Die Regensburger Medien haben sich ein Schweigegelübde verordnet. Dafür sorgt die fragwürdige Dissertation des Putzunternehmers Karlheinz Götz überregional und international für Aufregung. Und zwischenzeitlich gibt es weitere Ungereimtheiten bei der Arbeit des bestens vernetzten Katholiken.Von Robert Werner und Stefan Aigner
Von Cartellbruder zu Cartellbruder: Innenminister Herrmann überreicht das Bundesvedienstkreuz an Götz: Foto: Bayerisches Innenministerium
Für sein Thema „Die Entwicklung des Schulwesens in der Oberpfalz und in der freien Reichsstadt Regensburg bis 1810 sowie in Salzburg bis 1816“ gibt es dort keine Experten. Götz’ Doktormutter María del Rosario Piñeiro Peleteiro lehrte Didaktik der Geografie. Götz promovierte in Erziehungswissenschaften.
Wie die Süddeutsche Zeitung nun berichtet, hat María del Rosario Piñeiro Peleteiro „keine anderen Doktorarbeiten betreut“ außer jener von Götz. Unmittelbar nach dessen Promotion ging sie in Ruhestand. Ähnlich sieht es mit den Mitgliedern der Prüfungskommission aus, die Götz Doktorwürde in Spanien abgesegnet hat.
Die Schlagzeile der SZ entstammt übrigens einem Zitat von Hans-Michael Körner, emeritierter Professor für Geschichtsdidaktik an der LMU München. „Jeder Doktorvater würde verhindern, dass er mit einem Produkt dieser Qualität blamiert würde“, so Körner zur SZ. Er ist nicht der einzige Wissenschaftler, der sich mehr als deutlich zu der Arbeit von Götz äußert.
Zum Vergrößern anklicken. Zusammenstellung: Robert Werner
An der Universität Oviedo herrscht nun helle Aufregung. Während Götz’ Doktormutter die Arbeit verteidigt, hat die Universitätsleitung angekündigt, eine Prüfung einzuleiten, sobald es eine formelle Beschwerde geben sollte.
“Universität de Oviedo”: Verschiedene Versionen der Dissertation
Recherchen von Regensburg Digital über die Druckfassung(en) der Dissertation brachten weitere Kuriositäten zu Tage. So ist das Werk irregulärerweise weder in der Spanischen Nationalbibliothek noch in der Unibibliothek von Oviedo gelistet. Indes bleibt weiter unklar, in welcher Sprache Götz seine Arbeit einreichte.
303 Seiten, schlichter Einband: Die Götz-Arbeit in der Staatlichen Bibliothek.
Der Staatlichen Bibliothek Regensburg übergab Götz im Jahr 2008 das bereits mehrfach zitierte 303-seitige Werk, für das er kapitelübergreifend das Handbuch der Geschichte des Bayerischen Bildungswesens (1991) plagiierte. Für die Deutsche Nationalbibliothek musste eine besondere Fassung her. Dort deponierte Götz im Jahr 2005 ein mit Lederimitat gebundenes und mit Goldschnitt versehenes Werk, das auf etwa 470 aufgebläht und offensichtlich überarbeitet wurde.
470 Seiten, Kunstleder, Goldrand und Siegel: Die Götz-Arbeit in der Nationalbibliothek.
Als ob dies nicht peinlich genug wäre, stellte er seinen Titel unter das (bischöfliche) Signum der Universität von Oviedo. Vermutlich ohne Erlaubnis. Jedenfalls gibt es auch in dieser Fassung keine Angabe zu Verlag, Druck, Herausgeber. Offenbar will Götz mit dem Signum den Eindruck erwecken, seine Dissertation sei vom DEPARTAMENTO DE CIENCIAS DE LA EDUCACION publiziert worden. Dies ist jedoch auszuschließen, denn die zuständigen Stellen wüssten, dass man nicht im deutsch-spanischen Mischmasch von UNIVERSITÄT DE OVIEDO spricht. In Deutschland wäre die unerlaubte Benutzung von beispielsweise des Signums der Universität Regensburg justiziabel.
Die Tageszeitung schweigt
Die Mittelbayerische Zeitung, deren Herausgeber Peter Esser unter anderem über die IHK eng mit Götz verbandelt ist, hat bislang kein Sterbenswörtchen über die Affäre verloren. Dort wurde letzte Woche lediglich über die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Karlheinz Götz berichtet.
Überreicht wurde ihm diese Auszeichnung vom bayerischen Innenminister Joachim Herrmann, mit dem Götz über den Cartellverband katholischer Studentenverbindungen bestens vernetzt ist. Götz’ Verbindung, die Rupertia, gilt seit langem als seine wichtigste Machtbasis. Von 1999 bis 2007 war Götz zudem Vorsitzender des CV-Rats und des Altherrenbundes, mit die machtvollste Position im Cartellverband.
Auszeichnungen und Würdigungen
Die erste (und bis vor kurzem) einzige Erwähnung der Götzschen Doktorarbeit stammt ebenfalls von einem Cartellbruder des Putzunternehmers. In der Academia, Verbandszeitschrift des Cartellverbands, ließ sich der Historiker Peter Claus Hartmann 2005 in eineinhalb Spalten mit wohligen Worten über das Werk seines Verbandsbruders aus. Insbesondere hielt Hartmann es für erwähnenswert, dass Götz „eine sehr gute Note erzielt“ habe und die Arbeit „noch ergänzt (wird) durch ein Literaturverzeichnis und einen Anhang“.
In derselben Academia-Ausgabe 2005 wird eine Seite zuvor über die Verleihung des Bayerischen Verdienstordens an Götz – er hat der Auszeichnungen viele – berichtet. Überreicht wurde ihm der Orden vom damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber, Cartellbruder über die katholische Studentenverbindung Trifels München.
Vorgeschlagen wurde der Putzunternehmer damals von der Bezirksregierung der Oberpfalz. Der 2005 für Orden und Auszeichnungen zuständige Abteilungsleiter war übrigens auch Mitglied der Rupertia. Wohl dem, der solche Cartellbrüder hat.
Auch gegenüber der Süddeutschen Zeitung wollte Götz keine Stellung nehmen. Sein Terminkalender sei zu voll, ließ der 72jährige verlauten, ehe er nach Kanada abreiste, von wo er vor März nicht zurückkehren will.
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