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Gegen SPD und Rewag: Stadtrat besiegelt Millionen-Deal

Geschäftlich meistens einer Meinung, nicht bei der Bayerngas: Rewag-Chef Norbert Breidenbach und OB Hans Schaidinger. Foto: Archiv
Hat die Stadt ein gutes Geschäft gemacht oder hohe Gewinne für die Zukunft leichtfertig verschenkt? Wer recht behält, wird erst die Zukunft zeigen. Am Mittwoch jedenfalls behielt Oberbürgermeister Hans Schaidinger mit seinen Argumenten die Oberhand. Nach knapp dreistündiger Debatte beschloss der Regensburger Stadtrat am Mittwoch in nichtöffentlicher Sitzung: Das Energieunternehmen Rewag wird sich nicht an einer Kapitalerhöhung bei der Bayerngas GmbH beteiligen. Stattdessen wird die Rewag komplett aus der Bayerngas aussteigen und ihre Anteile verkaufen. Damit setzte sich Schaidinger nicht nur gegen den Koalitionspartner SPD durch, mit dem lediglich die fraktionslosen CSU-Stadträte Armin Gugau und Hans Renter stimmten. Es ist auch eine Entscheidung gegen den Vorstand und Betriebsrat der Rewag, die sich ebenfalls für die Kapitalerhöhung ausgesprochen hatten.

Verkauf statt Verbleib

Statt 5,2 Millionen für diese Kapitalerhöhung auszugeben, sollen nun durch den Verkauf der Bayerngas-Anteile (8,6 Prozent) zwischen 34 und 35 Millionen Euro in die Kassen der Rewag fließen. Das sind knapp 18 Millionen mehr als die Stadt Regensburg einst dafür investiert hat. Ob das ein gutes Geschäft war, wird sich erst langfristig herausstellen. Die Bayerngas GmbH ist ein 1962 gegründeter Zusammenschluss kommunaler Energieversorger zur Gas-Beschaffung. Mit 44 Prozent halten die Münchner Stadtwerke die Mehrheit und haben auch die Geschäftsführung des Unternehmens inne. Seit 1964 ist auch Regensburg an der Bayerngas beteiligt. Während die Bayerngas GmbH früher vor allem den gebündelten Einkauf von Gas übernahm, um so Preis- und Versorgungsvorteile für die beteiligten Kommunen zu erzielen, ist man seit geraumer Zeit ins Fördergeschäft eingestiegen – vor der Küste Norwegens wird nach Gas- und Ölvorkommen gebohrt. Und hier liegt der Hase im Pfeffer.

Schaidinger traut der Sache nicht

Die Stadtwerke München wollen dieses Feld noch weiter ausbauen – deshalb die bereits beschlossene Kapitalerhöhung. Der in Aussicht gestellte Vorteil: In wenigen Jahren sollen für die Kommunen die Gewinne sprudeln, einerseits durch neue Gas- und Ölfelder, aus denen die Rohstoffe dann üppig fließen sollen, andererseits durch den steigenden Gaspreis angesichts des Atomausstiegs. Hans Schaidinger traut nach eigenen Worten der Sache nicht. Es sei eine Risikoabwägung, so der Oberbürgermeister. Findet man tatsächlich neue Gasvorkommen? Sprudelt das Gas tatsächlich so üppig wie erhofft? Steigt der Gaspreis tatsächlich und fließen dadurch die versprochenen Gewinne?

