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Müssen bis zu 40 Künstlerinnen gehen?

Brücke-Fraktion attackiert neuen Intendanten am Theater Regensburg

Rund 40 Künstlerinnen und Künstler sollen nach dem Intendantenwechsel am Theater Regensburg gehen. Diese Zahl nennt die Brücke-Fraktion in einer aktuellen Pressemitteilung und greift den neuen Intendanten Sebastian Ritschel scharf an. Das Theater sieht sich als falscher Adressat der Kritik.

Vergangenen November hat der Verwaltungsrat des Theaters Regensburg Sebastian Ritschel als neuen Intendanten bestellt. Foto: pm/Pawel Sosnowski

Der Ton ist harsch, der Aufruf alarmistisch: In einer Pressemitteilung vom heutigen Mittwoch kritisiert die Brücke-Fraktion im Stadtrat den designierten neuen Intendanten des Stadttheaters scharf. Man sei „zutiefst bestürzt und empört“ über die Kündigung von zahlreichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anlässlich des Intendantenwechsels zur Theatersaison 2022/23. Betroffen seien bis zu 40 Personen des gesamten künstlerischen Personals, darunter „zahlreiche hoch verdiente und vom Publikum in Regensburg verehrte Künstlerinnen und Künstler“.

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Aufruf an die Regensburgerinnen und Regensburger

Von einer „Allmachtstellung eines Intendanten“ ist die Rede und von „Existenzzerstörungmacht“. Von Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer, die auch Vorsitzende des Verwaltungsrats des Theaters Regensburg ist, fordert die Brücke-Fraktion, „diesem Treiben des Intendanten umgehend einen Riegel vorzuschieben und sich gegenüber dem Personal des Theaters klar solidarisch zu positionieren“.

Verbunden ist das von Joachim Wolbergs unterzeichnete Schreiben mit einem Aufruf an „die Regensburgerinnen und Regensburger (…), sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten mit den gekündigten bzw. nichtverlängerten Künstlerinnen und Künstlern solidarisch zu zeigen und dem designierten Intendanten gegenüber dies im Rahmen ihrer Möglichkeiten klar zum Ausdruck zu bringen“. Das Vorgehen möge „juristisch in Ordnung sein, menschlich und politisch aber unter keinen Umständen“. Die „vielen Theaterfreundinnen und -freunden in unserer Stadt“ würden so etwas auf keinen Fall wollen.

Theaterfreunde: „Das ist keine Lex Regensburg.“

Uschi Michalke ist Vorsitzende der Theaterfreunde Regensburg und dort seit Jahrzehnten Mitglied. Vier Wechsel bei der Intendanz hat sie seitdem miterlebt. Etwas Ungewöhnliches vermag sie beim aktuellen Vorgehen von Sebastian Ritschel nicht zu erkennen. „In allen Theatern Deutschlands ist das das gleiche Procedere. Das ist keine Lex Regensburg.“ Auch alle Vorgänger von Ritschel hätten ein Jahr vor Beginn ihrer Intendanz das Ensemble im Hinblick auf ihr Theaterkonzept durchgesprochen und dabei seien eben auch viele Künstlerinnen und Künstler nicht verlängert und stattdessen neue unter Vertrag genommen. „Kein Intendant der Welt würde einen Vertrag unterschreiben, wo er dieses Recht nicht ausüben darf“, sagt Michalke.

Begründet wird dieses Recht im Tarifvertrag, genauer im „Normalvertrag Bühne“. Demnach sind immer wieder befristete Verträge mit Künstlerinnen und Künstlern an Spielhäusern über einen Zeitraum von 15 Jahren hinweg möglich. Beim Wechsel der Intendanz dürfen diese Verträge gekündigt bzw. ohne nähere Begründung nicht verlängert werden. Um das Arbeitsverhältnis zu beenden ist dann lediglich eine sogenannte Nichtverlängerungsmitteilung nötig.

„Wir bedauern das sehr, aber das ist die Theaterwelt.“

Auch beim Amtsantritt von Jens Neundorff von Enzberg vor neun Jahren seien viele Künstlerinnen und Künstler nicht verlängert worden, so Michalke. Auch damals habe es darüber Debatten gegeben. „Es ist jedes Mal ein Schnitt durch mein Herz. Ich verstehe auch, wenn es Leute gibt, die am Boden zerstört sind. Das kann schmerzlich und verletzend sein.“ Am Ende aber wisse jeder, worauf er sich einlasse, wenn er so einen Vertrag unterschreibe.

