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"Building Bridges"

Bei den Kreuzfahrern

Anfang dieser Woche fand im slowakischen Šamorín bei Bratislava die 24. Donauschifffahrts- und Tourismuskonferenz statt. regensburg-digital war dabei. Eine Reportage.

Zur Einstimmung auf die Konferenz – was passt besser als eine kleine Kreuzfahrt. Foto: as

An der Teleskopstange in der Hand der wartenden Stadtführerin pendelt eine kleine Taschenlampe. Es ist schon dunkel, als das Schiff mit den Gästen, denen sie heute Bratislava zeigen soll, am Fajnorovo nábrežie anlegt. Und außerdem muss es schnell gehen. Da braucht es ein markantes Erkennungszeichen, um niemanden aus der Reisegruppe zu verlieren (im Zweifel auch an eine der zehn anderen Gruppen), während man vom Donauufer Richtung Innenstadt eilt und die warm eingepackte Dame in fließendem Stakkato-Deutsch erzählt: Da eine alte Brücke, dort die Brücke des Slowakischen Nationalaufstands, mit einem Ufo, das etwas mit Erich von Däniken zu tun haben soll, überhaupt gab es mal sehr viele Brücken hier, drüben sind Berge, am anderen Ufer ein großer Park. Man sieht das meiste nicht nicht, es ist ja dunkel, aber: „Wir danken Maria Theresia.“ Die Stadtführerin weiß, dass sich Österreicher in der etwa 15-köpfigen Gruppe befinden. Der langjährigen Habsburger Erzherzogin und Königin wird im Laufe der Führung öfter gedankt.

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Sightseeing im Turbo-Fastfood-Format

Doch bloß nicht langsam werden. Für Historisches habe man heute sowieso kaum Zeit, sagt sie. Schnell über die Straße, links die Nationalgalerie, davor ein neueres Monument. Früher stand da natürlich eine Statue von Maria Theresia, seit der Tschechoslowakischen Republik nicht mehr. Dann Nationaloper, Weihnachtsmarkt, Hauptmarkt, irgendein Turm in der Entfernung, man sieht ihn kaum, aber er ist da. Ein Palais der Adelsfamilie Esterházy, ein paar Schritte weiter, nochmal eines.

Folgen Sie der Taschenlampe: Führung durchs nächtliche Bratislava. Foto: as

Eine halbe Stunde ist schon vergangen, die Zeit wird immer knapper. Bald fährt das Schiff wieder zurück. Doch ungefähr noch einmal so lange kann die kleine Touristenherde doch noch durch ein paar Straßen und Gassen der slowakischen Hauptstadt hetzen, vorbei an anderen kleinen Touristenherden, die ebenfalls Sightseeing im Turbo-Fastfood-Format genießen dürfen.

In der Klarissenkirche dann der Höhepunkt: Eine in bunte Gewänder gehüllte Schaustellergruppe (Tostabur) präsentiert Schwertkämpfe. Eins gegen eins, zwei gegen zwei, eins gegen drei. „Recht so“, hört man mal aus dem höflich applaudierenden Publikum. Dann folgen Volksmusik und Volkstänze und Volkstracht. Wehende Röcke und Fahnen, Schuhplattler, Geigen, Kontrabass. Der Kontext? Unklar. Aber mit der Geschichte der Slowakei wird das alles wohl zu tun haben, so die Hoffnung. Man will schließlich Land und Leute kennenlernen. Irgendwo hoch über der Tatra blitzt der Himmel und am Ende ist sogar noch eine Viertelstunde Zeit, um sich beim Weihnachtsmarkt einen original slowakischen Glühwein zu holen. Dann aber schnell zurück. Das Buffet an Bord soll nicht kalt werden.

