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Volkstrauertag und Heldengedenkfeier

„So schnell kann das kollektive Gedächtnis vergessen“

Vor genau 60 Jahren wurde der Volkstrauertag in der Bundesrepublik Deutschland wieder eingeführt. Er geht zurück auf das Jahr 1919. Damals schlug der VDK (Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge) vor, einen zentralen Feiertag für die gefallenen Soldaten des ersten Weltkrieges einzuführen. 1922 gab es eine erste Gedenkstunde im Reichstag. In der Weimarer Republik wurde der Volkstrauertag vor allem von Konservativen und Nationalliberalen zelebriert. Ein gesetzlicher Feiertag wurde er erst 1934 – damals war er von den Nazis schon zum „Heldengedenktag“ umgewidmet worden. 1952 wurde er in der BRD als „Volkstrauertag“ wieder eingeführt „im Gedenken an die Kriegstoten und Opfer der Gewaltherrschaft aller Nationen“. Wie wird der Volkstrauertag heute begangen? Ein Vergleich.

Ein Gastbeitrag von Emil Mosebach und Mathias Roth

"Heldengedenkfeier" in Donaustauf. Rechts im Bild: Bürgermeister Jürgen Sommer.

“Heldengedenkfeier” in Donaustauf. Rechts im Bild: Bürgermeister Jürgen Sommer.

Zu einer „Heldengedenkfeier“ lud der Markt Donaustauf am 17. November. Leicht verspätet positionieren sich dort die Mitglieder des „Krieger- und Soldatenvereins Donaustauf/ Sulzbach“ mit Fackeln. Auch die örtliche Blaskapelle findet sich ein. Vor dem Kriegerdenkmal, das an die deutschen Soldaten des 1. und 2. Weltkrieges erinnert, brennen Kerzen. An der Straßenseite gegenüber versammeln sich einige Bürgerinnen und Bürger, um dem Spektakel zu folgen. Gegen 19:30 Uhr kommen von der Kirche knapp 50 Menschen mit Fackeln, die von einem Trommelmarsch begleitet werden, vom Gottesdienst. Der Bürgermeister, einige Gemeinderäte, Soldaten, Ministranten und die Freiwillige Feuerwehr sind unter ihnen.

Bevor Bürgermeister Jürgen Sommer (SPD), selbst Mitglied im Krieger- und Soldatenverein, seine Rede halten wird, folgt noch ein kurzes Stück der Blaskapelle, der Kirchenchor singt „Selig sind die Toten“ und die Gemeinde betet das Vaterunser und ein Ave Maria.

„Das Friedenswerk eines vereinten Europas beschert“

„Verehrte Gemeinde, wir haben uns am Volkstrauertag zusammengefunden, um den Gefallenen aller Nationen der beiden schrecklichsten Kriege, welche die Menschheit bisher kennt, zu gedenken“. So beginnt Jürgen Sommer seine Rede. Er spricht anschließend von den „Ehemännern, Vätern, Söhnen und Brüdern“ der Donaustaufer Gemeinde, die in Wehrmacht und dem deutschen Heer gekämpft haben und „nicht umsonst gefallen sind“, denn sie haben „das Friedenswerk eines vereinten Europas beschert“.

Die Schuld am Krieg liegt für ihn in der „Dummheit des Menschen“. Auch ist für ihn „Der Mensch … einfach zu dumm, um sich an das unendliche Leid der Kriege nach ein paar Jahren des Friedens noch zu erinnern“. Deshalb sprechen die „Toten … zu uns und durch uns“. Sie sollen an die „Schlachtfeldern der Weltgeschichte erinnern … an Verdun, El Alamein, Stalingrad! Diese Namen stehen beispielhaft als Platzhalter für das Grausamste, das die Welt, die angeblich menschliche Intelligenz, die uns doch vom Tier unterscheidet, hervorgebracht hat: den Krieg!“

Dass der Krieg bzw. die Wehrmachtssoldaten auch aus Donaustauf Mitschuld und Täter an der Vernichtung der europäischen Juden und Jüdinnen waren und dass neben den Schlachtfelder noch Unvorstellbareres wie z.B. die Vernichtungslager in Auschwitz, Treblinka und Sobibor gab erwähnt Sommer nicht.

„We shall overcome“

Im Hinblick auf „die aktuellen Geschehnisse in Donaustauf“ (gemeint ist die Debatte um die Umwandlung der Pension Walhalla in eine Flüchtlingsunterkunft) appelliert er an den „Frieden innerhalb unserer Gemeinde“, der „Grundlage und Auftrag unseres Handelns zum Wohle unserer Heimatgemeinde und zum Wohle der Menschlichkeit sein“ müsse.