„Wir bedauern das sehr, aber wir wissen, das ist die Theaterwelt. Der härteste Job der Welt.“ Und so müsse man die scheidenden Künstler schweren Herzens ziehen lassen und die neuen mit offenem Herzen empfangen. Ein Intendant habe schließlich die Aufgabe, das Theater zu beleben und auch weiterzuentwickeln. „Wir als Theaterfreunde unterstützen betroffene Künstlerinnen und Künstler, aber wir führen keinen vertragsrechtlichen Streit, dessen Ausgang ohnehin klar ist.“

Kaufmännischer Leiter: „Kritik ist woanders deutlich besser aufgehoben.“

Das Theater Regensburg hat etwa 300 Beschäftigte, knapp die Hälfte von ihnen arbeitet zu den Bedingungen des „Normalvertrag Bühne“. Bislang wurden neun Nichtverlängerungen ausgesprochen, die zum 31. August 2022 wirksam werden. Das bestätigt uns der kaufmännische Direktor des Theaters Regensburg, Dr. Matthias Schloderer. Bis Ende Oktober liefen weitere Gespräche. Erst dann werde die endgültige Entscheidung darüber fallen, wer gehen muss und wer bleiben darf.

„Die Vorwürfe von Herrn Wolbergs richten sich nicht primär gegen Sebastian Ritschel, sondern ich verstehe sie erstens als grundsätzliche Kritik am System, das es durchaus zu diskutieren gilt“, sagt Schloderer. „Diese übergeordnete Kritik sehe ich allerdings deutlich besser beim Deutschen Bühnenverein aufgehoben, da dort ein Beitrag zu einer anderen rechtlichen Grundlage geschaffen werden kann.“ Zweitens gehe es nämlich auch um die Kernfrage, „ob und wie sich Theater regelmäßig erneuern können und sollen“.

Dem Verwaltungsrat des Theaters sei bei der Berufung von Sebastian Ritschel zum neuen Intendanten jedenfalls klar gewesen, „dass sich durch einen neuen Intendanten mit neuem Team auch das Haus verändern wird.“

Betroffener begrüßt Brücke-Kritik

Ein bereits gekündigter Künstler am Theater begrüßt die Pressemitteilung der Brücke-Fraktion ausdrücklich. „Das ist sowohl vom Ton als auch vom Inhalt vollkommen angemessen“, sagt er. Namentlich erwähnt werden möchte er nicht unbedingt. „In dieser Branche ist der Ruf schnell ruiniert. Deshalb bleibt es von Seiten der direkt Betroffenen auch so leise.“

Die Zahl von 40 Nichtverlängerungen, die in der Pressemitteilung der Brücke genannt wird, bestätigt er. Bevor eine Nichtverlängerungsmitteilung ausgesprochen wird, haben die Betroffenen das Recht auf eine Anhörung. „In der Regel ist das nicht mehr als ein formaljuristischer Akt. In 98 Prozent der Fälle wird das Arbeitsverhältnis nach der Einladung zu einer solchen Anhörung auch beendet.“ Und etwa 40 solcher Einladungen habe es bislang gegeben.

Allmachtstellung von Intendaten generell in der Kritik

Es sei zwar richtig, dass die aktuellen Vorgänge einerseits „normal“ seien. „Allerdings halten viele in der Theaterbranche die Allmachtstellung von Intendanten, also den Freibrief Künstlerinnen und Künstler ohne Rechtfertigung zu kündigen, nicht mehr für zeitgemäß.“ Bei der Bühnengenossenschaft GDBA gebe es schon länger Bestrebungen, hier etwas zu verändern.