Mit der Geschichte der Slowakei wird das alles wohl zu tun haben: Volksmusik und Volkstänze und Volkstracht in einer Kirche. Foto: om

Feuerwerk, Glühwein und Häppchen

Die Reisegruppe, die am späten Montagabend durchs nächtliche durch Bratislava eilt, gehört zu einem Tross von Konferenzteilnehmern, die mit zwei Schiffen (MS Žilina und MS Harmonia) vom etwa 30 Kilometer entfernten Šamorín nach Bratislava gekommen sind. Im dortigen X-Bionic Hotel findet die dreitägige 24. Donauschifffahrts- und Tourismuskonferenz statt.

Das Motto „Building Bridges – 30 Jahre freie Donau“ soll „an die Wiederöffnung der Donau erinnern, der freien Befahrbarkeit und auch der Möglichkeiten, die uns der Strom schenkt“, wie es Organisator Prof. Gerhard Skoff formuliert. Passenderweise Tagt man denn auch in direkter Nähe des gigantischen Staubeckens des Wasserkraftkanals Gablíčkovo.

Das Hotel: eine gewaltige Anlage, die Trainingsstätten für fast 30 olympische Disziplinen, insbesondere für den Reitsport bietet. In den weitläufigen Gängen hängen großformatige Sportfotografien von Leichtathleten und Scheichs hoch zu Ross. Sogar ein 2017er Weltmeistertrikot des slowakischen Radfahrstars Peter Sagan ist dabei. Der Triathlon „The Championship” der (in Regensburg eher unrühmlich bekannten) Challenge-Family wird seit 2016 in Šamorín ausgetragen. Viele Bilder dokumentieren das.

Feuerwerk, Plätzchen und Glühwein auf dem Weg zur Schiffstour. Foto: as

Die abendliche Fahrt nach Bratislava ist eine kleine Einstimmung, um sich kennenzulernen, fürs „Networking“, oder einfach, um sich mal wieder zu treffen – viele Teilnehmer aus der Touristikbranche sind seit Jahren bei jeder Konferenz dabei. Die Anfahrt zur Anlegestelle per Bus, wo Glühwein und Plätzchen gereicht werden, wird von einem Feuerwerk umrahmt. An Bord warten reichlich Häppchen und Freigetränke.

Flussfahrtindustrie wünscht Fairness

Trotz Sporthotel hat die Branchentagung der Flusskreuzfahrt mit Sport nichts zu tun. Sie wird von der Danube Tourist Consulting veranstaltet und versammelt Vertreter von Reedereien, Donaustädten und Wasser- und Schifffahrtsämtern, von Touristikern und Fremden- und Stadtführern.

Auch die Erinnerung an 30 Jahre freie Donau ist nicht wirklich Thema. In der Hauptsache geht es um Business-Kontakte, Networking und neue Geschäftsfelder. Zu den Kernthemen gehören Umwelt, Tourismus und Flussinfrastrukturen. Die Branche wünscht sich „mehr ‚Fairness‘ im gegenseitigen Umgang“, so Skoff.

Diese Gegenseitigkeit ist aber nicht auf die Branche selbst bezogen. Die Frontstellung verläuft zwischen der Flusskreuzfahrt auf der einen und den Bewohnern von Städten, und Gemeinden, Umweltverbänden, Ämtern, Ländern, Medien und Donauanliegern auf der anderen Seite. Es gehöre „zum guten Ton und ist schon fast zur Gewohnheit geworden, dass Politiker, Medien und Umweltaktivisten über die ‚Drecksschleuder Kreuzfahrt‘ sich auslassen. Die Zugänglichkeit zur Versachlichung fehlt, Argumente wie die Millioneninvestments in eine umweltfreundliche, nachhaltige Kreuzfahrt, verhallen“, befindet der Cheflobbyist.