Am Ende singt der Kirchenchor das Lied „We shall overcome“ und Jürgen Sommer übersetzt für die etwa 80 Anwesenden: „Wir werden es überwinden“.

Volkstrauertag in Regensburg.

Volkstrauertag in Regensburg.

Anderer Ort andere Zeit, doch dasselbe Anliegen. Die Stadt Regensburg begeht am Sonntag (18. November) wie jedes Jahr im Stadtpark beim Kriegerdenkmal „Unter den Linden“, den Volkstrauertag. Wie jedes Jahr finden sich hier Feuerwehrleute, Trachtler und diverse Politikerinnen und Politiker ein.

Der Jugendchor der Regensburger Domspatzen, das militärischem Zeremoniell der bewaffneten Bundeswehrsoldaten, die Rede von Oberbürgermeister Hans Schaidinger und das Gedenken „aller Opfer der beiden Weltkriege“ bilden hier das Rahmenprogramm.

Deutschlandfahnen verhüllen Schmierereien

Doch irgendwie scheint die Stimmung an dem vernebelten Sonntagmittag angespannt zu sein. Auf dem Kriegerdenkmal hängen zwei große Deutschlandfahnen. Einer der knapp 70 Zuschauer fragt einen anderen, warum das Kriegerdenkmal verhüllt sei, der antwortet: „In der Nacht haben Schmierfinken das Kriegerdenkmal geschändet“. Und in der Tat sind die Flaggen nicht wirklich groß genug, um zu verbergen, dass da irgendetwas hingesprüht wurde. „Deutsche Täter sind keine Opfer“ wird man noch einige Tage später dort lesen können. Die Medien gehen darauf durchweg nicht ein. Die Polizei wird in einer Pressemitteilung einige Tage später bekannt geben: „Aufgrund der so angebrachten Aussagen ist derzeit davon auszugehen, dass die Schmierereien aus dem linken Spektrum herrühren“.

Denkmal_am_naechsten_TagDann beginnt Schaidinger mit seiner knapp 20 Minuten langen Rede. Offenbar war ein anderer Redenschreiber am Werk als im vergangenen Jahr. Im Gegensatz zu 2011 ist seine Rede dieses Mal nicht vom Geist der 50er Jahre geprägt, sondern im 21. Jahrhundert angekommen.

Eine Rede im Geist von Joschka Fischer

Schaidinger spricht davon „das Krieg bis heute die große Geißel der Menschheit ist…[und] noch immer allgegenwärtig“ sei, dass aber die EU „mit 500 Millionen Menschen zur größten Friedensbewegung unserer Zeit geworden ist“, und ihre deutsche Friedensarmee die „Bundeswehr in zahlreichen Ländern an Einsätzen zur Herstellung, Sicherung oder Bewahrung des Friedens beteiligt“ sei. „Denn gerade für die „Deutschen ist es wichtig, dass diese Einsätze den drohenden Ausbruch von Gewalt verhindern oder bewaffnete Auseinandersetzungen und Kriege beenden sollen“. Ein Joschka Fischer, der mit einer ähnlichen Argumentation den Jugoslawienkrieg 1999 rechtfertigte, wäre auf diese Rede stolz gewesen.

Doch genau wie seinerzeit Fischer hat auch der OB beim Volkstrauertag mit Protest zu kämpfen. Fast zeitgleich mit Schaidingers Worten „Heute, 67 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, tun sich besonders jüngere Menschen schwer damit, die Bedeutung und den Sinn des Volkstrauertags nachzuvollziehen“ entrollt eine Handvoll Demonstranten ein Transparent mit der Aufschrift „Deutsche Täter sind keine Opfer“ und zeigt eine Flagge von „SJD – Die Falken“.

„Oma, Opa und Hans Peter – keine Opfer sondern Täter“

Der Oberbürgermeister schaut auf, stockt kurz, fährt aber nach einigen Sekunden mit seiner Rede fort. Die Zuhörenden können von dieser einige Minuten nicht viel verstehen, da die Demonstrantinnen unter anderem „Oma, Opa und Hans Peter – keine Opfer sondern Täter“, „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus“ und „Nie wieder Deutschland“ rufen. Die anwesende Polizei und zwei Männer von der Freiwilligen Feuerwehr Regensburg drängen die „Störer“, „Linksfaschisten“ und „Spinner“, wie sie im Publikum genannt werden, weg.