Auch zeigt sich unser Gesprächspartner enttäuscht von Sebastian Ritschel. „Bei seiner Berufung hat er in einer großen Rundmail angekündigt, wie sehr er sich auf diese Aufgabe freut.“ Von Kontinuität und Zusammenarbeit sei die Rede gewesen. „Seit er hier am Haus ist, hat er alle Versuche, Kontakt aufzunehmen abgeblockt. Die Leute werden einfach kommentarlos nicht verlängert.“

Sebastian Ritschel persönlich äußert sich mit Verweis auf die noch laufenden Gespräche nicht. „Wenn sich entscheidet, dass die Zusammenarbeit mit einem Kulturschaffenden nicht fortgesetzt wird, habe ich vollstes Verständnis, dass einen das berührt, mitnimmt oder auch verärgert“, sagt aber der kaufmännische Leiter Matthias Schloderer.

Oberbürgermeisterin will Wirkungsbereich des Intendanten nicht einschränken

Zwischenzeitlich hat sich auch Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer zur Kritik der Brücke geäußert. Sie schätze das Ensemble und die Leistungen des Theaters in den vergangenen Jahren sehr. Auch sei der Verlust des Arbeitsplatzes für jede und jeden der Betroffenen bitter. „Allerdings ist es nicht Aufgabe der Oberbürgermeisterin bzw. der Verwaltungsratsvorsitzenden, den Wirkungsbereich des Intendanten zu regulieren und damit die künstlerische Freiheit im Sinne des Grundgesetzes einzuschränken.“ Es sei bei einem Intendantenwechsel üblich, dass „der Neue“ ein Team mitbringe, mit dem er das Theater künstlerisch prägen wolle. „Ob das noch zeitgemäß ist, oder ob es hier neue Regeln bräuchte, ist eine Frage, die auf Ebene des Deutschen Bühnenvereins diskutiert werden müsste. Das kann ein einzelnes Haus nicht lösen.“

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Kommentare (25)

  • Hugo Hofmann

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    Der Verwaltungsrat des Theaters Regensburg hat den neuen Indentanten ausgesucht! Ironiemodus an: Ein Gremium von höchster Kompetenz. Ironiemodus aus. Nur so ist diese Personalie zu erklären. Ritschel war leitender Dramaturg und Hausregisseur am Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau. Jetzt ist er Operndirektor und Leiter der Sparte Musiktheater an den Landesbühnen Sachsen in Radebeul. Alles Mini-Theater. Ein Super-Karriereschritt, gleich das Vier-Spartenhaus Regensburg zu bekommen. Vielleicht hat man ihn ausgesucht, weil er mehr Operette und Musical spielen will.

  • MaSlos

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    „Wir bedauern das sehr, aber wir wissen, das ist die Theaterwelt. Der härteste Job der Welt.“
    Wieviel Liter Lack gibts da pro Tag gratis? Frag’ für einen Freund.

  • Burgweintinger

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    @ Hugo Hofmann: Gott sei Dank hatten Sie nichts mit der Auswahl des neuen Intendanten zu tun, denn nach Ihrer Logik kann man nie aufsteigen, denn “Führungsperson nur dann, wenn man schon Führungserfahung hat…”

  • Gurnemanz

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    So etwas macht man einfach nicht, Frau Michalke, gerade in der heutigen Zeit, wo Existenzen auf dem Spiel stehen. Es sei an Herrn Kusenberg – er ist Intendant am Theater Regensburg – erinnert, der sich das Schauspielensemble erstmal ein Jahr angesehen hat, um dann zu entscheiden, ob und wen er verlängert oder nicht.
    Da hatte man gedacht, die Stadt ist so schlau und nimmt sich einen Agenten, wenn sie denn selber schon keine Ahnung hat, die Leitung des Theaters Regensburg zu bestimmen. Und was kommt dabei heraus?
    Radebeul! Ein Theater, das man im Bühnenjahrbuch erstmal gar nicht findet. Und der will in die Fußstapfen vom Neundorf treten? Da wird er bald auf die Nase fallen, um es nicht deutlicher auszudrücken.
    Wollen Sie sich mit Ihren Theatereunden bei dem Herrn eintegeln? Interessant, ob er den GMD auch nicht übernimmt. Wenn nicht, kriegt er Zoff mit dem Orchester.

