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Analyse

Anmerkungen zum Domspatzen-Abschlussbericht

Über zwei Jahren nachdem Rechtsanwalt Ulrich Weber in ein Becken sprang, dessen Tiefe er nicht kannte, ist er mit einem herausragenden Abschlussbericht aufgetaucht. Seine Bedeutung ist umso höher zu bewerten, da seine diözesanen Auftraggeber mit ihren zeitlichen, örtlichen und personellen Einschränkungen bezogen auf die Domspatzen-Einrichtungen offenbar keine umfassende Aufklärung angestrebt, sondern eher einen Befreiungsschlag und wohl eine taktische Befriedung der öffentlich aufgetretenen Betroffenen angestrebt haben. Eine kritische Auseinandersetzung.

Weber und sein der Co-Autor Johannes Baumeister, der die wissenschaftliche Auswertung und Bearbeitung der erhobenen Datenschätze leistete und bis 2016 fünf Jahre lang Finanz-Geschäftsführer des SSV JAHN Regensburg war, haben die Stimmen der von sexualisierter und körperverletzender Gewalt Betroffenen gebündelt und das seit 2010 vielfach und massiv geschilderte Ausmaß der Übergriffe bestätigt.

Rechtsanwalt Ulrich Weber und sein der Co-Autor Johannes Baumeister haben in ihrem Bericht die Stimmen der von sexualisierter und körperverletzender Gewalt Betroffenen gebündelt und das seit 2010 vielfach und massiv geschilderte Ausmaß der Übergriffe bestätigt. Foto: Werner

Der neulich veröffentlichte Abschlussbericht von Rechtsanwalt Ulrich Weber („Vorfälle von Gewaltausübung an Schutzbefohlenen bei den Regensburger Domspatzen“) hat die Debattenlage in Regensburg wesentlich verändert. Seine sehr reichhaltige Materialfülle und wichtigen Ergebnisse sind von wegweisender Bedeutung und dürften das diffamierende Gerede, die öffentliche auftretende Betroffenen seien vor allem Kirchenfeinde, geldgierige Figuren und oder Trittbrettfahrer, zumindest eindämmen.

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Mit einem Wink gegen den vormaligen Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller stellt der Bericht fest: Die Vorfälle in den Einrichtungen der Domspatzen haben „nichts mit postfaktischen Angaben zu tun, um die Kirche oder die Domspatzen in Misskredit zu bringen“, sondern seien trauriger Teil der Domspatzen-Geschichte, der eine entsprechende Aufklärung, Aufarbeitung und Würdigung verlange. (S. 17)

Bemerkenswerterweise kommen im Bericht auch viele ehemalige Domspatzen zu Wort, die sich aus ihrer Erfahrung und Sichtweise heraus für eine positive Bewertung des Schulinternats einsetzen. Viele dieser Ehemaligen versuchten nach 2010 mit ihrer Sicht die leidvollen Erfahrungen anderer zu übertünchen oder zumindest zu relativieren. Nicht wenige tun dies bis heute, etwa in der identitären Facebook-Gruppe, die den programmatischen Namen „Ehrengruppe für Georg Ratzinger“ trägt auch von prominenten Mitgliedern, wie dem Leiter der Staatlichen Bibliothek Regensburgs und dem MZ-Redakteur Helmut E. Wanner, unterstützt wird.

Erste Einordnungen und Würdigungen

Weber und sein der Co-Autor Johannes Baumeister, der die wissenschaftliche Auswertung und Bearbeitung der erhobenen Datenschätze leistete und bis 2016 fünf Jahre lang Finanz-Geschäftsführer des SSV JAHN Regensburg war, haben die Stimmen der von sexualisierter und körperverletzender Gewalt Betroffenen gebündelt und das seit 2010 vielfach und massiv geschilderte Ausmaß der Übergriffe bestätigt. Ebenso wurde eine Vielzahl von Tätern in abgekürzter, teils verschlüsselter Form benannt.

In ihrer juristisch gehaltenen Analyse zeigen die Berichterstatter Weber und Baumeister neben den Taten und ihren Folgen für die Betroffenen auch das Versagen der damals Verantwortlichen und das problematische Ziel eines leistungs- und erfolgsorientierten Chorbetriebs sehr eindrücklich auf. Diesem habe man das Wohl der einzelnen Schüler untergeordnet und damit Gewalt als Erziehungsmittel legitimiert. Andere systemische Gründe oder persönliche Motive der Täter zu erforschen, überlässt der Bericht ausdrücklich den nachfolgenden Sozialwissenschaftlern.

AbschlussberichtDer Abschlussbericht selber dient aktuell auch als Grundlage für die vom Bistum 2016 in Auftrag gegebene und laufende sozialwissenschaftliche Studie der Kriminologischen Zentralstelle e.V. Wiesbaden (KrimZ). Die KrimZ wird zur vertiefenden Analyse unter anderem Interviews mit Betroffenen führen, Abschlussergebnisse werden zum Januar 2019 erwartet.

In einer moderaten Kritik rekapitulieren Weber und Baumeister den Umgang des Bischöflichen Ordinariats mit den Vorfällen ab 2010 und bestätigen der heutigen Domspatzen-Leitung einen Wandel und ein Umdenken in der Führung ihrer Einrichtungen. Eigenartigerweise ohne diesen Aspekt näher untersucht zu haben bzw. die Bewertung nachvollziehbar belegen zu können.

Der Bericht wurde alsbald von vielen Seiten gewürdigt. Am Aufklärungs- und Aufarbeitungsprozess beteiligte ehemalige Domspatzen zollten den Berichterstattern bereits kurz nach der Präsentation Respekt und äußerten Genugtuung hinsichtlich der Bestätigung ihrer Sicht. Bischof Voderholzer dankte in einem Hirtenwort den beteiligten Betroffenen, die den „wichtigsten Beitrag zu dieser Arbeit“ geleistet hätten. 

Dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, zufolge könne man dem Bericht „richtig lehrbuchhaft“ entnehmen, dass bei den Domspatzen klare Abhängigkeitsstrukturen und ein System der Angst geherrscht habe. Rörig erklärte dem Kölner Domradio gegenüber, es sei ihm wichtig, dass auch andere „im kirchlichen wie außerkirchlichen Bereich Tätigen genau schauen, was in Regensburg jetzt ans Licht gekommen ist“, um zu verhindern, dass Kinder in Familien und anderen Einrichtungen eine ähnliche Gewalt erleiden müssen.

Der Sozialpsychologe Dr. Heiner Keupp, der an Studien über sexualisierte Gewalt in dem Benediktinerstift Kremsmünster und der Benediktinerabtei Ettal mitarbeitete, 
bezeichnete den Abschlussbericht von Weber und Baumeister gegenüber unserer Redaktion als „herausragend wichtige Arbeit“ und reichhaltige Grundlage für weitere wissenschaftliche Forschungen. Heiner Keupp, seit 2008 emeritierter Hochschullehrer, ist unter anderem Mitglied der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs und würde es begrüßen, wenn der Domspatzen-Abschlussbericht in der von ihm herausgegeben Buchreihe zur Aufarbeitung sexueller Gewalt publiziert werden könnte.

Das Geplänkel um eine geforderte (und im Gegenzug ebenso eingeforderte) Entschuldigung des ehemaligen Regensburger Bischofs Gerhard Ludwig Müller für sein damaliges Verhalten und die Fixierung auf die Rolle des Domkapellmeisters a.D. Georg Ratzinger bestimmen die Medienberichte seither. Was fehlt, ist eine differenzierte öffentliche Auseinandersetzung mit den Resultaten der Studie und den möglicherweise zu ziehenden Konsequenzen.

Einige Aspekte des Berichts werden daher im Folgenden näher und kritisch beleuchtet.

1. Vorgeschichte des Auftrags

„Im Bistum Regensburg wurde von Anfang an alles getan, um die schrecklichen Geschehnisse kleinzureden und unter den Teppich zu kehren.“ Die ehemaligen Domspatzen Udo Kaiser, Georg Auer, Alexander Probst und Michael Sieber beim Katholikentag 2014 in Regensburg. Foto: Archiv/ as

Die ehemaligen Domspatzen Udo Kaiser, Georg Auer, Alexander Probst und Michael Sieber beim Katholikentag 2014 in Regensburg. Foto: Archiv/ as

Im Bericht räumt der (noch vom damaligen Bischof Gerhard Ludwig Müller) im Jahre 2010 mit der Aufklärung von sexuellen und körperlichen Gewalttaten beauftragte Generalvikar Michael Fuchs unverblümt Ratlosigkeit ein. Bald nach den ersten Anerkennungszahlungen für erlittenes Leid aus sexuellen Übergriffen, die gemäß der Empfehlung der Deutschen Bischofskonferenz von Mitte 2010 geleistet worden seien, habe man gemerkt, dass die angedachte Abarbeitung von Einzelfällen nicht ausreichen werde. Die Meldungen von Betroffenen rissen nicht ab, viele Vorfälle konnten nicht wie vorgesehen aufgelöst werden, so Fuchs. Eine Änderung im Vorgehen wurde daraus jedoch nicht abgeleitet. Die Pressekonferenz von November 2014, als der Ansprechpartner des Bistums Regensburg für sexuellen Missbrauch, Dr. Martin Linder, die nicht vorankommende Aufklärung und die dubiosen Zahlen des Generalvikars positiv darstellen sollte, scheiterte grandios. 

In Webers Bericht heißt es dazu: „Gerade die Pressekonferenz von 2014 zeigt auch ein Stück weit Ratlosigkeit, wie wir [das Ordinariat] denn da weiterkommen können, damit es bei den vielen Opfern auch zu einer Heilung und zu einer Genugtuung kommen“ könne (S. 393). Der eigentliche Tiefpunkt in der öffentlichen Wahrnehmung der Diözese kam bald darauf, mit der ARD-Dokumentation „Sünden an den Sängerknaben“ von Mona Botros. Die weitreichende Wirkung der in der Doku gezeigten erschütternde Auftritte von mehreren betroffenen Domspatzen – darunter Georg Auer, Udo Kaiser und Alexander Probst – zwang das Bistum zum Umdenken. Vor allem löste das im Film augenfällig vorgeführte Verhaltensmuster von Vertretern einer offenbar angeordneten Linie der Anerkennungsverhinderung und Relativierung der Übergriffe großes Entsetzen aus. Hervorgetan haben sich dabei seitens der Diözese: der Pressesprecher Bistums Clemens Neck, der Missbrauchsbeauftragte Dr. Martin Linder und beauftragte Rechtsanwalt Geedo Paprotta.

Bald nach dem Film dachte man im Bischöflichen Ordinariat an, einen externen Rechtsanwalt mit dem zu beauftragen, was man selber nicht glaubwürdig leisten konnte: der Aufklärung und Dokumentation aller bekannten körperverletzenden und sexuellen Straftaten. Der letzte Impuls für eine externe Beauftragung kam mit dem Ergebnis einer internen Wahrnehmungsstudie, die Anfang April 2015 ergab: 80 Prozent der Befragten aus diversen Gruppen, die mit den Einrichtungen der Domspatzen geschäftlich zu tun hatten, kritisierten eine mangelnde Aufklärung der Vorfälle und vermuteten ein bewusstes Verzögern durch Verantwortliche (S. 390).

2. Grenzen des Auftrag und Schutz der Institution

Der genaue Wortlaut und die Bedingungen des Vertrags zwischen Rechtsanwalt Weber und der Regensburger Diözese sind nicht bekannt. Die Berichterstatter sollten auftragsgemäß „die Vorfälle von Gewaltausübung durch Erziehungspersonal an Schülern der Regensburger Domspatzen im Zeitraum von 1945 bis 2015“ untersuchen. (S.1) Diese zeitliche, örtliche und personelle Beschränkung ist, wie sich an konkreten Punkten noch zeigen wird, überaus problematisch. Nicht zuletzt deshalb, weil mehrere der in Frage kommenden Täter schon vor 1945 und auch außerhalb der Domspatzen-Einrichtungen übergriffig und straffällig wurden, so etwa die Domspatzen-Direktoren Georg Zimmermann und Franz-Xaver Kolbeck.

Eine Untersuchung der Lebensläufe einiger Täter und Verantwortlicher, die über die zeitlichen und örtlichen Grenzen des Auftrags hinausgeht, hätte zudem eine Vielzahl von personellen Abhängigkeiten und institutionellen Verstrickungen ergeben, die etwa um das ehemalige Regensburger Bischöfliche Knabenseminar Obermünster als Sozialisations-Ort kreisen. Es gibt auffällig viele Personen, die als Zöglinge oder Verantwortliche am Obermünster-Studienseminar und später am „Gewaltsystem Domspatzen“ beteiligt oder damit befasst waren: der Domkapellmeister und Täter Theobald Schrems, der Domspatzendirektor und Täter Friedrich Zeitler, der Domspatzendirektor und Täter Georg Zimmermann, der Domspatzendirektor und Täter Siegfried Lintl, der Domspatzendirektor und Täter Johann Meier, der Domspatzendirektor und (mutmaßliche Täter) Josef K. Der jetzige Leiter der diözesanen Gerichtsbehörde (Gerichtsvikar) in Regensburg, Josef Ammer, war ein Obermünster-Zögling, der aktuelle stellvertretende Leiter des Domspatzen-Internats, Christian Vieracker, publizierte 1999 eine Studie zum Obermünster-Seminar, in der er Kritiker von Prügelstrafen diffamierte. 

Dass Rechtsanwalt Weber auftragsgemäß nur die sexuelle und körperverletzende Gewalt seitens des Personals untersuchen sollte, und nicht auch die innerhalb der Schülerschaft oder die von externen Personen ausgeübte, dürfte ein Versuch der Auftraggeber gewesen sein, eine noch höhere Opferzahl und die damit einhergehende Schädigung des Rufs der Institution „Domspatzen“ zu verhindern. Weber hat diese tendenziöse Grenzziehung im Bericht leider nur ansatzweise problematisiert aber darauf hingewiesen, dass mehrere von ihm nicht überprüfte, aber angedeutete Übergriffe „zwingend für eine entsprechende Sensibilisierung der Verantwortlichen und eine Berücksichtigung in Präventionskonzepten sorgen“ sollten. (FN 1602, S. 227)

Zu verantworten haben die zeitlichen, örtlichen und personellen Beschränkungen die diözesanen Auftraggeber und die aktuelle Leitung der Domspatzen, die trotz ihrer Kenntnis von sexualisierten Gewaltübergriffen gegen Schüler, diese nicht untersucht haben wollten – dazu später ausführlich. Ob und inwieweit Bischof Voderholzer darüber Bescheid wusste, ist unklar.

3. Reflexion und Prävention

Es ist dennoch der Verdienst von Bischof Rudolf Voderholzer, dass er das Gespräch mit Betroffenen bald gesucht und im April 2015 Foto: Archiv/ Staudinger

Es ist der Verdienst von Bischof Rudolf Voderholzer, dass er das Gespräch mit Betroffenen bald gesucht und im April 2015 eine grundlegende Wende eingeleitet hat. Foto: Archiv/ Staudinger

Die von Bischof Voderholzer seit 2013 besonders herausgestellten Gespräche mit Betroffenen dürften bei der externen Vergabe zwar nicht unbedeutend, aber nicht entscheidend gewesen sein. Dies wird gerade daran deutlich, dass Voderholzer sich selbst vor allem als „Leidenden“ oder um Verzeihung Bittenden darstellte und er einen womöglich stattgefundenen persönlichen Bewusstseinswandel nicht nachvollziehbar formulierte. Bei Voderholzer ist, soweit bekannt, keine intellektuelle oder pastoral-theologische Reflexion über lange Zeit vorherrschenden Strukturen erkennbar, aufgrund derer sexueller Missbrauch und systematische Körperverletzungen in kirchlichen Einrichtungen zumindest geduldet, wenn nicht befördert wurde.

Anders als etwa bei jesuitischen Führungskräften in ähnlicher Lage hat in Regensburg bislang kein Bischof oder ein Verantwortungsträger der Domspatzen sein eigenes Tun und (Nicht-)Handeln über eine bloße Betroffenheits- und Entschuldigungsgeste hinaus selbstkritisch und substanziell öffentlich reflektiert.

Dass die Gespräche, die Bischof Voderholzer auch mit Betroffen aus anderen kirchlichen Einrichtungen geführt haben soll, nicht auch in diesem Bereich zu einem offen kommunizierten und klar strukturierten Kurswechsel und der Beauftragung eines externen Rechtsanwaltes führte, bestätigt diese Annahme. Es ist dennoch der Verdienst von Bischof Rudolf Voderholzer, dass er das Gespräch mit Betroffenen bald gesucht und im April 2015, über zwei Jahre nach seiner Inthronisierung als Regensburger Bischof, eine grundlegende Wende im Umgang mit den strafrechtlich relevanten Übergriffen in den Domspatzen-Einrichtungen vollzogen hat. Die externe Vergabe der Aufklärung hat ihm nicht nur Freunde und Zustimmung beschert.

In hohem Maße zweifelhaft sind die seit 2010 öffentlich vorgetragenen Erklärungen des Chor-Managements und der Internatsleitung, die bei jeder Gelegenheit einen angeblich längst stattgefundenen Wandel reklamieren und auf die schon längst aufgestellten Präventionskonzepte verweisen, ohne die dafür zugrundeliegenden und die in der Folge trotzdem erneut auftretenden Gewaltvorfälle zu benennen.

Wie der Vortrag von Domkapellmeister Roland Büchner, gehalten im Februar 2017 auf dem Leipziger Symposium zur Kinder- und Jugendstimme, zeigt, hat man sich bei den Domspatzen zwar viel und auch Wichtiges überlegt. Aber zu glauben, dass man Mitarbeiter präventiv und zielführend dazu verpflichten kann, dass sie „pädophile Neigungen“ melden müssen, so sie welche verspüren, klingt in diesem Zusammenhang unbedarft.

Wer fundierte Prävention betreiben will, wird gut daran tun, den nun vorliegenden Bericht (und später die Folgestudie) alsbald auszuwerten und in selbstkritischer Auseinandersetzung zusammen mit externen Fachleuten ein entwicklungsfähiges Präventionskonzept zu erarbeiten, das Vorfälle benennt und nicht verschweigt.

4. Plausibilität und Zahlen

Die wesentliche Grundlage für Webers Bericht sind die Schilderungen von ehemaligen Domspatzen. Die Berichte von 460 Ehemaligen, 41 Zeugen und 29 Verantwortlichen aus Domspatzen-Einrichtungen belasten 115 Personen körperverletzender und sexualisierter Gewalt. Die im Zuge der Ermittlungen angefallenen Unterlagen und erhobenen Berichte bleiben bis zur Vernichtung in seiner Kanzlei, teilte Rechtsanwalt Weber auf Anfrage mit.

Wie viele Täter konnten ermittelt werden? Nach der Überprüfung von 106 Bezichtigten beziffert Weber die als hoch plausibel eingestuften Täter mit 49 – neun davon gelten als sexuelle Täter. Neben diesen Personen gibt es Beschuldigte, die im Bericht mit einer mittleren (28) oder geringen (12) Plausibilität als Täter eingestuft werden. Bei 17 Beschuldigten betrachtet der Bericht die Vorwürfe als „unplausibel“. Anders gesagt gibt es 40 weitere Beschuldigte, die als nicht entlastet gelten müssen und mutmaßlich zu den Tätern zu zählen sind. Jedenfalls aus der Sicht jener Betroffenen, die die Beschuldigungen vortragen haben.

Bewertung der Beschuldigungen

Aufgrund welcher Vorgehensweise wurden die 49 Beschuldigten als (sehr) „hoch plausibel“ eingestuft? Wie in einem Strafprozess gingen Weber und Baumeister bei der Überprüfung eines Vorwurfs gegen einen Beschuldigten zunächst von dessen Unschuld aus. Erst wenn die gesammelten Fakten nicht mehr mit dieser Unschuldsannahme vereinbar waren, wurden sie verworfen. Nur wenn die gesammelten Informationen und belastenden Angaben mit einer (sehr) hohen Wahrscheinlich für den Strafbestand sprachen, wurde der Beschuldigte als Täter klassifiziert. Bleiben Widersprüche oder Unklarheiten, wird ein Beschuldigter mit der Bewertung „mittel“ oder „gering“ plausibel als Täter eingestuft. Auf diese Weise konnte der Untersuchungsbericht neben den bereits erwähnten 49 Tätern mit einer gewissen Plausibilität 40 weitere (mutmaßliche) Täter ermitteln.

Diese Plausibilitätsprüfung erhebt jedoch laut Untersuchungsbericht keinen Wahrheitsanspruch: „Ein faktischer Beleg für das tatsächliche Geschehen ist damit nicht gegeben.“ (S. 8) Weder für die Täterschaft noch für den eigentlichen Vorfall bzw. gemeldeten Übergriff.

Glaubhaftmachung

Bei „der Beurteilung der Opferstellung“ (S. 259) legt der Untersuchungsbericht einen anderen Maßstab an. Auch hier folgt zunächst eine Beurteilung der objektiven Tatsachen, wie etwa die Angaben zu Schuljahr, Anwesenheitszeiten, Tatort, Tatzeit etc., und dann eine Analyse des Opfergesprächs auf Stimmigkeit. Für eine abschließende Beurteilung lehnt sich Rechtsanwalt Weber dann an das höchstrichterlich bestätigte Entschädigungsrecht des Opferentschädigungsgesetzes (OEG) an, das als Beweismaßstab „nur“ eine Glaubhaftmachung fordert. Wenn die Angaben der Opfer „mit relativer Wahrscheinlichkeit als erlebnisfundiert angesehen werden können“ (S. 259), gelten sie demnach als wahr.

Da die Kriterien des OEG eher erfüllt werden können als die des Strafprozesses, ist der Anteil der als „mittel“, „gering“ oder „unplausibel“ eingestuften Opferberichte geringer als bei der Täterbeschuldigung.

Körperverletzung

Konkret: bei den 540 geprüften Meldungen zu körperlicher Gewalt wurden 500 als hoch plausibel, 21 als „mittel“ und nur 13 als „gering“ plausibel eingestuft. Sechs der Vorwürfe als „unplausibel“. Der Großteil dieser gemeldeten körperlichen Übergriffe bezieht sich auf die Domspatzen-Vorschulen in Etterzhausen und Pielenhofen.

Die Frage nach der Dunkelziffer bei Köperverletzungen kann hier direkt angeschlossen werden. Rechtsanwalt Weber ging bereits im Januar 2016 von mindestens 700 Betroffenen sexueller und körperlicher Gewalt aus. Legt man die Einschätzung jener Ex-Domspatzen zugrunde, die sich an Weber wandten und von ihm daraufhin nach dem Anteil der Opfer körperlicher Gewalt befragt wurden, ergeben sich viel höhere Zahlen. Demnach wären mehr als die Hälfte der Vorschüler aus Etterzhausen und Pielenhofen Opfer von körperverletzender Gewalt gewesen – was Weber im Bericht als eine vorsichtige Schätzung betrachtet. (S. 139) Konkret für die 35-jährige Direktorenzeit des Täters Johann Meier bedeutet das: bei einer Schülerzahl von rund 2100 Schülern wären allein für die Grundschule in Etterzhausen und später Pielenhofen von 1957 bis 1992 fast 1200 Gewaltopfer zu beklagen. Die Gesamtzahl aller Domspatzen-Vorschüler beträgt für den Zeitraum 1945 bis 2014 etwa 3300.