protestSchaidinger lässt sich von alldem scheinbar nicht beeindrucken und fordert am Schluss seiner Rede dazu auf, der Opfer von Krieg und Gewalt zu gedenken. Dazu zählen, so Schaidinger, auch jene „Soldaten, die in beiden Weltkriegen gefallen sind, die in Gefangenschaft gestorben oder auch heute noch vermisst sind“ und hierbei kann er ideologisch wieder an der Rede vom letzten Jahr andocken, denn auch dort stilisierte er die Wehrmachtsoldaten unterschiedslos zu Opfern des Krieges. Ein altes Thema von Hans Schaidinger – war er doch auch einer derjenigen, der in den 90ern mit Verve und im selben Tonfall wie die Nationalzeitung gegen die Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“ wetterte. Und diese Mär von der unbefleckten Wehrmacht pflegt er noch heute.

Einen Satz in Schaidingers Rede dürften allerdings sowohl die Demonstranten wie auch die Anwesenden unterschreiben können: „So schnell kann das kollektive Gedächtnis vergessen“. Allerdings unter unterschiedlichen Vorzeichen.

Advent, Advent...

Stadtrats-Adventskalender 12: Stadtrats-Poesie und der Charme des Schweigens

Manch vermeintliche Überraschung in einem Adventskalender entpuppt sich beim ersten Probieren als unspektakulär, langweilig, fade. Auf jeden Fall nicht mehr als das Übliche. Manchmal ist die Schokolade schon ein wenig zerbröselt, zerdrückt, vielleicht unter großer Hitze ein wenig angeschmolzen. Heute: Benedikt Suttner (ödp) und Dr. Ewa Schwierskott-Matheson (Grüne).

Advent, Advent...

Stadtrats-Adventskalender 11: Traatschi von Klatschow

Nicht jede Süßigkeit in einem Adventskalender ist bei allen gleich beliebt. In einem Jahr kann es sein, dass alle Freunde und Bekannten sich für Negerküsse begeistern, im anderen ist plötzlich derjenige mit den Negerküssen ein Außenseiter, ein Spinner gar, mit dem man doch nie etwas zu tun haben wollte. Heute: Dr. Gero Kollmer (CSB).

In eigener Sache: Redaktions-Urlaub

Liebe Leserinnen und Leser, Sie haben es vielleicht schon geahnt: Die Redaktion geht bis Anfang Januar in ihren wohlverdienten Jahresurlaub. Bis zum 24. Dezember werden noch sämtliche Türchen in unserem Adventskalender geöffnet, damit Sie ihre Stadträtinnen und Stadträte auch komplett kennenlernen. Ansonsten werden wir uns allenfalls sporadisch zu Wort melden. Wir bedanken uns bei allen […]

Advent, Advent...

Stadtrats-Adventskalender 10: Enttäuschte Erwartungen

Advent – das ist die Zeit der Erwartung. Auf die Ankunft des Herrn, wie es gemeinhin heißt. Mancher Herr oder manche Dame im Stadtrat hätte sich sicher auch von seiner politischen Zukunft vieles erwartet. Die Stadt und nebenbei sich selbst voranzubringen zum Beispiel. Vielleicht hätte man sich aber auch vom einen oder anderem Stadtrat etwas, vor allem etwas mehr erwartet. Heute im Adventskalender: Petra Betz (CSU) und Dr. Jürgen Pätz (FDP).

Advent, Advent

Stadtrats-Adventskalender, Folge 9

Das Adventskalenderwesen hat in den letzten Jahren einen echten Aufschwung erfahren. Nicht mehr nur Schokolade oder Bildchen verbergen sich hinter den 24 Türen; das ist für die heutige Zeit ja viel zu berechenbar. Tee, Sinnlosigkeiten wie Krawattennadeln oder Serviettenringe, Comicfiguren oder Schlüsselanhänger verbergen sich vor allem in zahlreichen selbstgemachten Adventskalendern und sollen die Beglückten in Verzückung versetzen. Verzückung versprechen wir beim Stadtrats-Adventskalender von Regensburg Digital nicht; auch die Überraschung hält sich angesichts eines übersichtlichen Pools an 51 möglichen Personen in Grenzen. Doch der genaue Zeitpunkt des Auftretens bleibt Redaktionsgeheimnis. Heute im Portfolio: Josef Zimmermann, CSU, und Margot Neuner, SPD.