  • Madame

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    Es ist eigentlich schade, dass der Hickhack, der momentan in regensburg allgemein herrscht beim Theater weitergeht. Regensburg hat soviel Baustellen, dass es einem graust, wenn man in der mz die stadtnachrichten liest. 40 Personen verlieren ihre arbeit. Warum kann die Frau ob nicht vielleicht verdienten mitarbeitern des Theaters Schützenhilfe leisten.? Kleben die stadtoberen zu sehr an ihren beamtensesseln?

  • Joachim Datko

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    Für Regensburg zu hochgestapelt!

    Zu Gurnemanz 19:5 “Interessant, ob er den GMD auch nicht übernimmt. Wenn nicht, kriegt er Zoff mit dem Orchester.”

    Dem Internet habe ich entnommen, dass selbst Bach nur MD war (Musikdirektor in Leipzig). Da kann man sicherlich bei einem hoch subventionierten Theater wie in Regensburg auch vom hohen Ross herabsteigen. Die Eintrittskarten waren schon 2006 mit 77 € subventioniert. Eine aktuellere Zahl habe ich nicht. Das Regensburger Stadttheater ist ein Fass ohne Boden. Schon 2006 wurde es mit über einer Million pro Monat subventioniert.

  • Tom Mayr

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    @Hugo Hofmann: Es ist nicht korrekt, dass der Verwaltungsrat den Intendanten aussucht. Das macht ein extra eingesetztes Gremium.

  • Tom Mayr

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    @Gurnemanz: Es ist nicht „die Stadt“, die einen neuen Intendanten einsetzt. Dafür wird ein extra Gremium eingesetzt, in dem tatsächlich auch so etwas wie „Agenten“ (Theaterfachleute anderer deutschsprachiger Häuser) zu finden sind.

  • Bernhard Schneider

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    Das ist nunmal die Realität und jedem Theaterschaffenden bekannt. Ich war selbst von einem „Intendanzwechsel“ betroffen, mit drei Kindern und angeschafftem Haus, ich weiß also, wovon ich schreibe. Dazu gehört auch das Recht der „Neuen“, damit auf die Nase zu fallen, wenn das „künstlerische Konzept“ dann doch nicht aufgeht. Wenn die Absicht der Verantwortlichen ist ein Haus nicht umzustrukturieren, muss eben auch ein Intendant gesucht werden, der bereit ist, das mitzugehen. Insofern gibt es meines Erachtens schon eine „Mitverantwortung“ bei der Besetzung solcher Posten. Wenn es nicht so läuft, wie gewünscht, ist der Intendantenposten samt Scherbenhaufen nach ein paar Jahren auch wieder vakant…

  • Ida

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    „..wo Existenzen auf dem Spiel stehen..“
    Das ist sicher bedauerlich, aber bei jedem Unternehmen üblich. Soll etwa das ganze Unternehmen selbst hopsgehen?

  • Charlotte

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    Oh je, der Herr Wolbergs beglückt die Welt mal wieder mit realitätsfernen Ergüssen. Ja, so ist das Leben außerhalb der Politikerblase. Jeder mit umfassender Berufserfahrung in der Privatwirtschaft weiß, dass Veränderungen und neue Köpfe Kreativität und neue Ideen erzeugen. Das ist essenziell und gerade auch für den Kulturbetrieb. Und als Bürger bin ich gespannt auf das Neue, ohne die hervorragenden Leistungen des bisherigen Teams zu vergessen.

  • Markus Panzer

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    Oh je Charlotte, ich weiß ja nicht aus welchem Ohrensessel heraus Sie die Welt betrachten. Aber in Betrieben der privaten Wirtschaft müssen Arbeitnehmer gerade nicht bei jedem Chefwechsel um ihren Job bangen. Das ist ein Verdienst der Gewerkschaften und der Sozialdemokraten. Eigentlich säße ja im Rathaus eine Sozialdemokratin im Chefsessel…

  • Hugo Hofmann

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    @Tom Mayr
    Zitat Pressemeldung: Der Verwaltungsrat hat entschieden: Neuer Intendant am Theater Regensburg wird Sebastian Ritschel. Der gebürtige Düsseldorfer tritt seinen Posten am 1. September 2022 an. […] Nach einer Entscheidung des Verwaltungsrats des Theaters Regensburg wird Sebastian Ritschel neuer Intendant. Das gab die Stadt Regensburg bekannt.
    Sie selbst – soweit ich weiß, Brücke-Mitglied – haben also Herrn Ritschel gekürt.

