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Herr Stein rät

Der Diktator

Wir merken gerade, dass die Demokratie reibungslos funktioniert. Das ist schlecht. Deshalb Diktatur. Herr Stein hätte gerade Zeit. Sein Podcast mit Transkript.

Eine Glosse von Martin Stein

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Wenn jetzt die Leut immer schreien, dass sie Angst haben vor einer Diktatur, dann muss ich zugeben – jaaaaaa…mit Recht. Zumindest muss man sagen, Bedarf wär ja durchaus da. Weil, des is ja wie beim Fußball. Wenn das vier drei drei oder so ned funkioniert, dann muss man halt das System umstellen. Und vielleicht doch wieder mit einer Spitze spielen.

Wir merken gerade, dass die Demokratie reibungslos funktioniert. Und, dass das scheiße ist. Die Leut gehen ja mit der Demokratie um wie mit einem Papperdeckelgeschirr, von dem man seinen Leberkäs runterfrisst und es dann wegschmeißt, und nicht wie mit dem guten Porzellan, das in der Vitrine steht und allerhöchstens mal an Weihnachten rausgeräumt wird. Und da muss man halt sagen, ihr Rotzlöffeln, wenn ihr so grob umgeht mit den guten Sachen, dann nehm ich sie auch weg, und dann könnts schauen, mit was ihr dann spielt.

Also, Diktatur.

Dann kommt man quasi schon direkt zur Personalfrage. Da kannst ja nicht jeden brauchen, und ganz ehrlich, so ein Grünkernmetzger aus Berlin? Ich glaube nicht, meine Damen und Herren. Aber wer dann?

Also, ich würd‘s schon machen. Ich hätt auch Zeit. Ich glaub ja auch, dass viele Diktaturen bloß deshalb so einen schlechten Ruf haben, weil halt die besten Diktatoren schon anderweitig beschäftigt sind. Beruflich. Bei Apple oder bei Google oder bei der GEMA. Und wenn dann einer halt bloß Diktator wird, weil er das Sammeltaxi zum Spargelstechen verpasst hat, dann ist das ja auch kein Wunder, dass da ein ganzer Berufsstand in Verruf kommt.

Man müsst sich vielleicht bewerben, oder einen Eignungstest machen, oder sowas. Ist natürlich in der Praxis schwer umzusetzen. Diktator gesucht. Haben Sie schon im Kindergarten die Legos nicht herausgerückt? Aussagekräftiger Lebenslauf bitte an.

Dann ganz modern, M Komma W Komma D; männlich, weiblich … divers…schwierig. Beim Diktator. Gut: Männlich, weiß, deutsch – des hat schon auch nicht so ganz super hingehauen, des geb ich schon zu – aber…jetzt nennens mich ruhig altmodisch oder vorgestrig, aber für mich ist Diktator schon noch so der typische Männerberuf, um nicht zu sagen DIE klassische, äh, Führungs…position.

Natürlich können Frauen auch unterdrücken, da will ich denen gar nix wegnehmen, aber des is doch meistens eher so kleinteilig, also familiär halt. So ein ganzes Land, oder so eine ganze Gesellschaft halt unterdrücken, da fehlt so Frauen in der Regel doch einfach die Übung.Da haben die einfach einen gesellschaftlichen Nachteil, das lässt sich gar nicht wegdiskutieren. Die können das bestimmt lernen, da zweifel ich ja gar nicht dran, aber dafür müssens halt doch erst amal klein anfangen. Vielleicht mit Liechtenstein oder sowas. Es sei denn, da gibt’s vielleicht auch mal eine Quotenregelung für Diktatoren. Warum nicht.

Der Vorteil bei dem Beruf ist ja ganz grundsätzlich, dass man sich jetzt nicht so um Umfragewerte kümmern muss. Wenn dem Diktator oder der Diktatorin mal was danebengeht, dann stellt man sich einfach hin und sagt frech: „Des ghört fei so, oder is wer anderer Meinung?“ Und dann werden’s schon sehen, wie schnell da dann kommt: „Boah, voll super, Chefin, ganz toll…“

Aber an so eine gehobene Diktatorenposition, so Ungarn aufwärts, da kann man ja jetzt keinen Anfänger hinlassen. Da braucht’s schon ein Talent. Jemanden wie mich bräucht‘s da, ich sag’s, wie es ist.