IG RiverCruise: Gebühren als Infektionskrankheiten

Zur Versachlichung weiß die Kreuzfahrtindustrie selbst nicht besonders viel beizutragen. Im Sommer 2019 hat die IG RiverCruise, ein Zusammenschluss von Reedereien, der nach eigener Auskunft 70 Prozent der Schiffe auf dem europäischen Markt vertritt, ein „Directory“ herausgegeben. Darin wird geklagt über „die verschiedenen Gesetze in den verschiedenen Ländern“ und „Gebühren, die sich ausbreiten wie Infektionskrankheiten“. Das traurige Fazit der Kreuzfahrer: „Jedes Land findet etwas, womit man die Reeder belasten kann, bzw. woran diese sich halten müssen.“

Die Flusskreuzfahrt – belastet Steuern und Gebühren, die sich “wie Infektionskrankheiten” ausbreiten, beklagt die IG River Cruise. Foto: om

Überhaupt beklagt sich die Branche sehr gerne. „Anwohnende, Behörden und Greta sorgen dafür, dass kein Tag vergeht, ohne dass sich die Managements der Reedereien mit diesen Fragen auseinandersetzen“, heißt es beispielsweise in einem erst kürzlich veröffentlichten Positionspapier.

Auch auf der Konferenz in Šamorín bei Bratislava wabern diese Themen immer wieder durch die Konferenzräume. Und weil sich die Flusskreuzfahrtindustrie zunehmend unter Beschuss sieht, hat man sich in diesem Jahr zu einem, so kündigt es der „Vizepräsident“ der IG River Cruise, Daniel Thiriet, an, „Experiment, das noch nie auf dieser Konferenz stattgefunden hat“, entschlossen: ein Streitgespräch zwischen Vertretern der Branche und Flusskreuzfahrt-Kritikern.

Man habe „die lautesten Kritiker“ einladen wollen, geworden sind es dann die ÖVP-Politikerin Patricia Davis aus dem Ersten Wiener Stadtbezirk, der Sekretär der Schweizer Schiffsgewerkschaft Nautilus, Holger Schatz, sowie ein „Blogger aus Regensburg“, Stefan Aigner. Seine Einladung aufs Podium geht auf einen scharfen Kommentar bei regensburg-digital zu einer PR-Veranstaltung der Kreuzfahrtlobby in Regensburg zurück.

„Ein Experiment, das noch nie auf dieser Konferenz stattgefunden hat“: Streitgespräch im großen Konferenzsaal. Foto: om

Die Themen des Streitgesprächs: Overtourism, die Arbeitsbedingungen auf den Schiffen und Umweltbelastungen durch die Flusskreuzfahrt. Auf Seiten der Branche diskutieren Burghart Lell (Avalon Waterways), Alexander Oost (Global River Cruises) und Lucas Sandmeier (Scenic Tours).

Kritik ist da, um widerlegt zu werden

Zweck der Diskussion sei es, daraus macht Veranstalter Skoff gar keinen Hehl, die wichtigsten Kritikpunkte anzusprechen, damit diese dann von den der Reedereivertretern „widerlegt oder erklärt“ werden könnten. „Niemand wird mit einer anderen Meinung von der Bühne gehen,“ ist sicher Thiriet sicher, doch könne die Diskussion vielleicht zu mehr Verständnis füreinander beitragen.

Drei einsame Kritiker bei der Konferenz: Stefan Aigner, Patricia Davis und Holger Schatz. Foto: om

Zunächst beklagt Davis die zunehmenden Touristenmassen in der Wiener Inneren Stadt. Die Reedereien hätten auf die Stadtführer große Einflussmöglichkeiten und könnten ihnen Regeln an die Hand geben, die dazu führen, die Touristenströme zu entzerren. Lell kontert, dass man seitens der Kreuzfahrtindustrie ohnehin proaktiv bemüht sei, Tourismus auseinanderzuziehen. Außerdem seien unter den vielen Touristen „auch Schiffstouristen“, die Masse würden sie dabei aber nicht ausmachen, und außerdem sei dafür eigentlich die Stadt Wien zuständig. Recht rasch ist dieser Punkt abgefrühstückt. Davis verlässt das Podium und setzt sich ins Publikum. Nächstes Thema.