  • bertl

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    Die Wichtigtuerei des Herrn Wolbergs gehen mir einfach nur auf die Nerven. Ich möchte davon verschont bleiben.

  • Tobias

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    @Markus Panzer:

    Das hat nichts mit dem Ohrensessel zu tun (ich sitze übrigens selber in einem Chesterfield-Ohrensessel, sehe die Welt aber reaslitisch). Denn auch in der “privaten Wirtschaft” weht ein anderer Wind, wenn die Führungsriege wechselt. Dieser jemand möchte dann z.B. keine Fischtheke mehr in seinem Laden oder kündigt dem Konzessionär die Fläche. Es werden Sparten in der Industrie geschlossen oder Zweige eingestampft.

    Damit man dies umgeht, kann man sich umschulen oder weiterbilden. Bzw. muss man. Das ist beim Theater halt nicht anders. Das ist so, als würde Bruce Willis ausschließlich Stirb Langsam drehen und die Kinos nur diesen Film spielen. Irgendwann muss gewechselt werden, und das geht – auch aus der Erfahrung heraus – nicht immer mit dem alten Personal, dass sich häufig nicht ändern möchte.

    Und zu guter letzt wird das Theater nunmal von Steuergeldern gepampert, und das schon ewig. Wer auf wackeligem Eis unterwegs ist darf eben auch keinen Beamtenstatus erwarten. . .

  • JoachimDatko

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    Die berufliche Unsicherheit ist auch in der sozialen Marktwirtschaft ein Mangel, so groß auch sonstige Vorteile sind. In vielen Bereichen ist es nicht so einfach, eine neue Arbeitsstelle zu finden, obgleich insgesamt in Deutschland Arbeitskräfte fehlen. Das gilt auch für die von Entlassungen betroffenen Künstler. Es gibt viel weniger Arbeitsplätze in diesem Bereich als Interessenten.

    Zu Charlotte 11:34 “Oh je, der Herr Wolbergs beglückt die Welt mal wieder mit realitätsfernen Ergüssen. Ja, so ist das Leben außerhalb der Politikerblase.”

    Herr Wolbergs ist seinen sozialdemokratischen Wurzeln treu, wenn er soziale Belange in die Waagschale wirft. Im Gegenzug darf er erwarten, dass er bei Wahlen von Menschen, die um ihre Arbeitsplätze fürchten, mehr Stimmen erhält, als wenn er sich nicht für die Erhaltung von Arbeitsverhältnissen einsetzt. Auch Politiker sitzen auf einem Schleuderstuhl, sie kennen den gnadenlosen Wettbewerb aus eigener Erfahrung.

  • Nutzer

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    Nicht zu vergessen:

    Diese Rotation gibt es ja nicht nur zum Intendatenwechsel sondern in geringeren Umfang auch zur neuen Saison. Und ist an den Häusern durchaus üblich. D.h. das Künstler die an einem Hause eine nicht verlängert werden, gute Chancen haben, an einem anderen Haus unterzukommen.

    In einer gewissen Weiße sind Theaterkünstler eben “fahrendes Volk”.

    Übrigens schlugen Herrn Neundorf in seiner neuen Wirkungsstätte ähnliche Stimmen entgegen. Und das auch schon, als er in Regensburg seine Intendanz angetreten hat.

  • Tom Mayr

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    @Hugo Hofmann: Es ist richtig, dass der Verwaltungsrat am Ende der Einsetzung des Intendanten zustimmen muss. Das geschieht normalerweise einstimmig, um die Person nicht von vornherein zu beschädigen. Diesen Gepflogenheiten habe ich mich angeschlossen. Es ist also eine pro forma Zustimmung durch den Verwaltungsrat. Die Findungskommission setzt sich allerdings anders zusammen. Da ist der Verwaltungsrat, bis auf zwei Mitglieder, nicht involviert. Im Vorfeld, als sich der designierte Intendant dem Verwaltungsrat vorgestellt hat, wurde natürlich gefragt, wie mit Bestandspersonal umgegangen werden soll. Ein tolles Ensemble sei das, hieß es dann…