Sexuelle Übergriffe

Nach der Überprüfung von 107 Vorwürfen sexueller Gewalt taxiert der Bericht 67 Vorfälle als hoch plausibel, 13 als „mittel“ und 12 als „gering“ plausibel. Das heißt, zu den 67 „hoch plausiblen“ sexuellen Übergriffen, die nach der Veröffentlichung des Berichts durch alle Medien gingen, kommen 25 weitere Vorfälle hinzu, die mit einer gewissen Plausibilität im Raum stehen.15 vorgetragene Vorfälle sexueller Gewalt werden im Bericht als „unplausibel“ betrachtet.

Darüber hinaus gibt es laut den Berichterstattern weitere sexuelle Missbrauchsopfer, die trotz eingegangener Meldungen auftragsgemäß weder untersucht noch quantitativ erfasst worden sind, da die Taten außerhalb der Domspatzen-Einrichtungen geschehen sind. Genannt werden: „beispielsweise Vorfälle im Rahmen der Reisen zwischen Elternhaus und Internat, Vorfälle bei Gasteltern auf Konzertreisen, privater Musikunterricht außerhalb des Internats sowie reine Kontaktanbahnungen im Musikgymnasium zum Zwecke sexueller Handlungen“. (S. 227) Hinzu kommen sexuelle Übergriffe innerhalb der Schülerschaft oder durch erwachsene Schüler, die ebenfalls auftragsgemäß nicht quantifiziert und untersucht worden sind.

Die Gesamtsumme der im Rahmen des Berichts bekannt gewordenen ehemaligen „Domspatzen“, die sexualisierte Gewalt erleiden mussten, dürfte somit die 100er-Grenze weit überschreiten – wobei nur die Meldungen und Nennung mit zumindest geringer Plausibilität berücksichtigt und die als „unplausibel“ eingestuften aussortiert worden sind.

Die darüber hinaus anzunehmende Dunkelziffer von Missbrauchsopfern beträgt laut anerkannten wissenschaftlichen Studien ein Vielfaches der bekannt gewordenen Opfer. In den Dunkelziffern sind das x-fache persönliche Leid von Betroffenen, die sich nirgendwo melden, und die wahre gesellschaftliche Dimension der sexualisierten Gewalt zu erahnen.

5. Eckdaten der finanziellen Anerkennungsleistung und Beratung

Bislang haben rund 300 betroffene Domspatzen beim Bistum einen Antrag auf finanzielle Leistung gestellt. Über die Höhe der Anerkennung entscheidet ein vom Bistum unabhängiges Gremium, bestehend aus Dr. Barbara Seidenstücker (OTH Regensburg), Dr. Knud Hein (Hochschule Darmstadt) und Rechtsanwalt Ulrich Weber.

Dr. Barbara Seidenstücker (OTH Regensburg), Dr. Knud Hein (Hochschule Darmstadt) und Rechtsanwalt Ulrich Weber

Dr. Barbara Seidenstücker (OTH Regensburg), Dr. Knud Hein (Hochschule Darmstadt) und Rechtsanwalt Ulrich Weber entscheiden über die Anerkennungsleistungen. Foto: Werner

Nach Auskunft von Barbara Seidenstücker wird im Gremium über „ausnahmslos alle Anträge“ gemeinsam entschieden, egal ob und wie der jeweilige Fall im Abschluss-Bericht bewertet wurde. Je nach Schwere, Häufigkeit und Folgeschäden der Übergriffe werden vom Anerkennungsgremium zwischen fünf- und zwanzigtausend Euro bewilligt. Ausnahmen soll es nur in besonderen Einzelfällen geben. Etwa fünfzig Anerkennungsleistungen sollen bereits bei den jeweiligen Betroffenen eingegangen sein. Insgesamt rechnet man mit einer Gesamtsumme von 2,5 bis 3 Millionen Euro, die das Bistum an Betroffene zahlen müsste. Bis Ende diesen Jahres (2017) will das Gremium alle gestellten Anträge bearbeitet haben.

Da das Bistum voraussichtlich ab 2018 wieder selber über eingereichte Anträge entscheiden wird, sollten noch unentschiedene Betroffene ihre Anträge bald stellen, so sie eine Entscheidung vom unabhängigen Gremium haben wollen.

Unabhängige Hilfestellung bei der Antragstellung leistet das „Münchner Informationszentrum für Männer“ (MIM), das bis September 2018 für Beratungsgespräche oder auch betreute Gruppengespräche für Betroffene (nur Domspatzen!) zur Verfügung steht. Da der Auftrag von Rechtsanwalt Ulrich Weber mit seiner Berichterstattung beendet ist, steht seine Kanzlei nicht mehr als Anlaufstelle zur Verfügung.

6. Gesäuberte Akten und leugnende Täter

Was trugen die Akten der Diözese und Domspatzen zur Ermittlung der Täter und ihrer Opfer bei? Bezeichnenderweise fast gar nichts. Wie aus dem Abschlussbericht hervorgeht, waren die Weber zur Verfügung gestellten Personalakten durchgehend entweder unvollständig und schludrig geführt oder vom belastenden Material gesäubert worden. Der Abschlussbericht zeigt dies deutlich am Beispiel der verurteilten und schon im Jahr 2010 vom Bistum präsentierten verstorbenen Täter auf: dem Domspatzendirektor Direktor Z. (Friedrich Zeitler) und dem eigentlich als Domkapellmeister vorgesehenen Direktor G. (Georg Zimmermann). Den Namen des über Jahrzehnte schädigenden Missbrauchstäters Zimmermann, der nur eines knappes Jahr als Direktor amtierte, tilgte man sogar aus der Festschrift „ 50 Jahre Musikgymnasium“ (1998). Diese tat- und täterverschleiernde Verwaltungspraxis hat, wie die bis heute zumeist leugnenden Täter, unmittelbare und äußerst negative Folgen für die Betroffenen, da sie eine Bestätigung der Opfer-Berichten teilweise verunmöglicht und bis heute verhindert.

Geheimarchiv und Verantwortung

Nach der Lektüre des vorliegenden Domspatzen-Abschlussberichts sieht sich Dr. Thomas Schüller, Professor für Kirchenrecht an der Universität Münster
in seiner Einschätzung bestätigt, dass wohl einige Bistümer in Deutschland Personalakten von Missbrauchstätern unvollständig geführt oder nach 2010 einer Kassation unterzogen haben. Im Gespräch mit regensburg-digital benannte Schüller als eine weitere Schwachstelle des Domspatzenberichts, dass die Personalakten von Mitarbeitern des diözesanen Archivs ausgewählt bzw. übergeben und nicht vom Rechtsanwalt persönlich eingesehen oder eingeholt wurden.

Persönlichen Zugang hatte Rechtsanwalt Weber tatsächlich nur zu den Archiven der Domspatzen. Er geht aber davon aus, dass ihm ansonsten alle relevanten Unterlagen zur Verfügung gestellt wurden.

Generalvikar Michael Muchs. Frage nach persönlichen Konsequenzen. Foto: Archiv/ as

Generalvikar Michael Muchs. Frage nach persönlichen Konsequenzen. Foto: Archiv/ as

Des Weiteren wies Thomas Schüller im Gespräch mit unserer Redaktion auf den fehlenden persönlichen Zugriff Webers auf das bischöfliche Geheimarchiv hin, in dem sich nach geltendem Kirchenrecht Unterlagen zu sexuellen Übergriffen befinden müssten. Schüller, der bis 2009 als Kirchenanwalt am Bischöflichen Offizialat in Limburg mit Plausibilitätsprüfungen befasst war, konnte dabei mit Hilfe des ihm zugänglichen bischöflichen Geheimarchivs nicht selten Meldungen von Missbrauchsbetroffenen an das Bistum verifizieren.

Gefragt nach personellen Konsequenzen aus dem Abschlussbericht, meinte Thomas Schüller, dass aus kirchenrechtlicher Sicht für die mangelhafte Aufklärung der Gewalttaten Generalvikar Michael Fuchs, vor allem in seiner Zeit als Generalvikar von Bischof Müller, die Verantwortung trage und sich fragen lassen müsse, welche persönliche Konsequenzen er daraus ziehen sollte.

Ein Täter, der ausnahmsweise mit Hilfe von Akten ausfindig gemacht werden konnte, ist der Präfekt Ambros Pfiffig. Pfiffig wurde 1948 nach seiner Flucht aus Etterzhausen, wo er im Domspatzen-Internat als Missbrauchstäter aufflog, vom Regensburger Generalvikar Josef Franz nach Tirschenreuth zur Jugendseelsorge versetzt und erst 1958 in Österreich zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt (Siehe hierzu die Recherchen von regensburg-digital von März 2013). Da sich kein von Pfiffig geschädigter „Domspatz“ bei Weber gemeldet hat, wäre der Abschlussbericht ohne den Archivfund um einen Täter geringer ausgefallen.

Hier wird eine strukturelle Problematik in der Daten- und Quellengrundlage des Ermittlers Webers deutlich: Opfer, die sich nicht melden konnten oder wollten und auch nicht von anderen Personen detailliert genannt wurden bilden sich im Abschlussbericht nicht ab. Die Verwaltungspraxis der Institution und Diözese schützt also ihre Täter immer noch, sie dürfte nicht wenige Betroffene in existenzielle Nöte gebracht, wenn nicht retraumatisiert haben.

7. Diskriminierung von Homosexuellen

Der Abschlussbericht definiert sexuelle Gewalt gegenüber Kindern als „alle sexuellen Handlungen, die an oder vor einem Kind vorgenommen werden und in denen der Täter seine Macht- und Autoritätsposition ausnutzt, um seine eigenen Bedürfnisse auf Kosten des Kindes zu befriedigen.“ Auch anzügliche Blicke, verbale Belästigungen und Diskriminierungen „aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung zählen als Formen sexualisierter Gewalt“. (S.18)

Die dogmengleiche Haltung der katholischen Lehre gegenüber (gelebter) Homosexualität wird von den Berichterstattern nicht angesprochen. Ebenso wenig das diskriminierende Klima, das bis in die Direktorenzeit des jetzigen Schulleiters, Berthold Wahl, dazu führte, dass schwule und/ oder lesbische Lehrkräfte aus dem Lehrerkollegium gedrängt worden sein sollen, oder das Haus entnervt verlassen haben. Unserer Redaktion liegen entsprechende Informationen vor. Die Besonderheit eines extraordinären katholischen Arbeitsrechts würde es auch erlauben, homosexuelle Angestellte ohne Weiteres zu entlassen. Geschieht dies auch mit Schülern?

Laut dem Leitbild der „Institution Domspatzen“ soll „Schülern, auch wenn sie nicht von Haus aus christlich geprägt sind,“ womöglich Fähigkeiten „zum bewussten Vollzug des Glaubens in Gebet und Gottesdienst, im Dienst am Menschen“ vermittelt werden. Heißt das, Schüler sollen im Vollzug des Glaubens auch homosexuelle Mitschüler ausgrenzen? Das Leitbild schweigt sich darüber aus, was in der Schwulenszene vielfach und seit Jahren kommuniziert wird: Als homosexuell geoutete oder verdächtigte Schüler würden demnach von Mitschülern, Lehrern und Personal diskriminiert; zur menschlichen Entwicklung gehörender körperlicher Kontakt unter Internatszöglingen werde als schwule Praxis kritisch beäugt, wenn nicht im Sinne der katholischen Glaubenslehre verhindert oder gar verfolgt.

Der Vorstand der Regensburger Schwulen- und Lesbeninitiative (RESI), die gegen die Diskriminierung von Homosexualität eintritt, begrüßt gegenüber unserer Redaktion den vorliegenden Domspatzen-Bericht, da dieser den „Opfern bei der Bewältigung ihrer Schmerzen zumindest helfen kann“. Scharf kritisiert wird hingegen seitens des RESI-Vorstands, dass der Bericht nicht eingehe auf die Lebensrealität von Jungen, „die bemerken, dass sie homosexuell empfinden und in dieser schwierigen Lebenslage sich an niemanden wenden können“. Diesen Jungen raube man einen Teil ihrer Kindheit und Jugend, wenn ihre Empfindungen oder Homosexualität generell diffamiert werden. Der RESI-Vorstand beklagt weiter, dass im Bericht „Pädophilie“ nicht von „Homosexualität“ abgegrenzt werde.

Obwohl der Bericht von Weber und Baumeister den Anspruch formuliert, auch die spezifischen Bedingungen eines katholischen Schulinternats zu untersuchen, wird darauf nicht eingegangen. Insbesondere fehlt im Bericht die Problematisierung der im katholischen Leitbild implizit enthaltenen (und auch von Bischof Voderholzer vorgetragenen) homophoben Haltung, die laut eigenen Kriterien als Diskriminierung und sexualisierte Gewalt anzusprechen wäre. Hier haben die Berichterstatter ihre eigenen Kriterien ignoriert.

Homosexuell ist nicht gleich pädophil

Hoch problematisch ist es, dass es die Berichterstatter unterlassen, begrifflich zwischen Homosexualität und Pädophilie zu unterscheiden. Vielmehr reproduzieren sie die homophoben Pseudoerklärungen ehemaliger geistlicher Verantwortungsträger, ohne dass irgendeine Klarstellung vorgenommen wird. So heißt es etwa resümierend über den Mehrfachtäter und Präfekten J. (= Sturmius W.): „Damalige Mitarbeiter und Verantwortungsträger äußern zwar Kenntnisse von seiner Homosexualität und teilweise eigenartigen Verhaltensweisen, jedoch betonen sie durchwegs, von sexuellen Übergriffen nichts mitbekommen zu haben.“ (S. 371)

Der im Bericht zitierte Verantwortungsträger „668“ gibt beispielsweise an: Die Neigung des Präfekten J., der kurz zuvor mit der Begründung, er sei homophil veranlagt, aus dem Regensburger Priesterseminar entlassen wurde, sei schon bekannt gewesen, „auch während seiner Zeit bei den Domspatzen als Präfekt.“ Unverkennbar versucht ein solcher Konnex die vom Präfekten J. ausgeübten sexuellen Straftaten (nachträglich) in einen kausalen Zusammenhang mit dessen angeblicher Homosexualität zu stellen.

Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass auch deutsche Gerichte sexuelle Missbrauchstäter lange Zeit als „homosexuell“ bezeichneten und unter anderem gemäß dem unseligen § 175 verurteilten: „homosexuell“ und „Unzucht“ mit Abhängigen, Kindern und Männern heißt es etwa im Urteil gegen den oben erwähnten ehemaligen Internatsleiter Friedrich Zeitler, der mindestens über zwanzig Jahre hinweg Domschüler sexuell missbrauchte und im April 1959 zu drei Jahren Haft verurteilt wurde.

Eine Studie, die sexualisierte Gewalt aufklären und dokumentieren will, hätte dieses homophobe Ideologie aufgreifen, einordnen und deutlich zurückweisen müssen. Dennoch: Die Schilderung der Betroffenen, die der Präfekt Sturmius W. für seine sexuellen Interessen emotional an sich band und missbrauchte, gehören zu den eindrücklichsten Abschnitten des Berichts (S. 183 – 189), nicht zuletzt, weil darin auch das Ausgeliefertsein und die unterschiedlichsten Umgangsversuche der Betroffenen deutlich werden.

Die Debatten um Homosexualität und schwule Priester in der katholischen Kirche sind omnipräsent und teils bemerkenswert. Der Kapuzinerpater Herman van de Spijker etwa, der in seiner theologischen Abhandlung „Die gleichgeschlechtliche Zuneigung“ (1968), gegen die Diskriminierung von Homosexuellen und Homophilen anschrieb, brachte die auf homophober Ideologie basierenden Pseudoerklärungen bereits vor 50 Jahren kritisch auf den Punkt: „…während man den heterosexuellen Kindesvergewaltiger nur als eine unglückliche Ausnahme“ (S. 39) betrachte, gelte der homosexuelle Mann, der ein Jungen missbraucht, als „als Stellvertreter seiner Gruppe“.

8. Sensibilisierung oder katholisches Krisenmanagement?

Obwohl die Berichterstatter Weber und Baumeister für die zwischenzeitlich in den Domspatzen-Einrichtungen eingeführten Präventionsmaßnahmen keine inhaltliche Bewertung abgeben wollten, tun sie genau dies mit einem positiven Ergebnis.

Als Beleg für eine angeblich schon vor 2010 gelungene Sensibilisierung der Verantwortlichen dienten dem Bericht der Umgang mit Vorfällen im Internat aus dem Jahr 2002, als „ein minderjähriger, strafunmündiger Schüler gegenüber gleichaltrigen Mitschülern sexuell gewalttätig“ geworden sein soll. (S. 423) Damals habe das Internat, so der Bericht, eine adäquate Reaktion gezeigt: die Kriminalpolizei sofort ins Haus geholt, die Eltern der Opfer informiert, die Schulpsychologin habe Täter und Opfer betreut und abschließend seien alle Eltern der entsprechenden Jahrgangsstufe informiert worden. Auf Basis dieses Vorfalls seien „in den Folgemonaten und -jahren Handlungspläne bei Missbrauchsverdacht erstellt, Aufklärungsprojekte für die Schüler konzipiert, Verhaltensrichtlinien für Aufsichtspersonal vorgegeben und Präventionskonzepte eingeführt“ worden. (S. 423) Ebenso regelmäßige themenspezifische Fortbildungen für die Mitarbeiter.

Stutzig macht, dass die Berichterstatter nicht einmal erwähnen, dass dieses Konzept hausintern von in die Vorfälle dienstlich verstrickten Personen erarbeitet wurde: namentlich dem Chormanager Christof Hartmann, dem Internatsleiter Rainer Schinko und der Schulpsychologin Gudrun R.

Die Berichterstatter Weber und Baumeister folgen in ihrer diesbezüglichen Darstellung ausschließlich den Angaben und Unterlagen der Internatsleitung der Domspatzen, Gespräche mit den diesbezüglichen Betroffenen und dem tatsächlichen oder vermeintlichen Täter wurden offenbar nicht geführt. Die Zahl der Opfer des strafunmündigen Täters wurde nicht in die Statistik des Berichts aufgenommen.

13jähriger als „Sündenbock“?

Im Bericht wird zudem verschwiegen, dass der als sexueller Gewalttäter bezeichnete Junge, geboren 1988 und seit Herbst 2001 Internatszögling, erst zum „Täter“ abgestempelt und dann der Schule verwiesen wurde, obwohl beteiligte Schüler und Stimmen aus dem Personal von einem freiwilligen, eher spielerischen sexuellen Umgang zwischen den beteiligten Jungen gesprochen haben sollen.

Eine Person aus dem seinerzeitigen Personal des Schulinternats berichtete gegenüber regensburg-digital, dass der damals neue geistliche Internatsleiter Rainer Schinko, der ab September 2001 die laxen Verhältnisse unter seinem Vorgänger, dem Priester Matthias E., auf Linie bringen sollte, vor allem am Ruf seines Hauses interessiert gewesen sei und daran, dass von den Vorfällen ja nichts an die Öffentlichkeit dringe. Da genaue Details nicht vorliegen und der Ablauf auch intern unterschiedlich gesehen und bewertet wurde, muss die Frage offenbleiben, was genau geschah und ob es eine adäquate Reaktion darstellt, einen 13jähriger als Missbrauchstäter gegen mehrere Gleichaltrige einzustufen und ihn dann vom Schulinternat auszuschließen.

Problematisch erscheint hierbei vor allem, dass die Berichterstatter den fraglichen Umgang der Internatsleitung mit einem strafunmündigen Schüler als positives Beispiel herausheben, ohne die zugrundeliegende Sachlage offenzulegen und die Maßnahmen im Einzelnen dargelegt zu haben. Da sexualisierte Gewalt zwischen Schülern explizit nicht zum Auftrag der Studie gehört und ansonsten auch nicht untersucht wurde, scheint es sich bei dieser positiven Bewertung um eine Gefälligkeit gegenüber dem Auftraggeber handeln. Andere Beweggründe oder ein nennenswerter Erkenntnisgewinn für die Studie und seine Leserschaft sind jedenfalls nicht ersichtlich.

Hausverbot und Abmahnung wegen sexualisierter Gewalt?

Weitere Beispiele für einen „Wandel im Umgang mit sexueller Gewalt“ zeigten sich für die Berichterstatter angeblich sehr deutlich bei der Auswertung des Archivmaterials: etwa bei „Entlassungsandrohungen und Elterninformationen bei unnatürlicher Nähe von Domspatzen zu jüngeren oder gleichaltrigen Schülern oder einer vollzogenen Entlassung bei einem übergriffigen Schüler“, oder bei einem Hausverbot für unter anderem ehemalige Domspatzen. (S. 423) Auch diese Beispiele gehören nicht zum eigentlichen Auftrag, der auf Täter innerhalb des Erziehungspersonals begrenzt ist. Ob die Begrifflichkeit „unnatürliche Nähe“ von der Internatsleitung übernommen wurde, oder von den Berichterstattern stammt, konnte nicht geklärt werden – die fragliche Wirkung bleibt die gleiche.

Besonders problematisch ist, dass die Berichterstatter als Beleg für einen angeblichen Wandel im Umgang mit sexuellem Missbrauch die Abmahnung und Kündigungsandrohung eines Mitarbeiters des Musikgymnasiums anführen. Diese seien aufgrund seines Verhaltens im privaten Bereich, sprich nach einem „Verstoß gegen die katholische Glaubens- und Sittenlehre“ ergangen. (S. 424)

Der Bericht deutet diese Androhung als „zielgerichtetes und konsequentes Vorgehen“. Was damit gemeint ist, wird in einer Fußnote angedeutet: „Es handelte sich hierbei um den Betrieb einer privaten Homepage mit sexuellen Inhalten.“ An dieser Stelle stellen sich zwei Fragen: Wenn auf dieser Homepage strafbare Inhalte verbreitet oder konsumiert wurden, warum hat man den besagten Mitarbeiter nicht sofort entlassen? Oder, die gegenteilige Variante: wenn KEIN strafbarer Inhalt verbreitet oder konsumiert wurde, warum haben die Berichterstatter diesen Vorgang überhaupt unter dem Motto „zielgerichtetes und konsequentes Vorgehen“ gegen sexualisierte Gewalt aufgenommen?

Soweit sich der Sachverhalt von außen recherchieren lässt, handelt es sich bei dem besagten Mitarbeiter um den Chorleiter M., der 2006 als 39jähriger plötzlich eines natürlichen Todes gestorbenen ist. M. war selber von 1977 bis 1986 Internatsschüler bei den Domspatzen (nur in Regensburg) und soll sich bereits als solcher zu seiner schwulen Orientierung bekannt haben, wie jemand aus dem kirchlichen Umfeld unserer Redaktion mitteilte. Nach seinem Musikstudium, unter anderem an der Kirchenmusikhochschule bei Roland Büchner, kam er 1992 ans Domgymnasium als Chorleiter zurück.

