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Kein zweiter Prozess gegen Joachim Wolbergs

Landgericht Regensburg lässt Anklage gegen Wolbergs wegen IZ-Spenden nicht zu

Die 5. Strafkammer des Landgerichts Regensburg lässt die zweite Anklage der Staatsanwaltschaft wegen der Spenden durch das „Immobilien Zentrum Regensburg“ gegen Joachim Wolbergs nicht zu. Grund sei eine „untrennbare Verknüpfung“ mit Tatvorwürfen, die bereits im laufenden Prozess vor der 6. Kammer von Richterin Elke Escher verhandelt werden.

Etappensieg für Joachim Wolbergs: Es wird – zumindest vorerst – keinen weiteren Prozess gegen ihn geben. Foto: Archiv/Starzinger

Die Staatsanwaltschaft blitzt mit ihrer zweiten Anklage gegen Joachim Wolbergs bei der 5. Strafkammer des Landgerichts Regensburg ab. Es ging um Spenden des “Immobilien Zentrum Regensburg” (IZ). Dessen Gründer hatte bereits einen Strafbefehl wegen Bestechung akzeptiert. Die 5. Strafkammer des Landgerichts sieht in der zweiten Anklage die unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebenssachverhalts. Demnach spielen sowohl bei den IZ-Spenden als auch beim derzeit laufenden Prozess in Zusammenhang mit Spenden der Bauteam Tretzel GmbH die Jahresrechenschaftsberichte der Bundes-SPD und mögliche unrichtige Angaben darin eine Rolle.

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Damit entfalte der aktuell laufende Prozess gegen den Oberbürgermeister eine Sperrwirkung für eine Verhandlung über die IZ-Anklage vor der 5. Kammer, heißt es in einer aktuellen Pressemitteilung des Landgerichts. Durch dieses “Befassungsverbot” könne nun auch nicht geklärt werden, ob die erhobenen Tatvorwürfe berechtigt sind oder nicht – zumindest nicht im Rahmen eines zweiten Prozesses. Die Staatsanwaltschaft kann dagegen Beschwerde beim Oberlandesgericht Nürnberg einlegen. Wir veröffentlichen die Pressemitteilung des Landgerichts Regensburg im kompletten Wortlaut.

Dass die 5. Strafkammer die Anklage nicht zugelassen hat, bedeutet allerdings nicht zwangsläufig, dass über die Vorwürfe nicht verhandelt wird. Unter anderem könnten diese auch noch im derzeit laufenden Prozess zur Sprache kommen.

Pressemitteilung des Landgerichts Regensburg

Aufgrund anderweitiger Rechtshängigkeit hat die 5. Strafkammer des Landgerichts Regensburg die Eröffnung eines zweiten Hauptverfahrens gegen den Oberbürgermeister der Stadt Regensburg, Joachim Wolbergs, wegen Spenden des Immobilienzentrums Regensburg (IZ) an den SPD-Ortsverein Stadtsüden abgelehnt. In ihrem Beschluss vom 11. März 2019 stellte die Kammer fest, dass bei allen Anklagepunkten eine untrennbare Verknüpfung mit Tatvorwürfen besteht, die schon Gegenstand der seit 24. September 2018 vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Regensburg laufenden Hauptverhandlung wegen Spenden des Bauteams Tretzel (BTT) aus den korrespondierenden Zeiträumen sind.

Die Annahme einer solchen prozessualen Tatidentität führt bei sukzessiver Anklageerhebung für das erst später angerufene Gericht zu einem Verfahrenshindernis (Befassungsverbot). Eine Zulassung der Anklage der Staatsanwaltschaft Regensburg vom 4. Oktober 2018 wegen Vorteilsannahme in zwei Fällen und Bestechlichkeit unterblieb daher aus Rechtsgründen.