Wertschöpfung stinkt nicht

Mit einem Filmbeitrag des Bayerischen Rundfunks aus dem Jahr 2017 über (angeblich) von Schiffen ungefiltert abgeleitete Fäkalien in der Regensburger Donau, wird Stefan Aigner in die Diskussion eingeführt. Der zeigt sich vom Fäkalien-Thema überrascht. Das sei in Regensburg nicht wirklich das Thema. Stattdessen kritisiert Aigner, dass beim Thema Flusskreuzfahrt „in Debatten nicht ehrlich argumentiert“ werde.

Die Stadt Regensburg etwa verspreche „eine Obergrenze“ von 1.500 Anlandungen im Jahr, was jedoch zum Status Quo (1.067 bei einer Kapazität von 1.300 Anlandungen) keinerlei Begrenzung, sondern de facto eine Erhöhung bedeute. Weiterhin stört Aigner, dass seitens der städtischen Tourismus GmbH (RTG) mit „verschleiernden Zahlen“ gearbeitet werde.

Die Branche am Cruisen. Foto: om

Kurios: Als das Thema Wertschöpfung durch die Flusskreuzfahrt aufs Tapet kommt, verkündet Moderator Josef Broukal (früherer SPÖ-Politiker und ORF-Journalist), ein ihm „unbekannter Mann“ habe ihm im Vorfeld einen Zettel zugesteckt. Die Macherin einer „neuen Studie“ sei ihm Publikum. Und so wird ganz spontan Brigitte Franz aufs Podium gebeten, Mitarbeiterin am „Centrum für marktorientierte Tourismusforschung” an der Universität Passau. Hintergrund ist die (unter anderem) von Franz im Auftrag der „ARGE Donau Österreich“ 2017 erstellte „Studie zum Nachweis positiver Wertschöpfungseffekte der Kabinenschifffahrt im Donauraum“. Sie habe davon gelesen, dass Aigner die Zahlen „ein bisschen“ anzweifle, so Franz.

Zahlenspiele zur Flusskreuzfahrt in Regensburg

So richtig überzeugt scheint aber auch die Diplomkauffrau von ihrer eigenen Studie schon nach kurzer Zeit auf dem Podium nicht mehr zu sein. Als Aigner ihr unter anderem vorhält, dass man in einer Fußnote versteckt habe, dass Kreuzfahrtouristen nicht 27 Euro an Zusatzausgaben in der Region ließen, sondern weniger als die Hälfte, dass der in der Studie behauptete Nettoumsatz vom drei Millionen Euro, den die Kreuzfahrtindustrie in Regensburg hinterlasse, gerade einmal 38 Arbeitsplätzen entspreche und dass aktuell die Regensburg Tourismus GmbH (RTG) Zahlen herausgegeben habe, die mehr als deutlich (um das Dreieinhalbfache) von denen der Studie abweichen, räumt Franz unumwunden ein, dass man „leider nicht die Möglichkeit“ gehabt habe, „alle Informationen zu erheben, weil wir einfach nicht an alle Informationen gelangt sind.“ 2020 solle es nun eine neue Studie geben, für die man „noch intensiver recherchieren“ werde.

Werbepräsentation von Viking Cruises: Mit der Studie von CenTouris sind diese Angabe in keinerlei Einklang zu bringen.

Apropos RTG: Laut der städtischen Tourismustochter sollen es nun nicht mehr drei, sondern 10,5 Millionen Euro Nettoumsatz sein, den die Kreuzfahrten in Regensburg generieren. Die Zahl beruht allerdings im Wesentlichen auf Angaben des größten Flusskreuzfahrtanbieters Viking Cruises (übrigens nicht bei der IG RiverCruise organisiert), der zuvor schon die Passauer Studie mit unterstützt hatte.