Soweit bekannt gab und gibt es gegen M. hinsichtlich sexuellen Missbrauchs oder dem Besitz kinderpornographischer Filme keinerlei Beschuldigungen, auch der Bericht von Weber und Baumeister erhebt gegen ihn offensichtlich keine diesbezüglichen Vorwürfe. Die oben erwähnte Homepage dürfte vielmehr zur Kontaktaufnahme im schwulen Umfeld gedient haben. Wer M. bei seinem Arbeitgeber, der Domspatzen-Stiftung, denunzierte, ist unbekannt.

Zusammenfassend ist festzuhalten: M. wurde nach Stand der Dinge wegen seiner sexuellen Orientierung abgemahnt, die Aufnahme in den Abschlussbericht über die Vorfälle von Gewaltausübung bei den Domspatzen ist irreführend und unangebracht – insbesondere die hierbei verteilte positive Bewertung für das Handeln der Internatsleitung.

Wer detailliert in den Abschlussbericht gehört hätte, ist der ehemalige Domspatzen-Schüler und verurteilte Missbrauchstäter Christian F..

9. Der Domspatz Christian F. – ein Regensburger Tabu?

Bewährungsstrafe für Christian F.. Foto: as

Christian F.. Der “Kindergärtner der Domspatzen” wurde zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Foto: Archiv/ as

Das bereits erwähnte Hausverbot für ehemalige Domspatzen bezieht sich, soweit erkenntlich, auch auf den im November 2016 verurteilten Christian F. (S. 423). Dieser wurde nach Geständnissen wegen mehrfachen sexuellen Missbrauchs von Mitschülern, wegen dem Besitz von sogenannten kinderpornographischen Filmen und wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu zwei Jahren Bewährungsstrafe verurteilt.

Diese Straftaten waren Zufallsfunde im Zuge der seit 2012 gegen F. laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlung wegen Verdachts auf Tötung seiner damaligen Verlobten Maria Baumer. In diesem Zusammenhang klagte die Staatsanwaltschaft den approbierten Krankenpfleger F. unter anderem an, weil er eine ehemalige Patientin von ihm verfolgt und sexuell missbraucht haben soll, nachdem er sie mit Medikamenten wehrlos gemacht habe. Darüber hinaus fanden die Ermittler 2013 Filmmaterial mit sexuellen Handlungen zwischen F. und einem ehemaligen Domspatzen-Mitschüler unter 14 Jahren. Ein weiterer von Christian F. missbrauchter „Domspatz“ konnte daraufhin von der Kripo ermittelt werden. 

Soweit bekannt, wurde erst nach dieser staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen F. von der Internatsleitung im Jahre 2013 das von den Berichterstattern ausdrücklich positiv gewürdigte Hausverbot ausgesprochen. Zuvor hatte die Internatsleitung gegen Christian F. offenbar nichts unternommen.

Obwohl die Staatsanwältin des Prozesses von 2016 Christian F. als „Kindergärtner der Domspatzen“ bezeichnete, grenzte sie die Causa F. mehrfach ausdrücklich von dem laufenden Aufklärungsprozess des Rechtsanwalts Ulrich Weber ab. 

Weil der Schüler F. nicht zu der zu überprüfenden Gruppe, dem Personal, gehört habe, gehöre er auch nicht zur Domspatzen-Affäre, so die etwas beschränkte Logik.

Der vorliegende Domspatzen-Abschlussbericht setzte sich mit der Causa F. mit der gleichen Begründung, F. sei Schüler und kein Personalmitglied gewesen, genauso wenig auseinander, würdigt aber dennoch das Hausverbot von 2013 gegen F. als „zielgerichtetes und konsequentes Vorgehen“. Ob Christian F. dabei, wie zu erwarten wäre, als homosexueller Täter eingestuft wurde, ist unbekannt. Im öffentlichen Diskurs wird er nicht als solcher bezeichnet, vermutlich weil er zur Tatzeit mit seiner weiblichen Verlobten zusammenlebte und weil wegen deren gewaltsamen Todes gegen ihn ermittelt wird.

Den Kosenamen „Kindergärtner der Domspatzen“ bekam Christian F., weil er sich als Tutor in den Einrichtungen des Domchors außergewöhnlich um die „Kleinen“ gekümmert habe. Zum Zeitpunkt seines Abiturs (Sommer 2004) hatte Christian F. bereits mehrere Neulinge unter den Domspatzenschülern emotional an sich gebunden und – laut Geständnis – einen von ihnen außerhalb der Einrichtungen sexuell missbraucht.

Sein Vorgehen blieb innerhalb der Schülerschaft nicht unbemerkt. In der regensburg-digital vorliegenden Abiturzeitung, Absolvia 2004, konstatiert der Mitschüler „Uli“, dass das Engagement von Christian F. „für die kleinen Domspatzen bemerkenswert“ sei und viele seiner „charakterlichen Vorzüge“ widerspiegle. Selbstlos bringe er, F., einen beträchtlichen Teil seiner „Zeit für das Wohl anderer auf, ohne groß nach einem ‚Wofür‘ zu fragen“.

„Zörni & Joe“ porträtieren Christian F. folgendermaßen: Er sei „wohl der einzige, der es vermag die gesamte Unterstufe beim Namen zu nennen“ und mit den Kleinen sogar kommuniziere. Er sei „stets präsent“ gewesen, „und das auch spät nachts noch, wenn längst alles schlief.“ „Nach einer durchzechten Nacht“ sei er als erster wieder fit gewesen. Offenbar übernachtete der Tutor F. im Internat, obwohl ihm, einem zuhause nächtigenden Stadtschüler, dies gemäß des von Direktor Rainer Schinko erstellen Präventionskonzepts und der gültigen Hausordnung verboten gewesen wäre. In der Folge wurde das Präventionskonzept von 2003 hinsichtlich potentieller, von außen kommenden erwachsenen Täter überarbeitet.

Hätten die Berichterstatter Weber und Baumeister ihren Auftrag nicht so eng sondern dem Thema angemessen etwas weiter gefasst, hätten sie die Handlungen von Christian F. in seiner Funktion als Tutor, als Quasi-Angestellten, durchaus näher untersuchen müssen. Die vergebene Bewertung, die Leitung des Domspatzen-Internats habe in der Causa F. „zielgerichtetes und konsequentes Vorgehen“ gezeigt, wäre dann etwas weniger gefällig ausgefallen und das entsprechende Präventionskonzept bzw. die Herangehensweise wohl mit „mangelhaft“ zu bewerten gewesen.

Weber: „Springe in ein Becken, dessen Tiefe ich nicht kenne“

Über zwei Jahren nachdem Rechtsanwalt Ulrich Weber in ein Becken sprang, dessen Tiefe er nicht kannte, ist er mit einem herausragenden Abschlussbericht aufgetaucht. Auch wenn eine abschließende Einordnung des Berichts von Ulrich Weber und Johannes Baumeister noch nicht möglich ist, dürfte der Bericht einen Meilenstein im noch laufenden Aufklärungs- und Aufarbeitungsprozess darstellen. Seine Bedeutung ist umso höher zu bewerten, da seine diözesanen Auftraggeber mit ihren zeitlichen, örtlichen und personellen Einschränkungen bezogen auf die Domspatzen-Einrichtungen offenbar keine umfassende Aufklärung angestrebt, sondern eher einen Befreiungsschlag und wohl eine taktische Befriedung der öffentlich aufgetretenen Betroffenen angestrebt haben. Die Aufklärung aller, teils intern längst bekannter, sexuellen Übergriffe bzw. die quantitative Ermittlung von allen sexuell missbrauchten Domspatzen wurde per Auftragsbeschränkung nicht ermöglicht, sondern bewusst vermieden. Ebenso durch den fehlenden Zugang zum bischöflichen Geheimarchiv. Vor allem mit diesen Einschränkungen setzten die Auftragsgeber Rechtsanwalt Weber bewusst in eine Zwickmühle, die Spuren hinterlassen hat.

An hier besprochenen Beispielen und Aspekten sollte deutlich werden, dass die Berichterstatter teilweise zur Gefälligkeit oder zumindest unkritischen Übernahme von Darstellungen ihrer Auftraggeber neigten. Deutlich wurde zudem, dass alle Präventionskonzepte der Domspatzen und ihre auf Vertuschung basierende öffentliche Anpreisung überprüft gehören und, dass dies nicht ohne Beauftragung externer Fachleute und die offene Kommunikation aller relevanten Hintergründe möglich ist.

Der Bericht von Ulrich Weber und Johannes Baumeister hätte jedenfalls das Potential für eine grundsätzliche Hinterfragung der bisherigen Konzepte und beschönigenden Sprachregelungen, die bis in diese Tage aus der Institution der Domspatzen und aus dem bischöflichen Ordinariat zu hören sind. Es liegt an den jeweils Verantwortlichen es zu nutzen.

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Kommentare (113)

  • R.G.

    |

    Nicht mehr 29, erinnere ich mich gut an die Atmosphäre der 80er Jahre: So frei, so offen, spricht man heute über Sexualität in ihren wohltuenden und schädlichen Formen nicht mehr.

    Die Gefahr von Kindesmissbrauch wurde damals in Gesprächen von den Eltern zu den Verantwortungsträgern (wovon ich einer war) laufend thematisiert, aber man versicherte seitens der Amtskirche, sich des Problems bewusst zu sein und Maßnahmen getroffen zu haben, dass derlei nie wieder vorkommen könne.

    Wir wissen heute, was ich damals schon befürchtete und anhand von Indizien beobachtet zu haben glaubte, die Achtziger waren weiter Hochzeit für Täter, sie wurden, bis auf ganz rare Ausnahmefälle, weder an Widerlichem gehindert, noch nach Übergriffen angezeigt.

    Wer seine Sorgen – so wie ich – im beruflichen Umkreis offen äußerte, hatte empfindliche berufliche und private Nachteile.

    Ich höre wie heute wieder, mit der gleichen verdächtig drüberwischenden Art behauptet wird, dass etwas wie Kindesmissbrauch durch kirchliches Personal nicht wieder vorkommen könne, man habe perfekte Präventionsmaßnahmen geschaffen…und dann erzählt man wie ehemals Alibigeschichten, so in Ihren Beispiel, von einem Dreizehnjährigen, den man wegen etwas Schlimmem erwischt habe.

    Wer auf diese in meinen Augen betont kindische und hoch unfaire Art, auf eine, die die kindlichen Heranwachsenden (einer davon 13) als eigentliche und gefährliche Täter stigmatisiert, über Prävention spricht, hat noch nicht einmal begonnen, sich aus einer erwachsenen Verantwortung mit dem Thema “MIssbrauch durch Priester, Lehrer oder Erzieher an KIndern” zu beschäftigen.

    Vorgesetzte haben verdammt noch mal Vorsorge zu tragen, dass männliche und weibliche Täter mit vorübergehendem oder ausschließlichem Interesse an Kindern als Sexualpartner, und Sadisten mit Freude an der Beschädigung des kindlichen Körpers wissen: Das ist in der Kirche gesellschaftlich nicht mehr geduldet und wird nicht mehr entschuldigt!

    Gleichzeitig soll eine Stimmung der Offenheit erzeugt werden, damit Opfer nur ja lange darüber sprechen dürfen (wenn sie denn möchten), was sie durch die Übergriffe im Augenblick damals, und langfristig und andauernd an Lebensqualität einbüßten. Es wird eben nicht nur der Körper geschädigt, wenn man Kindern sexuell Unrecht antut.

    Auch die EMPATHIE mit Opfern muss GELEHRT werden. Von der Kirche, die vorher KIndern über Jahrzehnte beibringen ließ, sich nicht schützend vor Mitschüler oder Internatskollegen stellen zu dürfen.

    Statt diesen offenen und wertenden, somit Normen stärkenden Umgang mit dem Problem zu pflegen, geht man sichtlich konsequent in ein neues Zeitalter der Prüderie, des informellen Redeverbots , und des Rumgealbers.

    Die von MIssbrauch betroffenen Kinder von damals sehe ich, passend zu der mich befremdenden Grundhaltung, seitens der kirchlichen Sprecher eigentlich nur dargestellt als:
    monetäres Problem
    einer teuren Therapie Bedürftige
    noch immer nicht zur Heilung Bereite

    Jetzt sage mir ein Mensch: Was hat man dann eigentlich seit den Achzigern dazugelernt?

  • Nocheinüberlebender

    |

    @R.G “…was ich damals schon befürchtete und anhand von Indizien beobachtet zu haben glaubte, die Achtziger waren weiter Hochzeit für Täter…” Ich war damals auch Verantwortlicher und ich kann mich sehr gut an Gespräche in der Supervision und mit der Leitung erinnern, in denen ich immer und immer wieder versuchte, das Thema anzusprechen und ich regelmäßig abgeblockt wurde!
    “Statt diesen offenen und wertenden, somit Normen stärkenden Umgang mit dem Problem zu pflegen, geht man sichtlich konsequent in ein neues Zeitalter der Prüderie, des informellen Redeverbots , und des Rumgealbers…” Das sehe ich genauso. Prüderie muss weg und ein aktiver Kinderschutz her. Warum tut sich Julia von Weiler so schwer, den Kinderschutz politisch durchzusetzen? Innocence in Danger bemüht sich jahrelang darum und kommt nur in ganz kleinen Schritten vorwärts?

  • Angelika Oetken

    |

    Kinderschutz ist eine Haltung. Wer sie hat, benötigt gar kein Präventionskonzept mehr. Wer sie nicht hat, aber trotzdem Schutzkonzepte vorhält, betrügt. In erster Linie sich selbst.

    Zur Frage der für jedermann offenen Türen zum Domspatzeninternat empfehle ich diesen Film https://www.youtube.com/watch?v=K-3-HMvcAVA

    Immer wieder sehenswert. Ich hoffe, es geht denen, die an seiner Produktion beteiligt waren gut.

  • Ungläubige Thomas

    |

    Krass!
    Ich fasse die Sachlage, so wie ich sie verstanden habe, mal frei als Plot zusammen, ohne den wesentlichen Verlauf zu verfälschen:

    Ein musikbegabter Junge wird vom Pfarrer aus dem Stiftland nach Regensburg ins Knabenseminar Obermünster- geschickt. Der Zögling wird wie gewünscht Priester und aus welchen Gründen auch immer, irgendwann vor der Nazizeit, Domkapellmeister und Leiter eines katholischen Sänger-Internats –der T. Schrems wird also Domspatzen-Cheef, eine Erfolgsgeschichte? Dem Führer des 12-jährigen-Reichs- A.H. biedert Schrems sich auf allen Ebenen an, verkauft seine Spatzen an ihn und sein Naziregime, kommt dadurch zu Geld und Ruhm und zu einem Professortitel. Die verkauften Spatzen vergöttern ihren Prof. Schrems dafür, auch die nachfolgenden Sänger-Generationen, manche bis heute.

    Für den Betrieb des Domspatzen-Internats holt Schrems sich andere ehemalige Obermünster-Zöglinge, die auch Priester wurden, in sein Haus, lässt sie Domspatzen missbrauchen und befördert manche von ihnen trotzdem (oder deswegen?) sogar zu Direktoren. Sogar einen Nachfolger für den Cheef-Posten findet er so. Über 50 Jahre nach dem Tod von Schrems findet der Rechtsanwalt W. heraus, dass auf diesem Weg fünf oder sechs zu Domspatzen-Direktoren und zu Tätern wurden. Das kann W. aber nicht in seinen Bericht schreiben, weil ihm das kein Schwein glauben möchte, am allerwenigsten sein Auftraggeber, der Bischof und der aktuelle Internatsleiter S., ein Spätberufener Priester aus dem Stiftland.

    S. steht bei seinem Amtsantritt 2001 unter Druck, weil er es besser machen hätte wollen als seine Vor-, Vor-vor-, Vor-vor-vor-, Vor-vor-vor-vor- usw…. –Gänger. Da sein direkter Vorgänger, der Internatsleiter E. mit den Zöglingen gesoffen hatte, wurde er ins Priesterseminar befördert. S. musste deshalb endlich Ordnung ins Haus bringen. Zum Amtsantritt führte S. Alkoholtests ein und legt Wert auf die katholische Sitten- und Glaubenslehre. Das heißt, er verfolgt seine (vor-)pubertären Jungs wegen ihren körperlichen Intimbeziehungen, macht einen von ihnen zum 13jährigen Missbrauchstäter und schmeißt ihn aus dem Haus. Den Erwachsenen Schüler F. hingegen lässt der Internatsleiter S. als „Kindergärtner“ und Tutor tätig werden, was hier heißt, der „Kindergärtner“ sucht sich seine Missbrauchsopfer nach Belieben aus und nimmt sie dann mit nach Hause.

    Ein paar Jahre später, wir schreiben das Jahr 2010, melden sich Ehemalige, teils alte und gezeichnete Herren zu Wort und berichten von den Gewaltexzessen unter dem Gründungshelden Schrems und vom sexuellen Missbrauch durch Personal und andere Schüler. Der aktuelle Internatsleiter S. reagiert auf diese Vorwürfe, wie seine Vorgänger: das stimmt doch gar nicht! Ihr seid doch alles Kirchenfeinde! Dann: Jedenfalls stimmt es nicht mehr und jetzt ist alles anders! Wir haben ein, nein wir sind ein leibhaftiges PRÄVENTIONSKONZEPT! Dann muss er zugeben, dass da schon etwas war: alte Einzelfälle, die verurteilt worden waren und längst verstorben sind. Also basta.

    Da die Sache sich nicht beruhigen und aussitzen lässt, trotz fünf Jahre intensivster Bemühungen, lenkt auch Internatsleiter S. ein und der Bischof, mit dem er in den Öffentlichkeit auch mal schäkert, beauftragt 2015 den Rechtsanwalt W. mit der Aufklärung. Dem W. kann und darf man freilich nicht Alles sagen, denn es soll ja auch nicht Alles ans Licht kommen. Bei der katholischen Aufklärung, da muss immer ein bisschen im Vorborgenen bleiben, sonst ist´s ja auch nicht mehr katholisch. Also Auftrag an W. – schaumer-mal wie weit er kommt, ob der RA das mit dem 13jährigen zum Missbrauchstäter-Machen und dem Domspatzen-„Kindergärtner“ überhaupt herausfindet. Für den Fall, dass er darauf kommt, muss natürlich Vorsorge getroffen sein. Sprich in den Auftrag an den Rechtsanwalt W. müssen entsprechende Grenzen und Einschränkungen geschrieben werden. Es soll ja nicht alles rauskommen, vor allem darf die schöne Fassade des quasi-leibgewordenen Präventionskonzepts keinesfalls darunter leiden.
    Kaum zu glauben, aber nicht erfunden.

    Kommissar Schneehuhn, ermitteln Sie bitte die Hintergründe!

  • Ernst Seler

    |

    Die Aussage des Films SUPERGEIL bleibt irgendwie nebulos. Netter Mann tanzt sich durch die Räumlichkeiten. Da würde Jeder gerne dabeisein. Auffallend die fast schüchternen kleinen Jungs auf ihren Stuhlreihen, der alte Mann am Klavier dem wirklich nichts Böses anhaftet, eine Heile Welt, richtig sympathisch die Katholische Kirche. Der Beginn mit dem Hosenstall ist eine positive Werbemaßnahme, alle Berufsgruppen spielen mit, zur Befriedigung des schwarzgekleideten Herrn, dem Priester, tatsächlich SUPERGEIL, ein Wohlfühlprogramm, ist doch nicht so schlimm?!

    Kontrastprogramm durch Christian Eckl in Welt:

    “Und erlöse uns von den Priestern”

    “Schläge, Missbrauch, Sadismus: Der Domspatzen-Skandal hat größere Ausmaße als bekannt. Ein Bericht zählt 547 Opfer”

    https://www.welt.de/print/welt_kompakt/vermischtes/article166783132/Und-erloese-uns-von-den-Priestern.html

    Die kleinen Jungs auf den Stuhlreihen in dem Film wirken irgendwie verschüchtert. Ist es die strenge Pädagogik, die Anwesenheit des Filmteams. Sie wirken wie unnatürlich, gar nicht Jungs aus der Gegenwart. Ist das gestellt?! Wirkt so, als gehe es bei den Kleinen noch sehr streng zu. Die Älteren werden sich schon durchwursteln, wenn sie nicht durch supergeiles Anfassen im Hosenstall…. .

    Jetzt erst erfasse ich, warum auch ein offizieller Kirchenvertreter aus Regensburg meinen Vergleich eines Kruzifixes mit einem “Geschlechtsorgan” (schrieb die Staatsanwaltschaft) als Anlaß nahm, eine Strafanzeige zu stellen. Aber so wie bei der Demonstration das rießige Kruzifix in Miesbach (“Kruzifixdemonstration”) vorneweg zwischen den Beinen hing, baumelte, das passt zur Bewegung des “Hosenstalls” am Anfang von SUPERGEIL.

  • Coffin Corner

    |

    Da ja auch schon geäussert wurde, wie “zufrieden” Herr Probst doch mit den erreichten Fortschritten sei: Die Herren Probst, Schmitt etc. haben klar gesagt, daß die ganze Angelegenheit schon 2010 mit einem angemessenen Gespräch zzgl. Entschuldigung der damaligen Bistumsleitung hätte beendet werden können.
    Also hat man 7 Jahre die Opfer gequält, die Kirche beschädigt, die Domspatzen beschädigt, Gläubige vertrieben und Unmengen an Geld vergeudet: für rein gar nichts.
    Nur für die Rechthaberei, den Dickschädel und den Klerikalismus einiger weniger Herren, wovon einer mittlerweile vom Papst nicht mehr beschäftigt wird und der sich nun in seinem ehemaligen Bistum wieder umtut. Und dessen “10 jähriges segensreiches Wirken” mit Festgottesdiensten begangen wird.

    Wer übernimmt eigentlich dafür die Verantwortung resp. wird dafür zur Verantwortung gezogen ?