Die Beurteilung der Zusammengehörigkeit mehrerer potentiell strafbarer Verhaltensweisen eines Beschuldigten kann im Einzelfall – so auch hier – sehr kompliziert sein. Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit Zuwendungen, die ein Amtsträger von verschiedenen, unabhängig voneinander leistenden natürlichen und/oder juristischen Personen entgegengenommen haben soll, dürfen im Prinzip, von möglichen Konflikten mit dem Beschleunigungsgebot abgesehen, einer Nachprüfung in separaten strafgerichtlichen Verfahren unterzogen werden. Dagegen kommt eine gesonderte Prozessführung nicht in Betracht, wenn inhaltliche Bezüge im Raum stehen, deren Ausblendung einen einheitlichen Lebenssachverhalt unnatürlich aufspalten würde.

Als verbindendes Element zwischen den inkriminierten Spenden von BTT und IZ erachtete die 5. Strafkammer nach den Beschlussgründen die laut Anklage unrichtige Erfassung in den jeweils einheitlich erstellten Jahresrechenschaftsberichten der (Bundes-)SPD. Diese sind allesamt Stoff des Wirtschaftsstrafkammerprozesses. Aus ähnlichen Erwägungen hatte die Wirtschaftsstrafkammer in der Hauptverhandlung des Parallelverfahrens am 4. Februar 2019 darauf hingewiesen, dass bezogen auf die vereinnahmten und verbuchten Spenden der Firma BTT pro Kalenderjahr maximal von einem Fall des Verstoßes gegen das Parteiengesetz in Tateinheit mit Vorteilsannahme ausgegangen werden könnte.

Ein tateinheitliches Zusammentreffen von mehreren strafbaren Handlungen spricht nach allgemeiner Dogmatik regelmäßig für das Vorliegen einer einzigen prozessualen Tat. Ausnahmen sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher nur für einzelne Deliktsgruppen anerkannt, die in den beiden Strafverfahren gegen Joachim Wolbergs keine Rolle spielen. Nach der rechtlichen Bewertung der 5. Strafkammer entfaltet der vor der Wirtschaftsstrafkammer schwebende Prozess gegen den Oberbürgermeister somit Sperrwirkung für eine Verhandlung über die Anklage vom 4. Oktober 2018. Ein neuerliches Hauptverfahren wurde im Hinblick auf das daraus resultierende Befassungsverbot nicht eröffnet.

Bei Eingreifen eines Befassungsverbots ist jede Form von Sachentscheidung (Verurteilung oder Freispruch) unzulässig. Ob die in der Anklage vom 4. Oktober 2018 gegen Joachim Wolbergs erhobenen Tatvorwürfe berechtigt sind oder nicht, kann deshalb in diesem Verfahren nicht abschließend geklärt werden.

Soweit dem Oberbürgermeister zur Last lag, bei der Anmietung einer Privatwohnung vergütungspflichtige Vermittlungsleistungen des IZ unentgeltlich in Anspruch genommen zu haben, ist jedoch eine Richtigstellung veranlasst: Nachermittlungen im Zwischenverfahren haben ergeben, dass auch den anderen Mietern der von Joachim Wolbergs bezogenen Wohnanlage seitens des IZ keine Maklercourtagen berechnet wurden. Der Oberbürgermeister hat also, was die Provisionsfreiheit der Wohnungsvermittlung betrifft, keinerlei Sonderbehandlung erfahren. Die wirkliche Sachlage weicht demzufolge in einem für die Strafbarkeit möglicherweise nicht unwesentlichen Aspekt zugunsten des Beschuldigten von den der Anklage zugrundeliegenden Prämissen ab.

Der Beschluss des Landgerichts Regensburg vom 11. März 2019 ist noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft hat die Möglichkeit, innerhalb einer Woche ab Zustellung sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens einzulegen. Zuständiges Beschwerdegericht ist das Oberlandesgericht Nürnberg.

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Kommentare (18)

  • Mr. T.

    |

    Klingt nachvollziehbar. Bedeutet das aber jetzt, dass diese Anklagepunkte gar nicht geklärt werden?