Als Broukal nach dem Studien-Intermezzo die Reedereien-Vertreter wieder ins Boot holt, wollen diese lieber wieder über die angeblich eingeleiteten Fäkalien reden. Die Zahlenspiele zur Wertschöpfung sind kein Thema mehr. Dann ist der nächste Kritiker dran. Es geht um die Arbeitsbedingungen auf den Flusskreuzern.

Sitz in der Schweiz, Arbeitsverträge in Malta und Zypern

In einem Positionspapier der IG River Cruise wird in diesem Zusammenhang vom „Vorwurf der ‚Sklavenhaltung‘“ gesprochen. Wer diesen Vorwurf erhebt, erfährt man nicht und auch der Arbeitssoziologe und Gewerkschafter Holger Schatz führt so etwas nicht an. Schatz stellt aber klar, dass das Ausgangslohnniveau auf Schiffen vergleichsweise gering sei und die vertraglich festgelegten Arbeitszeiten oftmals überschritten werden. Die Regel seien nicht 40 oder 48 Stunden in der Woche, sondern über 70. Viele Arbeitsverträge würden nach dem Prinzip „Hire & Fiure“ gestaltet und auch bei den Sozialabgaben versuche die Branche zu sparen, wo sie nur könne.

Holger Schatz: Der Soziologe ist Vertreter der Gewerkschaft Nautilus. Foto: om

Hintergrund: Während das Gros der Reedereien ihren Sitz in der Schweiz hat (Viking Cruises in Norwegen), werden die Schiffe in Malta oder Zypern eingeflaggt. Arbeitsverträge der Besatzung sind häufig nach dortigen – für Arbeitnehmer schlechtere – Bedingungen geschlossen. Die IG River Cruise spricht hingegen von „traditionellen Gründen“ für diese Praxis. Das Gleiche gelte für das Anwerben von Arbeitskräften vornehmlich in Osteuropa.

Branche sieht allenfalls ein paar „schwarze Schafe“ 

Avalon-Vertreter Burghart Lell weist jedwede Kritik von sich. „Wo Sie die 72 Stunden herhaben, weiß ich nicht, ich kann’s mir auch nicht vorstellen.“ Es stelle sich schon die Frage, ob Schatz überhaupt die Interessen der Arbeitnehmer vertrete. Der Gewerkschafter kontert mit eigene Datenbanken. Mittels Tricks würden Arbeitszeiten zum Nachteil der Beschäftigten gerechnet. So befänden sich diese etwa auch ihren Pausen in Bereitschaft. „Das stimmt nicht“, erwidert Lell. Schatz verweist auf sieben gewonnene Arbeitsgerichtsprozesse allein gegen Viking.

Auf Kreuzzug für die Kreuzfahrt: Alexander Oost und Burghart Lell. Foto: om

Aufgrund der „Hire-und-Fire“-Mentalität in der Branche und Ängsten sei die Dunkelziffer sehr hoch. „Hinter diesen sieben stehen vielleicht siebenhundert, würde ich mal behaupten,“ so Schatz. Alexander Oost wehrt sich gegen Pauschalisierungen. Es gebe schwarze Schafe, aber die ganze Branche könne man nicht unter Generalverdacht stellen. Um diesen Generalverdacht abzustellen, sei es vielleicht ratsam, die eigene Wortwahl zu überdenken, wirft Aigner gegen Ende noch ein. Wer wie die IG River Cruise Gesetze zum Mindestlohn attackiere oder Steuern und Gebühren als Infektionskrankheiten bezeichne, brauche sich nicht zu wundern, wenn er wie eine „dubiose Organisation“ wirke.

Building Bridges – Building Locks

Das Streitgespräch am Dienstag im großen Konferenzsaal des X-Bionic Hotel ist sehr gut besucht, die Reaktionen fallen dabei – angesichts des Teilnehmerfelds aus Lobbyisten, Vertretern und Profiteuren der Tourismus- und Kreuzfahrtindustrie wenig überraschend – durchweg zugunsten der Branchenvertreter aus. Andere Panels und Vorträge sind mehr nach dem Geschmack der Anwesenden und gestalten sich weitaus weniger kontrovers.