  • Angelika Oetken

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    Was den Fall des Christian F. angeht, lohnt es sich, die Berichterstattung um den Prozess zu lesen. Das, was auf dem Rechner dieses Mannes gefunden wurde, lässt erahnen, in welcher Dimension F. in seiner Persönlichkeit beschädigt ist. Und welche Gefahr der von seinen Mitschülern als „Kindergärtner“ bezeichnete junge Mann für die Schüler der Unterstufe darstellte
    http://www.regensburg-digital.de/teilgestaendnis-plus-9-000-euro-bewaehrungsstrafe/21112016/

    Interessant, dass das Wochenblatt schon vor dem Prozessbeginn eine Kernfrage anführte
    „Dem Vernehmen nach wird es beim Prozess auch darum gehen, ob bei den Domspatzen ein sexuell aufgeheiztes Klima herrschte, in dem die älteren Schüler die Jüngeren verführten.“
    http://www.wochenblatt.de/nachrichten/regensburg/regionales/Baumers-Ex-Verlobter-vor-Gericht-Sexuell-aufgeladene-Stimmung-bei-Domspatzen-oder-Missbrauch-;art1172,404416

    Bei sexuellem Missbrauch durch ältere Peers handelt es sich zwar um etwas ganz anderes als die normalen sexuellen Experimente unter gleichaltrigen Minderjährigen. Aber angesichts dessen, was allein über die Veröffentlichungen schon über heraus kam, sollte man der Frage nachgehen, inwieweit es bei den Regensburger Domspatzen eine Kultur der frühen Sexualisierung gibt. Von der natürlich längst nicht alle Schüler geprägt sein müssen. Die aber entscheidend dazu beitragen könnte, dass sich erstaunlich wenig Männer bei Herrn Weber gemeldet haben, die sich als Opfer von Missbrauch zu erkennen gaben. Für missbrauchte Männer wiegt das Tabu, sich zu offenbaren schwerer als für weibliche Betroffene. Gemäß den gängigen Klischees kommen männliche Opfer schnell in den Ruch homo- oder bisexuell zu sein bzw. selbst Missbrauchstaten zu begehen. Gerade Letzteres führt in unserer Gesellschaft zum sofortigen Ausschluss.

  • Robert Werner

    |

    @ Coffin Corner bei Schmitt und Probst liegen sie falsch, bitte nicht alles zu einem wüsten Brei verrühren.

    Die „Zufrieden“-Aussagen von Schmitt und Probst bezogen sich auf die Ergebnisse des Aufarbeitungsgremiums von Oktober 2016 (finanz. Anerkennung, zwei Studien, MIM).

    Der Text, „dass die ganze Angelegenheit schon 2010 mit einem angemessenen Gespräch zzgl. Entschuldigung der damaligen Bistumsleitung hätte beendet werden können“, bezog m.E. sich nur auf die Auseinandersetzung mit Bischof GL Müller. Schmitt und Probst haben m.W. immer Aufklärung und Aufarbeitung als Ziele verfolgt. Wie die teils vorliegenden Ergebnisse einzuschätzen sind, darüber kann man geteilter Meinung sein.

  • Angelika Oetken

    |

    @Ernst Seler,

    versetzen Sie sich bitte mal in die Zeit zurück, als sie so alt waren wie die Jungen, die die Domspatzeneinrichtungen besuchen: wie hätten Ihre Mitschüler und Sie auf solche Zustände und Behandlung reagiert? Unter diesem Gesichtspunkt sollte man sich den Film “Supergeil” ansehen. Hinter mit sexuellen Anzüglichkeiten garniertem provokativem Gehabe steckt tiefe Verunsicherung. Nicht zuletzt, was die eigene sexuelle Identität und Kompetenz angeht. Egal ob es sich um einen Teenager handelt oder um einen schlecht frisierten 70jährigen. So betrachtet werte ich den Supergeil-Film als weiteren Appell von Domspatzen-Insassen an die Öffentlichkeit, diese Einrichtung mal näher unter die Lupe zu nehmen.

    VG
    Angelika Oetken

  • Ernst Seler

    |

    Der Kommentar von “Ungläubige Thomas” erhellt die Situation hinter den Kulissen. Es war dem Anwalt Weber ins Gesicht geschrieben, er weiß viel, viel mehr, als in dem Abschlußbericht steht. Der Generalvikar Fuchs strahlte bei der Veröffentlichung des Abschlußberichtes die Angst und das Wissen über viel “mehr”, was unter der Bettdecke köchelt. Mir waren die Zusammenhänge mit dem Dritten Reich noch nicht bekannt. Ist auch hart. Will nicht esoterisch werden, aber meine Schwiegermutter mußte einst als kleines Mädchen Hitler in Nürnberg einen Blumenstrauß überreichen. Sicher strich er mit seiner Hand über das Haupt, oder tätschelte das Gesicht. Das “Böse” als wesenhaftes Wirken zu durchschauen, es gelingt schon der Katholischen Kirche, doch benutzt sie auch das Böse, um die Menschen nach ihren Vorstellungen zu prägen. Ich wußte wirklich nicht, welche Anspielung “SUPERGEIL!” mit sich bringt, in welche Richtung der Film in seiner Wirkung gehen soll, bewußt, oder unbewußt. – 1995 reiste eine ältere Psychologin extra von München zu uns, sie wollte unbedingt mit Gast bei Biolek sein (war es nicht). Von ihr erfuhr ich doch sehr Merkwürdiges, das mir nicht bekannt war: es gibt Frauen, welche ein kleines Kruzifix an ihr Geschlechtsteil befestigen, als Liebkosung und Kasteiung zugleich… …aber hoppla, vielleicht liest die Staatsanwaltschaft mit. Der Kommentator “Ungläubige Thomas” kündet mit seinem Text an, es ist viel, viel, viel Schlimmer, als der Abschlußbericht aufdeckt… …wer aber wissen will, wie schlimm es ist, der erblicke das Gesicht des Generalvikars Herrn Fuchs.. …es ist, als öffnen sich die Geheimarchive des Bistum Regensburg…. . Herr Fuchs ist selbst entsetzt, über seine Kirche, über den Abgrund der Hölle.

    Danke für den Hinweis auf “Schneehuhn”, kannte das Projekt noch nicht. Die Arbeit des Anwaltes Weber, der Film, alles entblättert sich zu einem Mysterium. Es wäre die Frage, wer kriegt die künstlerische Verbindung zu Wolbergs, Staatsanwaltschaft, Bayerische Staatsregierung, als wissende Zentrale und am Ende der merkwürdige Tod des Superstars Franz Joseph Strauß in Regensburg, als er mit dem Fürsten der zwei Herzen auf die Treibjagd gehen will, jämmerlich verreckt, bei den Barmherzigen Brüdern, vom Oktoberfest, dem heiligen Mysterium der Bayern kommend, das Gewehr in der Hand….. . Da bleibt nur: “Shit happens” während im Hintergrund, Untergrund… …ein Vulkan erwacht.
    Kommissar “Schneehuhn” lässt grüßen.

  • Angelika Oetken

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    Im Austausch mit Opfern der Katholischen Kirche fiel mir auf, dass angesichts der 400 000 katholischen Priester, von denen 14 000 in Deutschland leben, erstaunlich wenige Kleriker sich als von sexueller Gewalt betroffen zu erkennen gegeben haben. Ich weiß nur vom Eifeler Pfarrer Bruno Ix, der als Kind missbraucht wurde und dem australischen Bischof Vincent Long Van Nguyen, der als junger Mann einem Priester zum Opfer fiel.

    Aufgrund der typischen Lebenswege von Priestern der Katholischen Kirche sollte man von einer eher überdurchschnittlichen Opferrate unter ihnen ausgehen. Folglich muss die Energie, die Kleriker insgesamt aufwenden, um diesen Umstand vor sich, ihresgleichen und der Öffentlichkeit zu vertuschen und zu verleugnen, überdurchschnittlich sein. Vielleicht trägt genau dieser Umstand zu der Verunsicherung bei, die wir gerade aktuell bei den Verantwortlichen und Beauftragten der Katholischen Kirche beobachten können.

  • Ernst Seler

    |

    @Angelika Oetken

    Danke für Ihre Hinweise.
    Natürlich ist es seltsam, die Räumlichkeiten im Film zu “erleben”. Als Aufforderung für Erwachsene, Verantwortliche müsste der Film anders aufgezogen werden. Etwas schräg könnte der Film auch als musikalisch versüsste Verführung gesehen werden. Also Ziel, Aussage und Wirkung gehen bei diesem Film ihre eigenen Wege.

    In Ihrem anderen Beitrag sind Sie auf den Fall Baumgartner eingegangen. Hatte damals die Hintergründe nicht gekannt, merkwürdig hier in Schwandorf das Schicksal der jungen Frau erlebt, der merkwürdige Auftritt des später Beschuldigten bei “stern”, der merkwürdige (angebl.) Anruf der Vermissten mit der Auszeit…. …erfahre nun erstmals von dem Schicksal des “Täters” im BKH usw.. Das sind wahrhafte Schicksalsdramen wo viele “Schuldige” neben sich stehen, der Faden hin von Schuld zu Schuld sich spinnt, es bedarf eines viel tiefer Blickenden. Durch Ihren Hinweis erfahre ich von der damaligen Abhöraktion mit Christian Eckl, dem wochenblatt. Natürlich ahnte die Staatsanwaltschaft, da könnte mehr hinter dem Beschuldigten stecken, den kriegen wir, wir erforschen sein ganzes Leben. Ich gehe davon aus, die Staatsanwaltschaft hat viel früher, schon lange von den Verdachtsmomenten bei den Domspatzen “gehört”. Damals wirk-t-en Staat und Kirche noch fest miteinander. – Wer auf anderen Plattformen vom Schicksal der Domspatzen erfährt, der kommt einfach nicht herum, die Katholische Kirche muß endlich das Individuum anerkennen, Papst Franziskus versucht dies auf seine Weise. Obwohl ich selbst kein Katholik bin, habe ich mich intensiv mit dem Kultus verbunden. Das “Licht” erscheint während der “Wandlung”, doch zieht es nicht mehr in den Kelch ein. Die Menschen gehen genauso betrübt vom Altar, wie sie hingegangen sind. Der Priester Herr Denk sprach mich nach der Wahrnehmung dieses inneren Geschehens am Altar an – hatte mit ihm vereinabart, darf seine Gottesdienste besuchen: “wir arbeiten mit denselben Kräften”. Da ich stets als Letzter die Kirche verließ, hatte er mich extra abgepasst. Durch die erschütternde Wahrnehmung, der Ritus funktioniert nicht mehr, konnte ich Herrn Denk nicht antworten, um herauszufinden, warum seine Worte. Jedenfalls weiß ich nicht, ob er meine Anfrage an Bischof Gerhard Müller weiterleitete. Ich war damals bereit, sogar in die Katholische Kirche einzutreten, Bedingung jedoch war ein Geistiger Lehrer, da es spirituelle Wahrnehmungen gibt.
    (Es sieht alles Besser aus als es scheint)

  • eingeborener

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    Wie immer gut recherchiert, aber viel viel zu lang, um es zu Ende zu lesen
    Warum nicht in mehreren Teilen veröffentlicht, dann lesen es mehr Menschen?

  • R.G.

    |

    @Ernst Seler
    Sie sind ein lebendiges Beispiel dafür, was Anthroposophie mit und aus einem Menschen macht.

    Eine Freundin wie Ihre Psychologin, die beim Kaffee von Kreuzlein auf katholischen Geschlechtsteilen phantasiert, würde ich augenblicklich auffordern, sich entweder zu entschuldigen und ab sofort normal zu äußern, oder das Haus zu verlassen.

    Denn wenn ich eines nicht leiden kann, dann ist das diese bei Anthroposophen übliche Schlechtmacherei anderer Weltanschauungen mittels sexuellen, widerlichen oder unappetitlichen Anschuldigungen. Möglichst beim Kaffee.

    Nicht alles, was in esoterisierten Köpfen weht, hat ein Mysterium, manches ist schlicht ein auf Unfairness gegenüber Katholiken aufbauender Versuch, etwas mehr Erotik in den verkopften Alltag der längst volljährigen Steiner-Diener zu bringen.

    Wie auch immer, man sollte hier nicht irgendwann erlebte frivole Gespräche von Erwachsenen unter Erwachsenen anführen, das ist nämlich ein Blog mit einem Kapitel über konkreten Kindermissbrauch.

    Demnach sollte es kein Ort zum Assoziieren und Plaudern über frivole Gespräche von Erwachsenen mit Erwachsenen sein.

  • Robert Werner

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    @Eingeborener. Ja, der Text ist sehr lang, zum einfach so mal nebenbei Lesen zu lang, stimmt. Eine Zweiteilung haben wir überlegt aber verworfen. Warum nicht morgen fertiglesen? Schönes WE

  • Angelika Oetken

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    Zur Länge des Textes: die ganze Angelegenheit ist so komplex, dass sie sich nur einigermaßen erschließt, wenn man sie in Gänze darstellt. Mir gefällt an Herrn Werners Artikel, dass er die wesentlichsten Punkte klar benennt und übersichtlich auflistet.

    @Ungläubige Thomas: auf “Schneehuhn ermittelt” bin ich jetzt schon gespannt. Schon im Teaser gab es ja gewisse Wiedererkennungseffekte ;-)

    @Ernst Seler: dafür, wie Maria Baumer zu Tode kam, gibt es mehrere gleichermaßen plausible Erklärungen. Die Funktion des Umfeldes der toten jungen Frau und das von Christian F., den Mannes, mit dem sie verlobt war und den sie, glaubt man den Berichten, einige Zeit nach ihrem Verschwinden hätte heiraten wollen, machen die Ermittlungen für die Behörden nicht einfacher. Es gibt im Netz die Homepage eines Hobbyermittlerteams, das viele wichtige Informationen und Thesen zusammen getragen hat. Die MZ hat dem Fall Baumer ein Schwerpunktthema. Abgesehen davon, dass es immer schrecklich ist, wenn ein junger Mensch zu Tode kommt und man davon ausgehen muss, dass er einem Gewaltverbrechen zum Opfer fiel, wäre ohne die Ermittlungen der Polizei wohl bis heute ein wesentlicher Aspekt der Missbrauchskriminalität an den Domspatzeneinrichtungen nicht offenbar geworden. Und die Bevölkerung hätte darüber weiterhin höchstens hinter vorgehaltener Hand gesprochen. Für Eltern, die sich bis zum Bekanntwerden der Geschichte um den “Domspatzenkindergärtner” noch mit dem Gedanken trugen, ihren Sohn an dieser Einrichtung anzumelden, hätte es dann eine wichtige Entscheidungsgrundlage weniger gegeben. Wie ich hörte, besuchen aktuell vor allem Kinder aus Familien, die dem Alumnikreis eng verbunden sind das Internat und die Schule. Da sich in solchen Fällen Kinderschutzaspekte und Eigeninteressen der verantwortlichen Erwachsenen zuwider laufen können, hoffe ich im Sinne des Kindeswohls, dass die Behörden diesen Einrichtungen die angesichts der besonderen Umstände nötige Aufmerksamkeit schenken. Ersatzschulen wie es die Domspatzenschulen sind, benötigen eine Betriebserlaubnis durch die zuständige Landesbehörde http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayEUG-92 Diese führt auch die Aufsicht aus.

    VG
    Angelika Oetken

  • Ernst Seler

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    @R.G

    Ihre ersten Worte, erster Beitrag:

    “Nicht mehr 29, erinnere ich mich gut an die Atmosphäre der 80er Jahre: So frei, so offen, spricht man heute über Sexualität in ihren wohltuenden und schädlichen Formen nicht mehr”

    Sie schreiben an meine Person:

    “Eine Freundin wie Ihre Psychologin, die beim Kaffee von Kreuzlein auf katholischen Geschlechtsteilen phantasiert, würde ich augenblicklich auffordern, sich entweder zu entschuldigen und ab sofort normal zu äußern, oder das Haus zu verlassen.”

    Es war eine sehr alte Dame, eine Psychoanalytikerin. Sie kam extra aus München, in Begleitung eines Herrn, beide mir nicht bekannt, keine Anthroposophin.. Es gab weder Kaffee noch Kuchen, Ob sie “katholische Geschlechtsteile” meinte, weiß ich nicht, oder Sie – im Sinne Ihrer ersten Zeilen, erster Beitrag, “beschlagnahmen” mit dem unschuldigen kleinen Kruzifix gleich das Geschlechtsteil an sich, als “katholisch”.

    Im Ernste, persönlich würde das Gespräch sicherlich lebendig werden, so wie während der zwei Live-Gespräche im Morgenmagazin 1995, als unvermutet mir Prof. Hengsbach, katholischer Sozialethiker vorgesetzt wurde. Wir haben uns sehr gut verstanden. Auch als der katholische Priester mich 1989 im psychiatrischen Gefängnis besuchte, fand ein gutes Gespräch statt, das der Priester mit den Worten “schade” beendete. Vieles kann sich nur in lebendiger Begegnung entwickeln. Vielleicht haben beide versagt, die Katholische Kirche und meine Person. Aber verschiedene Gespräche mit dem Ortspriester Herrn Denk zeigen, es gibt doch eine gewisse Vernunft, erkennend, die leider erst dann zum Vorschein kommt, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Bischof Gerhard Müller (Vorgänger von Ludwig Müller) hat einmal nachher süffissant im Fernsehen gesprochen: ja für die Seelers hätten wir schon ein buntes Kreuz gefunden. Es ist wie bei den Domspatzen. Nachher lässt sich leicht reden, der Konflikt hätte nicht eskalieren müssen, wie die Anwürfe an Herrn Propst dem nun von manchem Katholiken nur Mediengeilheit vorgeworfen wird. Sie kennen mich nicht persönlich. Ich hatte einige Zeit mail-Kontakt mit Franz Xaver Schmid von Regensburg. Fragte ihn, ob er den Text “Die Weihnachtstagung Rudolf Steiners im Lichte der Gegenwart” lesen will. Habe sie ihm zugeschickt. Von ihm erfuhr ich, er habe das Gesamtwerk Rudolf Steiners als Erbschaft von einer Regensburger Anthroposophin erhalten. Ich schrieb ihm damals, ich würde gerne den alten Ritus innerlich miterleben, vielleicht funktioniert die “Wandlung” noch. Es kam nicht dazu. Einen der tiefsten Bewußtseinsmomente erlebte ich in einer Krypta in Regensburg. Kam verspätet, die Plätze fast alle belegt. Da sprach mich Jemand von hinten an, solle mich bitte woanders hin setzen. Es war nur ein alter Steinsitz vorhanden. Setzte mich. Ein flüchtiger Bekannter flüsterte, “der Sitz des Albertus Magnus”. Dies versetzte mich in tiefere Meditation. Der Priester am Altar später in der Predigt…. Gerade heute öffneten sich die Tore des Himmels.
    Dazu muß man wissen, in der Anthroposophie wird in einem Buch von Jelle van der Meulen dargestellt, wie Albertus Magnus der Lehrer von Thomas v. Aquin war. Es handelt sich um wissenschaftliche Fakten. In der anthroposophischen Literatur “inkarniert” Albertus Magnus in einer Russin, der späteren Marie Steiner. Thomas v. Aquin inkarniert in der Person, die Rudolf Steiner wird. Rudolf Steiner hatte Bezugspunkte gerade auch zu Regensburg, deren dumpfe Aura er beschreibt, da die Menschen ganz in der Gefangenschaft der Priesterschaft leben.

    Insofern sind Ihre Eingangsworte als allgemeine Feststellung der möglichen freien Rede geradezu der Teppich, auf dem sich furchtbar-fruchtbare “Gespräche” entwickeln können.
    Vielleicht haben Sie ja zu meiner Person recherchiert. Focus berichtet, ich hätte an dem Kruzifix eines Nachbarn gerüttelt. Das ist eine frei erfundene Geschichte, um zu stigmatisieren. Man/frau muß bei gedruckten Texten immer vorsichtig sein. Da Franz Joseph Strauß -laut Aussage eines Beamten an uns als Ehepaar- in die Wegnahme unserer Kinder eingewilligt hatte (der Beamte erzählte dies uns just in der Todesstunde von F.J.S. im Landratsamt Schwandorf) kann das ganze Geschehen in und um Regensburg auch als ein besonderes Lebensdrama betrachtet werden.
    “Anthropsophie” hat mir innere Gewissheit gegeben. Die spirituelle Kraft kommt aus dem Vorgeburtlichen. Verdanke vielen Menschen meine Freiheit.
    Wenn Sie den angegebenen Text lesen, dann erfahren Sie von Zeugen, welche berichten, Rudolf Steiner sah die “Weihnachtstagung” als “zerschellt”, gescheitert an. Den Anthroposophen Herrn Jakob Streit, traf ich persönlich in Regensburg. Vielleicht hat es etwas ganz Positives, wenn das Drama mit den Domspatzen so offenbar wurde. Ein kirchlich-gesellschaftliches Drama. Nun ein politisch-gesellschaftliches Drama. Es regt fast an, falls es zum Prozeß kommt, als Zeuge anwesend zu sein, denn was Medien berichten, das muß nicht die Wahrheit sein, oft die halbe, oder gar die Lüge wie in Focus. Es wurde nicht recherchiert.

  • R.B.

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    Der Münchner Merkur schreibt heute:
    Domspatzenbericht entlastet Papstbruder
    https://www.merkur.de/welt/interview-domspatzen-bericht-entlastet-papst-bruder-georg-ratzinger-zr-8569733.html

    Der ehemalige Domkapellmeister Georg Ratzinger war lange Jahre im Kuratorium der Domspatzen -Stiftungen vertreten. Er hatte deshalb auch von allen Domspatzeneltern das Vertrauen und auch die Aufgabe sich um das Kindswohl eben aller Domspatzen ( von Etterzhausen/Pielenhoten und Regensburg ) zu kümmern.
    Anscheinend geht es bis heute nur um den Fortbestand des Domspatzenchores. Schon damals Ende der 60er Jahre hat man aus dem damaligen dortigen Etterzhausener Spielzimner eine zweite vierte Klasse aus dem Boden gestampft, nur um noch mehr Knabenstimmen für den Regensburger Chor heranzuzüchten!

  • R.G.

    |

    @Ernst Seler

    Gehe ich richtig in der Annahme, dass Sie der fröhlichen Plauderei über eine frivole Kaffeezene aus Ihrem Leben, jetzt noch ein egozentrisches Anekdötchen draufsetzten?

    In ihrem lässigen Satz:

    “vielleicht hat es etwas ganz Positives, wenn das Drama mit den Domspatzen so offenbar wurde. Ein kirchlich-gesellschaftliches Drama. Nun ein politisch-gesellschaftliches Drama. Es regt fast an, falls es zum Prozeß kommt, als Zeuge anwesend zu sein,… ”

    …degradieren Sie das Leid der Missbrauchten zu einer Ihnen gefälligen, weil Ihrer Weltanschauung nützlichen Szenerie.
    Wie es bei Unfällen Menschen gibt, die ungeniert gaffen.

    Ich bezweifle, dass wir uns in einem Gespräch gut verstehen würden, wenn wir uns anlässlich einer Veranstaltung zum Thema “Missbrauch an Schutzbefohlenen: Sachlage, Vermeidung!” träfen, und Sie so wie hier gar keinen Ernst im Umgang mit dem Problem zeigten.

