verteidigung verständigen sich

Reiser rechnet in seinem Plädoyer vor, dass das Paar monatlich bis zu 10.000 Euro für die Sucht aufbringen musste. Wegen sieben Fällen des Diebstahls wird Patrick S. zu zwei Jahren und neun Monaten verurteilt, Tamara S. wegen sechs Fällen zu zwei Jahren und acht Monaten. Beide werden nach Paragraf 64 Strafgesetzbuch in einer Klinik untergebracht. Verteidiger Reiser und Shervin Ameri hatten drei beziehungsweise zwei Monate weniger beantragt.

Vor dem Urteil kommt es im Rahmen eines Rechtsgesprächs zu einer Verständigung zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung, was den Prozess deutlich abkürzt. Die Angeklagten zeigen sich vollumfänglich geständig und reuig. Beide entschuldigen sich direkt bei den anwesenden Geschädigten (deren Aussagen nicht benötigt werden) und kündigen an, ihr „Bestes geben“ zu wollen, um von Sucht und Beschaffungskriminalität wegzukommen. „Ich bin definitiv auf dem besten Weg so einen Scheiß nicht mehr zu machen,“ so Tamara S. Ein Zeuge bedankt sich für die Entschuldigung und wünscht den beiden „alles Gute“.

E-Bikes und Krafträder

Die angeklagten Fälle begannen in der Nacht vom 4. auf den 5. August 2020, in der der 28- und die 29-Jährige ein Mofa im Wert von 1.200 Euro aus einer Tiefgarage im Roten-Brach-Weg klauten. In derselben Nacht entwendeten sie auch einen Fahrradanhänger und aus einem Kellerabteil einen Akkuschrauber. Nur wenige Tage später machte das Paar die größte Beute. Wieder aus einer Tiefgarage klaute es zwei E-Bikes im Gesamtwert von 7.600 Euro sowie eine Vespa im Wert von 3.500 Euro.

Am 29. August brachen die Eheleute S. ein Auto am Galgenberg auf und entwendeten daraus diverse Wertgegenstände wie etwa eine GoPro-Kamera. An dem Fahrzeug, dem die Scheiben eingeschlagen wurden, entstand mit 6.100 Euro massiver Schaden. Aus derselben Tiefgarage ließen die beiden Angeklagten abermals zwei E-Bikes mitnehmen. Bereits einen Tag zuvor klaute Patrick S. wiederum zwei E-Bikes aus einer Hotelgarage im Regensburger Stadtosten.

Angeklagte auf geklautem E-Bike erwischt

Kurze Zeit später konnte Tamara S. auf einem der geklauten E-Bikes von der Polizei festgenommen werden. Ein Kollege habe sie anhand von Videoaufnahmen aus einer Tiefgarage „eindeutig identifizieren“ können, berichtet der Sachbearbeiter von der Polizeiinspektion Süd. Von dem überwiegenden Diebesgut des Paares fehlt allerdings jede Spur. Die Räder wurden in Einzelteile zerlegt und zu Geld gemacht. Was nicht werthaltig war, habe man entsorgt, so Anwalt Reiser.

Wohin die geklauten Gegenstände veräußert wurden, können oder wollen die Angeklagten nicht sagen. Für einen Geschädigten ist das besonders bitter. Sein in der Hotelgarage gestohlenes E-Bike ist nicht mehr aufgetaucht. Er habe dieses nicht versichert, äußert er am Rande der Verhandlung und befürchtet nun, auf dem Schaden sitzen zu bleiben. Die Angeklagten sind verschuldet.

„Ungünstige Sozialisation“ und „manifeste Abhängigkeit“

„Der Suchtmittelkonsum ist eine Erkrankung und sicherlich auch der Grund für diese Straftaten“, so Staatsanwalt Wolfgang Schirmbeck, der vor wenigen Monaten (unter anderem als Beisitzer beim zweiten Wolbergs-Prozess) selbst noch Strafrichter war. Er nehme der Angeklagten die Entschuldigung auch ab. Die Taten hätten jedoch zu großen Sachschäden und Verunsicherung bei den Geschädigten geführt. Zwei handle es sich nicht um Wohnungseinbruchsdiebstahl, doch sei das Eindringen in die Tiefgarage oder den Keller im unmittelbaren Wohnumfeld „so ähnlich“.

Zuletzt haben Patrick S. und seine Ehefrau Tamara erheblich Crystal Meth und andere Drogen konsumiert und in Zusammenhang damit auch schon einige Vorstrafen vorzuweisen. Nun hoffen sie einmütig auf einen Erfolg der Suchttherapie. Dabei werden auch biographische Schwierigkeiten und Schicksale eine Rolle spielen. Patrick S. wurde bereits in einer Entzugsklinik geboren und lebte bis zum 15. Lebensjahr im Heim. Die Schule verließ er nach der achten Klasse, einen Beruf erlernte er nicht. Die psychiatrische Gutachterin Dr. Anna-Christina Wunder-Lippert sieht eine „ungünstige Sozialisation“, berichtet von einer ADHS-Erkrankung sowie einer „manifesten Abhängigkeit“.

Richterin wünscht „alles Gute“

Der Gutachter von Tamara S., Dr. Thomas Wenske, schildert bei ihr eine äußerst schwierige familiäre Situation. Der Vater habe die Mutter geschlagen. 2019 sei diese überraschend gestorben, wobei der Vater für die Tochter als tatverdächtig gelte. Auch ihr Bruder sei im selben Jahr 24-jährig verstorben. Damit sei der familiäre Bezug der Angeklagten „weggebrochen“. All dies sei sicherlich als „Suchtgrundlage“ zu betrachten. Sie könne nichts dafür, „wenn sie in so einer Familie aufwächst“, so später ihr Anwalt Ameri in seinem Plädoyer. Bei ihr müsse man sich sehr um den Resozialisierungsgedanken bemühen.

Richterin Costa betont in der Urteilsbegründung, dass die beiden Angeklagten „nach wie vor eine Chance“ kriegen. Und sie sollen diese aber auch als „letzte“ begreifen. Sie wünsche ihnen „wirklich” einen Erfolg der Therapien und „alles Gute“. Mit Rechtsmitteln ist nicht zu rechnen, die Verurteilungen dürften damit rechtskräftig werden.

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Kommentare (1)

  • Beklauter

    |

    Und was haben nun die Beklauten davon? In ihrem Trauma bleiben sie über Jahre eingesperrt. Hoffentlich werden sie davon nicht süchtig.
    ‚Was nicht werthaltig war, habe man entsorgt..‘Offensichtlich gab es wenigstens ein Entsorgungskonzept?
    Dank an den aufmerksamen Polizisten.

Kommentare sind deaktiviert

drin