  • Stefan Aigner

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    @Mr. T

    So wie ich das verstanden habe: Ja. Diese Vorwürfe werden nicht geklärt.

  • Karl55

    |

    Dieses Regensburger Gericht macht sich langsam überörtlich lächerlich. Zuerst die Besetzung mit einer “Richterschaft”, die die Verfahrensführung an die faktenarme und deshalb ungebührlich auftretende Verteidigung abgibt, und dann solche unverständlichen Beschlüsse bzgl. IZ. ….. und wieder wird deutlich: man muß nur an den richtigen Entscheiderstellen gute Freunde haben.(!)
    Zum letzten Verhandlungstag:
    Wie kann man es zulassen, dass durch die Behandlung eines für die Urteilsfindung irrelevanten Leserbriefes das Verfahren dermaßen in Verzug kommt, dass einer der wichtigen ( da derzeit noch unabhängig) Zeugen nicht unmittelbar sondern erst in 14 Tagen vernommen wird. Wohlwissend dass diese Verzögerung; a) der Plan der Verteidigung war und b) natürlich Einfluß auf die Aussage haben kann, ja haben wird.
    (Bin öfter im Saal 104)

  • Dieter

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    Die Begründung ist ein potentiell fehlerhafter ‘Jahresrechenschafsbericht der Landes-SPD’.
    Wie soll man denn das verstehen?

    Wenn die Anklage tatsächlich nicht zugelassen wird, fallen also weitere Spendenstückelungen, die diversen Vorteile und auffälligen Grundstücksverkäufe für die IZ, sowie die Scheinrechnungen und weitere Zeugen komplett unter den Tisch.
    ‘Kronzeuge Dietlmeier’ hätte seinen Strafbefehl quasi umsonst akzeptiert?
    Hätte er im laufenden Verfahren überhaupt seine Aussage verweigern dürfen, sondern zumindest befragt werden müssen?

    Wenn das so durchgeht, fallen die zwei anderen Anklagen wohl auch.

    Mir kam schon die Zusammenfassung der Vorteilsnahmen beim Tretzel-Prozeß spanisch vor. Das hier hat aber nochmal eine andere Dimension.

    Vielleicht hatte Ebner diesen Braten schon gerochen und das Timing seines Beitrags ergibt weiteren Sinn.

  • Dolittle

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    Wenn die Anklage nicht zugelassen wird, weil der Lebenssachverhalt “Parteispenden” zugrunde gelegt wird (was ich nicht für abwegig halte), dann gilt das “Befassungsverbot” für das Gericht, vor dem die Anklage erhoben wurde. Das Befassungsverbot erstreckt sich nicht auf die Wirtschaftsstrafkammer des LG unter Richterin Escher, die derzeit verhandelt.

    Also ist die Frage: Ist es erlaubt oder verboten, die IZ-Spenden im laufenden Verfahren zum Gegenstand zu machen? Oder sperrt die aktuelle Verhandlung eine Erweiterung der Anklage? Ohne die Feinheiten des Strafprozessrechts im Detail zu kennen, sehe ich die Möglichkeit der Nachtragsanklage nach § 266 StPO. Die müsste dann vor der derzeit verhandelnden Kammer gestellt werden. Nachteil: Das Verfahren wird dadurch in die Länge gezogen.

  • mkv

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    Artikel 103 Absatz 3 Grundgesetz
    (Einheitliches Tatgeschehen/Tateinheit – “verklammert” u.a. durch Jahresrechenschaftsberichte der (Bundes-)SPD)

    Das Grundrecht des Art. 103 Abs. 3 GG dient der Rechtssicherheit der Person. Sinn und Zweck des durch Art. 103 Abs. 3 GG geschützten Verbots der Mehrfachverfolgung spricht (bereits) für das Verbot paralleler Ermittlungsverfahren wegen derselben Tat.

    Siehe dazu die neuere Rechtsprechung des BGH gestützt durch das BVerfG.