Advent, Advent

Stadtrats-Adventskalender, Folge 7

Der Begriff “Advent” bezeichnet nicht nur die Vorweihnachtszeit. Auch ein US-amerikanischer Private-Equity-Fond trägt diesen Namen. Aktuell plant Advent die Übernahme des Kosmetik-Riesen Douglas. Unternehmen wie dieses gelten ja zumindest in kapitalismuskritischen Kreisen gerne als “Heuschrecken”. Als biblische Plage wird der Stadtrats-Adventskalender hoffentlich nicht wahrgenommen. Aber Kosmetik gibt’s auch nicht wirklich. Deshalb gibt es heute in der Rubrik “Stadträte ungeschminkt”: Thomas Burger und Eberhard Dünninger.

FilmRISS: Kritik zu „Oh Boy“

Nur eine Tasse Kaffee

Im Großstadt-Film „Oh Boy” wandelt ein grandioser Tom Schilling durch die schwarz-weiß-grauen Straßen Berlins. Ein sympathischer Streifen, in dem es dankenswerterweise einmal nicht um Leben und Tod geht, sondern lediglich um eine Tasse Kaffee.

Advent, Advent...

Stadtrats-Adventskalender, Folge 6

Nicht über jede Süßigkeit im Adventskalender freut man sich gleichermaßen. Die eine mag ein schneller Haps sein, kaum der Rede wert und schnell verdaut. Die andere ist aus vielen Zutaten gemacht, geschmacklich fein oder zumindest ungewöhnlich, doch schwer im Magen liegend. Heute: Elisabeth Christoph (SPD) und Herbert Schlegl (CSU).

Advent, Advent...

Stadtrats-Adventskalender, Folge 5

4.100.000 Google-Treffer werden angezeigt, wenn man die Begriffe “Adventskalender Gewinnspiel” eingibt. Die meisten Teilnehmer gehen leer aus, dafür haben die Anbieter die Namen und andere persönliche Daten eingeheimst. Hier läuft es etwas anders: Die Namen der Teilnehmer sind schon vorher bekannt, und zu gewinnen gibt es nichts – außer der Ehre, hinter einem Türchen vom […]

Vorschlag offenbart Differenzen in der Koalition

Bezahlbarer Wohnraum: Verwaltung fordert höhere Auflagen für Bauherren

Um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, will die Verwaltung die Auflagen für Investoren verschärfen. Die Debatte im Stadtrat offenbart: Gerade jene, die vorgeben, in punkto Wohnraumförderung alles und das auch noch besser zu wissen, scheinen sich mit dem Thema nicht wirklich beschäftigt zu haben.

Advent, Advent...

Stadtrats-Adventskalender, Folge 4

Dieses Jahr haben ja alle Angst vor mit Öl verunreinigten Adventskalendern. Angeblich kommt er aus der Farbe, mit der die Pappe bedruckt ist. So ein Glück, dass Regensburg Digital völlig papierfrei auskommt! So muss sich auch niemand vor verunreinigten Leckerlis fürchten und kann unseren Stadtrats-Adventskalender völlig unbeschwert und bedenkenlos genießen. Hinter dem heutigen Türchen warten Dr. Wolfgang Mache und Peter Welnhofer.

Advent, Advent...

Stadtrats-Adventskalender, Folge 1

Beate Uhse hat einen, Autobild, die Bundesliga und Takko auch: einen Adventskalender. Da darf Regensburg Digital nicht fehlen! Bis Weihnachten öffnen wir jeden Tag ein Türchen und präsentieren bis zum großen Finale am 24. Dezember in heiter-ironischem, Ton, aber immer liebevoll und hoffentlich angemessen festlich zwei bis drei Stadtratsmitglieder. Die erste (etwas verspätete) Folge: Günther […]

Toni Deboni: Krimis für die Westentasche

Seit 2009 hat Regensburg einen neuen, heimlichen Krimi-Helden: Toni Deboni – ein obercooler Motorradfahrer, der Sprüche klopft und den Frauen nachstellt, ein Bier trinkender und fluchender Grobian mit Sinn für soziale Gerechtigkeit. Zunächst als Hauptkommissar in Zürich, löst Toni Deboni schon bald seine Fälle als privater Ermittler in Regensburg. Fünf spannende Bände sind inzwischen erschienen, […]

Umfrage zum Semesterticket beendet

Studenten stimmen für teureres Solidarmodell

Die Studenten haben abgestimmt: Das Semesterticket soll erhalten bleiben, am liebsten ist über 70 Prozent ein Solidarticket für 72 Euro. Das Opt-in-Modell, das als Kompromiss aus Verhandlungen zwischen Studenten, Stadt, Landkreis und RVV hervorgegangen ist, lehnen sie mehrheitlich ab. Ob die Variante eines Solidartickets zu diesem Preis machbar ist, ist noch unklar. Für das Studentenwerk würde das möglicherweise ein unkalkulierbares Risiko bedeuten.

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