  • Ernst Seler

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    Das innere Aufnehmen der Schicksale der Domspatzen bedeutet Verantwortung übernehmen. Das Durchgehen durch die Nacht vermittelt tiefere Einsichten. Christus “besuchte” Menschen oft im Traum. Kath.net veröffentlichte vor Jahren einen Text, ohne Träume gäbe es kein Christentum. In der Gegenwart sich auf Träume als Inspiration zu berufen, kann letztlich nur dann anerkannt werden, wenn in Folge sich daraus Taten ergeben. Es wurde von R.G. darauf verwiesen, es handelt sich um einen blog über den Missbrauch der Domspatzen. Das ist klar und wer im Internet den veröffentlichten Buchausschnitt “Das Klassenzimmer” fand, der weiß, es geht grundlegend um Gewaltausübung auf kleine Kinder. Diese “christliche” Gewalt wurde bisher im Christentum nicht genug beachtet. Die Aufmerksamkeit, welche die Veröffentlichung des Abschlußberichtes von Anwalt Herrn Weber bis in die Tageszeitungen in Pakistan hervorrief, kann auch Gelegenheit bieten, ganz im Sinne des jetzigen Papstes Franziskus, die eigene Position, was ist Gewalterziehung zu hinterfragen. Heute Morgen scheint mir doch, die kleinen Jungs in dem Film, ihnen mangelt es vielleicht doch viel mehr der mütterlichen Zuneigung?! Früher gab es Kastraten, welche als Kinder ausgesucht wurden, zum Frommen der Hohen Geistlichkeit zu singen. Ihnen wurde Gewalt angetan. In der Gegenwart ist es selbstverständlich, diese Gewalt war ein Verbrechen an Menschen.

    Am 8.April 2016 veröffentlichte die Mittelbayerische Zeitung Worte des Regensburger Theologen Wolfgang Beinert:

    „Er höhlt den legalistischen, kasuistischen Geist des Kirchenrechts von innen her aus. Das ist so, wie wenn man ein Haus innen entkernt und neu baut, aber außen die Fassade lässt“.

    Der Theologe Beinert beurteilt Taten des Papstes Franziskus. Beinert hatte den Dogmatik Lehrstuhl an der Regensburger Universität inne. Sein Wort, Beurteilung der spirituellen Lage der Katholischen Kirche hat also einiges Gewicht. Als vor Tagen in der Nähe von Passau der brennende Corpus am Kreuz groß in der Bildzeitung abgedruckt wurde, kurz darauf Kardinal Müller von seiner weiteren Aufgabe als Wächter des Glaubens entbunden wurde, da telephonierte er an einem Abend mit Kardinal Meisner, der in der Nähe von Passau Urlaub machte. Sogar im Deutschlandfunk wurde orakelt, ob es da zwischen dem Telephonat und dem Tode einen Zusammenhang gäbe. Zufällig wachte ich an jenem Morgen mit der elementaren Gewissheit auf, wie die Aufgabe des Menschen darin besteht, das Dreieck in das Viereck zu verwandeln. Erst später wurde mir bekannt, es war die Todesstunde von Kardinal Meisner. Mit seinem Tode ging mir auf, wie das Dreieck, das in vielen Kirchen abgebildet ist, mit dem göttlichen Auge oftmals, wie dieses Göttliche in das Menschliche verwandelt werden muß. Kardinal Meisner lebte ganz dieses Göttliche Dreieck. Als Mensch war er milde im Umgang so wird berichtet. Mit dem Worte konnte er gewaltig sein und so legte er unserer Familie ja eine Bürde auf, als er davon sprach: “Ein schwarzer Tag für unser Volk”. Ich erhielt damals mehrere Briefe von katholischen Priestern, welche ausdrücklich den Kruzifix-Beschluß 1995 befürworteten. Ich denke, diese Priester erkannten die Tatsache, wie müssen kleine Kinder die ständige Präsenz des Leichnams auf einem Kreuze erleben. Ja, mit der Zeit stumpft sich das ab, aber prägend bleibt der optisch-bildliche Eindruck, so prägend wie die körperliche, die sexuelle Gewalt an kleinen Kindern. Dieser Zusammenhang von Gewalt und Psyche ist ja bei den Domspatzen so offensichtlich.

    Habe den Hinweis von R.G. erst nach Erstellung obigen Textes gelesen. Text ist also keine Reaktion auf seine Inhalte.

    Ich denke Sie sind männlich, R.G.
    Für Sie der link:
    http://www.dreigliederung.org/religionsfreiheit/kruzifixbuchausschnitt01.html

  • Ernst Seler

    |

    von R.G.:

    “…degradieren Sie das Leid der Missbrauchten zu einer Ihnen gefälligen, weil Ihrer Weltanschauung nützlichen Szenerie.”

    Ich kannte den Hinweis von Rudolf Steiner nicht, kleinen Kindern bis zur Geschlechtsreife kein Kruzifix zu zeigen. Offensichtlich gibt es geisteswissenschaftliche Zusammenhänge zwischen dem Leichnam und dem Kreuz und der Sexualität des Menschen. Das Perfide des Domspatzenskandals ist doch, es haben Priester sexuelle Gewalt an kleinen Kindern vor der Geschlechtsreife ausgeübbt. Das sind Tatsachen. Es ist doch für geschichtlich interessierte Menschen auffallend, wie Regensburg ein Schnittpunkt besonderer Ereignisse ist. Die Gegenwart formt sich ja aus den Leistungen der Vergangenheit. Mollath, ein ehemaliger Waldorfschüler, ist ja Opfer von Menschen geworden, die zuvor kirchlich-religiös durch das Christentum geprägt wurden. Es ist die “Fassade” die steht, aber innerlich bricht das Gebäude zusammen, wird auch durch Franziskus umgebaut. Die Dinge sind verwobener. Bereite gerade eine größere Schrift vor. In ihr wird eine nächtliche Begegnung mit dem früheren Oberbürgermeister Viehbacher geschildert, Worte von Oberbürgermeisterin Christa Meier, die sie mir an der Donau während eines Bürgerfestes sagte. Mein Anliegen ist, Menschen zu verstehen. Als ich bewußt einen katholischen Priester während der Fahrradfahrt nach Kelheim aufsuchte, ihn während des Abendessens sprach, weil ich auf der Fahrt in das Haus des Landrates von Kelheim fuhr, der sich zuvor erhängt hatte, dort die Tochter kennenlernte, später auf Bitten der Verwandtschaft neben ihr in der Kirche saß, sie zum Begräbnis begleitete, da flüsterte Jemand hinter mir, nachdem ich bewußt während dem Gang zum Grabe zum großen goldenen Kruzifix ging, mich verneigte: “aber Katholik ist er doch”. Äußerlich sah ich damals wie ein Mönch aus, hatte bewußt eine Glatze, einen indischen Schal um den Hals, bedachte aber nicht, der Landrat hatte sich erhängt. Die Tochter hatte mich zum Dachboden geführt, der umgestoßene Stuhl, die Hausschuhe standen noch daneben. Am Morgen kam ein Brief aus dem Bezirkskrankenhaus. Wir konnten ihm leider nicht helfen.
    Hinter den Kulissen sieht es anders aus, als es scheint. Die Fassaden brechen doch jetzt auch weg, ob bei den Domspatzen, oder beim Oberbürgermeister. Der Schein fliegt der Stadt Regensburg um die Ohren, die Scheinheiligkeit. Das ist doch, was in der Seele der Domspatzen brennt, bis ans Lebensende, die Verlogenheit der Katholischen Kirche als Institution. Wer die Worte von Kardinal Müller kennt, die er im Zusammenhange des Missbrauches gesprochen hat, der ahnt, warum Papst Franziskus nicht mehr sein Amt verlängerte. Der Bruder des deutschen Papstes wird öffentlich als “Schläger” bezeichnet. Verstecken sich die hohen Priester weiter nur hinter der noch leidlich bestehenden Fassade?!

  • Ernst Seler

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    Nachtrag:

    die “nächtliche” Begegnung mit Herrn Viehbacher fand in der realen Welt statt, als gegen Mitternacht der Oberbürgermeister zu uns Zwillingen trat, wir in ein Gespräch kamen. Herr Viehbacher war wegen des Hochwassers zur Donau gekommen, nahe dem Bratwursthäusl.

  • Urschreier

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    mann.. bin ich nachträglich froh, dass ich ein Schreikind war – und meine Mutter bei dem Versuch, mich da reinzukriegen, abblitzte..

  • Michael Bauer

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    Das Problem der institutionsschützenden Eingrenzung des Auftrags zeigt sich auch am Titel des Abschlussberichts „Vorfälle von Gewaltausübung durch Erziehungspersonal an Schülern der Regensburger Domspatzen im Zeitraum von 1945 bis 2015“., der seine Einschränkungen teils verbirgt.

    Näherer an der tatsächlich geleisteten Arbeit wäre folgender, freilich hopprige Titel, gewesen:
    „Vorfälle von Gewaltausübung an Schutzbefohlenen in den Einrichtungen der Regensburger Domspatzen (Etterzhausen, Pielenhofen und Regensburg) durch Lehrkräfte und Erziehungspersonal im Zeitraum von 1945 bis 2015. Unter NICHT-Berücksichtigung der Gewaltausübung durch Mitschüler, ehemalige Schüler, Gasteltern, Fahrpersonal und anderen externen Personen und Orte.“

  • R.G.

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    @Michael Bauer
    “Näherer an der tatsächlich geleisteten Arbeit wäre folgender, freilich hopprige Titel, gewesen:……”

    Wenn man Jahrzehnte die Aufklärung krimineller Taten schleifen lässt, kommt nachher eine unbewältigbar große Menge an Taten in sehr kurzer Zeit ans Licht.
    Man musste einschränken.

    Der Titel wäre dennoch kürzer zu fassen:
    13 jähriger Schüler als Stellvertreter-und Projektionsobjekt?

  • GSA-TD

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    “Hier ist ein Top Gymnasium. Hier ist ein Top Internat” – C. Hartmann, Chormanager …

  • Ebba Hagenberg-Miliu

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    Gratulation zur klaren Analyse. Der nicht nur für Regensburg wichtige Dialog hat gerade erst begonnen, wie man auch an den Kommentaren sieht.

  • Angelika Oetken

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    Was den Versuch der “taktischen Befriedung” angeht, den Herr Werner oben eingangs anführt: wenn ich verschiedene Projekte miteinander vergleiche, die von ihren institutionellen AuftraggeberInnen als Aufarbeitung bezeichnet werden, dann kommt es mir beinahe so vor, als hätten die sich heimlich vorher miteinander abgesprochen. So viele Parallelen tun sich auf.

    Anders betrachtet: wie lange braucht eine Organisation, in der über Jahrzehnte hinweg, vor den Augen der Verantwortlichen, Kinder und Jugendliche Gewalt, Misshandlung und Missbrauch ausgesetzt waren, um eine Haltung zu entwickeln, aus der heraus sie ehrlich aufarbeiten kann? Und das heißt, nicht aus einer strategischen Motivation heraus, sondern im festen Willen, sich mit Verbrechen der älteren und jüngeren Vergangenheit auseinander zu setzen, um denen der Gegenwart besser begegnen und zukünftig welche zu vermeiden?

    Wie soll sie denn entwickelt werden, diese „Kultur der Achtsamkeit“, die Stephan Ackermann, der Missbrauchsbeauftragte der DBK so oft beschworen hat? Und: was kennzeichnet das, was sie angeblich ablösen soll? Übrigens: hat sich Bischof Ackermann überhaupt schon zum Abschlußbericht zu Wort gemeldet?

    Hier ein Experte zu einem anderen, vergleichbaren instititutionellen Tatort
    Dazu http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=51119

  • RB

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    @ Abschlußbericht
    Der Georg Ratzinger mit seinem Kuratorium kommen in diesem Abschlußbericht sehr sehr billig davon, denn davon liest man im Bericht nicht viel.
    Auch wenn der RA Weber zum Thema nicht mehr viel zutun hat, trotzdem alle Anträge an den RA Weber schicken. Betreff Anerkennungsstelle
    Herrn
    Rechtsanwalt
    Ulrich Weber

    Anerkennungsstelle

    Harzstraße 22
    93057 Regensburg

    Einen sehr großen Dank an das Team von RA Weber, denn dieser Abschlußbereicht ist ein Meilenstein
    ( Meilenstein…Ein Meilenstein, auch Postmeilensäule (auch Halbmeilenstein bzw. Posthalbmeilensäule), ist ein in regelmäßigen Abständen an Straßen errichteter Entfernungsanzeiger. Meilensteine gehören wie Wegkreuze oder Bildstöcke zu den Kleindenkmälern.

  • Ernst Seler

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    Kommentar gelöscht. Bitte bleiben Sie beim Thema.

  • Angelika Oetken

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    “80 Prozent der Befragten aus diversen Gruppen, die mit den Einrichtungen der Domspatzen geschäftlich zu tun hatten, kritisierten eine mangelnde Aufklärung der Vorfälle und vermuteten ein bewusstes Verzögern durch Verantwortliche (S. 390).”

    Bei Geschäftsleuten handelt es für gewöhnlich um “gut informierte Kreise”. Die hohe Quote von 80 Prozent ist ein Indikator dafür, dass die Menschen, die in der Region leben, sich nichts vormachen lassen.

  • R.G.

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    Nach jahrelangen Überlegungen, wo der Hauptansatzmoment wäre, meine ich seit wenigen Tagen für mich klar zu sehen.
    Der Kernpunkt ist die Beichte.

    Kirchen, die z.B. im Beichtstuhl das Leben der Menschen abfragen, und diese Seelenpflichtschau als Dauer-Basisprogramm anbieten, gefolgt von einer Vergebungsszene, werden zwangsläufig immer im möglichen Gegensatz zur staatlichen Gerichtsbarkeit stehen.

    Wo ein Kollegium, ein Orden, eine Schülerschaft den gleichen Beichtvater aufsuchen muss – häufig erreicht man das durch Exerzitien – ist ER die oberste moralische Instanz, seine Mittel der Verweigerung oder Gewährung von Lossprechung haben gegenüber einem abstrakten Hirtenwort das größere Gewicht.

    Ich schreibe aus einer anderen Diözese, aus einem Nachbarland.
    Mich wunderte ständig, weshalb ausgerechnet in der Diözese Regensburg die gleichen randkatholischen Bewegungen Zuwachs erhielten wie bei uns, und wieso die Bigottesten bei euch drüben auf den menschlichsten Bischofsvikar bei uns wiederholt medial losgingen.

    Was kümmert es “die Ausländer von über der Grenze”, wenn bei uns einer einen sozialen Jesus Christus predigt und selbst solidarisch mit den Armen lebt? Der tut doch keinem was, oder?

    Oh, doch, das tat er.
    Er stieg trotz seiner anständigen Art in seiner Karriere höher und höher, während der Star der Kinder- und Jugendseelsorge der Nachkriegs- und Wirtschaftswunderjahre plötzlich vom Thron fiel, und nicht mal mehr irgendwie mit Kindern und Jugendlichen arbeiten sollte.

    Das war der Beginn der Vergrößerung der subtilen Macht dieses geschassten Priestermenschen und seiner immer mehr werdenden Anhänger in unseren beiden Diözesen:
    Er erwies sich in seiner zweiten Karriere als genialer Exerzitienmeister. In der Beichte formte er in zwei Ländern die sich ihm anvertrauenden Menschenseelen, die Mitbrüder, Priester, Theologen aus den Hochschulen, Lehrer und Erzieher.

    Wie sich das mir darstellte, fragte ein Erzieher oder Lehrer einer erzkatholischen Einrichtung immer zuerst den Beichtvater, wie er mit den “Problemen” eines Kollegen umgehen soll.

  • Angelika Oetken

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    “Die sozialwissenschaftliche „Regensburger Aufarbeitungsstudie“ gliedert sich in zwei aufeinander aufbauende Teile. Der erst Teil umfasst die Auswertung von Dokumenten und Akten. Aufbauend auf den Erkenntnissen des ersten Teils werden im zweiten Teil der Studie Interviews mit Betroffenen, evtl. deren Angehörigen und anderweitig Beteiligten geführt, die zur wissenschaftlichen Aufarbeitung beitragen können.”
    http://www.krimz.de/forschung/opfer-von-straftaten/regensburger-aufarbeitungsstudie/

    Ich halte es für ein gutes Zeichen, dass das Bistum ein renommiertes kriminologisches Institut hinzugezogen hat. Da die Grundlage jeder ergiebigen wissenschaftlichen Arbeit ein möglichst umfassendes und aussagekräftiges Datenmaterial ist, frage ich mich, was in diesem Fall unter„Dokumenten und Akten“ verstanden wird. Etwa alle Unterlagen, die die Einrichtungen der Domspatzen betreffen und die ihrer beiden Stiftungen? Oder ist nur ein Teil davon gemeint? Wie können die ForscherInnen überhaupt sicher stellen, dass ihnen in die jeweils tatsächlich vorhandenen Dokumente und Akten vollständig Einsicht gewährt wird? Etwas, das unabdingbar ist, um den Untersuchungszweck zu erfüllen. Wenn ich da nur an die vielen unterschiedlichen Papiere denke, welche ökonomische Aspekte betreffen. Wo befinden die sich überhaupt? Die Jahresabschlüsse, Kassenbücher, Kontoauszüge? Nicht, dass sich in Regensburg plötzlich wieder die Feinstaubbelastung vorübergehend erhöht, so wie der Forist Lothgaßler in einem Zusammenhang von ähnlicher Brisanz hier auf Regensburg Digital mal gemutmaßt hatte.

  • Mathilde Vietze

    |

    Zu “R.G.” – Heute geht kaum noch einer in den hölzernen alten
    Beichtstuhl, sondern bestellt beim Seelsorger ein Beichtge-
    spräch. Und hier wird nicht “abgefragt,” hier wird beraten.
    Ein höherer katholischer Würdenträger hat sogar beklagt,
    daß die Leute beim Beichten “in ihren Kinderschuhen”
    steckengeblieben sind und gedankenlos den Beichtspiegel
    herunterleiern, anstatt dem Pfarrer von ihren Problemen,
    die sie gelöst haben möchten, zu erzählen. Gute und weniger
    gute Beichtväter gab es zu allen Zeiten.

  • Angelika Oetken

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    Bei Missbrauchsverbrechen gibt es selten nicht beteiligte Dritte, die als Zeugen fungieren könnten. Genauso verhält es sich mit Spuren. Selbst physische Beweismittel in Form von körperlichen Substanzen fallen entweder gar nicht an oder vergehen in ihrer Auswertbarkeit sehr zügig. Verletzungen, die im Zusammenhang mit den strafbaren Sexualhandlungen entstehen, heilen rasch. Je jünger das Opfer, um so schneller. In den vergangenen Jahren wurde Bildmaterial bei der Beurteilung der Frage der Plausibilität und Glaubhaftmachung immer wichtiger. Denn noch gilt nicht nur juristisch die so genannte „Nullhypothese“, der zu Folge Opfern so lange unterstellt wird, dass sie die Unwahrheit sagen, bis man sich vom Gegenteil überzeugt glaubt.

    Missbrauchstäter neigen dazu, die Verbrechen an ihren Opfern auf Fotos und Filmen zu bannen. In der Absicht, sich später damit zu stimulieren oder die Dokumente mit anderen zu tauschen bzw. Handel zu treiben. Inwieweit einige der vielen Personen, die innerhalb der Einrichtungen der Domspatzen Kinder und Jugendliche missbraucht haben, das filmten oder fotografierten, sollte unbedingt genauer untersucht werden. Die Straftaten, für die der Ehemalige Domspatz Christian F. im vergangenen Jahr verurteilt wurde, bieten auf jeden Fall ein Indiz in diese Richtung. Warum sollte F. der einzige Täter gewesen sein, der so genannte „Kinderpornografie“ produzierte? Und falls dem so ist: Wie viel davon mag wohl im Umlauf sein? Immerhin möchten nicht nur die Produzenten solcher Filme und Photos nicht identifziert werden, sondern auch deren menschlichen Objekte.

    Ich verweise nur auf das Bühnenstück „Bilder von uns“ http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buehne-und-konzert/thomas-melles-bilder-von-uns-am-theater-bonn-14029091.html

  • R.G.

    |

    @Mathilde Vietze

    Männer und Frauen aus der Kirchenhierarchie haben konkrete Beichtväter, von denen sie im besten Fall sanft geführt, im schlimmsten manipuliert werden wie eine Marionette.

    Ein früherer Star der Jugendarbeit, seines Zeichens Priester und Erzieher, wurde von seinen eigenen Ordensbrüdern aufgefordert aus bestimmten Gründen ab sofort seine Arbeit mit Kindern bleiben zu lassen.

    Bald hatte er einen neuen Bereich erobert, in dem er wieder als Ausnahmetalent galt, er wurde zum Exerzitienmeister in einem Bildungshaus, und zum beigestellten Beichtvater für mindestens zwei Frauenorden in zwei Ländern, einer davon in Bayern.

    Nun nahm er AUF DIE ERZIEHUNG in den von den geistlichen Frauen geführten Schulen mit Öffentlichkeitsrecht Einfluss.
    Das Ergebnis war wie ehemals, als er noch selbst an Kindern wirkte. Das mündete nun endlich einen Riesenskandal, ihm wurde weiteres Wirken in einer Diözese untersagt. In einer anderen empfing man ihn dafür mit umso offeneren Armen.

    Seine hartherzige, rückwärtsgewandte, sexualfeindliche, homophobe, fundamentalistische, frauenverachtende Art wirkte sichtlich inspirierend.

    Man feiert ihn heute als Initiator wichtiger vorkonziliär orientierter Gruppen, Gemeinschaften und Netzseiten.

    Kein einziger der mir bekannten, von ihm “Beichtvater” geführten Männer aus der kirchlichen Hierarchie, zeigte einen Priester oder Erzieher wegen Übergriffen an Kindern an. Keiner stellte sich jemals öffentlich auf die Seite der Opfer.

    Wohl aber betätigen sich mehrere seiner Schützlinge beispielsweise als Verharmloser der gewaltsamen und/oder sexuell motivierten Übergriffe an Zöglingen des Domspatzeninternates.

    Wir dürfen den Einfluss der Exerzitienmeister und Beichtväter auf die Bewertung von Gewalt an Kindern nicht unterschätzen, vielleicht kommt den “Seelenführern” sogar eine viel zentralere Rolle zu, als wir bisher dachten.

    Ich füge noch hinzu, werte Frau Vietze, ob Sie persönlich von Unbill verschont wurden, weiß ich nun schon.

    Dass anderen Menschen, dass Kindern im kirchlichen Bereich schwerstes Unrecht angetan wurde, steht für mich außer Zweifel.
    Diesen gilt mein Interesse und mein Mitgefühl.

  • Angelika Oetken

    |

    “Verletzungen, die im Zusammenhang mit den strafbaren Sexualhandlungen entstehen, heilen rasch.”

    Ergänzung: das gilt natürlich nur für äußerlich sichtbare Schäden. Langzeitfolgen und innere Schädigungen können solche körperlichen Traumen natürlich trotzdem nach sich ziehen. Für weibliche Opfer ist das schon relativ gut erforscht. Vor allem gynäkologische Probleme sind als langfristige direkte rein körperliche Missbrauchsfolge bekannt. Aber auch Schluckstörungen, Atemwegsprobleme und proktologische Krankheiten. Je nachdem, wie der sexuelle Missbrauch durchgeführt wurde.

    Im Abschlussbericht werden Opfer zitiert, die von den körperlichen Folgen berichten, die direkt nach den jeweiligen Missbrauchshandlungen auftraten. Soweit mir bekannt, stellte das keine Ausnahme dar, sondern war häufig. Bei sadistischen Tätern ist das auch zu erwarten und korrespondiert mit den Schilderungen von Betroffenen anderer institutioneller Tatorte an denen Täter mit ähnlichem Profil ihr Unwesen trieben. Tauscht man die gynäkologischen gegen urogenitale aus, müssten unter den Opfern der Einrichtungen der Domspatzen ähnliche physische Erkrankungen gehäuft auftreten, wie bei von weiblichen Opfern bekannt sind.