    “Zusammengefasst hat die obergerichtliche Rechtsprechung also der Durchführung von nebeneinander geführten Strafverfahren wegen eines tateinheitlichen Delikts (aufgrund des “fair- trial” Grundsatzes) bzw. wegen einer prozessualen Tat (aufgrund des Sinngehalts des Art. 103 Abs. 3 GG) eine eindeutige Absage erteilt. Im Ergebnis haben Bundesgerichtshof und Bundesverfassungsgericht damit den Anwendungsbereich des Art. 103 Abs. 3 GG über den Wortlaut der Bestrafung hinaus auf die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens derart ausgedehnt, dass diese eine Sperrwirkung hinsichtlich paralleler Strafverfahren auslöst.”

    Quelle:
    “Das Verbot paralleler strafrechtlicher Ermittlungsverfahren bzw. die (zeitlich begrenzte) Sperrwirkung der Einleitungsentscheidung”
    von Rechtsanwalt Ole-Steffen Lucke, Hamburg
    https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/archiv/14-10/index.php?sz=10

    der am Ende zusammenfasst:

    “Aufgrund all dieser Argumente ist die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens eine Erstentscheidung im Sinne des Art. 103 Abs. 3 GG, die zu einer Sperrwirkung führt. Letztere bewirkt nach allgemeiner Ansicht wiederum die Unzulässigkeit der Einleitung bzw. Durchführung eines weiteren Ermittlungsverfahrens. Es existiert in diesem Sinne also ein verfassungsrechtlich abgesichertes Verbot paralleler Ermittlungsverfahren als Ausfluss des Verbots der Mehrfachverfolgung.”

    Weiter ob schreibt er unter Bezugnahme auf NOLTE:

    “Das Strafverfahren stellt die Person bloß, indem es sie der öffentlichen Prüfung unterwirft, ob ein persönliches Unwerturteil und der schärfstmögliche Eingriff des Staates gegen sie in Betracht kommt. Um zu gewährleisten, daß diese Behandlung auf das Notwendige und Zumutbare beschränkt bleibt, sie gleichzeitig aber auch mit der erforderlichen Gründlichkeit durchgeführt wird, beschränkt Art. 103 Abs. 3 die Zulässigkeit der Strafverfolgung wegen derselben Tat auf einen Versuch. Das Grundrecht gewährleistet insofern Vertrauensschutz.”[37]

    Bereits die Durchführung zwei (oder sogar mehrerer) paralleler Ermittlungsverfahren würde jedoch genau dieser Beschränkung der Strafverfolgung auf einen Versuch zuwiderlaufen. Der betroffene Bürger müsste sich der öffentlichen Prüfung und der damit verbundenen Bloßstellung auch in dieser Konstellation mehrmals stellen. Er würde keinen Vertrauensschutz dahingehend genießen, dass mit der Einleitung des ersten Ermittlungsverfahrens dieser eine Versuch begonnen hätte. Bei der Durchführung paralleler Ermittlungsverfahren würde diese Behandlung schließlich nicht mehr auf das Notwendige und Zumutbare beschränkt.

    —–

    Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat jetzt die 5. Strafkammer aus Rechtsgründen den Nichteröffnungsbeschluss erlassen.
    https://dejure.org/gesetze/StPO/204.html

    Aber wohl nur “zeitlich begrenzte Sperrwirkung: Sie führt (erst einmal) nur solange zu einem Verfahrenshindernis, wie das (aktuelle) Verfahren noch andauert – man kann also von einer zeitlich begrenzten Sperrwirkung bis zum Erlass einer verfahrensabschließenden Entscheidung sprechen. Inwiefern sodann diese verfahrensabschließende Entscheidung eine (endgültige) Sperrwirkung entfaltet ….” (so Lucke am Ende seiner umfänglichen und klugen Ausführungen) ist eine derzeit offene Frage.

    Damit kann sich die Verteidigung auf das laufende Verfahren konzentrieren.