Paul Marcus Schäfer: “Großprojekte sind derzeit in Deutschland nicht durchsetzbar. Leider.“ Foto: om

So stellt beispielsweise Paul Marcus Schäfer vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Donau MDK in Regensburg Präventionsmöglichkeiten bei Schiffshavarien vor. Die ostbayerische Donauregion spielt auch sonst eine Rolle. Ein Reedereivertreter beklagt etwa, dass das freifließende Donaustück zwischen Straubing und Vilshofen zu 50 Prozent der Saison aufgrund von Hoch- oder Niedrigwasser nicht befahrbar sei. Ob da mit Schleusen oder anderen Infrastrukturmaßnahmen etwas zu machen sei, möchte er von Schäfer wissen. Es werde „flussbauliche Nachbesserungen“ geben, Schleusen jedoch nicht. Großprojekte seien derzeit in Deutschland nicht durchsetzbar. „Leider“, so der Regensburger Beamte.

Nächste Konferenz 2020 in Regensburg

Draußen im Foyer präsentieren derweil einige Aussteller ihre Waren, Dienstleistungen und Angebote für die Flusskreuzschifffahrt. Darunter auch das Passauer Reiseunternehmen Eichberger, das mit Busfahrten und dank seiner Partnerschaft mit Viking Cruises ein gehöriges Stück vom Kuchen abbekommt. Mit Flyellow bietet Eichberger Kreuzfahrttouristen seit kurzem ein besonderes Special: Cessna-Flüge für einen halben Tag von Niederbayern nach Venedig und wieder zurück. Wenn die nicht kanalisierte Donau sich wieder einmal nicht marktkonform verhält, kann man ja auch kurzerhand an die Adria fliegen. Und wenn das kein Omen ist: Die Stadt, die wie keine andere an Overtourism leidet, bekommt nun auch als i-Tüpfelchen ein paar Donaukreuzfahrer zusätzlich eingeflogen.

Im kommenden Jahr wollen sich die Flusskreuzfahrtfans in Regensburg treffen. Foto: as

Die Flusskreuzfahrtbranche wächst und boomt. Die Rhein-Main-Donau-Touren sind beliebt wie nie, die Donaustädte in Ostbayern werden als Anlegeorte zunehmend in den Blick genommen. Manche, wie etwa Deggendorf, buhlen geradezu darum. Und weil auch Regensburg ein Lied davon singen kann: Die 25. Donauschifffahrts- und Tourismuskonferenz wird vom 30. November bis 3. Dezember 2020 hier stattfinden. Vielleicht ist bis dahin auch das neue Kreuzfahrt-Terminal am “Marina-Quartier” fertig. Und vielleicht gibt es dann auch eine ähnliche Stadtführung wie in Bratislava. Hier die Steinerne, da der Dom, Teufel, Hahn, Henne, Hund. Thurn und Taxis, Weihnachtsmarkt. Und jetzt geht’s zur Wurstkuchl. An Guadn!

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Kommentare (18)

  • joey

    |

    Die Bulgaren (m/w) verdienen an Bord deutlich mehr als in Bulgarien, sonst wäre sie nicht an Bord, sondern zuhause bei ihren Familien. In einem bulgarischen Hotel hätten sie auch 70h/Woche und ein Arbeitsgerichtsprozeß würde wohl gegen die Mafia (denen die Hotels gehören) “kurz” sein.

    Die Kreuzfahrtbranche kann machen was sie will: Verständnis kriegt sie nicht bei den Anwohnern. Denn die Gäste lernen nicht das Land kennen, sondern lassen sich in einer Woche von Highlight zu Highlight beamen (Passau – Venedig). Die schnelle Nummer: Europa in 8 Tagen. Da kommt keine Gastfreundschaft auf.

