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Großes CSU-Abwatschen im Stadtrat

Hermann gegen den Rest der Welt

Die Haushaltssitzung des Regensburger Stadtrats zeigt vor allem eines: Keiner will mehr mit der CSU spielen.

Im Zentrum der Kritik: CSU-Fraktionschef Hermann Vanino (3.v.l.). Foto: as

Im Zentrum der Kritik: CSU-Fraktionschef Hermann Vanino (3.v.l.). Foto: as

„Ich beteilige mich nicht an diesem Bashing. Dazu kenne ich Sie alle zu wenig“, sagt Tina Lorenz. „Aber eines will ich Ihnen schon sagen, Herr Vanino: Lieber arbeite ich mit einem Kirmes-OB zusammen als mit Ihrer Aggro-Truppe.“ Die Piratin setzt damit am Donnerstag den Schlusspunkt unter die vierstündige Haushaltsdebatte des Regensburger Stadtrats, die von breiter Einigkeit über (fast) alle Koalitionsgrenzen hinaus geprägt war. Einigkeit im Lob der neuen Stadtregierung. Und Einigkeit in der Kritik an der größten Oppositionsfraktion – der CSU (Die Haushaltsreden, soweit sie uns vorliegen, am Ende des Artikels.).

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Investor schickt Wolbergs Entlastungsschreiben

Lediglich Benedikt Suttner (ödp) sparte sich – trotz lobender Worte für die Arbeit der Koalition – böse Worte in Richtung der „Christlich Scheinheiligen Union“ (Grünen-Fraktionschefin Margit Kunc). Wesentlicher Dreh- und Angelpunkt der Attacken auf die CSU: deren Beschwerde gegen die Grundstücksvergabe auf dem Areal der Nibelungenkaserne.

Genüsslich verlas Oberbürgermeister Joachim Wolbergs zur Eröffnung der Haushaltsdebatte ein Schreiben der Immobilien Zentrum Regensburg AG (IZ). Das Unternehmen hatte sich zusammen mit einem Bieterkonsortium an der Ausschreibung beteiligt, war aber nicht zum Zug gekommen und musste in der CSU-Beschwerde (neben anderem) als Beleg dafür herhalten, dass nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sei. „Wir haben vollstes Vertrauen in die politischen Gremien und die Stadtverwaltung“, heißt es dagegen in dem IZ-Schreiben. „Noch nie“ habe es bei einer Ausschreibung „derart aufwändige“ Bemühungen von Seiten der Stadt gegeben. Sowohl die Ausschreibung wie auch die Vergabe selbst seien „transparent und nachvollziehbar“ gewesen.

„Sie müssen sich daran gewöhnen, dass Ihnen diese Stadt nicht mehr gehört“, rief OB Wolbergs der CSU zu, nachdem er das Schreiben verlesen hatte. Die „Wem gehört sie dann?“-Zwischenrufe von CSU-Fraktionschef Hermann Vanino und MdL Franz Rieger beschied Wolbergs mit: „den Bürgerinnen und Bürgern“.

Vergabe für das Nibelungenareal „unsozial und verwerflich“

Vanino indes ließ sich von alledem nicht sonderlich beeindrucken. In seiner von Zwischenrufen begleiteten Rede geißelte er die die Vergabeentscheidung für das Nibelungenareal als „unsozial und verwerflich“ und betonte, dass die CSU „die Wächterfunktion der Opposition“ sehr ernst nehme. Der „rote Lack“ der Koalition bekomme langsam „erste Kratzer“. Wolbergs plündere die Rücklagen dieser Stadt, schaffe sich über den Stellenplan „einen eigenen Hofstaat“ und verteile nach dem „Prinzip Gießkanne“ überall in der Stadt Geld. Um diese These zu untermauern überreichte Vanino dem OB unter mäßigem Gelächter die „Goldene Gießkanne“.

„Relative Verrücktheit“

Anschließend war es mit dem Spaß für Vanino und die CSU vorbei. Im 20-Minuten-Takt schlug der Rest des Stadtrats zurück. „Sechs Jahre lang saßen Sie am Katzentisch im Schaidinger-Lager“, höhnte etwa SPD-Fraktionschef Norbert Hartl in Richtung Vanino. „Jetzt sind sie wieder wichtig – Glückwunsch!“ Es folgte Margit Kunc, die der CSU „Rufmord“ vorwarf, ihr bescheinigte, „meilenweit von Sachpolitik entfernt“ zu sein und mit Blick auf die Vergabe-Beschwerde resümierte, dass der CSU „kein Mittel zu schäbig“ sei, „um den Bau von 500 Wohnungen zu verhindern“. Ähnliches folgte von Ludwig Artinger (Freie Wähler), der der CSU bescheinigte, mit ihrer öffentlichen Kritik an der neuen Stadtregierung „auf Dummenfang“ zu gehen. Horst Meierhofer (FDP) attestierte der CSU „relative Verrücktheit“, weil sie einerseits Videoüberwachung im öffentlichen Raum befürworte, andererseits aber gegen die Live-Übertragung von Stadtratssitzungen ins Internet sei.

