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Dilan H. ist ein schwer kranker Mann. Der 47jährige leidet unter paranoider Schizophrenie und einem posttraumatischem Belastungssyndrom. Er steht deshalb seit mehreren Jahren unter gesetzlicher Betreuung. Um Vermögens- oder Wohnungsangelegenheiten, Gesundheitsfürsorge und die Vertretung vor Ämtern und Behörden kümmert sich sein gesetzlicher Vertreter – eigentlich. Anfang September wurde Dilan H. vom Regensburger Amtsgericht zu einer Geldstrafe verurteilt – ohne seinen Betreuer, ohne einen Verteidiger. Die Verhandlung wurde durchgezogen, obwohl offensichtlich war, dass Dilan H. nicht wusste, worum es überhaupt ging (unser Bericht vom 21. September). Der Fall wurde in unserem Forum kontrovers diskutiert. Nun hat sich der Betreuer von Dilan H., der Regensburger Rechtsanwalt Heinrich Frohnauer, zu Wort gemeldet und das Vorgehen des Gerichts kritisiert.

Warum wurde der Betreuer nicht informiert?

Frohnauer hat erst im Nachhinein und eher zufällig von der Verhandlung erfahren – eine Prozessbeobachterin rief ihn nach dem Urteil an. Gericht und Staatsanwaltschaft hatten ihn zuvor schlicht nicht informiert. Ein Vorgang den Frohnauer vor dem Hintergrund seiner langjährigen Erfahrung als Betreuer als „einmalig“ bezeichnet. „Wenn ein Verfahren gegen jemanden läuft, den ich betreue, muss ich informiert werden. Das war bisher auch immer der Fall.“ Frohnauer hat Berufung gegen das Urteil eingelegt. Mittlerweile liegt im das Protokoll der Verhandlung vor. „Mit den Grundsätzen eines ‘Fair Trial’ (Recht auf ein faires Verfahren, Anm. d. Red.) hatte das alles nichts zu tun“, sagt er.

Angeklagter wusste nicht, worum es ging

Wie berichtet, hatte die Richterin ihre liebe Mühe mit Dilan H.. Die Staatsanwaltschaft hatte den Iraker wegen Beleidigung und Körperverletzung angeklagt und sechs Monate Haft gefordert. Doch darüber schien der sich nicht wirklich im Klaren zu sein. Mehrfach versuchte Dilan H. stattdessen, sich am Richtertisch wegen einer ominösen Geldforderung Gehör zu verschaffen, die mit dem Verfahren nichts zu tun hatte. Marion Puhle, Vertreterin des Regensburger Flüchtlingsforums, war eher zufällig bei Gericht. Sie klärte die Richterin schließlich über die Krankheit und den Betreuer des Angeklagten auf. „Spätestens da hätte es klingeln müssen“, kritisiert Frohnauer nun. „Zumindest hätte die Verhandlung unterbrochen und ich verständigt werden müssen.“ Dilan H. habe weder die Anklage verstanden, noch habe er der Verhandlung folgen können. „Die Strafprozessordnung sieht vor, dass jemandem, der sich nicht selbst verteidigen kann, ein Verteidiger zugeordnet wird. Wenn das hier nicht der Fall war, wann dann?“ Aufgrund seiner Krankheit hätte auch geprüft werden müssen, ob Dilan H. überhaupt schuldfähig ist, so Frohnauer.

Pragmatische Lösung?

Am Ende ließ das Gericht den Vorwurf der Körperverletzung fallen und verurteilte Dilan H. wegen Beleidigung zu zehn Tagessätzen á fünf Euro. Eine niedrige Geldstrafe – lohnt da die Aufregung, eine Berufung, ein erneutes Verfahren? War das nicht eine pragmatische Lösung? „Jeder hat ein Recht auf ein faires Verfahren“, sagt Frohnauer dazu. „Wenn man mit Pragmatismus argumentiert und nicht mit rechtsstaatlichen Prinzipien, dann können wir aufhören.“ Bis nächste Woche wird Frohnauer seine Berufung begründen. Wegen der niedrigen Geldstrafe kann das Landgericht Regensburg deren Annahme allerdings ablehnen.