  • R.G.

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    Zu Befehl Herr Oberst!

    Donau ausbaggern, den Bürgern der durchtrampelten Städte beibringen, dass sie das Maul halten sollen!
    Wird gemacht!

    (Und was bekomme ich dafür?)

  • Piedro

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    Kommentar gelöscht. Bitte keine epischen Co-Artikel, die in weiten Teilen nichts mit obigem Text zu tun haben.

  • XYZ

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    Das war ja eine Hollywood-reife film-show, durch die dunkle Altstadt von Bratislawa gejagt und dann im Hotel ausserhalb allerhand Genuss- Häppchen und Gesprächs-Näppchen zur allseitigen Zufriedenheit gereicht. Ein Vorschlag: Man erstelle besser Disneylands wie etwa den Europark Rust, da sind dann alle glücklich, Besucher und Unternehmer, und die andernorts noch wohnenden Bewohner verschont. Bietet sich auch für Venezia und Ratisbona an, haben eh Probleme mit dem Hochwasser.

  • XYZ

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    Interessant aber weniger amüsant ist dabei dass der Redaktionsleiter von rd als ‘blogger’ aufgeführt wird (Foto neun). Das wird gerne etwas despektierlich im Sinne von ‘blockieren’ gebraucht. Stammt ursprünglich vom seefahrerischen Logbuch, dt. und engl., und wurde dann aufs internet übertragen. Geht aber angesichts der genauen Protokollierung vorbei.

  • R.G. ; )

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    “Wie wollen die Veranstalter Menschen ohne Businessgrau-G’schau, wie der Aigner und der Oswald es sind, zu der Kreuzfahrer-Sitzung hinbringen, ohne dass die Slowaken vor Schreck umfallen?” Das fragte ich mich in schlaflosen Nächten.

    Problem gut gelöst!: Einfach nachts durch dunkle Straßen einer Taschenlampe nach einschleusen!

  • Resi

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    Man kann sich aber auch in Nebensächlichkeiten verrennen.
    Lasst doch den paar Schiffstouris irre Freude, am nächsten Tag sans doch eh wieder fort.
    Ärger di net, schwoabs obe mit am lecker Glühwein ;-o

  • Mr. T.

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    In Regensburg dauern so Gruselführungen wenigstens nicht so lang, da es nicht so viel Brücken zu zeigen gibt :-)

    Wenn man die Kreuzfahrtschiffe nicht hintereinander, sondern nebeneinander anlanden ließe, würde man an der Stelle schön die Donau queren können. So würden zusätzliche, sich täglich verändernde Querungen geschaffen, ohne den Welterbest(at)us(s) zu gefährden. Dann gäben die Kreuzfahrer auch was an Regensburg zurück und würden vielleicht im gegenzug etwas einheimische Akzeptanz erfahren. Wenn die Bevölkerung der Touristifikation etwas positives abgewinnen könnte, wär schon mal was erreicht. Machen wir doch einen Cluster-Workshop dazu im Degginger ;-)

  • XYZ

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    Der Name ‘Kreuzfahrt’ ist nebenbei nicht uninteressant: 1147 begann an der Donau in R ein zweiter Missionsfeldzug gegen Ungläubige. Der erste Kreuzzug war 1095. Andere Kreuzzüge fanden gegen Katharer im Languedoc statt, woher wohl auch der Begriff stammt. Das alles war unchristlich und unmenschlich, aber die Bürger hatten nichts zu sagen, nur notabene.

  • XYZ

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    Sprachlich und auch psychoanalytisch und wirtschaftlich erscheint es mir klar:
    Wir erobern den Donauraum wenn es auch zuvor nicht so ganz gelungen ist.