Linke verteilen „sehr, sehr große Vorschusslorbeeren“

Sogar Richard Spieß von den Linken stimmte sowohl in das CSU-Bashing wie auch das Lob der Koalition mit ein, ganz als ob man mit dazu gehören würde. Mit Wolbergs an der Spitze sei nämlich ein neuer Stil in Regensburg eingekehrt, so Spieß. Die Stadt bewege sich bei aller Kritik in vielen Bereichen in die richtige Richtung und deshalb „bringen wir Ihnen sehr, sehr große Vorschusslorbeeren entgegen“.

Ebenso wie die Koalition stimmte die Linke am Ende dem 573 Millionen schwerem Investitionsprogramm zu (hier eine Präsentation des Finanzreferats als PDF). Ablehnung kam lediglich von ödp und CSU. Den Stellenplan, der 82 neue Jobs bei der Stadt Regensburg vorsieht, lehnte lediglich die CSU ab.

Punkband mit Lorenz und Hartl

Wie gut die Stimmung derzeit im Stadtrat ist, wurde gegen Ende bei der Rede von Tina Lorenz deutlich. Die sprach wie erwähnt, zwar vom „Kirmes-OB“, bezeichnete das „Haus der Musik“ angesichts der immer wieder gestiegenen Ausgaben als „Erb-Philharmonie Regensburgs“ und räumte „mit brachialer Offenheit“ ein, dass sie bislang noch recht wenig Ahnung habe und „viel mehr Bürgerin als Stadträtin“ sei. Doch nichtsdestotrotz trug ihr SPD-Fraktionschef Norbert Hartl im Rahmen eines Zwischenrufs (es war beileibe nicht sein einziger) den Vorschlag an, doch gemeinsam eine Band zu gründen („nicht Senioren-, sondern Punk“).

Dass die Kritik der „Aggro-Truppe“ CSU indes tatsächlich nur „von purem Destruktionswillen“ (Wolbergs) geprägt ist, belegt all dies aber noch nicht.

Haushaltsreden

Norbert Hartl (SPD)

Hermann Vanino (CSU)

Ludwig Artinger (Freie Wähler)

Margit Kunc (Grüne)

Benedikt Suttner (ödp)

Horst Meierhofer (FDP)

Richard Spieß (Linke)

Tina Lorenz (Piraten)

Der komplette Haushalt auf den Seiten der Stadt Regensburg

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Kommentare (11)

  • weichserradi

    |

    Ich muss Herrn Vanino absolut recht geben. Diese neue Regierungskoalition gibt jetzt das Geld aus das in den letzten zehn Jahren erwirtschaftet wurde. Nur z.B. die Live-Übertragung der Stadtratssitzungen – die dem Steuerzahler 150.000,00 EUR im Jahr x 5 = 750.000,00 EUR kostet. Wenn man dann sieht das bei den meisten Sitzungen nur ca. 10 Bürger anwesend sind – kommt es günstiger diese 10 Bürger jedesmal mit dem Taxi abzuholen und wieder nach Hause zu bringen. Dieses Geld könnten Schulen, Kindergärten usw. besser brauchen. Diese kosten dieser Live-Übertragung sind natürlich die Silbertaler für die Piraten-Partei. Ich verstehe auch die Aufregung der Koalition nicht aufgrund des Nibelungengeländes. Sollte alles mit rechten Dingen zugegangen sein – hat man ja auch nichts zu befürchten.

  • Bernhard

    |

    Ich verstehe nicht, wie diese Live-Übertragung so teuer sein kann.
    Andererseits wusste ich auch nicht, dass ich als Bürger anscheinend in eine Stadtratssitzung reinspazieren kann um mir das anzuhören.

  • Mr. T

    |

    Die ist deswegen so teuer, damit man einen Grund hat, sie nicht zu realisieren.

  • frage

    |

    @weichserradi: wenn die übertragung wirklich diese kosten verursachen sollte, dann wurde da jemand richtig verarscht! es gibt hier in reg eine menge it-firmen die sich mit streaming auskennen. da sollte man mal nachfragen. kriegt man unter 1000 € im monat lockerst hin. allerdings finde ich nichts, wo sie diese zahlen herhaben. darum bitte info oder link dazu.

  • ursus

    |

    Die Videogeschichte ist deswegen so teuer, weil sich ein paar CSUler (?) nicht filmen lassen wollen und man deshalb nicht mit statischen Kameras arbeiten kann sondern Kameraleute braucht, die wegschwenken und den Ton ausblenden wenn die kamerascheuen Stadträte sich zu Wort melden.
    Personalkosten sind teuer.

