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Es klingt bizarr: Gerade weil seine halbe Familie in Afghanistan ermordet wurde, soll einem Mann mitsamt Frau und Tochter dort keine Gefahr mehr drohen. Das findet jedenfalls das zuständige Bundesamt. Die Klage der Flüchtlinge wurde jetzt vom Verwaltungsgericht Regensburg zum größten Teil abgewiesen.

Von David Liese

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Weil die “Blutrache ausgeglichen” sei, will das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Familie nach Afghanistan abschieben. Das Verwaltungsgericht Regensburg wies die Klage dagegen in weiten Teilen ab. Foto: Archiv / ld.

„Es wird schwer“, sagt Joachim Schürkens abwägend. Der Schweinfurter Rechtsanwalt ist mit dem ihm vorliegenden Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg nur bedingt glücklich. Vor wenigen Wochen vertrat er dort eine Flüchtlingsfamilie aus Afghanistan. Vater, Mutter und Kind hatten gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geklagt, welcher ihre Abschiebung vorsah – obwohl der Vater in Afghanistan vom mächtigen Warlord Hadschi Almas bedroht wurde.

Als Soldat hatte der jetzige Flüchtling 1991 auf Befehl seines Kommandanten zwei Mudschaheddin, ihrerseits Neffen des Warlords, erschossen. Mehrfach war er daraufhin, zunächst allein, dann mit seiner jetzigen Frau, innerhalb Afghanistans und auch über die Landesgrenze in den benachbarten Iran geflüchtet. Almas spürte ihn immer wieder auf und bedrohte ihn. Seine Eltern, sein Bruder und seine Neffen wurden von dem Warlord 1993 in Kabul regelrecht hingerichtet.

Bundesamt: „Blutrachezoll” ist ausgeglichen

Das für die Flüchtlingsfamilie zuständige Bundesamt sieht in all diesen Umständen keinen Grund, der gegen eine Abschiebung sprechen würde. Ganz im Gegenteil: Selbst wenn man der Geschichte Glauben schenke, so die Argumentation des Amtes, sei der „Blutrachezoll“ zwischen dem Familienvater und dem Warlord Almas ja jetzt ohnehin ausgeglichen.

Das Verwaltungsgericht Regensburg wies die Klage der Familie gegen den Bescheid in großen Teilen ab. Der Grund: „Nach Auffassung der Richterin seien die Angaben meines Mandanten widersprüchlich gewesen“, sagt Schürkens. Dabei gehe es jedoch nicht um Widersprüche innerhalb der Aussage vor Gericht, sondern um Unterschiede zu Angaben, die der Flüchtling bei der Vernehmung durch das BAMF gemacht hat. Diese Differenzen erklärt der Rechtsanwalt auch mit „der Art und Weise, wie da die Flüchtlinge vernommen werden.“

Mutter erhält Abschiebungsverbot, Vater und Tochter können auf Aufenthaltserlaubnis hoffen

Dennoch dürfte die Familie zumindest vor der Abschiebung aus der Bundesrepublik geschützt sein, so Schürkens. Die Ehefrau des in Afghanistan bedrohten Mannes erhält nämlich einen Abschiebungsschutz, weil sie schwerkrank ist und am Tag bis zu zwanzig verschiedene Medikamente einnehmen muss. „Damit wird auch die Familie eine Aufenthaltserlaubnis kriegen, aber eben keinen Flüchtlingsschutz.“

Auf die Frage, ob er die Entscheidung des Verwaltungsgerichts anfechten wird, reagiert der Anwalt nachdenklich. In gewisser Weise seien ihm die Hände gebunden. Der Grund: „Beim Asylverfahren gibt es keinen sogenannten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.“ Diese Zweifel sind aber eine Voraussetzung für eine mögliche Berufung.

Schutz vor Abschiebung nur durch schwere Krankheit

So ist es letztlich eine bittere Ironie, dass die Familie voraussichtlich ausgerechnet aufgrund des katastrophalen psychischen und körperlichen Zustands der Mutter in Deutschland bleiben darf. Im Umkehrschluss heißt das nämlich auch, dass im Falle einer Genesung – für Schürkens eine „langfristige Sache“ – eventuell das Abschiebungsverbot und damit auch die Aufenthaltserlaubnis von Vater und Tochter widerrufen werden könnten.

Bedenken in diese Richtung hat der Anwalt, der sich auf Asyl- und Ausländerrecht spezialisiert hat, allerdings nicht. „Beim Abschiebungsverbot ist keine Überprüfung vorgesehen.“ Er glaube nicht, „dass da nochmal etwas kommt.“

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