    —-

    Zu @ Dieter

    Das Delikt der Vorteilsgewährung (akzeptierter Strafbefehl) bedeutet grundsätzlich nicht zwingend die Bejahung des Tatbestands der Vorteilsannahme.

  • Taxifahrer

    |

    @Karl55: “Dieses Regensburger Gericht macht sich langsam überörtlich lächerlich. Zuerst die Besetzung mit einer „Richterschaft“, die die Verfahrensführung an die faktenarme und deshalb ungebührlich auftretende Verteidigung abgibt, und dann solche unverständlichen Beschlüsse bzgl. IZ. ….. und wieder wird deutlich: man muß nur an den richtigen Entscheiderstellen gute Freunde haben.(!)”

    Sie meinen, Wolbergs ist mit Escher befreundet? Unterstellen Sie, dass die Richterin kein unabhängig Urteil sich bildet? Meinen Sie das ernsthaft?

  • Checker

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    Wenn ich die Sache richtig verstehe wäre die Anklage wegen der Spenden von IZ zugelassen worden wenn nicht schon die Spenden von BTT verhandelt würden.

    Sprich die Spenden vom IZ waren rechtlich auch nicht ok aber Wolbergs kommt möglicherweise damit durch weil ein Zusammenhang zu den BTT Spenden besteht.

    Muss man zwar als juristischer Laie nicht verstehen. Ich würde sagen wenn ich jemand umgebracht habe und das waren 2 dann müssen auch beide Morde verhandelt werden auch wenn ich das gleiche Messer benutzt habe. Aber ok ich vertrau da mal dem Gericht und eine Berufungsinstanz gibt es ja auch noch.

  • xy

    |

    Sie schreiben: ” Sie führt (erst einmal) nur solange zu einem Verfahrenshindernis, wie das (aktuelle) Verfahren noch andauert – man kann also von einer zeitlich begrenzten Sperrwirkung bis zum Erlass einer verfahrensabschließenden Entscheidung sprechen.”

    Das sehe ich anders. Wenn das jetzige Verfahren abgeschlossen ist, kann wegen des gleichen Lebenssachverhalts (“idem”) nicht erneut verhandelt werden – “ne bis in idem”.

  • Christian Peter

    |

    Ich finde den Begriff „Etappensieg“ (siehe Bild-Unterschrift) etwas verklärend was die Geschehnisse als Ganzes betreffen, da die rechtliche Legitimation einer zweiten Anklage nicht da war!

    Wie kann es sein dass ein OB permanent beschossen wird mit nicht validen (Verschriftlichungen!) und nicht durchführbaren (Anklagen!) Rechtsangelegenheiten? Warum erhebt die Staatsanwaltschaft ein zweites und drittes mal Anklage wenn bereits der Tatsachverhalt im laufenden Prozess behandelt wird (Befassungsverbot)? Warum wurde der IZ-Sachverhalt nicht in die erste Anklage integriert?

    Warum stützt sich die 2. Anklage u.a. auf unentgeltliche Vermittlungsleistungen, wenn es sich nach einfacher und sehr naheliegender Prüfung ergibt, dass anderen Mietern ebenfalls keine Vermittlungsgebühr berechnet worden ist?

    Mittlerweile – und das hätte ich Anfangs nicht vermutet – erhebt sich auch bei mir ein starkes Gefühl als wenn der OB als Beschuldigter systematisch von der Staatsanwaltschaft torpediert wird. Wenn ich mich selbst gedanklich in die Rolle des Beschuldigten begebe, würde es mir derzeit nicht leicht fallen, die Fassung zu bewahren.

    Was den IZ-Sachverhalt als Ganzes betrifft, gibt es ein derzeitiges Befassungsverbot zum Beschuldigten J. Wolbergs, jedoch sehe ich nicht dass dies andere mögliche Beschuldigte von der CSU betreffen würde.