    Ich verstehe die Anfeindungen gegenüber der Brücke nicht wirklich. Das muss wohl grundsätzlicher Natur sein. – Die Brücke fordert keine Umgehung des Tarifvertrags. Und natürlich ist uns bewusst, dass Intendanten im Prinzip das gesamte Personal entlassen können. Sie müssen es aber nicht! Und in Zeiten wie diesen, in denen für die Schauspielerinnen und Schauspieler eine Nichtverlängerung wohl Arbeitslosigkeit bedeutet, erwarten wir von einem neuen Intendanten etwas mehr Demut und Zurückhaltung und keinen Kahlschlag. Zumal in Anhörungen von ihm stets betont werden soll, dass keine künstlerischen Aspekte zur Nichtverlängerung führen. Dann kann ich mein Konzept doch auch mit Bestandspersonal verwirklichen. Sollte eine Zusammenarbeit nicht passen, kann man sich immer noch trennen. – Wenn unser Statement dazu beiträgt, dass das “veraltete System” grundsätzlich diskutiert wird, dann ist das ein erfreulicher Nebenaspekt. Uns geht es um die Künstlerinnen und Künstler, die tagtäglich vom Regensburger Publikum gefeiert werden und allein deshalb unsere Solidarität verdienen.

  • Hugo Hofmann

    |

    @ Tom Mayr
    Na also! Ich bin keineswegs Brücke-feindlich. Die Brücke fordert, Herrn Ritschel Einhalt zu gebieten, der Brücke-Mann im Verwaltungsrat hat für Herrn Ritschen gestimmt. Verstehe gar nicht, warum Sie sich da wundern und eine Anfeindung sehen.
    Haben Sie Herrn Ritschel denn nach seinen Plänen bezüglich der künstlerischen Belegschaft gefragt? Das darf man tun! Fragen ist die Pflicht eines Verwaltungsrats. Wurden Sie nicht stutzig, dass die Häuser, an denen Herr Ritschel gearbeitet hat, im Lauf seiner “Karriere” immer kleiner wurden? Graz, Münster, Görlitz, Radebeul …

  • Perma

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    Kommentar gelöscht. Keine unbelegten Gerüchte.

  • Peter Römer

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    Augen auf bei der Berufswahl! Sich im nachhinein über seinen Vertrag zu beschweren ist naiv und unprofessionell. Auf der anderen Seite haben Schauspieler keine Wahl, ihnen wird der NV (Normalvertrag) Solo, diktiert vom Bühnenverein (Arbeitgebervertretung), ohne Alternative vorgelegt. Wer ihn nicht akzeptiert, wird nicht engagiert. Insofern ist der NV Solo das Problem, der jedoch von einer schwachen, willfährigen Bühnengenossenschaft (Schauspielervertretung) mitverhandelt wurde. Die neue Präsidentin Lisa Jopt hat sich auf die Fahne geschrieben den veralteten NV Solo neu und zeitgemäß zu verhandeln. Das ist gut so. Nach 14 Jahren Betriebszugehörigkeit einfach ersetzt werden zu können, ist sozial nicht vertretbar, war es nie und ist es heute immer noch nicht. Daher finde ich den Protest richtig. Auf der anderen Seite wird ja ein neuer Intendant berufen, um frischen Wind in ein Haus zu bringen. Ohne Handlungsspielraum in Personalfragen ist das nicht möglich. Und noch ein Aspekt muss neben der sozialen und künstlerischen Frage diskutiert werden dürfen. Vielleicht ist der eine oder oder die andere künstlerische Mitarbeiter*in einfach nicht, oder nicht mehr gut, seine, ihre Spielweise nicht mehr auf der Höhe der Zeit, oder er oder sie ist schlicht zu alt geworden für den Romeo und die Julia. Ja, Altersdikriminierung ik hör dir trapsen. Aber wie soll es denn gehen? Junge Zuschauer wollen den Romeo und die Julia vielleicht von einem Schauspieler und einer Schauspielerin gespielt sehen, die sich in ihrem Alter befinden. Ein Leben als Schauspieler ist nicht fair und nicht gerecht, es ist sozial hart und künstlerisch Geschmacksache und man muss dies ändern, aber es ist nicht allein die Schuld eines einzelnen Intendanten. Langweilende, unambitionierte Schauspieler mit Beamtenmetalität will ja auch niemand auf der Bühne sehen. Die sozialen Härten müssen genommen werden, da hoffe ich auf Lisa Jopt, aber künstlerische Entscheidungen müssen trotzdem möglich bleiben, sonst geht bald niemand mehr ins Theater. Beim Fernsehen beklagen sich alle, dass dort immer wieder die selben Gesichter auftauchen, ein bisschen Abwechslung tut auch dem Theater ganz gut. Ein Theater benögt daher eine Intendanz mit Leitungskompetenz und Fingerspitzengefühl. Dass der neue Indentant zuvor an einem “kleineren” Haus gearbeitet hat halte ich übrigens für irrelevant. Es ist genau dieses hierarchische Denken von oben und unten, dieses schablonenhafte Täter und Opfer Denken, das eine sachlich, empathische Auseinandersetzung meistens verunmöglicht. Ein “kleines” Haus ist nicht gleichzusetzen mit einem “schlechten” Haus. Wie soll ein “Aufstieg” denn möglich sein, wenn zugleich jeder Wechsel von einem größeren zu einem kleineren Haus als “Abstieg” gewertet wird, wie hier von einigen Kommentatoren beschrieben wird.

