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Landgericht Regensburg

Bankrott und Untreue im Luxus-Krematorium

Insolvenzverschleppung, Untreue und betrügerischer Bankrott – der frühere Geschäftsführer des Luxus-Krematoriums in Hemau steht vor den Trümmern seiner Existenz und vor Gericht. Ein umfassendes Geständnis bewahrt ihn am Ende vor einer Haftstrafe.

Das Krematorium in Hemau gilt als eine der modernsten Anlagen in Europa. Foto: Krematorium Hemau

Ein Saal, in dem per Beamer das Ambiente des Regensburger Doms, ein Himmel mit Schäfchenwolken oder eine Naturidylle geschaffen werden konnte, ein eigener Saal für den Leichenschmaus auf Sterneküche-Niveau, Liveübertragung des Urnenwaldes ins Internet und dazu eine Verbrennungsanlage auf dem modernsten Stand der Technik, die eine Gasersparnis von 80 und eine Zeitersparnis von 60 Prozent mit sich bringen soll – es waren ambitionierte Pläne, mit denen Andreas F. (53) 2016 an den Start ging.

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Das „grüne Krematorium“ in Hemau, direkt neben dem dortigen Waldfriedhof galt als Vorzeigeprojekt, eine der modernsten Anlagen in Europa. 3,5 Millionen Euro soll es laut damaligen Angaben gekostet haben. Regionale und überregionale Medien berichteten. Und als die Stadt Regensburg 2018 mit massiven Problemen im städtischen Krematorium zu kämpfen hatte, gehörte Andreas F. zu den medial exponierten Kritikern. Fünf Jahre später steht der gebürtige Münchner vor den Trümmern seiner Existenz – und vor dem Strafrichter.

Fast 600.000 Euro abgezweigt

Im Oktober 2019 wurde die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Hemauer Krematorium angeordnet. F., faktischer Geschäftsführer des Unternehmens, erhielt Betretungsverbot für das Betriebsgelände. Seitdem ist er arbeitslos. Heute lebt er von Hartz IV. Kein halbes Jahr später stand die Kripo vor seiner Tür und präsentierte ihm eine Durchsuchungsbeschluss sowie einen Haftbefehl. Die Vorwürfe: Insolvenzverschleppung, Untreue, betrügerischer Bankrott. Ermittelt wird auch gegen die getrennt lebende Ehefrau, eine frühere Gesellschafterin der Krematoriums-GmbH und einen Mann, der Andreas F. geholfen haben soll, Geld für private Zwecke abzuzweigen.

Spätestens Ende Juni 2018 war die Betreibergesellschaft laut Anklage insolvent. Kredite zum Bau der Anlage – rund zwei Millionen Euro – konnten seit längerem nicht mehr bedient werden und wurden von der betroffenen Bank gekündigt. Spätestens jetzt hätte Andreas F. Insolvenzantrag stellen müssen. Doch stattdessen nahm der gelernte Speditionskaufmann ein weiteres Darlehen über 650.000 Euro von einem Privatmann auf – vorgeblich, um eine weitere Ofenlinie zu bauen. Einen Großteil des Geldes (590.000) überwies er anschließend auf das Privatkonto seiner Frau, die wiederum 500.000 Euro auf das Konto eines Mittelsmannes überwies, der das Geld bar an Andreas F. weiterreichte. Inklusive weiterer Barabhebungen vom Geschäftskonto entzog der damalige Geschäftsführer der Krematoriumsgesellschaft laut Anklage insgesamt 583.000 Euro.

Als die Gläubigerbank schließlich im September 2019 selbst einen Insolvenzantrag stellt, stand Forderungen von über 3,8 Millionen Euro gegen das Krematorium ein Vermögen von lediglich 66.739 Euro gegenüber.

Geständnis bewahrt Angeklagten vor dem Gefängnis

Bei der Verhandlung vor der 6. Strafkammer des Landgerichts Regensburg am Donnerstag lässt Andreas F. Vor allem seine beiden Verteidiger Michael Haizmann und Professor Jan Bockemühl reden. Bereits im Vorfeld des Prozesses hatte es Verständigungsgespräche zwischen Gericht, Verteidigung und Staatsanwaltschaft gegeben, die nun zum Abschluss gebracht werden.

Andreas F. räumt daraufhin – via Verteidigererklärung – die Vorwürfe im Wesentlichen ein. 50.000 Euro, die er hinterlegt hat, um von der Untersuchungshaft verschont zu bleiben, gibt er für Schadenswiedergutmachung frei. Ebenso erklärt er sich bereit, einen bei der Durchsuchung sichergestellten Bargeldbetrag von rund 7.000 Euro einziehen zu lassen. Ebenso eine Uhr im Wert von etwa 3.000 Euro. „Das bewahrt Sie hier vor dem Gefängnis“, so Staatsanwältin Dr. Ingrid Wein in ihrem Plädoyer.

Am Ende verhängt die Kammer eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten – und bewegt sich damit exakt in der Mitte zwischen den Forderungen von Verteidigung und Staatsanwaltschaft. Hinzu kommt eine Geldstrafe von 480 Tagessätzen. Zusätzlich muss Andreas F. 200 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Dabei hält die Kammer dem Angeklagten auch zugute, dass das Konzept des Krematoriums durchaus ein tragfähiges gewesen sei. „Das war kein Unternehmen, das von vorneherein auf Betrug ausgelegt war“, so der Vorsitzende Richter Marcus Lang. „Wir gehen davon aus, dass er das mit Herzblut gelebt hat.“

Andreas F. droht nun Privatinsolvenz

Andreas F. stellt das Gericht einen Bewährungshelfer zur Seite – insbesondere als Hilfe, um wieder Fuß fassen zu können. Er war nach eigenen Angaben nach der Pleite in ein tiefes Loch gefallen und ist seitdem arbeitslos. Die Gläubiger würden ihn nun auch privat mit Klagen überhäufen. Die aktuellen Forderungen beziffert er auf rund eine Million Euro. Eine Privatinsolvenz ist demnach nur eine Frage der Zeit.

Das Krematorium in Hemau ist derweil weiter in Betrieb – unter neuer Leitung und mit guten Aussichten.

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Kommentare (2)

  • joey

    |

    und wo ist jetzt das Geld (ca. 500.000,-)?

  • semmeldieb

    |

    @joey:

    fort!

    versoffen.

    who cares?

Kommentare sind deaktiviert

drin