  • Stefan Aigner

    |

    @Christian Peter

    Es ist tatsächlich nur ein Etappensieg – eine vorläufige Entscheidung.

    Die Staatsanwaltschaft kann dagegen noch vorgehen. Sie kann versuchen, den Sachverhalt im aktuellen Prozess zu thematisieren. Die Kammer von Elke Escher könnte das Verfahren auch an sich ziehen. Das sind alles – grob geschilderte – Möglichkeiten, die nach kurzen Gesprächen, die ich mit Strafrechtlern geführt habe, noch bestehen. Völlig vom Tisch ist das Ganze noch nicht.

    Das Thema CSU in diesem Zusammenhang – konkret geht es dabei u.a. um MdL Franz Rieger – ist ein eigenes Ermittlungsverfahren. Die Sperrwirkung vor der 5. Kammer gälte – sofern es noch einen anderen Angeklagten gäbe (was aber durch den Strafbefehl, den Thomas Dietlmeier akzeptiert hat, nicht zur Debatte steht) – in dem oben thematisierten Verfahren nur für Wolbergs, aber für niemand anderen. Im Fall Schmack wäre bei gleicher Entscheidung – Sperrwirkung für Wolbergs – dennoch eine Anklage gegen Schmack möglich.

  • Piedro

    |

    Als Nichtjurist stehe ich da an. Kein paralleles Verfahren – kann ich nachvollziehen. Aber deshalb eine mögliche Straftat nicht zu verhandeln kann nicht im Sinne der Verfassungseltern sein. Ein Einbrecher, der an einem Tag zwei Einbrüche begeht und wegen einer Tat angeklagt wird, kann wegen der zweiten nicht angeklagt werden, weil die erste behandelt wird? Kann doch nicht sein. Es sind zwei Taten, mit zwei mutmaßlichen Nutznießern. Bei einem Einbrecher wären es zwei Geschädigte, bei Vorteilsnahme durch einen OB wäre es der gleiche, nämlich die Bevökerung. Vielleicht kann man das einem interessierten Laien mal mit einfacheren Worten erklären? Juristendeutsch birgt immer die Gefahr, dass Laien anstehen und etwas gar nicht oder falsch verstehen.

    Ich würde davon ausgehen, dass die zweite Anklage angenommen werden kann wenn das erste Verfahren abgeschlossen ist, aber dem scheint wohl nicht so zu sein?

  • Karl55

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    @Taxifahrer
    Ich habe doch nicht geschrieben dass der Hauptangeklagte mit der leitenden Richterin befreundet ist. (Was man bei aufmerksamer Verfolgung der Verhandlungen im Saal durchaus vermuten könnte). Lesen Sie doch bitte meinen Kommentar richtig!

  • mkv

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    Zur Frage der Sperrwirkung, ob sie endgültigen Charakter haben wird

    (jenseits der Beschwerdemöglichkeit der StA, die ich für wenig wahrscheinlich einschätze, da die Obergerichte dieses zweite Ermittlungsverfahren überhaupt für nicht zulässig ansehen dürften; Frage des “einheitlichen Lebenssachverhalts”, der bereits bei der Wirtschaftsstrafkammer anhängig ist)

    kommt es auf den prozessualen Tatbegriff des § 264 StPO an (der sich vom materiell-rechtlichen Begriff grundsätzlich unterscheidet, was die Sache nicht einfacher macht, so dass @ Piedro mit seinen Zweifeln gewiss nicht allein ist.

    Es gilt der Satz:
    Die Sperrwirkung reicht nicht weiter als der Tatbegriff des § 264 StPO.

    Er wenn die Entscheidung der Wirtschaftsstrafkammer vorliegt, wird man dazu – zur Prüfung des etwaigen Strafklageverbrauchs – Definitives sagen können.