  • anna

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    Auswechseln des Ensembles ist im Theaterbereich normal. Sesshaftigkeit war noch nie ein künstlerisches Qualitätsmerkmal und die Alteingesessenen sollten man all den anderen Kollegen auf dem freien Markt eine Chance geben.Wer gut ist, setzt sich weiterhin durch. – Ausserdem ist Regensburg in der Theaterwelt jetzt nicht besser als Radebeul – wie überkandidelt wird hier argumentiert.- Selbst in Berlin gibt es den NormalvertragBühne. Raus aus den Puschen und rein in die künstlerische Realität.Wer einen festgezurrten Job will werde bitte Inspizient oder Souffleur oder geht ganz woanders hin..

  • Frank Bettinger

    |

    Als Theaterarbeiter verschiedenster Häuser weiß ich zu berichten, dass dies im Grunde bei jedem Intendantenwechsel stattfindet, und in jeder Stadtgesellschaft für einen Aufschrei sorgt. Aber: Jeder, der sich in dieses Metier begibt kennt die Regeln. Viele Intendanten nehmen auch ihre Künstler*innen mit zur nächsten Aufgabe in eine neuen Stadt. Bei einem Neubeginn einer Intendanz wird dieser immer an seinem künstlerischen Erfolg gemessen, und da muss man einfach zugestehen, dass man dies mit einem Team angeht, dem man vertraut und von dem man qualitativ überzeugt ist. Das ist ein ganz normaler Vorgang in der Theaterwelt. Ehrlich gesagt, ich möchte in keinem Theater sitzen, in dem nur noch „verbeamtete“ Künstler*innen innen auftreten, als Künstler*in sollte man neugierig und offen für Neues sein. Und als Publikum auch!
    Frank Bettinger, Künstlerischer Betriebsdirektor der Bühnen Halle (Saale)

  • Mr. T.

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    Eigentlich ist durch die Kommentare aus Innensicht von Bernhard Schneider oder Frank Bettinger alles gesagt.

    Die Anstellung an einem Ensemble ist wohl per se nur als temporär anzusehen und man muss wohl von Spielzeit zu Spielzeit denken. Wer kunstschaffend tätig ist, kann wohl keine Sicherheit wie im Beamtentum erwarten.

  • Gevatter

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    Wie so oft: viel Meinung, umso weniger Ahnung…
    Da werden Äpfel mit Birnen vermengt (was haben Kulturausgaben mit Arbeitsverhältnissen zu tun?);
    Alles oder Nichts behauptet, wo es um die Hinterfragung einer Massenentlassung geht.
    Stadtverwaltung ist über den Bühnenverein mitverantwortlich für den miserablen Tarifvertrag, hinter dem sie sich verstecken wollen. Und nicht alles, was juristisch möglich ist, ist moralisch und sozial rechtens – schließlich hat die Pandemie nicht nur die Rahmenbedingungen in der „freien Wirtschaft“ verändert. Aber s.o.

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