Bürgermeister Gaga
„Eigentlich ist es egal, weswegen Du in der Zeitung stehst. Hauptsach’, Du stehst in der Zeitung!“ So lautet der Rat, den ein altgedienter Regensburger CSU-Stadtrat in kleiner Runde schon mal jüngeren Polit-Einsteigern mit auf den Weg gibt. „Wenn dei Gsicht koaner kennt, hilft Dir de ganze Politik nix.“
Na ja, man muss jetzt nicht unbedingt der ausgefuchsteste Polit-Profi sein, um diese Weisheit zu kennen. Unvergessen sind die Querelen in der großen Koalition, ob der Tatsache, dass da ein ganz bestimmter Politiker viel zu oft in der Mittelbayerischen Zeitung abgelichtet war. Da wurde quasi der mit der Redaktion und koalitionsintern vereinbarte Foto- und Erwähnungsproporz nicht eingehalten. Und wenn das (hoffentlich) der Zeitungsredaktion schon egal ist, dass sich da wer aufregt, dann kann man zumindest intern ein bisserl darüber streiten, ob der Hundskrüppel denn wirklich dauernd sein Gesicht in jede Kamera halten muss.
Sich einfach selbst nach dem Mund schreiben…
Ganz ohne Streit, dafür mit großem Wettbewerbseifer aber beherzigt wird besagter Rat vor allem in Wahlkampfzeiten. Da wird von der Seniorenvorstellung im Kino zur Fahnenweihe des Kannichnenzüchtervereins gehastet und von dort zum Richtfest irgendeines Bauträgers, um auf irgendein Foto zu kommen oder zumindest in irgendeinem Nebensatz der flankierenden Berichterstattung aufzutauchen, die dann irgendwo erscheint.
Und wenn man besonders gut vorbereitet und ausgerüstet ist, hat man die eigen Kamera und die hauseigene Pressereferentin mit dabei, um den chronisch unterbesetzten Lokalredaktionen gleich Bild- und Textmaterial liefern zu können, damit die nicht so viel Arbeit damit haben, einem nach dem Mund zu schreiben.
Tatkräftig interessante Mitteilungen schreiben
Regensburg befindet sich ja grade im Kommunalwahlkampf. Der findet zwar erst 2014 statt, aber man kann nie früh genug angefangen, hat sich die hiesige SPD wohl gedacht. Und so verschickt das „Strategieteam“ von Hoffnungsträger Joachim Wolbergs regelmäßig ganz herzige Pressemitteilungen.
Die haben dann etwa zum Inhalt, dass man in einem Stadtteil X einen „Infostand“ gemacht hat, bei dem viele Parteigenossen „tatkräftig mitgeholfen“ haben, wo „viele interessante Gespräche“ geführt wurden, die dem Bürgermeister „sehr viel Spaß machen“, aber auch enorm wichtig sind, weil man eben „nur so, weiß (…), was den Menschen auf den Nägeln brennt“. Das ist nicht schwer zu schreiben und wenn ein schönes Foto mitgeschickt wird, dann druckt das die eine oder andere Zeitung sogar ab. Ungekürzt.
Wolli jetzt wie Lady Gaga
Heute fallen auch wir auf diese taktischen Finessen des Wolli-Strategieteams herein: Denn wenn Joachim Wolbergs in die Fußstapfen von Lady Gaga tritt, dann ist das allemal eine Meldung wert. Zumal im Sommerloch. Nein, der Bürgermeister läuft jetzt nicht mit einem Fleischkleid durch die Gegend, er trägt auch keine Dildo-Schuhe und hat sich auch nicht nackt mit einem Skateboard ablichten lassen. Nein – auch wenn es manche(r) bedauern mag – das nicht.
Aber: Joachim Wolbergs hat sich unter dem aussagekräftigen Motto „Fans gewinnt man beim Heimspiel“ ein Fahrrad gekauft. In Regensburg sogar. Das mag jetzt noch nicht so spektakulär klingen. Aber „damit“, so heißt es in einer heute verschickten Pressemitteilung des wahlkämpfenden Strategieteams, „springt er auf einen Sattel, auf dem unter anderem auch schon nationale und internationale Stars wie Orlando Bloom, Hannes Jaenicke, Lady Gaga und der amerikanische Entertainer Jay Leno Platz genommen haben“. Und das tollste: Wolbergs hat „es sich nicht nehmen lassen“, das Fahrrad – ein E-Bike – persönlich abzuholen.
Bürgermeister Joachim Wolbergs hat sich ein E-Bike gekauft (Abbildung ähnlich). Karikatur. Ernst Restelmann
Dabei sind dann zwei schöne Fotos entstanden und „nach vielen interessante Gesprächen“ wollen wir es uns „nicht nehmen lassen“, es brennt uns geradezu „auf den Nägeln“ und macht uns „auch viel Spaß“, eines davon zu veröffentlichen.. Die Hauptsach’ ist eben, Du stehst in der Zeitung. Auch, wenn es etwas gaga ist…
Bürgermeister Joachim Wolbergs hat sich ein E-Bike gekauft. Foto: Büro Joachim Wolbergs