  • Mathilde Vietze

    |

    Zu “R.G.” – Ich habe in all den Jahren n u r gute Beichtväter erlebt. Und dies, obwohl ich
    allseits als widerspenstige und kritische Katholikn bekannt war. Bei einem “Beichtvater”,
    der versucht hätte, mich zu manipulieren, wäre ich einfach “abgehau’n”, aber das war
    nie nötig.

  • Nocheinüberlebender

    |

    Angelika Oetken: “Für weibliche Opfer ist das schon relativ gut erforscht.” Wir hinken da den Frauen noch ca. zwanzig Jahre hinterher.
    Ich kann das nur bestätigen: Meine ständigen Durchfälle kommen sicherlich davon.

  • R.G.

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    @Mathilde Vietze

    Es handelt sicht auch hier nicht um einen Artikel, was hat Mathilde Vietze Gutes erlebt und wo wäre sie frei abgehauen, sondern um Missbrauch und Duldung von körperlicher und sexueller Gewalt sowie das verklemmte Wegschauen, bei den Donauspatzen und in ihrem Umkreis, und in Bayern überhaupt.

    Da z.B. Ordensangehörige oder Schüler bzw. Studenten kirchlicher Einrichtungen nicht nur bei Exerzitien einen ausgewählten Priester vorgesetzt bekommmen können, bei dem sie die Beichte ablegen mögen (in Wirklichkeit wird es oft als Pflicht gehandhabt), ist für diese Gottesmänner enorme Einflussmöglichkeit auf die menschen in den Einrichtungen gegeben.

    Wenn nun, mal angenommen, ein Herr selbst von seinem eigenen Orden in keinem von dessen Heimen mehr als Erzieher zugelassen wird, aber in seinem nächsten Job als Exerzitienmeister und überregional empfohlener Beichthörer sich Opfer aus kirchlichen Einrichtungen und Vereinen ihm anvertrauen, was man ihnen zufügte, und Täter, was sie anrichten, und Kollegen, was sie beobachtet haben: In welche Richtung wird er die Leute beeinflussen?
    In eine, die seine eigenen Vorgehensweisen, damals in einem Heim, mit aufrühren könnte?
    Wird er nicht eher auf ein schnelles “Vergeben” hinleiten?

    Deshalb meine Frage an die Opfer aus diversen Einrichtungen aus Bayern: Gab es im Rahmen der Ausbildung Exerzitien, wurde man zur Beichte bei bestimmten Priestern angehalten?
    Wo waren sie zuvor tätig gewesen?

    Gehören aus der Ausbildung bekannte Priester inzwischen (vermeintlich) elitären Sondergemeinschaften zu?
    Zählte der Exerzitienmeister bzw. Beichtpriester zu den gleichen Gruppen oder gilt er als deren Mitgründer?

  • Angelika Oetken

    |

    “In einem Kommentar für die neueste Ausgabe der “Katholischen SonntagsZeitung” ruft Gloria von Thurn und Taxis zu Gebeten gegen Schulaufklärung über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt auf.”
    http://www.queer.de/detail.php?article_id=29466

  • Angelika Oetken

    |

    “Nach der Lektüre des vorliegenden Domspatzen-Abschlussberichts sieht sich Dr. Thomas Schüller, Professor für Kirchenrecht an der Universität Münster, in seiner Einschätzung bestätigt, dass wohl einige Bistümer in Deutschland Personalakten von Missbrauchstätern unvollständig geführt oder nach 2010 einer Kassation unterzogen haben. Im Gespräch mit regensburg-digital benannte Schüller als eine weitere Schwachstelle des Domspatzenberichts, dass die Personalakten von Mitarbeitern des diözesanen Archivs ausgewählt bzw. übergeben und nicht vom Rechtsanwalt persönlich eingesehen oder eingeholt wurden.“

    Es wäre interessant, mehr über Prof. Schüllers Einschätzung zu erfahren.
    Unvollständige Aktenführung kann verschiedene Gründe haben. Von Faulheit bis Vorsatz. Präventiv Akten zu vernichten oder Einträge unkenntlich zu machen, lag doch angesichts des am 28. Januar 2010 einsetzenden Missbrauchstsunami nahe.

  • Angelika Oetken

    |

    Zum viel beschworenen „Bischöflichen Geheimarchiv“ eine Anekdote, die mir ein Mitstreiter berichtete:

    Eine Schar StudentInnen habe vor ca. 20 Jahren einen Studienausflug ins Regensburger Ordinariat unternommen. Der sie begleitende Kirchenrechtler soll nach dem Bischöflichen Geheimarchiv gefragt haben. Dieses habe dann der damalige Offizial unter Öffnung eines nicht oder nur mit einem einfachen Schrankschlüssel verschlossenen Einbauschrankteils präsentiert. Was den, auch als Legat des Papstes tätigen Kirchenrechtler in höchste Rage versetzt haben soll. So dass er den Verantwortlichen mit deutlich über das Büro hinaus hörbaren Worten zurechtgewiesen habe.

    Also eher „Otto Office“ als „Dan Brown“.

  • Mathilde Vietze

    |

    Zu Angelika Oetken: Frau Gloria sollte mal selbst fleissig zur Gottesmutter
    Maria beten; ich weiß allerdings nicht, ob diese für die Zuteilung von
    Verstand zuständig ist. Ansonsten möge sie bitte ihr Fenster stets weit
    geöffnet halten, damit der Heilige Geist bei seinem nächsten Rundflug
    ihr Haus nicht wieder übersieht.

    Zu “R.G.” – Die Tatsache, daß ich – zufällig – in einigen Fällen gute Er-
    fahrungen gemacht habe, bedeutet nicht, daß ich meine Augen vor
    den Sauereien, die da passiert sind verschließe. Und dieser Sau-
    stall muß rigoros ausgeräumt werden.

  • Angelika Oetken

    |

    Frau Vietze: zu wem die Fürstwitwe betet, weiß ich nicht.

    Aber dass sie die Vorsitzende eines religiösen Frauenverbandes ist, der regelmäßig Treffen abhält und Wallfahrten unternimmt, steht fest https://www.bing.com/videos/search?q=Gloria+von+Thurn+und+Taxis%2c+marianische%2c+Youtube&view=detail&mid=6EA7062B1A0795DC52016EA7062B1A0795DC5201&FORM=VIRE

    Man beachte den groß gewachsenen Mann in roter Gewandung, am Anfang des Filmclips links im Bild.

    VG
    Angelika Oetken

  • Angelika Oetken

    |

    Und noch was zu dem Besuch der StudentInnen und ihres Professors im Regensburger Ordinariat: der damalige Offizial soll, nachdem der Professor für Kirchenrecht sich vorerst wieder beruhigt hatte, die Sache zu relativieren versucht haben, indem er erklärte, dass man ein ganz modernes System der Zeugenvernehmung etabliert habe. Man würde die Zeugenvernehmungen nämlich auf Band aufzeichnen und aus Effektivitätsgründen einer “vertrauenswürdigen Frau außer Haus zum Abtippen geben”. Laut Überlieferung soll diese Verfahrensweise den Kirchenrechtsexperten nicht überzeugt haben…

    Da die Angelegenheit noch nicht so lange zurück liegt, müssten sich eigentlich noch ein paar Personen finden lassen, die ihre Zeugenaussagen damals auf Band gesprochen hatten.

  • Mathilde Vietze

    |

    Zu Angelika Oetken: Der hochgewachsene Mann im roten Gewand ist der
    klerikale Frühstücksdirektor Imkamp. Er hat bisher die Wallfahrten des
    Betschwestern-Vereins spirituell begleitet.

  • R.G.

    |

    @Mathilde Vietze
    “Zu „R.G.“ – Die Tatsache, daß ich – zufällig – in einigen Fällen gute Er-
    fahrungen gemacht habe, bedeutet nicht, daß ich meine Augen vor
    den Sauereien, die da passiert sind verschließe. Und dieser Sau-
    stall muß rigoros ausgeräumt werden.”

    Danke für diese Worte!

    “Zu „R.G.“ – Die Tatsache, daß ich – zufällig – in einigen Fällen gute Er-
    fahrungen gemacht habe,”(Mathilde Vietze)
    …zeigt uns, dass sehr wohl ein Spielraum besteht, wie ein Priester mit seinen ihm anvertrauten Gläubigen umgeht.
    Im Negativen bekamen ihn viele Kinder bei den Domspatzen und in anderen Einrichtungen zu spüren.

  • Nocheinüberlebender

    |

    @Angelika Oetken: Nur sind wir keine “Opfer” – ich jedenfalls nicht :)

  • Angelika Oetken

    |

    @Nocheinüberlebender,

    ein wesentlicher Punkt.

    Im Zusammenhang mit Straftaten wird der Opferbegriff in erster Linie im kriminologischen Zusammenhang gebraucht. Und kulturell geht damit eine Abwertung und Ausgrenzung des Opfers der Straftat einher. Ihm werden mindestens genauso viele, gesellschaftlich als negativ bewertete Eigenschaften zugeschrieben, d.h. übergestülpt, wie den Tätern. In der Jugendsprache kommt das als “Du Opfer” zum Ausdruck, was beleidigend-provokativ gemeint ist. Es hat sich ein wissenschaftlicher Zweig entwickelt, der seinen Blick auf Opfer richtet, die Viktimologie.
    Aber es gibt außer dem des victim, noch drei weitere wichtige Bedeutungen des Opferbegriffs.

    „Sacrifice“ heißt, dass jemand die Rolle einnimmt, ein Opfer zu bringen. Zum Beispiel, indem er/sie sich eine Mitschuld am Geschehen gibt und dadurch das Gefühl der Hilflosigkeit abwehrt. Es kann auch zu Größenphantasien kommen, im Versuch, an der Allmacht, die aus Sicht des Opfers bei der Straftat vom Täter oder den Tätern ausging teilzuhaben. Wir kennen das Phänomen unter dem Begriff „Stockholm-Syndrom“, bzw. „Identifikation mit dem Aggressor“.

    Das „Opfer als Hingabe“ dagegen gilt nicht als pathologisches Phänomen, sondern als freie Entscheidung. Diese Rolle kann z.B. dadurch eingenommen werden, dass jemand seine Zeit, seine Kraft oder wirtschaftliche Ressourcen anderen zur Verfügung stellt. Bis dahin, sein Leben für andere zu opfern.

    Im Zusammenhang mit Kindesmissbrauch betrachte ich die letzte Dimension des „Opfer“ als die wesentlichste. Das aktive Opfern, vor allem, wenn Menschen geopfert werden, ist ein ganz wichtiger kollektiver Prozess mit einer langen, stark spirituellen unterlegten Tradition. Im katholischen Zweig des Christentums finden wir eine Vielzahl von Opferritualen, die auf Menschen-, oder Tieropfern beruhen. Ich halte es für sehr sinnvoll, sich in Aufklärungs- und Aufarbeitungsprozessen von Missbrauchskriminalität verstärkt mit diesem vierten Aspekt auseinander zu setzen. Denn wo eines oder mehrere Kinder über einen längeren Zeitraum misshandelt bzw. sexuell missbraucht werden konnten, ist das so gut wie immer nur deshalb möglich, weil die für die Gruppe maßgeblichen Personen daraus Vorteile für sich ableiten. Bei diesen Menschen handelt es sich nicht nur um die direkten Täterinnen und Täter, sondern auch MittäterInnen. Ganz unabhängig davon, ob die Missbrauchsverbrechen in Familien oder Institutionen geschehen.

    Im Hinblick auf die Gewalt, Misshandlung und und den Missbrauch von Jungen, die an den Einrichtungen der Regensburger Domspatzen geschah, bin ich sehr gespannt darauf, was die sozialwissenschaftliche Studie des KrimZ dazu herausarbeitet. Auf deren Homepage ist als Laufzeit der 1.2.2017 bis 31.01.2019 angegeben. Also müssten die ForscherInnen ihre Arbeit schon aufgenommen haben. Außerdem hat das Bistum in einer Pressekonferenz angekündigt, auch die Kosten für die Durchführung eines historischen Forschungsprojektes zu übernehmen. Was die Hintergründe und Umstände des Opferns von mutmaßlich tausenden von Jungen über Jahrzehnte durch eine Institution mit sehr langer Tradition und großem religiösen, wirtschaftlichen und politischen Einfluss betrifft, halte ich eine geschichtswissenschaftliche Expertise für ganz zentral.

    VG
    Angelika Oetken

  • Nocheinüberlebender

    |

    Hallo Frau Oetken, lieben Dank für Ihre Antwort.
    Aber:
    “Im Zusammenhang mit Straftaten wird der Opferbegriff in erster Linie im kriminologischen Zusammenhang gebraucht.”
    RA Weber, er benutzt den Ausdruck auch oft; wissen Sie ich höre fast jeden Tag von Menschen, die sich keine Gedanken oder nur wenige Gedanken machen: “Der Neger war dort und hat mich nicht entsprechend unterwürfig gegrüßt” oder “Der Neger war laut” usw. “Neger” und “Opfer” – für mich das gleiche, denn wir sollten es akzeptieren, wenn jemand so und so angesprochen werden will. Ich möchte niemals Opfer sein und wer mich so nennt, der akzeptiert nicht, dass ich es will mit Trostknabe angesprochen werden will – was soll ich von ihm halten, von jemand, der mich Opfer nennt?

  • Angelika Oetken

    |

    @Nocheinüberlebender,

    es interessiert mich, was Sie unter dem Trostknaben verstehen und ob er zu einer der vier Definitionen des Opferbegriffs passt, die ich oben aufgeführt hatte. Vielleicht beschreibt aber “Trostknabe” auch eine eigene und damit fünfte Bedeutung.

    Danke schon mal und viele Grüße
    Angelika Oetken

  • Nocheinüberlebender

    |

    @Angelika Oetken: gerne. Ich bin kein Knabe mehr, also, wenn ich mich Trostknabe nenne, das heißt, dass ich jetzt erwachsen bin, mich wehren kann, nein sagen kann und die Täter in die Schranken verweisen kann – all das konnte ich damals in Etterzhausen im Internat nicht und das macht den Unterschied. Dann finde ich den Vergleich – er ist übrigens geklaut, denn ursprünglich bezeichneten sich misshandelte Frauen so, also Trostfrauen – genau treffend, denn wir wissen ja, es sind in der Hauptsache gelangweilte alte Männer, die sich vergreifen, nicht so viele Pädophile, obwohl es die ja auch noch gibt. Insgesamt muss man sagen, es muss Einhalt geboten werden: Einerseits muss endlich ein anständiger Aufklärungsunterricht stattfinden – wir glaubten damals noch die Samen hüpfen über die Bettdecke und besamen die Frau, die nebendran schläft – und andererseits muss im Internet und überall der Missbrauch, die Foren in denen Kinder gehandelt werden usw. gestoppt werden. ABER: Sie wissen das noch besser, ich tausche mich ja “nur” mit ein paar Leuten aus – immerhin ein paar bekannte und einflussreiche – aber nicht so viel und so oft und ich eifere Sie ja auch nur ein bisschen nach, aber wir werden einfach mehr. Mehr Menschen meine ich, Trostknaben, Überlebende, Missbrauchsgeschädigte…

  • Angelika Oetken

    |

    Danke @Nocheinüberlebender!

    Nach dem, was ich über die Zustände in Etterzhausen/Pielenhofen weiß, trifft es das mit den “Trostfrauen” sehr gut. Für alle MitleserInnen hier ein Artikel dazu http://www.spiegel.de/panorama/japan-im-zweiten-weltkrieg-die-schande-der-trostfrauen-a-919909.html

    Mit “Trost” hatte das alles genauso wenig zu tun, wie mit “Vergnügen”. Es ging darum, Soldaten die Gelegenheit zu geben, mittels sexueller Gewalt ihre Aggressionen zu steigern und ihr Selbstwertgefühl zu erhöhen. So etwas funktioniert leider tatsächlich, auch wenn wir in unserer Kultur den Zusammenhang zwischen Sexualität, Gewalt, Aggression und Hass gern negieren.

    Folge ich den Schilderungen der Opfer des Kinderfolterlagers Etterzhausen/Pielenhofen, dann waren dort ausgewiesene Sadisten am Werk. Dass das Bistum und das Land Bayern sie nicht nur gewähren ließ, sondern sogar förderte, deutet auf das eigentliche Wertegefüge der Verantwortlichen und ihrer Organisationen hin.

    Vielleicht gibt das Bistum Regensburg, als hauptverantwortlich für die Tatorte “Einrichtungen der Domspatzen” sich deshalb so viel Mühe damit vom Wesentlichen abzulenken. Nur will ihr das so gar nicht gelingen.

    VG
    Angelika Oetken

  • Nocheinüberlebender

    |

    @Angelika Oetken. Danke. Genau das habe ich gemeint.

  • Himbert S.

    |

    Zur Causa F. möchte ich anfügen, dass eine Absolvia absolut nicht zitierfähig ist.
    Die sarkastisch und humoristisch überhöhte Darstellung und die Einbindung von Insider-Witzen und Anekdoten, die praktisch nur die darin Beschriebenen richtig zu deuten wissen, sollte eigentlich vor irrgeleiteten Deutungsversuchen abschrecken.
    Bitte beschränken Sie sich auf aussagefähige Quellen.

  • Robert Werner

    |

    @Himbert: Zur Causa F. möchten Sie anfügen, “dass eine Absolvia absolut nicht zitierfähig ist“, weil dies sarkastische, humoristische oder überhöhte Darstellung seien, die nur Insider richtig deuten könnten.

    Ja, Werter „Himbert“, dann deuten Sie uns die besagten Zitate doch bitte richtig! Gerne in einem persönlichen Gespräch.

    Ansonsten bin ich der Überzeugung, dass die von mir ausgewählten und nachgewiesenen Zitate, mit denen sich Domspatzen-Abiturienten in der Absoliva 2014 über ihren Mitschüler Christian F. offen geäußert haben, das Verhalten von F. erstaunlich präzise, und eben nicht sarkastisch und humoristisch, beschreiben.

  • Angelika Oetken

    |

    “Nach der Lektüre des vorliegenden Domspatzen-Abschlussberichts sieht sich Dr. Thomas Schüller, Professor für Kirchenrecht an der Universität Münster,

    in seiner Einschätzung bestätigt, dass wohl einige Bistümer in Deutschland Personalakten von Missbrauchstätern unvollständig geführt oder nach 2010 einer Kassation unterzogen haben.”

    Soweit ich informiert bin, kann jedes Bistum selbst entscheiden, wie es die Akten über die Priester führt, für die es Verantwortung trägt. Und da in der Katholischen Kirche die Kontrolle grundsätzlich nur vertikal von oben nach unten ausgeübt wird, kann außer den jeweils zuständigen Diözesanverantwortlichen niemand nachvollziehen bzw. feststellen, ob und wenn ja was da geändert, kassiert, unkenntlich gemacht oder ggf. vernichtet wurde. Jedenfalls offiziell. Via Whistleblower ist natürlich schon jede Menge durchgesickert.

    Wer über die Informationen verfügt, hat die Macht ;-)

  • Angelika Oetken

    |

    „Im Gespräch mit regensburg-digital benannte Schüller als eine weitere Schwachstelle des Domspatzenberichts, dass die Personalakten von Mitarbeitern des diözesanen Archivs ausgewählt bzw. übergeben und nicht vom Rechtsanwalt persönlich eingesehen oder eingeholt wurden.“
    Soweit ich es überblicke, wurden in Deutschland bisher keine Untersuchungen durchgeführt, bei denen die Katholische Kirche als Institution die Kontrolle über ihre Akten aus den Händen gegeben hätte. Auch bei einem der ersten Projekte dieser Art ist das nicht geschehen. Als nämlich das Team Westpfahl, Spilker, Wastl im Jahre 2010 im Auftrag von Kardinal Reinhard Marx, Missbrauchsfälle, die im Verantwortungsbereich des Bistums München-Freising verübt worden waren, untersuchen sollte.
    „Weiterhin geht aus den verbliebenen über 13.200 Akten und aus Gesprächen hervor, dass sich die Kirchenmitarbeiter in der Vergangenheit viele Gedanken um den Ruf ihrer Organisation, aber relativ wenige um die Schicksale der Missbrauchsopfer machten, was sich unter anderem an einer euphemismengeprägten Sprache zeige. Zudem, so Westpfahl, hätte die Kirche zur Vertuschung von Missbrauchsfällen auch gezielt sexuelle Tabus und ein „besonderes Erpressungspotenzial“ solcher Themen genutzt“
    https://www.heise.de/tp/news/Gutachten-zum-Sonntag-2010796.html
    „In Erledigung des Gutachtensauftrags wurden über 13.200 Akten durch Mitarbeiter des Ordinariats nach Hinweisen auf etwaige einschlägige Vorfälle gesichtet. Hierunter befanden sich Personalakten, Handakten aus dem Personalreferat, Gerichtsakten, Archivbestände, Schuleinsatzakten sowie auch aus Akten aus den Geheimarchiven des Erzbischofs und des Generalvikars. In 365 Akten wurden Hinweise festgestellt und diese sodann einer anwaltlichen Detailprüfung unterzogen.“
    http://www.bishop-accountability.org/news2010/11_12/media14418720.pdf (S.2)
    Von wirklich un-abhängigen Untersuchungen kann man deshalb natürlich nicht sprechen. Es handelt sich vielmehr bei diesen Aktivitäten um die Auswertung von Datenmaterial, das die kirchlichen Verantwortungsträger den von ihnen beauftragten Personen ausgehändigt haben. Da die UntersucherInnen sich, was Art und Umfang des Materials gegenüber der jeweiligen Institution angeht, in einem Wissensdefizit befinden, können sie zu keinem Zeitpunkt überprüfen, inwieweit die ihnen übergebenen Unterlagen vollständig und authentisch sind. Die kirchlichen Institutionen könnten also das Prinzip der Mentalreservation anwenden, das sie immer dann nutzen, wenn jemand von außen Einblick nehmen will.
    Inwieweit unter solchen Bedingungen überhaupt von einer Untersuchung gesprochen werden kann und ob diese Vorhaben nicht viel mehr als „strukturierte Sichtung zur Verfügung gestellter Unterlagen“ bezeichnet werden müssen, sollten die Fachleute für wissenschaftliche Aufklärung und Aufarbeitung institutioneller Missbrauchskriminalität dringend klären.
    Übrigens wurde meines Wissens der Untersuchungsbericht, den Kardinal Marx beauftragt hatte, im Originalwortlaut bis heute nicht veröffentlicht. Ich meine mich zu erinnern, dass es um diesen Punkt Auseinandersetzungen zwischen den beauftragten RechtsanwältInnen und der Diözese gab, habe mir aber leider keinen Hinweis darauf abgespeichert.