    Die StA hat im Übrigen, siehe Presseerklärung der 5. Strafkammer, vor (der wohl gar nicht zulässigen) Anklageerhebung nicht vollständig ermittelt. Denn dann hätte auch sie zugunsten des J. Wolbergs feststellen können, dass dieser im fraglichen Zusammenhang wie alle anderen auch behandelt worden war. (“keinerlei Sonderbehandlung erfahren”, siehe vorletzter Absatz)

    Wir erinnern uns: Wolbergs hat sich in der Vergangenheit mehrmals beklagt darüber, dass die StA nicht auch ihn Entlastendes ermittle.

    Siehe dazu der Generalbundesanwalt, Ziffer 2 und 4
    https://www.generalbundesanwalt.de/de/legal.php

    Fazit:
    1. Die StA hat, anders als die 5. Strafkammer, Wolbergs “entlastende Umstände” nicht ermittelt.

    2. Mit der oben zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt es nahe, dass bereits diese zweite Anklageerhebung gar nicht zulässig war. Ebenso, dass die StA das zweite Ermittlungsverfahren selbst hätte einstellen sollen.

  • Arno Friedrich

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    @Karl55: Doch, genau das haben Sie impliziert, da brauchen Sie jetzt gar nicht rumeiern. Haben Sie denn für Ihre Behauptung auch einen Beleg und den Mut, dies unter Ihrem Klarnamen zu äußern?

  • Lothgaßler

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    Sofern auf die Spendenstückelung (nur damit hätte ein SPD-Bericht zu tun) bezogen, mag die Sicht des Gerichts für einen Bürger nachvollziehbar sein. Alle Spielarten der Korruption (Vorteil, Bestechung) sind aber davon abzukoppeln: Andere Personen, anderes Geben-Nehmen, andere Zeiträume/Zeitpunkte. Ich rücke diese Taten jetzt verbal absichtlich in die Nähe des gewerbsmäßigen Betrugs, denn das steckt letztlich auch dahinter.
    Entweder die Staatsanwaltschaft ist doch nicht so schlau, oder das war von vornherein beabsichtigt, um nicht tiefer in diese Materie eindringen zu müssen => eine Exitstrategie mit Geschmäckle. Gleiches wird wohl auch noch bei Schmacks in die Wege geleitet.
    Dietlmeier vom IZ (bzw. ex) darf sich richtig ärgern, dagegen darf Wolbergs sich richtig freuen.

  • Alfred Meier

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    @Dieter
    Es gibt hier keine strafbaren Spendenstückelungen. Strafbar ist nach dem Parteiengesetz nur, wenn der E m p f ä n g e r die Spenden stückelt, damit der Spender nicht namentlich genannt werden muss. Das hat die Kassiererin von Regensburg Stadtsüden nicht gemacht. Ich habe deshalb den Landesschatzmeister der SPD gebeten mir mitzuteilen, welche “Unrichtigkeiten” im Kassenbericht er an den Bundestagspräsident gemeldet hat.

  • mkv

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    @ Lothgaßler

    Ich verlinke auf eine BGH-Entscheidung. Gut zu verstehendes Beispiel. Unter Randziffer 6 werden Sie fündig.
    https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/1/99/1-262-99.php3

    Dort stoßen Sie auf die Grundsätze, die auch die 5. Strafkammer leiteten. Auf deren Presseerklärung sei nochmals hingewiesen, insbesondere den Absatz, der beginnt mit:

    “Als verbindendes Element zwischen den inkriminierten Spenden von BTT und IZ …. ”
    und mit
    “pro Kalenderjahr maximal von einem Fall des Verstoßes gegen das Parteiengesetz in Tateinheit mit Vorteilsannahme …”

    endet.

    Also: Bewertung der in Rede stehenden potentiellen unterschiedlichen Verstöße gegen StGB/ParteienG als ein einheitliches geschichtliches Vorkommnis (eine Tat als Prozessgegenstand, jahrweise) weiters verknüpft über die rechtliche Figur der Tateinheit.

    Mit der 5. Strafkammer gilt daher: Weil bereits rechtshängig, kann das Vorkommnis nicht erneut angeklagt werden.

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