  • Keilberger Erdbeer

    |

    “… so teuer, weil sich ein paar CSUler (?) nicht filmen lassen wollen..”

    das hätten sie sich überlegen sollen, bevor sie Politiker – und damit Personen des öffentlichen Lebens – wurden..

    lächerlich …

  • Radlertölpel

    |

    Vielleicht ist es ja bei einer statischen Kameraeinstellung möglich, die CSU Stadtratsitze mit einer schwarzen Schablone abzudecken und ihre Mikrophone, sofern das von ihnen erwünscht sein sollte, nicht in die Tonspur einzuspeißen.
    Ich finde die Tonspur eh am interessantesten. Es wird ja auch immer angesagt: Herr/Frau … von der … hat das Wort; viel mehr sieht man von der Tribühne im Stadtrat ohne Spiegel eh nicht. 2012 hat AL in der BuZZ`L einen Finanzausschuss und einen Kulturausschuss in Einzelbeiträge und Worthülsen zerlegt und katalogtisiert. Die Sampels der einzelnen Parteien, (Koalition und Opposition = Majorfader) konnten dann CW`s Public Crossfader, einer Kaskade aus DJ Mischpulten auf JF`sWaldkulturwerbebänken, gemixt werden: http://europabrunnendeckel.de/download
    /buz/PublicCrossfaderAnordnungsPlanPlakatDinA4kl.pdf

    Die ganze Kunst-Aktion war leider nur als Demonstration durchführbar, da nicht geprüft werden konnte, ob 2x 1,5 Watt nicht zu viel für den Ernst Reuter Platz seien. (Und das wenige Tage nachdem die NPD die Gegendemonstranten und die ganze Stadt mit mehreren tausend Watt beschallen durfte, wogegen sich das Domgeläute leise ausnahm). Der Brunnen-Deckel wurde von der Stadtverwaltung zur Baustelle deklariert und durfte bei der Aktion wegen angeblicher Einsturtzgefahr nicht betreten werden. Es kamen, wie erwartet nur ca. 10 Leute, mehr konnten von der Antinazidemo auch mit 1500 persönlichen Einladungen nicht interssiert werden.
    ..ja und um vollends vom Thema abzukommen: Die Kunstaktion passte selbstverständlicherweise auch nicht zum Weltkulturwerbetag mit dem von der Bundeskanzlerin beschirmten Jahresthema 2013 “350 Jahre immerwährender Reichstag”, wo nach Kunstaktionen im öffentl. Raum gesucht war: .

  • ratherharrythanwilliam?

    |

    “Die „Wem gehört sie dann?“-Zwischenrufe von CSU-Fraktionschef Hermann Vanino und MdL Franz Rieger beschied Wolbergs mit: „den Bürgerinnen und Bürgern“.”

    Die Gesichter auf dem Foto zum Artikel sprechen Bände. Glückwunsch zur Auswahl!

  • hf

    |

    “Andererseits wusste ich auch nicht, dass ich als Bürger anscheinend in eine Stadtratssitzung reinspazieren kann um mir das anzuhören.” — OMFG!!!

  • Reinspazieren! Ja geht das denn?

    |

    @hf
    “OMFG!!!”

    Warum so spöttisch?

    Ich finde es ein großes Verdienst von RD, die “Unwissenheit” bei seinen Lesern zu verringern. Das ist hier ganz offenkundig gelungen. Dazu finde ich ich zum anderen die Ehrlichkeit von Bernhard gerade unter diesem Aspekt entwaffnend und entlarvend. Entwaffnend, weil sich viele Menschen oft eher die Zunge abbeissen würden, ehe sie bekennten “das habe ich nicht gewusst” (gerade um solche Reaktionen, wie Ihr OMFG zu vermeiden) und entlarvend, weil es die erwähnte Leistung von RD belegt. Was kann sich jemand, der egagiert Berichtet denn mehr Wünschen, als von einem Leser zu erfahren “Das hab ich (noch) nicht gewusst”. Auch wenn es Erkenntnisse sind, die für Sie dank Ihrer wahnsinnig umfangreichen Vorbildung selbstverständlich eh schon bekannt sind und diese deshalb auch alle anderen wissen müssten, weil das ja – omfg – klar is!. Oder ist bei solch “banalen Tatsachen der Ernteertrag einfach viel zu gering, als dass sich ein Leser offen darüber erfreuen dürfte? Oder ist er ein für alle Mal einfach zu spät dran, sich an seinem neuen Wissen u erfreuen?

    Ich gehe nicht davon aus, dass jeder, der hier liest aufgrund irgend einer “Bringschuld” auf dem Niveau aller anderen Mitlesenden ist. Wenn Bernhard diese Erkenntnis (Besuch einer öffentlichen Sitzung) bislang von niemandem (Schule, Medien…) so nahegebracht wurde, dass er es ausgerechnet hier verinnerlicht, dann ist das kein Grund zur Entrüstung, es ist ein Grund zur Freude. Aber Arroganz hat hat ja bekanntlich viele Gesichter.

    Und Klar, elitäre Kreise kennen eigene Spielregeln. Wenn Sie davon ausgehen, dass Ihr angelegtes “Niveau” hier das Maß der Dinge ist, das andere Leser gefälligst einzuhalten haben, dann werden Sie wohl einige Kommentare bei RD finden, worüber sie sich echauffieren und die Nase rümpfen könnten. Nur: welchen Nutzen hätte dies für jemanden, der hier gerade offen zugibt, dass er etwas dazu gelernt hat, Sie ihm aber genervt sagen: Oh Gott, wir anderen wissen das schon längst?

    Bernhard, ich freu mich für Sie!

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drin