In eigener Sache: Kirchlicher Maulkorb aufgehoben!

Im Rechtsstreit mit der Diözese Regensburg hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg der Berufung unserer Redaktion heute in vollem Umfang stattgegeben (Az 7U 38/11). Damit dürfen wir nach eineinhalb Jahren Maulkorb wieder die Meinung vertreten, dass die Diözese Regensburg durch ihr Verhalten bei einem Missbrauchsfall in Viechtach 1999 wesentlich dazu beigetragen hat, dass die Verbrechen eines Priesters nicht öffentlich wurden und er so später erneut einen Ministranten sexuell missbrauchen konnte.

Menschenrechte auf der Bühne

Geschichten von Leid, politischen Missständen und Menschenrechtsverletzungen, aber auch von zivilgesellschaftlicher Arbeit und politischem Widerstand – davon erzählt die „Bühne für Menschenrechte“. Mit dokumentarischen Theaterstücken will der Berliner Verein mehr öffentliche Aufmerksamkeit für Menschenrechtsfragen schaffen. Am Samstag, 19 Uhr, wird im Großen Dollingersaal in Regensburg (Altes Rathaus) mit den „Asyl-Monologen“ die erste Produktion aufgeführt. Asyl-Suchende […]

Koalition: Unpolitischer Knatsch der Alphatiere/ Update: Schaidinger legt nach

Bürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) und Oberbürgermeister Hans Schaidinger sind gestern öffentlichkeitswirksam aneinandergeraten. Doch nur vordergründig geht es dabei um ein Sachthema. Der SPD nutzt der Streit um persönliche Eitelkeiten. Sie gewinnt in Person von Wolbergs an Profil, ohne ihren politischen Schmusekurs aufgeben zu müssen.

Eskalation bei Routineeinsatz

30 Tagessätze wegen vorsätzlicher Körperverletzung – so lautet das Urteil des Amtsgerichts Regensburg gegen den 25jährigen Stefan S. (Name geändert). Er soll einem Polizeibeamten mit der Hand ins Gesicht geschlagen und ihn dabei an Stirn und Oberlippe verletzt haben. Zwei Jahre hatten sich die Ermittlungen in diesem Fall hingezogen, der sich im Oktober 2009 bei einem eigentlich harmlosem Polizeieinsatz in einer McDonalds-Filiale abgespielt hat. Regensburg-Digital hat mehrfach darüber berichtet.

In eigener Sache: Berufung im Rechtsstreit mit Diözese am 18. Oktober

Im Rechtsstreit zwischen der Diözese Regensburg und regensburg-digital findet am 18. Oktober, 12.15 Uhr, die Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Hamburg statt (Sitzungssaal 210, Justizgebäude I, Sievekingplatz 2). Die Diözese hat unsere Redaktion im vergangenen Jahr wegen eines Kommentars zu ihrem Umgang mit Opfern von sexuellem Missbrauch verklagt. Konkret geht es um den “Fall Riekofen”. Das Landgericht Hamburg hat dieser Klage am 11. März 2011 stattgegeben. Wir haben dagegen Berufung eingelegt. Am kommenden Dienstag findet nun die mündliche Verhandlung statt.

Bischöfliche (K)lagebewertung: Missbrauchsopfer sind bestürzt

Eine Stellungnahme, die das bischöfliche Ordinariat Regensburg gegenüber der Bayerischen Staatszeitung abgegeben hat, sorgt für Bestürzung und Wut bei Missbrauchsopfern. Es geht um ein Buch, in dem Betroffene von sexuellem Missbrauch ihre Geschichte erzählen. Folgt man dem Bericht, schließt das Ordinariat eine Klage dagegen nicht aus. Alles hängt offenbar davon ab, welche Öffentlichkeit das Buch erreicht.