Bei mir wären da schon so ein paar Grundvoraussetzungen gegeben. Weil ich hab ja eh sehr viel zu geben an Ratschlägen. Das ließe sich ja problemlos weiter ausbauen, und bei dem ein oder anderen, der nicht recht auf mich hören mag, wäre es auch nicht verkehrt, wenn die Ratschläge mal ein bisschen verbindlicher formuliert wären. So gesetzmäßig-verbindlich halt. Es ist ja auch wissenschaftlich schon lang erwiesen, dass der Mensch Informationen viel besser abspeichert, wenn er sie auf verschiedenen Ebenen serviert bekommt. Multimedial. Wenn also zum Beispiel eine Anweisung mit einer Grafik verbunden ist. Oder mit einer Bockfotzen. Sofort ein signifikant erhöhter Lerneffekt.

So ein Diktator ist ja auch nix anderes wie ein Landesvater. Halt einer, der jetzt seine Kinder eher nicht direkt antiautoritär erzieht. Und wir wissen ja alle, dass, wenn so ein Vater seinem Zögling da gscheid eine betoniert, dass das ja allermeistens sehr liebevoll passiert. Weshalb er dann vielleicht ja auch sagt, dass ihm das Austeilen von der Bockfotzn mehr weh getan hat wie dem Bub die Bockfotzn selber, und wenn der Saufratz das nicht glauben mag, dann kann er das ja gleich nochmal ausprobieren.

Und eigentlich ist ja auch klar, dass man als Vater nicht gewählt werden muss. Das ist man halt, und dann bleibt man das auch. Da ist des doch von Haus aus eigentlich schon inkonsequent, dass man als Landesvater gewählt werden soll.

In unserer Gesellschaft, das sieht man doch, wozu des führt, wenn diese liebevolle Watschn fehlt. Dass die Meinungsfreiheit ein hohes Gut ist, da würd ich doch niemals widersprechen! Aber keinesfalls! Ganz wichtig ist die! Aber jetzt, nur so zum Beispiel, es darf zum Beispiel auch ein jeder einen Penis haben, ganz wurscht ob Mann oder Frau – aber muss er den dann auch dauernd herzeigen? Da freut man sich doch auch, dass man den nicht sehen muss. Das braucht doch keine Sau. Und so ist das mit der Meinung auch.

Das Problem ist ja an sich nicht unbedingt die Meinungsfreiheit, das Problem ist Meinungsfreiheit plus Internetzugang. Ein jeder weiß alles, und ein jeder sagt alles. Und da bin ich der Meinung, dass man das Problem pädagogisch angehen muss. Also, so klassisch bayrisch väterlich pädagogisch.

Ich würd da halt so Gesetze erlassen. Also, nicht nur so diktatorisch grobe Gschichten, sondern, also, ich seh mich da mehr so salomonisch.

Das war ja im Grunde auch ein Autokrat der Salomon, aber halt ein recht vorbildlicher, wenn ich das sagen darf. Aber der Lerneffekt mit den beiden Frauen, die sich um des Kind gestritten haben, der war ja auch nur gegeben, weil’s die Damen ihm schon zugetraut hätten, dass er’s mittig auseinanderschneidet.

Also, salomonisch, wie gesagt: Wenn mir also einer erzählt, dass es sowas wie einen Virus überhauptst nicht gibt, dann darf er sich von mir aus gern einmal googeln, wie man sich einen Blinddarm entfernt, und wenn er mir dann seinen selber herausgefieselten Blinddarm ganz höflich vor meinem Thron hinlegt, dann hör ich mir auch an, was er sonst noch so meint, dass er meinen muss. Und wenn ihm seine Meinungsfreiheit keinen Blinddarm wert ist, dann kriegt er halt einen Job in meinem Palastgarten, wo er mit den Arschbacken Disteln pflücken darf. Entlohnung nach Akkord.