  • Angelika Oetken

    |

    „Persönlichen Zugang hatte Rechtsanwalt Weber tatsächlich nur zu den Archiven der Domspatzen. Er geht aber davon aus, dass ihm ansonsten alle relevanten Unterlagen zur Verfügung gestellt wurden.“

    Nur mal angenommen, die Institution, der ich angehöre, ist mit Sonderrechten ausgestattet und hat eine ganz eigene Art des Informationsmanagements. Damit das so bleibt, wäre es wichtig, dass weder von innen, noch von außen zu viel Einblick in die archivierten Daten und Dokumente genommen werden kann. Würde ich in so einem Fall an Stelle der Verantwortlichen tatsächlich relevante Informationen an nur einem Ort sammeln? Und sie womöglich auch noch inhaltlich klar kennzeichnen? Selbstverständlich nicht.

    Aus Sicht der institutionellen Verantwortungsträger wäre es doch viel sinnvoller, zentrale Ordner, lokale Sammlungen und Nebenakten zu führen. Allerdings müsste das ein bestimmtes System haben, sonst könnte ich mir ja keinen Überblick über Dokumente verschaffen, falls ich den irgendwann mal benötige. Auch die gezielte Suche nach heiklen Unterlagen würde sich schwierig gestalten. Mit ein bisschen Ironie: die Dossiers, welche Missbrauchsfälle, meine politischen Kontakte und meine Finanzen betreffen, würde ich, wäre ich für eine Diözese verantwortlich, tarnen. Als etwas vollkommen Unspektakuläres, Langweiliges und deshalb Unverdächtiges. Es könnten sich Altgriechischklausuren der Priesterseminaristen als Hülle eignen, Predigttexte oder Ähnliches. Ganz wichtig wäre es aber, mindestens eine Kopie der wirklich brisanten Inhalte anzulegen und woanders aufzubewahren: denen zu Kindesmissbrauch, politischen Kontakten und Finanzen. Für den Fall, dass jemand, der weiß, wo was liegt, auf die Idee kommt, sein Insiderwissen für eigene Zwecke zu nutzen.

    Wer also nicht darin eingeweiht ist, wie das Ablagesystem funktioniert, findet nur einen Teil der Infos. Aber auf keinen Fall die Wesentlichsten.

    Auf das Zentralarchiv des Bistums und die Archive der Domspatzen angewandt: für den Fall, dass der Umgang mit Dokumenten so ist, wie von mir oben als Grundprinzip für Institutionen dieser Art beschrieben, sollten sich im Zentralarchiv und den offiziellen Archiven der Domspatzen nur Unterlagen finden lassen, von der die Institutionell Verantwortlichen annehmen, dass deren Inhalt ggf. auch an die Öffentlichkeit gelangen darf.

    Insofern: wo befinden sich alle anderen Papiere, Filme, Photos, die mittelbar und unmittelbar Gewalt und Missbrauch betreffen, die an den Einrichtungen der Regensburger Domspatzen an deren Insassen verübt wurden?

  • Angelika Oetken

    |

    Zum Punkt “Homosexuell ist nicht gleich pädophil”: den halte ich für ganz zentral.
    Im Folgenden, was Prof. Harald Dreßing, der Leiter der Zweitauflage der Missbrauchsstudie, die die Deutsche Bischofskonferenz in Auftrag gegeben hat, im Juli diesen Jahres gegenüber Matthias Dobrinski, SZ äußerte:

    „Eines zeichne sich schon nach der Auswertung der bereits erschienenen Studien ab: Nur eine Minderheit der Täter in der katholischen Kirche ist tatsächlich pädophil. Ihre Opfer sind überwiegend männlich, oft älter als zwölf Jahre. “Unreife, verdrängte Homosexualität von Männern, die sich in den Priesterberuf flüchten – das könnte schon ein Risikofaktor für Missbrauch sein”, sagt Dreßing.“
    http://www.sueddeutsche.de/panorama/missbrauch-in-der-katholischen-kirche-warum-es-der-katholischen-kirche-so-schwerfaellt-missbrauch-einzugestehen-1.3593107

    Der berühmte Sexualforscher Dr. Magnus Hirschfeld, prägte die Begriffe der Ephebophilie und der Parthenophilie. Mit Ersterem meinte er das sexuelle Hingezogensein von Erwachsenen (in dem Fall männlichen) zu Jungen ab deren Pubertät bis hin zu 20jährigen jungen Männern. Als parthenophil wird eine Person bezeichnet, die in sexueller Hinsicht Mädchen bevorzugt, welche sich in der Pubertät befinden. Was in etwa die Altersspanne von 11 bis 17 Jahren umfasst. Darüber, ob beide Präferenzen einen Störungscharakter haben oder eine Normvariante darstellen, herrscht innerhalb der Fachwelt Uneinigkeit. In der Praxis finden wir in unserem Alltag und in unseren Traditionen überall Hinweise darauf, dass solche sexuellen Präferenzen eher die Norm, denn die Ausnahme darstellen.

    Orientiert man sich an den Begriffen, die Hirschfeld definierte, dann sprächen die Zwischenergebnisse, die Prof. Dreßing und sein Team ermittelt haben dafür, dass es sich bei der Mehrzahl der Täter, die der Institution Katholische Kirche zuzuordnen sind, um homosexuelle Männer handelt, die sich an männlichen Pubertisten vergriffen haben. Übertrüge man diese Erkenntnis auf den heterosexuellen Kontext, würde sie nicht mal ein Schulterzucken auslösen: ein unverheirateter erwachsener Mann, der einem weiblichen Teenager nachstellt – eine Banalität geradezu. Selbst entsprechende Übergriffe auf Mädchen, die noch nicht die Schutzaltersgrenze erreicht haben, also jünger als 14 Jahre sind, gelten als so alltäglich, dass sogar viele AnwältInnen und MitarbeiterInnen von Fachberatungsstellen ihren jungen Klientinnen und deren Angehörigen abraten, überhaupt nur Anzeige zu stellen.

    Sexuelle Dominanz und Aggressivität werden gemäß tradierter Geschlechterrollenmodelle als Zeichen akzeptierten männlichen Sexualverhaltens gewertet. So lange es sich gegen junge Mädchen und Frauen richtet und nicht gegen männliche Jugendliche. In dem Fall wird ein ganz ähnliches Agieren als nicht akzeptabel angesehen. Ein typischer Fall von Doppelmoral. Unabhängig davon, wie wir heutzutage sexuelle Gewalt und Ausbeutung bewerten, wirkt sie nach.

    Ich schließe daraus, dass es sich bei den sexuell übergriffigen Priestern und Diakonen, um deren Taten es bei den Regensburger Domspatzen und anderswo geht, letztlich um ganz gewöhnliche Männer mit in sexueller Hinsicht üblichen Verhaltensweisen gehandelt hat. Der einzige Unterschied zu ihren heterosexuellen Geschlechtsgenossen bestand darin, dass sie sich über männliche Pubertisten hermachten und nicht über weibliche. Und sexuelles Interagieren ihnen offiziell untersagt war. Aber das galt für all die Ehemänner, die sich im Untersuchungszeitraum über die 14- oder 15jährigen Töchter ihrer Nachbarn hermachten auch. Es wurde als Ehebruch gewertet und die Schuld daran oft den Opfern in die Schuhe geschoben.

  • Nocheinüberlebender

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    Ich glaube einfach, die Kirche hat kein Interesse an wirklicher Aufklärung!

  • Angelika Oetken

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    “Der Hollywood-Streamingdienst Netflix hat übrigens angekündigt, das Pontifikat von Papst Benedikt XVI. zu verfilmen. Doch offenbar nicht nur das: Auch die Abdankung des Papstes, der in Regensburg seine zweite Heimat hat, ist ein Thema, heißt es. Dargestellt wird Benedikt von Anthony Hopkins („Das Schweigen der Lämmer“).”
    http://www.wochenblatt.de/nachrichten/regensburg/regionales/Kardinal-Mueller-glaubt-an-ein-Comeback-in-Rom;art1172,470035

    Eigentlich ist das Ganze zwar längst ein Fall für Monty Python, aber immerhin handelt es sich bei Anthony Hopkins um eine Idealbesetzung. Und Kardinal Gänswein kann nur ein Mann darstellen: George Clooney natürlich.

    Aber: wer übernimmt die Rolle des Joseph Ratzingers in jungen Jahren? Der Schauspieler müsste ein wenig flexibler sein als üblich.

    Siehe Kommentar Nr. 142 zu
    http://www.br.de/nachrichten/oberpfalz/inhalt/regensburger-domspatzen-missbrauch-zwischenstand-100.html

  • Nocheinüberlebender

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    Ich möchte eine vollständige Aufklärung!

  • Angelika Oetken

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    ‘”Herrenkinder” ist ein spannender Film darüber, wie junge Männer im Männerbund desindividualisiert und systematisch schutzlos gemacht werden, um ihnen alle Skrupel zu nehmen. “Es war in gewissem Sinne bis zum Ende ein Existenzkampf.” Da ist die Rede von Bettnässern und ihrer Bestrafung. Da geht es um zwanghafte Ordnungsideale – das “auf Kante”-Falten der Uniformen und des Bettzeugs, darum, wie für “Verstöße” Einzelner das Kollektiv bestraft wurde, um Schinderei und “Schliff”, da geht es um geheime Aufnahmerituale und Klassenkeile – um kollektiven Sadismus und Sozialdarwinismus als Grundlage von Erziehung und des Funktionierens des Männerbundes.”
    https://www.heise.de/tp/features/Die-Napola-Erziehung-hat-mir-in-der-Marktwirtschaft-geholfen-3383593.html

    Ähnlichkeiten zu anderen Tatorten, zum Beispiel den Einrichtungen der Regensburger Domspatzen, kein Zufall.

    Bis heute orientiert sich die Erziehung von Jungen an solchen fragwürdigen Werten https://www.rowohlt.de/buch/Rainer_Neutzling_Kleine_Helden_in_Not.2846809.html

  • Angelika Oetken

    |

    Am 30. April 2013 hatte Johannes-Wilhelm Rörig, der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, zu einer öffentlichen Anhörung zum Thema „Unabhängige Aufarbeitung – Verantwortung von Politik und Gesellschaft“ nach Berlin eingeladen.

    Hier ein link auf die deutsche Übersetzung des Vortrages von Richter Sean Ryan, dem Vorsitzenden der irischen Kommission zur Untersuchung von Kindesmisshandlung und Kindesmissbrauch. Richter Ryan erläutert darin, was aus seiner Sicht bei kollektiven Aufarbeitungsprozessen zu berücksichtigen ist
    https://beauftragter-missbrauch.de/der-beauftragte/dialog-kindesmissbrauch/?L=0

  • Angelika Oetken

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    “Nach lückenloser Aufklärung des Missbrauchskandals folgt nun die kritische Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit.”
    http://www.wochenblatt.de/nachrichten/regensburg/regionales/Domspatzen-machen-sich-ehrlich-Nach-Missbrauch-jetzt-die-Nazi-Vergangenheit;art1172,471889

    Abgesehen davon, dass man Fake-News nicht mal seinem Friseur erzählen sollte, bin ich fest davon überzeugt, dass es, was die braune Vergangenheit des Domspatzennetzwerkes und deren Fortführung bis in die Gegenwart angeht, jede Menge zu vertuschen gibt.

    Wie war das noch mit der Zunahme von Feinstaub in der Luft durch das aufmerksame “Sortieren” von Akten? War es nicht der Forist Lothgaßler der im Zusammenhang mit den als “Aufarbeitung” bezeichneten Projekten des Bistums R. hier darauf hinwies?

    Eine wirklich un-abhängige Aufarbeitung tut bei komplex betriebenen, systematischen Kollektivverbrechen wirklich Not. Aber die kann doch nicht von denen beauftragt werden, deren Rolle aufgearbeitet werden soll?!?!

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Regensburger mehrheitlich so dumm sind, derartigen Unfug zu glauben.

    Viele Grüße aus Berlin-Köpenick

  • Nocheinüberlebender

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    Wir müssen vorwärts kommen – es ist bis jetzt noch nichts passiert. Wann fängt die Aufklärung an?

  • Angelika Oetken

    |

    Die Aufklärung läuft doch schon lange Nocheinüberlebender ;-)

    Sie funktioniert recht gut und zwar gerade dort, wo das Bistum und die Institution “Domspatzen” keinen oder wenig Einfluss nehmen können.

    Schwierig ist es, diese unabhängig ermittelten Informationen zusammen zu tragen und auszuwerten. Die Methoden, die die an Vertuschung und Vernebelung Interessierten anwenden, dürften bekannt sein. Sie unterscheiden sich nicht von denen anderer Institutionen, die was verbergen und verschwinden lassen wollen, weil sie viel zu verlieren hätten, falls die ganze Dimension der missbräuchlichen Systeme ans Tageslicht befördert werden. Hinzu kommen destruktive Psychodynamiken, die bei Opfern und Mitbetroffenen dazu führen können, dass sie, unbewusst oder vorsätzlich, eine unabhängige und tiefer gehende Aufklärung und Aufarbeitung behindern. Aber davon sollte man sich nicht aufhalten lassen.

    VG
    Angelika Oetken

    P.S. kommt uns da nicht was bekannt vor?http://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/milone-wurde-vom-vatikan-zu-rucktritt-gezwungen

  • Nocheinüberlebender

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    Die Aufklärung läuft, Angelika Oetken, aber wie soll ich nach München zum MIM kommen?! Mich hat der sexuelle Missbrauch in die absolute Armut gebracht, ich bin weder mobil, noch kann ich mir sonst die Dinge leisten, die sich der Bürger in diesem Land einfach so leisten kann etc.!
    “Aber davon sollte man sich nicht aufhalten lassen.” Da gebe ich ihnen vollkommen Recht, schließlich ist seit Jahrzehnten mein Motto: “Du hast keine Chance, aber nutze sie!” ;)

  • Angelika Oetken

    |

    Was haben offizielle KooperationspartnerInnen des Bistums Regensburg, ob Personen oder Institutionen sei dahin gestellt, mit Unabhängiger Aufklärung zu tun @Nocheinüberlebender?

    Was brauchen Sie denn konkret, um Missbrauchsfolgen zu lindern oder ggf. sogar zu beheben?

    VG
    Angelika Oetken

  • Nocheinüberlebender

    |

    Es wurde mir mehrfach versichert, das MIM ist vertrauenswürdig. Ich glaube auch daran, aber wir brauchen etwas in den Großstädten – wie übrigens auch in jeder Hinsicht: Gesundheitszentren, Männerhäuser, Beratungsstellen, aber es besteht ein Mangel. Jeder Versuch, dahingehend was zu machen, scheitert – ich kann ihnen, Angelika Oetken, einen Roman darüber schreiben. Wir brauchen in N. auch ein NIM und in R. ein RIM usw.! Dann kann Aufklärung starten.

  • Angelika Oetken

    |

    Meiner Ansicht nach sollte man zwischen Vertrauenswürdigkeit und Unabhängigkeit unterscheiden @Nocheinüberlebender. Abgesehen davon, dass Vertrauen doch immer nur eine emotionale Vorschussleistung darstellen kann und einen klaren Bezug haben muss, bedeutet Unabhängigkeit, Souveränität im Sinne eines Fehlens von Interessenkonflikten. Im wissenschaftlichen Bereich deklariert man diese deshalb und versucht sie auszuräumen, bevor man ein Forschungsvorhaben als “unabhängig” bezeichnen darf. Meines Wissens hat keine der vom Bistum mit Aufklärung, Aufarbeitung und Hilfe beauftragten Personen oder Organisationen etwas in diese Richtung veröffentlicht.

    Zum Mangel an Fachberatungsstellen, besonders solchen, die sich auch um männliche Opfer kümmern: das ist ein gesondertes, sehr wichtiges Thema. Hilfen für weibliche Betroffene sind schon rar, für männliche fehlen sie fast gänzlich.
    Soweit ich informiert bin, praktizieren in Regensburg gute PsychotraumatherapeutInnen. Es gibt viele Wege der Aufarbeitung der eigenen Erfahrungen mit dem Geopfert-werden. Manchen hilft Therapie, andere schließen sich einer Selbsthilfegruppe an oder gründen selbst eine, die nächsten wählen Medien wie Kunst oder das Schreiben. Einigen Opfern tut die Unterstützung mit Angehörigen und Freunden gut. Wieder andere suchen aus der Rolle des Erwachsenen heraus die Auseinandersetzung mit ihrem Missbrauchskontext, sofern er noch vorhanden ist und seine Einstellungen und sein Vorgehen zwischenzeitlich nicht zum Besseren verändert hat.

    VG
    Angelika Oetken

  • Nocheinüberlebender

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    Ich bin gut versorgt, was Therapie betrifft (auch wenn ich bettelarm bin; habe eben schon immer gewusst, wie ich für mich sorgen muss, auch, als ich dort bei den Domspatzen abgehauen bin). Aber es gibt so viele, die keine Hilfe erhalten, darum geht es mir, Angelika Oetken. Frauen haben ein Netzwerk aufgebaut, wir Männer hinken zwanzig Jahre hinterher.
    Dabei verändert sich die Gesellschaft und Homehen sind erlaubt. Was tun wir, wenn der Partner hier gewalttätig ist und der andere Hilfe benötigt – das ist nur ein Beispiel!

  • Haimo

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    zu: Nocheinüberlebender
    25. September 2017 um 10:36 |
    Die Aufklärung läuft aber wie soll ich nach München zum MIM kommen?! Mich hat der sexuelle Missbrauch in die absolute Armut gebracht,
    Meines Wissens nach übernimmt das Bistum bis zu 75% der Fahrt kosten. Ansprechpartner ist HR. Hainbach, sh. Telnr. unten.
    Dort finden sich RD aus ganz Bayern ein.

    Münchner Informationszentrum für Männer
    Feldmochinger Straße 10 (über der Apotheke), 80992 München Telefon: 089/21893488, E-Mailadresse: projekt.regensburg@maennerzentrum.de

    Telefon: 089/21893488

  • Nocheinüberlebender

    |

    @Haimo. Der Domspatzenskandal hat gezeigt, wir brauchen ein flächendeckendes Hilfsangebot. Wie gesagt, ich bin versorgt, aber was ist mit all den andern; wir kennen uns ja und wir sprachen auch von denen, die mit Rollstuhl und Behinderung usw. gar nicht die Möglichkeiten besitzen (vielleicht sogar noch mit Platzangst). Die Gesellschaft verändert sich rapide – auf der einen Seite – und auf der anderen Seite ist eine Erkrankung aufgrund des Missbrauchs und der Missbrauchserlebnisse immer noch tabuisiert, gerade bei den Männern. Die Männer müssen nämlich die Starken sein und sind sie es nicht, werden sich geächtet. Wir brauchen ein Umdenken. Wir müssen genauer hinschauen: Eine Frage die mich immer wieder beschäftigt: Wie konnte so lange in der Umgebung von Etterzhausen weggeschaut werden, in Pielenhofen, Kallmünz, Burglengenfeld usw. und natürlich in Regensburg. Das gleiche mit der Odenwaldschule, etwas später. Solche Dinge dürfen einfach nicht mehr geschehen und dazu braucht es Aufklärung. Das MIM gibt sich redlich Mühe, ist aber nur auf eine bestimmte Gegend beschränkt und es muss umfassend in allen Bundesländern passierten (ich denke auch an unsere RDs, die z. B. in Berlin leben und wirken. Ich bin vielleicht nicht der fitteste, aber immerhin haben wir ja schon so viel bewirkt und jetzt muss es einfach weitergehen. In Nürnberg, da wo ich lebe, titelte die Zeitung, “Dauerangst wich endlich einem Gefühl der Befreiung”; sie wollen, dass die Diskussionen enden, aber das gerade darf m. E. nicht geschehen.
    Bis wir Männer so weit sind, dass wir uns nicht dafür schämen, dass uns etwas Schreckliches passiert ist, dahin ist noch ein weiter Weg. Ebenso, bis anerkannt wird, dass auch Männer Missbrauch erleben und nicht nur Frauen, auch sexuellen Missbrauch natürlich, bis genug Beratungsstellen existieren, für Männer die n i c h t gewalttätig geworden sind und nicht nur Beratungsstellen für Männer mit Problemen, wie sie ihre Gewalttätigkeit bekämpfen, dahin ist noch ein weiter Weg.
    Es nützt nichts, jetzt da ein Zeichen zu setzen, es muss ein Denkmal aufgestellt werden; wir wissen, dass es diese Denkmäler für Herrn Schrems und diese Seite zur Genüge gibt, aber wir brauchen andere Denkmäler, dazu muss es kommen.
    Zum Schluss: Machen wir einfach weiter, so wie einige leuchtende Beispiele: Haimo, Wolfgang, Uwe, Franz…

  • Angelika Oetken

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    “Aber es gibt so viele, die keine Hilfe erhalten, darum geht es mir, Angelika Oetken. Frauen haben ein Netzwerk aufgebaut, wir Männer hinken zwanzig Jahre hinterher.”

    Sie bringen es auf den Punkt @Nocheinüberlebender.

    Die gesamten Entwicklungen seit im Januar 2010 mit dem “Missbrauchstsunami” eine weitere der Wellen um die Aufklärung und Aufarbeitung von Kindesmissbrauch einsetzte, zeigen, dass es an qualifizierter und unabhängiger Fachberatung mangelt. Gleichzeitig wird aber auch deutlich, wie sehr Opfer und Mitbetroffene von fundierter Beratung profitieren. Nicht nur sie direkt, sondern auch weitere HelferInnen und Institutionen, die für die Opferhilfe zuständig sind. Qualifizierte Beratung bewirkt, dass sich Wege aufzeigen und Betroffene befähigt werden, sie auch zu beschreiten.

    Ich zolle den Menschen, die sich teils schon seit Jahrzehnten dafür einsetzen, das Netz der Fachberatungsstellen zu etablieren, zu erweitern und oft eben auch zu verteidigen, großen Respekt.

    Es gibt einen Dachverband, die Deutsche Gesellschaft für Prävention und Intervention, die die Anfang des Jahres ins Leben gerufene “BKSF – Bundeskoordinierung Spezialisierter Fachberatung gegen sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend” trägt
    https://www.dgfpi.de/kinderschutz/buko-bundeskoordinierungsstelle.html

    Die Menschen, die sich dort engagieren, setzen sich mit den politisch Verantwortlichen und den Finanziers solcher Beratungsleistungen zusammen und auseinander. D.h. sie beraten und verhandeln mit ihnen auch über genau den Punkt, den Sie oben anführen @Nocheinüberlebender.

    Schreiben Sie doch der DGfPI einfach mal, wo Ihnen auf ihrem Weg der Aufklärung und Aufarbeitung fachlich fundierte, unabhängige Beratung genützt hätte. Stimmen von der Basis sind für die VerhandlerInnen von großem Nutzen, wenn sie das berechtigte Interesse von Opfern und Mitbetroffenen nach Rat und Hilfe gegenüber den Errichtern vertreten.

    Für Jungen gibt es zwar bereits etwas mehr Fachberatung als vor 2010. Für Männer bildet sie aber immer noch die absolute Ausnahme. Übrigens: was Informationen und Anregungen angeht, schätze ich die Sammlung, die “Tauwetter e.V.” angelegt hat sehr.