Schaidinger: Geld für erneuerbare Energien

Gegen den Verkauf: SPD-Fraktionschef Norbert Hartl. Foto: Archiv
Oder werden bei den Bohrungen Gelder in den Sand gesetzt? Passieren gar Unfälle wie im Golf von Mexiko und ist dadurch das in die Bayerngas investierte Geld der Rewag perdue? Am Rande: Der Staat Norwegen streicht bei erfolgreichen Bohrungen rund 80 Prozent der Gewinne ein, beteiligt sich andererseits mit demselben Anteil an den Kosten einer gescheiterten Bohrung. Doch zurück zu Schaidinger. Statt die Gelder der Rewag bei der Bayerngas zu belassen, plädierte er dafür, die Anteile zu verkaufen und das Geld in den Ausbau regenerativer Energien in der Region zu investieren. Als „reine Finanzbeteiligung“, verbunden mit entsprechenden Risiken, seien die Anteile bei der Bayerngas nicht rentabel genug. Und andere Vorteile – wie Einfluss auf die Geschäftspolitik oder privilegierten Zugriff auf das Gas – habe man nicht, so Schaidinger. „Dem gegenüber beinhalte die Investition in erneuerbare Energien ein hohes Potential an regionaler Wertschöpfung.” Vermutlich ist es nur Zufall, dass die CSU-Fraktion just zur selben Sitzung einen detaillierten Ergänzungsantrag vorlegte, der die Rewag auffordert, ein „strategisches Energiekonzept für die nachhaltige und dezentrale Energieversorgung der Stadt Regensburg zu entwickeln“.

SPD: Rewag hat genug Geld

Die SPD blieb ungeachtet Schaidingers Darlegungen bei ihrer Haltung. Für den Ausbau erneuerbarer Energien sei bei der Rewag ausreichen Kapital vorhanden, so Fraktionschef Norbert Hartl bei der Debatte am Mittwoch. Man werde nicht „über Nacht“ jede Menge Projekte „her zaubern“ können, in die sich das Geld investieren lasse. Allerorten werde gejammert, dass nur große Energiekonzerne bei der Öl- und Gasförderung beteiligt seien und Regensburg steige aus einem Zusammenschluss von Kommunen, der als Konkurrenz zu den Konzernen auf diesem Feld arbeite, aus.

Rewag-Chef überstimmt

Im Moment wirft die Beteiligung an der Bayerngas jährlich gut eine Million Euro ab. Man könne doch nicht jetzt aussteigen, wo es absehbar sei, dass die Gaspreise und damit auch die Gewinne steigen würden, so Hartl. Auch stellte Hartl die Frage, weshalb man hier nicht dem „sehr guten Vorstand der Rewag“ vertraue. Zuvor hatte schon Rewag-Chef Norbert Breidenbach ähnlich argumentiert. Doch beide vermochten die Mehrheit nicht zu überzeugen. Selbst die Freien Wähler, die zunächst noch signalisiert hatten, gegen den Verkauf zu stimmen, schwenkten nach der Diskussion und einer Sitzungsunterbrechung um und stimmten mit Schaidinger.

Dieselbe Debatte: München, Augsburg, Regensburg

Die Debatte in Regensburg und die damit verbundenen Frontlinien zwischen den Diskutanten entsprechen übrigens fast aufs i-Tüpfelchen denen in München und Augsburg. Die SPD will Kapital erhöhen und bei der Bayerngas bleiben, die CSU und das Gros der anderen Parteien sind dagegen. Die Augsburger Stadtwerke sind mit 27,5 Prozent nach München zweitgrößter Anteilseigner bei der Bayerngas. In der CSU-regierten Stadt wurde die Kapitalerhöhung gegen die Stimmen der SPD abgelehnt. „Ich bin nicht bereit, zu zocken“, so der Augsburger OB Kurt Gribl zur Augsburger Allgemeinen. Statt die Kapitalerhöhung mitzumachen, werden die dortigen Stadtwerke die Hälfte ihrer Anteile an der Bayerngas verkaufen.

Öffentlicher Diskurs statt Heimlichtuerei

Einen wesentlichen Unterschied zu Regensburg gibt es aber doch: In Augsburg lief die gesamte die Debatte über Für und Wider der Anteilsverkäufe inklusive konkreter Zahlen öffentlich, konnte damit adäquat in den Medien aufbereitet und entsprechend verfolgt werden. In Regensburg hat die Stadt erst im Nachhinein reagiert und am Donnerstag eine Pressemitteilung versandt, nachdem im Vorfeld Details der eigentlich nicht öffentlichen Angelegenheit bekannt geworden waren. Da war die Entscheidung allerdings bereits gefallen.