  • joey

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    @XYZ
    notabene: es waren Kreuzzüge, keine Fahrten. Auf englisch crusade keine cruise. Das gemeine Volk hat sich nach Kräften daran beteiligt, z.B. als Kriegsknechte (waren im MA meistens freiwillig) oder gar bei einem Armenkreuzzug. Ziel war nicht die Mission, sondern die (Rück-) Eroberung Jerusalems.

    Der Donauraum gehört “uns” schon. Die Ungarn, Serben etc. verorten sich eindeutig nicht da, wo Frauen verschleiert gehen müssen. Die cruises sind internationale Kapitalgesellschaften, die Gäste aus aller Welt.

  • Giesinger

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    @XYZ: Meiner Meinung nach, hat der Begriff “Kreuzfahrt” nichts mit Missionierung zu tun.

    Ich denke, es kommt vom “gegen den Wind segeln” also “kreuzen” auf hoher See.

    Ah, …noch Link gefunden: https://www.grosse-seefahrt.de/lexikon/kreuzen/

  • XYZ

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    Zu Giesinger
    Der Ausdruck Kreuzfahrt ist doppeldeutig. Die Araber waren damals keine grossen Seefahrer. Aber sie besassen Jerusalem. Sultan Saladin herrschte in Ägypten und sicherte Kaiser Friedrich II. von Sizilien sogar freien Zugang für Christen zu, was dem Papst nicht passte. Das ging dann verloren. Der zweite ‘Kreuzzug’ begann jedenfalls in Regensburg. Solche Hintergründe stehen nicht in Sprachlexikas.

  • joey

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    @XYZ
    die Araber waren große Seefahrer… Indischer Ozean. Die Schiffe hier in Regensburg sind nicht für Kriegszüge oder Missionierung gedacht, sondern schwimmende Hotels.

  • XYZ

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    Stimmt ja, die Araber waren auch grosse Seemänner, aber erst später, vielleicht von den Kreuzfahrern gelernt – die sich dann auf die Inseln Cypern und Rhodos zurückzogen. Und haben dann den indischen Ozean missioniert, Spanier und Portugiesen den amerikanischen. Mit den Schifferln in R insoweit nicht vergleichbar – ausser dass der Donauraum mal wieder Muster einer teutonischen Nibelungensaga erscheint.

  • XYZ

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    Die Seeschlacht von Lepanto 1571 ist nicht uninteressant. Don Juan de Austria, gezeugt von Kaiser Karl V. und Barbara Blomberg am Haidplatz in R – in Messina und R stehen Denkmäler – besiegte die Türken sowohl strategisch als auch dank der venezianischen Innovation vom Arsenale dass alle Breitseiten der Schiffe über Artillerie verfügten. Damit war das Mittelmeer wieder ‘christlich’. Das wäre wohl zu Kreuzfahrten erinnerlich.

  • joey

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    @xyz
    bin gespannt, wann die Moderation hier off topic sagt. Die cruises haben mit Christentum oder Nibelungen nichts zu tun.
    Die Geschichte der Seefahrt würde ich bei den Phöniziern einsetzen. Es gab zu Alexanders Zeiten bereits einen höchst profitablen Handel über Arabien, deshalb ist er ja nach Indien (weil das Zeug ja wo her kommt).
    Hier im Artikel geht’s um Tourismus.

  • Dieter

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    Es ist schon eine Crux, wahlweise ein Kreuz, mit diesen cruises/crusades.

    Regensburg braucht auf jeden Fall keinen zusätzlichen Massen-Tagestourismus, keine zweistellige Zahl von Schiffen neben der Umweltzone und auch nicht mehr Arbeitsplätze, sondern wieder mehr Lebensqualität. Das heißt auch etwas mehr Ruhe, bezahlbaren Wohnraum, eine bessere Infrastruktur und vor allem keine Politiker und Verwaltung, die vor jedem Investor buckeln und dessen Werbesprachrohr sind.

    Vermeintliche Fäkalien in der Donau wären da nur das Sahnehäubchen.

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drin