Berlin beschert den Piraten Zulauf

„Internetpartei“, bei dem Wort rümpfen sie die Nase, es gilt schon fast als Schimpfwort. „Das ist nur ein Klischee“, heißt es dann. In der Anfangsphase sind die Piraten oft belächelt worden – als Spartenpartei, Protestpartei, die keine ernstzunehmende Politik betreiben könne. Am Samstag wurde in Regensburg der Bezirksparteitag der Piraten abgehalten.

„Besondere Sorgfalt“

Bahnbrechende Erkenntnisse. Solche zeitigt die Diskussion um die Bodenplatte vor dem ehemaligen KZ-Außenlager Colosseum in Stadtamhof. In einer Vorlage von Kulturreferent Klemens Unger, über die der Regensburger Kulturausschuss am Donnerstag (17 Uhr, Altes Rathaus) berät, wird festgestellt, dass in Regensburg „neuerlich eine Diskussion zum Umgang mit der Gedenkkultur bezüglich der Opfer des Nationalsozialismus entstanden“ sei. […]

Brisantes im Naturkundemuseum

„Isotopen-Signaturen von Jagd- und Kriegsmunition in der Umwelt“. Wirklich spannend hört sich der Titel des Vortrags nicht an, der am Donnerstag (19.30 Uhr) im Naturkundemuseum in Regensburg stattfindet. Dabei birgt der Abend Einiges an Brisanz. Der Geochemiker Professor Peter Horn widmet sich dabei nämlich insbesondere dem Thema Uranmunition.

CSU-Streit: „Geistige Fußfessel“ bleibt

Verstößt die Geschäftsordnung der Regensburger CSU-Fraktion gegen das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung? Enthält sie einen unzulässigen Fraktionszwang? Verletzt sie den Grundsatz des freien Mandats? Das Verwaltungsgericht Regensburg hat es am Mittwoch abgelehnt, sich mit dieser Frage zu befassen. Die Kammer unter Vorsitz von Dr. Hans Korber wies stattdessen die Klage der beiden Stadträte Franz Rieger und Hermann Vanino als unzulässig ab. Eine Berufung wurde nicht zugelassen.

„Oh Du, mein Ackermann!“

Was waren das noch für Zeiten, als Kasperlhausen den Nabel der Welt und König Hans das Maß aller Dinge darstellten – doch das ist nun vorbei. In seinem neuen Kasperlstück für Erwachsene („Kasperl stoppt die Finanzkrise“) lässt Larifari-Macher Christoph Maltz Regensburg hinter sich und seine Puppen auf der großen Bühne der Landes-, Bundes- und Weltpolitik tanzen.

Gentrifizierung: Koalition zankt, Mieterbund fordert Verkaufsstopp

In der großen Koalition ist ein heftiger Streit um die Rolle der Stadtbau GmbH bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum entstanden. In erster Linie betreiben CSU und SPD Vergangenheitsbewältigung. Unterdessen hat sich der Vorsitzende des Mieterbunds, Kurt Schindler, erneut zu Wort gemeldet. Er fordert von der Stadtbau ein klares Bekenntnis gegen weitere Verkäufe in der Altstadt.

Stadtrat zieht Schlussstrich unter Hitler

„Wenn wir so weiter machen, sind wir überregional wieder toll dabei.“ SPD-Stadträtin und Altoberbürgermeisterin Christa Meier ist grau im Gesicht. Seit bald einer halben Stunde debattiert der Regensburger Stadtrat am Donnerstag nun schon über ein Thema, das man heute endgültig vom Tisch haben wollte: die Ehrenbürgerschaft Adolf Hitlers. Und eben gab es den Vorschlag der Grünen, den entsprechenden, „gut gemeinten“, Antrag der CSU zu vertagen.

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