Koalitionsfriede gefährdet?

Übrigens: Dass es wegen der Entscheidung Ärger in der Koalition gebe, weisen sowohl Norbert Hartl wie auch sein CSU-Pendant Christian Schlegl weit von sich. Dass das nur die halbe Wahrheit ist, klingt aber doch durch. Zwar wird die Debatte am Mittwoch quer durch alle Fraktionen als beeindruckend sachlich gelobt – vor allem von Schlegl und Hartl. Hinter vorgehaltener Hand spricht der eine oder andere Stadtrat aus dem „unterlegenen“ Lager aber auch von einer „beeindruckend demagogischen Argumentation“ Schaidingers.
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Kommentare (4)

  • Bedenklich

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    Bekommt da jemand ein Vermittlungshonorar?

  • passiver Mitleser

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    Hmm, ich kenne nicht alle Fakten dazu (Haha, geheime Sitzung), aber die Argumentation des Oberbürgemeisters ist nicht von der Hand zu weisen. Ich hätte dies genauso getan. Es zeigt sich, dass die Bayerngas GmbH (laut Artikel), auf ein neues Geschäftsmodell eingeschossen hat, welches Risiken birgt.
    Zwar wäre ich nicht komplett ausgestiegen, immerhin geht dadurch die Möglichkeit des Einkaufes von preiswertem Gas verloren, doch dieser Spekulation auf neue Gewinne hätte ich mich in keinem Fall angeschlossen. Eine Förderung regenerativer Energien ist zuzustimmen. Ob das Geld der Rewag reicht, kann ich nicht sagen, kenne die Bilanzen nicht.
    Es scheint mir so, als wolle die gesamte CSU ihre Zockerhaltung bei der Bayern LB ein neues Bild entgegensetzen. Wer will es ihnen übel nehmen?

    Passiver Mitleser

  • Bernd Henneberg

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    Der Fehler ist doch schon Jahre alt. Dadurch, daß die Rewag ihren größten Kunden die Südzucker weggeworfen hat, war klar, daß sie eines Tages auch den Rest entsorgt. Zu dem Zeitpunkt als das Zuckerwerk aufgegeben wurde, war das Kraftwerk der Südzucker noch voll betriebsfähig. Zum gleichen Zeitpunkt wollte man in Schwandorf ein Gaskraftwerk bauen. Dies wurde dann aus Gründen die mir nicht bekannt sind, abgesagt. Aber die Rewag hätte die Chance gehabt das Kraftwerk der Südzucker weiter zu betreiben, z. B. als Kraftwärmekopplung für das Südzuckerarreal, für das Schlachthofarreal, und für die Aufgabe des Heizkraftwerkes der Leopoldkaserne. Dann hätte man noch alle Bauten in der Guerickesstraße anschließen können, das Josefkrankenhaus usw. Aber? Keine Idee! Wie man das ja von den amtlichen Stellen der Stadt Regensburg kennt.

  • Veits M.

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    Der oben erwähnte CSU-Antrag, ein „strategisches Energiekonzept für die nachhaltige und dezentrale Energieversorgung der Stadt Regensburg zu entwickeln“, ist zu begrüßen.

    Er passt in den Bericht der Ethikommission: Dort wird die Energiewende als
    Gemeinschaftswerk „Energiezukunft Deutschlands“ bezeichnet, und damit die Notwendigkeit, auf allen Ebenen – Bund, Länder, Kommunen – aktiv zu agieren.

    Zitat aus dem 50 seitigen Bericht:
    “Das von der Ethik-Kommission vorgeschlagene Nationale Forum Energiewende soll den gesellschaftlichen Dialog anregen und intensivieren. In Städten,Gemeinden und Unternehmen kommt es auf eigene Entscheidungen an,.”

    Der vollständige Bericht findet sich auf meiner Website (.aktionboss.de).

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