    VG
    Angelika

  • Nocheinüberlebender

    |

    “Gleichzeitig wird aber auch deutlich, wie sehr Opfer und Mitbetroffene von fundierter Beratung profitieren. Nicht nur sie direkt, sondern auch weitere HelferInnen und Institutionen, die für die Opferhilfe zuständig sind. Qualifizierte Beratung bewirkt, dass sich Wege aufzeigen und Betroffene befähigt werden, sie auch zu beschreiten.” (Angelika Oetken). Ganz genau!

  • Nocheinüberlebender

    |

    “Bedeutet das aber, man sollte die Schilderungen von Missbrauchsbetroffenen grundsätzlich 1 : 1, gewissermaßen digital, wortwörtlich nehmen?”
    Ich muss da meinen “Senf” dazugeben: Oft unterhielt ich mich mit anderen Trostknaben darüber, ob denn das “Erlebte” uns so wirklich geschehen ist oder vielleicht nicht. Meine Einschätzung: Es ist passiert! Ein Beispiel in meinem eigenen Fall: Ich gab an, der Missbrauch ist im Jahr 1966 passiert. Für mich persönlich war es völlig unbedeutend in welchem Jahr die Vergewaltigung geschehen war, nur, dass sie geschehen ist, das war für mich außer Zweifel. Schnell klärte ich mit Frau Dr. Böhm (damals) ab, dass es das Jahr 1967 gewesen sein muss (ein Brief, den ich an meine Eltern schrieb, war auf dieses Jahr datiert). Nun gibt es Menschen die sagen: Er weiß ja noch nicht einmal, wann ihm das passiert ist, aber das ist falsch, denn nicht die genauen Daten sind entscheidend, nur die Tatsache, dass es eine Vergewaltigung gab.
    Es passiert immer wieder, deshalb sage ich das.

  • R.G.

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    @Nocheinüberlebender

    Werter Alltagsheld!

    Sie hielten in dem Thread tapfer die Stellung, obwohl die Resonanz gering war.

    Ich sah Sie über Ihr Schicksal schreiben, und zusätzlich in Verantwortung für weitere Betroffene und zur Verhinderung weiterer Opfer argumentieren.
    Sie haben meinen Respekt.

    Dankeschön für Ihre Beiträge!

  • Nocheinüberlebender

    |

    @R.G. Es gibt eine dreistellige Zahl von Überlebenden, welche sich noch nicht gemeldet haben – wir bekommen das hin und decken auch noch diese Fälle auf – davon bin ich felsenfest überzeugt :)

  • R.G.

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    @Nocheinüberlebender
    In unserer Umgebung wurden ein Enkerl, dessen Mutter und Oma durch ein Heim-Opfer fertiggemacht. Man schaffte die Großmutter in den Ostblock, das Kleinkind in den Süden, und sah für die Mutter die Psychiatrie vor, damit sie ihr Töchterchen nicht befreien könne.

    Der bis jetzt unbehelligte Täter hatte in der Kirche einen einflussreichen Posten erhalten, naturgemäß konnte er daher seine eigene Vergangenheirt als gequälter Zögling nicht mal erzählen, da er nun Teil des Systems geworden war..

    Um dennoch die Last des Unerträglichen auszudrücken, erging er sich in Rache gegen die Frauen seiner Familie, wie er das machte, ist oben angedeutet.

    Was immer er ersann, es fanden sich immer Helfer für seine Pläne, und alles wurde getarnt als, man habe den Frauen ja nur helfen wollen.

    Im Grunde wiederholte er die Wege, die seine Peiniger ihn ehemals geführt hatten, als man ihm versprochen hatte, er komme in ein Luxus-Internat mit Spiel und Spaß, und dann hatte man ihn in Wirklichkeit mit seinen zehn Jahren an Leib und Seele gedemütigt, und ihn wie einen Unmenschen behandelt.

    Meine Lehre aus dem beobachteten Leid ist, die Opfer aufzufordern ihr Ventil in Worten zu suchen, um den Druck auf die eigene Seele zu vermindern, aber auch als Vorbild für die heutige Jugend, das Gespräch als zulässige und erwünschte Ausdrucksform des wahren Mannes zu leben.

    Nicht wer schweigt, ist deswegen ein ganzer Kerl, sondern jeder, der die Wahrheit in Worte fasst, bevor sie sich in Gewalt ausdrückt.

  • R.G.

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    Ich sollte ergänzen, der Macher blieb deshalb unbehelligt, weil er inzwischen in einem Land lebte, wo Männer mit weiblichen Mitgliedern ihrer Sippe von Gesetzes wegen alles tun dürfen.

    Opfer war er in einem deutschsprachigen Land geworden, in den Sechzigern. Zu “regensburg-digital” fand ich, als ich seinen damaligen Erziehern hinterherspürte. Ein Artikel und Leserbrief erwähnten einen Kirchenmann und Musiker, von dem ich die Verbindung zu seinen “Verbiegern” herstellen konnte.

  • Nocheinüberlebender

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    Ich weiß mir keinen Rat mehr, denn sie – die katholische Kirche – lassen uns am ausgestreckten Arm verhungern.

  • Angelika Oetken

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    Ich frage mich, welchen Sinn es hat, den Führungskräften einer Organisation, die die Missbrauchskriminalität zu verantworten hat, auch deren Aufklärung initiieren zu lassen.

  • Nocheinüberlebender

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    Wir werden das schon meistern…

  • Nocheinüberlebender

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    Wir brauchen eine Auffanggesellschaft für die nicht beachteten Domspatzen!

  • RB

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    Betreff: Anerkennungszahlungen
    Also, was man so hört – kocht es draußen zum Thema Auszahlungen für erlittenes Leid so aehr. Auch schrieb der Bis hof einen Schablonenbrief, der besonderes Aussagekräftig ist. Also, für die paar Taler habe ich echt anderes zu tun.
    Das ist alles andere als eine anständige Aufarbeitung. Behaltets doch Euer Geld!

  • Wie die NS-Geschichte der Domspatzen geklittert wird » Regensburg Digital

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    […] zum Missbrauch duldenden Verhalten von Domkapellmeister Schrems sachlich als glaubhaft einzustufen. Auch der Abschlussbericht von Rechtsanwalt Ulrich Weber zu sexualisierter Gewalt in den Einrichtunge… Als Täter aus der NS-Zeit nennt der Bericht Webers neben Friedrich Zeitler auch den Präfekten […]

  • Nocheinüberlebender

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    Was ist geworden aus den Domspatzen? Wie viele von denen, die sich neu gemeldet haben, wurden anerkannt? Fragen über Fragen, zumal auch verschiedene Aufarbeitungen nicht so gelaufen sind, wie vorher beabsichtigt…

  • Nocheinüberlebender

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    …und dann wird der Artikel auch gleich wieder entfernt… das passierte mir doch auch beim BR und vielleicht lässt das darauf schließen, dass unangenehme “Schamdinge” vorkamen, die man gar nicht so genau wissen will… Es ist der Anfang der Aufarbeitung erreicht und nun geht es richtig los mit allen Einzelheiten, die noch nicht aufgearbeitet sind.

  • Stefan Aigner

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    @Nocheinüberlebender

    Hä?

  • Nocheinüberlebender

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    Wann geht es weiter mit der Berichterstattung über die Regensburger Domspatzen – wäre doch interessant ;)

  • Rosalia Genoveva

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    Herr Nocheinüberlebender, die heilige Kirch hat das für abgschlossn erklärt.
    Übens Ihnen in Gehorsam!

  • Angelika Oetken

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    Wen interessiert, was die katholische Priesterschaft vom Tisch haben will @Rosalia Genoveva? Ein Beispiel dafür, dass sowieso alles raus kommt https://twitter.com/marielco/status/954681292385411074

    Was Papst Franziskus auf seiner Südamerikareise erlebt und im Hinblick auf den sexuellen Missbrauch den die Kirche, die er führt zu verantworten hat verlautbart, ist interessant. Auch was die Missbrauchsfälle im Bistum Regensburg angeht. PapaFranz und seine Entourage werden von ihren Opfern begleitet. Zum Beispiel diesem https://twitter.com/kamazhe

    VG
    Angelika Oetken

  • Nocheinüberlebender

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    Genial! Frau Rosalia :)

  • Rosalia Geboveva

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    Herr Nocheinüberlebender, ich hätt noch paar Fragen an Sie.
    Das Erschte:
    Eine einsame Fürstin Zulebzeitenheilig aus dem 16. Jahrhundert hat erkannt, dass es eine Gemeinheit ist, was diejenigen der Kirch antun, welche was von Missbrauch verzähln.

    Ich mein, Sie könnten sich das zu Herzen nehmen.
    Nachher werden Sie gwiss ihren Namen bereuen und ändern wolln.
    Nocheingemeineraufbußgang wär besser.

    Das Zweite:
    Schon der alte Kohelet Vater hat gwisst, dass es eine Zeit der Besinnung und eine Zeit des Tuns geben muss.
    Jetzt wo sich die Kirch in der Missbrauchssach besinnt hat, wärs wieder Zeit zum Tun.

    Das Dritte:
    Ich hab das glei niemals nicht verstanden, wieso die Missbrauchten eine Entschädigung wolln, wenns im Schloss ohnehin eine Suppenküche gibt.
    Also, Nocheingemeinerbeimsuppenausfassen wär auch kein schlechter Name nicht.

  • Domspatz im Ausland

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    Hallo zusammen und schöne Grüße aus dem fernen Osten. Ich tu mir reichlich schwer im Internet andere Domspatzen auszumachen aus Etterzhausen, Jahrgang 77 78 …. kann mir da Einer behilflich sein. Ich möchte mich gerne austauschen und beabsichtige meine Vergangenheit mittels Verfilmung – teils graphisch animiert und Teils eben auch mit Stellungnahmen meiner Kameraden aufzuarbeiten. Ich denke dass der Abschlußbericht kein Abschlußbericht ist und das Thema für die Betroffenen wie mir selbst noch lange nicht abgeschlossen, geschweige denn aufgearbeitet ist. Ich hatte kürzlich ein Telefonat mit einem Herren der für uns zuständig sein soll….. wiedermal über ca 3 Stunden hinweg.
    Da es für mich keine Möglichkeit gibt nach Deutschland zu reisen um mich therapieren zu lassen, bat ich um ein Skype Telefonat….. was für mich ja kostenlos wäre….. Diese Bitte wurde mir aber leider abgeschlagen…. das sei einfach nicht möglich. Nachdem ich mich nun regelmäßig mit Albträumen herumschlage und den Lebensabschnitt im Internat nicht aus meinem Kopf bekommen kann, geschweige denn aus meinem Herzen, habe ich mich umgesehen wie Andere es machen und bin dabei Leute gestoßen die Bücher schrieben….. und solche die letztlich eben auch Videos oder Filme gemacht haben. Da hier in meinem Land, in dem ich jetzt lebe, sowohl entsprechendes Equipment, sowie Graphiker und Animateure zu bezahlbaren Preisen verfügbar sind und ich selbst ein kleines Videostudio habe, denke ich dass ich so eine Chance habe die ganze Geschichte aufzuarbeiten. Wenn sich also jemand findet der an der Mitwirkung interessiert ist, bitte an mich per Email schreiben. E-mail: 1@x09x.net

  • Angelika Oetken

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    Guten Morgen @Domspatz im Ausland,

    die verhaltenen Reaktionen der Ehemaligen der Domspatzeneinrichtungen könnten was mit den Methoden zu tun haben, die die institutionell Verantwortlichen anwenden. In Überschau ergibt sich so etwas wie eine Blaupause. D.h. so wie in Regensburg verläuft es an vielen anderen Tatorten auch https://www.onetz.de/regensburg/vermischtes/abschlussbericht-zu-missbrauchsvorwuerfen-547-domspatzen-opfer-von-uebergriffen-d1767036.html/action/posted/1/#comment3252

    Angesichts dessen, was bei unabhängiger und vollständiger Aufklärung heraus kommen könnte, auch nur all zu verständlich. Der Forist Clemens Oppermann schildert das Prinzip in seinem Kommentar auf einen Artikel den Daniel Deckers zu den Missbrauchsfällen im Bistum Hildesheim verfasst hat. Titel: „Ja, Herr Deckers, so wie in Hildesheim keine Krähe“
    http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/missbrauch-kommentar-gegen-die-kirche-15249256.html
    D.h. Opfer, die sich mit den kriminellen Methoden der Aggressoren gemein machen und sich dem mafiösen Netzwerk anschließen, werden dafür belohnt. Alle Anderen lässt man fallen oder bekämpft sie sogar.
    Die Rechtsanwälting Marion Westphal wurde 2010 von der Diözese München-Freising mit der Untersuchung von Missbrauchskriminalität beauftragt. Sie brachte den Zweck der Vertuschungsagenda in einer Pressekonferenz auf den Punkt:

    “Zudem, so Westpfahl, hätte die Kirche zur Vertuschung von Missbrauchsfällen auch gezielt sexuelle Tabus und ein “besonderes Erpressungspotenzial” solcher Themen genutzt.”
    https://www.heise.de/tp/news/Gutachten-zum-Sonntag-2010796.html

    Ihren Untersuchungsbericht hat das Bistum bis heute nicht veröffentlicht.

    Traumaerinnerungen, die bisher nicht integrierbar waren und damit auch nicht kontrolliert werden können mittels kreativer Techniken zu fassen und zu bannen, halte ich für eine sehr gute Methode. Ich werde Ihnen dazu etwas mailen.

    Viele Grüße von
    Angelika Oetken, Berlin-Köpenick

  • Angelika Oetken

    |

    Guten Morgen,

    Je weiter die eigentliche, da unabhängige Aufklärung und Aufarbeitung voran schreitet, desto mehr bestätigt sich folgender Punkt:

    “6. Platzieren Sie jemanden in der Bewegung, den Sie manipulieren können und machen Sie möglichst viele Opfer und Mitbetroffene von sich abhängig”

    Eine Nr. 22. habe ich auch anzubieten: “Lassen Sie nichts unversucht, um Informationen abzugreifen, lassen Sie sich das ggf. richtig was kosten”.
    https://www.onetz.de/regensburg/vermischtes/abschlussbericht-zu-missbrauchsvorwuerfen-547-domspatzen-opfer-von-uebergriffen-d1767036.html/action/posted/1/#comment3252

    VG
    Angelika Oetken, Berlin-Köpenick

  • r.b.

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    @Domspatz aus dem Ausland….
    Ihr Text klingt sehr sehr nebulös.
    Wozu Skype, Graphiker und oder vielleicht
    Animateure zu Ihrem Thema der Aufarbeitung.
    Haben Sie es schon mit Stay Friends probiert?
    Auch wieso nur 77 78, waren sie nur in Etterzhausen?
    cu

  • Angelika Oetken

    |

    @Domspatz im Ausland,

    haben sich schon Ehemalige bei Ihnen gemeldet?

    VG
    Angelika Oetken, Berlin-Köpenick

  • Domspatz im Ausland

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    hallo r.b. Ich habe mich klar und unmißverständlich ausgedrückt. Auch habe ich gebeten mich per Email zu kontaktieren. Bisher hat mich nicht mal 1 ehemaliger Kamerad angeschrieben. Das ist sehr merkwürdig und nebulös. Ich bekomme merkwürdiger Weise zu keinem einzigen Domspatz aus meiner Zeit Kontakt. Auch nicht über die Beratungsstelle.
    Skype…. ist gut um sich per Video zu verständigen, damit ich auch sehe, dass ich mit einer mir bekannten Person kommuniziere und nicht mit einem Verschleierungsbeauftragten. Graphiker und Animateure sind Menschen, die in der Lage sind in einem Film zum Beispiel nicht mehr bestehende Gebäude oder Fahrzeuge zu animieren, also zum Leben zu erwecken. Das ist heute gängige Filmpraxis wenn ein Film interessant und lebendig sein soll . Wer sieht sich schon gerne eine Dokumentation mit leblosen verblassten Bildern an? Es ist viel packender und realistischer wenn man in die alten Zeiten selbst eintauchen kann und Akteure die Zustände so nachstellen wie sie tatsächlich passiert sind. Da lassen sich auch Menschen zum Leben erwecken über die es eben leider kein Videomaterial gibt. Es gibt ja auch jede Menge Filme über Heilige und Jesus selbst…. was glauben Sie wie man die gemacht hat. Und wer würde sich einen Jesusfilm ansehen in dem ein Erzähler erzählt wie Jesus gelitten hat. Nein, heute werden solche Filme ganz anders gemacht. Da sehen sie wie Jesus die Dornenkrone aufgedrückt wird und die Dornen sich in sein Gesicht graben und das Blut in Strömen fließt.
    Nur durch eine realistische Darstellung der Vorgänge die damals in Etterzhausen stattgefunden haben lassen sich Menschen beeindrucken und dazu bewegen, Wahrheiten anzuerkennen und mitzufühlen mit dem Leid das uns widerfahren ist.

  • B.R.

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    Keine Tranparenz der Aufarbeitung bis in die Gegenward! Eine Mitschuld dieser heutigen und derartigen Inkognito-Aufarbeitung haben für mich auch die heutigen Verantwortlichen dieser Institution Domspatzen. Auch dieses sogenannte Kuratorium – heute in der Gegenward – und diese Aufarbeitungs – Kommission, haben eine große Mitschuld wegen diesem großen Schauspiels, das man Aufarbeitung nennt. Ich möchte zum Thema nur den Kopf schütteln. Das ganze Vermögen der damaligen eigenständigen Stiftung Etterzhausen/Pielenhofen hat man sehr schnell verschleudert und umgemünzt, (( es geht so um min. 10 Millionen Euro )) damit man sehr schnell die heutige Domspatzen -Grundschule hat bauen können. Ich finde: So geht es nicht! Die Domspatzenopfer will man heute mit Kleinbeträgen abspeisen, und die heutige Institution Domspatzen brüstet sich heute nur in der Gegenward mit der sehr modernen Schule in der Reichsstraße. Glaube, diese Institution Domspatzen + dem Bistum Regensburg wollen heute nur schnell einen schnellen Brexit, , einen schnellen Abgang ,, einleiten, mehr aber auch nicht. cu

  • R.G.

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    @Domspatz im Ausland

    Ein heute kreativer Mensch, ein Hilfsarbeiter, ein Häftling, ein Steuerberater, jeder würde andere Ausdrucksformen wählen und beherrschen.

    Gäben alle Gewaltüberlebenden ihre Talente zusammen, könnten sie sich erstmals mehr Gehör verschaffen.

    Leider werden in allen mitteleuropäischen Ländern ein Teil der Betroffenen von den gleichen semi-professionell auftretenden Gruppen oder Sekten vereinnahmt; diese machen sich immer an Menschen ran, wo in Bälde eine Schadenersatzzahlung zu erwarten ist.
    Weitere Überlebende hoffen auf Gespräche mit der Kirche, in der sie einstens entmenschlicht und verletzt wurden.

    Mit großer Effektivität zerstörten außerdem bestens geschulte Schreiber Foren für Missbrauchsopfer, ein Teil als Dienst für ihre Auftragsgeber, ein Teil um in der Helferindustrie ihr eigenes Modell zu forcieren.
    Das Misstrauen ist daher berechtigt groß.

    Ich kann ihren Ansatz, noch mehr nach Ihrem zweiten Posting, absolut nachvollziehen.
    Selbst geht es mir nicht anders, ich sehe ständig mögliche Drehbücher zur diskreten, aber aufrüttelnden Visualisierung dessen, was einem uns nahestehenden Kind in kirchlichem Kontext geschah…

  • RuBa

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    Fake News!!!
    Wenn ein.Jemand von damals nur eine sehr merkwürdige Mailanschrift angibt, dann muß man sich nicht wundern. Über Stayfriends oder Facebook könnte man sich heute schon mal schnell ein Bild machen. Auch verstehe ich nicht, warum man zum Thema einen solchen Ton einschlägt. Auch könnte man nur über den RA Weber schon einen Kontakt herstellen?

  • Angelika Oetken

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    “institutionelle Selbstgewissheit”: entsteht mutmaßlich durch einen Prozess, den Prof. Norbert Lüdecke, Dekan der Universität Bonn, Professor für Kirchenrecht, 2013 auf einer Podiumsdiskussion in Trier als “ontologische Umgestaltung” bezeichnete. Mit dem Wissen von heute, sieht es aus meiner Sicht so aus, als setze der Versuch, normale moralisch-ethische Maßstäbe und Regeln aus dem Individuum und Priester in spe zu entfernen und statt dessen institutionelle (Doppel-)Moral zu implantieren, nicht erst mit Eintritt in das Priesterseminar ein, sondern beginne weit vorher. Bei manchen späteren Klerikern schon in früher Kindheit in deren eigener Herkunftsfamilie. Hier meine persönliche Mitschrift des Inhalts der Veranstaltung: http://www.regensburg-digital.de/bischof-rudolf-und-sein-fragwurdiger-berater/14062013/#comment-46566

    Unbedingt lesenswert auch dies: http://www.imprimatur-trier.de/2010/imp100512.html (Norbert Lüdecke, Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch Priester: Statement aus kirchenrechtlicher Sicht).

  • Aus dem Redaktionstagebuch (10/18) » Regensburg Digital

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    […] regensburg-digital hatte bereits Anfang August anlässlich des Abschlussberichts von Rechtsanwalt Ul… Ausführlich thematisiert hatte unser Autor Robert Werner auch den Fall Christian F.. Der ehemalige Domspatz war 2016 zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden – unter anderem wegen sexuellen Übergriffen auf zwei jüngere Mitschüler. Bereits in Jahresberichten des Domspatzen-Gymnasiums wird F.s Nähe zu jüngeren Mitschülern mehrfach thematisiert, wie Werner im August aufdeckte. Unter anderem wird F. in darin als „Kindergärtner“ bezeichnet. Der Abschlussbericht setzt sich mit diesem Fall allerdings kaum auseinander. Bislang hatte das außer uns kein anderes Medium thematisiert. […]

  • BR.

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    Betreff: Das hatte System

    Viele Jahrzehnte wurden alleine in Etterzhausen viele Buben Missbraucht und gefügig gemacht. Im Regensburger Domspatzeninternat gaben sie dann alles an Ihre dortigen Mitschülern weiter. Auch das Wort Vaseline war ein großer Bestandteil dieses Systems. Das Regensburger Jugendamt müßte bitte heute einmal mehr auch ein großes Auge auf diese Institution Regensburger Domspatzen werfen.

    https://www.br.de/nachrichten/oberpfalz/inhalt/kritik-an-bericht-ueber-missbrauch-unter-domspatzen-schuelern-100.html

    https://www.swr.de/report/lueckenhafte-aufarbeitung-neue-missbrauchsvorwuerfe-bei-den-regensburger-domspatzen/-/id=233454/did=21354044/nid=233454/1nsh7sf/index.html

    http://www.sueddeutsche.de/bayern/regensburg-ehemaliger-domspatz-klagt-an-missbrauch-auch-unter-schuelern-1.3914962!amp

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