Die Leut haben einfach verlernt, was Unfreiheit ist. Das ist nicht gut. Des müsst man ihnen mal wieder beibringen. Wie gesagt, ich hätt Zeit. Und, was Züchtigungen angeht, da würd ich halt machen, was pädagogisch notwendig ist. Und mir würd es auch weher tun als denen, die die Schläge kriegen. Manchmal zumindest.

Ich wär da gut. Bisserl Salomon, bisserl Putin, und zwecks dem Stil noch ein Hauch Louis Kattorse.

La dictatür – c’est moi.

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Kommentare (5)

  • Mr. T.

    |

    Mal wieder ganz weit vorn! Danke, Herr Stein!

    Wenn Sie ein Coaching für’s Assessment Center für eine Diktatorenstelle brauchen, bin ich gern behilflich.

  • xy

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    So sehr ich Martin Stein sonst schätze und immer lese, aber das hier ist auch beim zweiten Lesen zu krampfhaft verkopft und verzwirbelt für mich, schlicht unverständlich und an keiner Stelle schmunzelig. Oder gilt hier Horaz mit seinem “Decies repetita placebit” (beim zehnten Lesen wirst du es raffen)?

  • R.G.

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    @xy
    Herrn Martin Steins Predigten mag ich sehr gerne. Seine Sprache ist für mich sehr leicht lesbar.
    Wenn wir ein Schloss hätten, würde wir ihn uns als Hausdichter halten.

  • Lenzerl

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    Da bleibt mir nur die Verbeugung vor dem Chef! Danke Martin!

  • Julian86

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    Mit Steins Satz
    Wenn dem Diktator oder der Diktatorin mal was danebengeht, dann stellt man sich einfach hin und sagt frech: „Des ghört fei so, oder is wer anderer Meinung?“

    kommt man auch zu den u.a. von Assange öffentlich gemachten US-Verbrechen (Helikopter-Schießen). Im Rahmen des gegen diesen unter inhumanen Verhältnissen geführten Prozesses in London hat Noam Chomsky eine Aussage getätigt, die ich hier wiedergebe:

    >> Der Harvard-Professor Samuel P. Huntington und Autor des berüchtigten Buches “Kampf der Kulturen”, habe einmal festgestellt, dass “die Architekten der Macht in den Vereinigten Staaten eine solche Art von Macht schaffen müssen, die zwar gefühlt, aber nicht gesehen werden kann. Macht bleibt wirkungsvoll, wenn sie im Dunkeln bleibt. Ans Licht gezerrt, beginnt sie zu verdampfen.” so Chomsky.
    Und er führt weiter aus, die dagegen von Assange bewirkten und als kriminell eingestuften Aktionen könnten “die Macht aus der Dunkelheit ins (Sonnen-)Licht zerren und – falls die Bevölkerung dies als Möglichkeit begreife, um unabhängige Bürger einer freien Gesellschaft zu werden, anstatt Untertanen eines im Verborgenen arbeitenden “Meisters” zu bleiben – würde diese Macht wohlmöglich “verdampfen”.
    Eine Möglichkeit, die Bevölkerung zu kontrollieren, sei diese Arbeit im Verborgenen. Dies wäre der Hauptgrund für die Einstufung von internen Regierungsdokumenten als “geheim”. Die Öffentlichkeit gelte als Feind, den man in Unwissenheit halten müsse”, so Chomsky. <<

    Quelle: Hinweise der Nachdenkseiten vom 11.10.2020

    P.S. "Arbeit im Verborgenen" leistete auch der CSU-Minister Scheuer, wie es der Untersuchungs-Ausschuss immer mehr ans Licht bringt. Dessen vormalige Leiterin der Zentralabteilung des Ministeriums ist heute Bürgermeisterin in Regensburg.

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drin