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Erinnerungspolitik

Der Gedenktresen von Stadtamhof

Bei schönem Wetter erfreut sich der Gedenkstein für die Regensburger KZ-Opfer in Stadtamhof großer Beliebtheit als Bar, Hocker oder Tresen. Alle Jahre wieder und besonders jetzt während der Pandemie. Ein Kommentar zu diesem unwürdigen Zustand.

Scheint ein guter Tisch zu sein, dieser Gedenkstein. Foto: om

Ist ja ganz praktisch: Da steht ein Stein in Stadtamhof. Malerisch zwischen Brückenbasar und Wassergasse. Ein Sockel aus Flossenbürger Granit, eine Sandsteinplatte mit irgendeiner eingravierten Inschrift und vier darauf aufgepfropfte Granitblöcke. Zwei Pizzakartons haben oben auf dem Stein Platz. Ein gutes Dutzend Gläser Vino passt auch locker hin. Am Sockel können vorne drei Personen sitzen und mit Gelato in der Hand die Welterbe-Idylle genießen. Prego, grazie, bellissimo, deutsche vita.

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Sie haben ein Fahrrad oder Pferd, das Sie anbinden möchten? Kein Problem, am Multifunktionsgedenkstein von Stadtamhof ist noch Platz. Zur Not schieben Sie den Gedenkkranz, der da manchmal ein bisschen lästig herumliegt zur Seite. Lassen Sie sich nicht stören bei Ihren Verrichtungen.

Ein Ort, an dem Rosen und Pizzaschachteln abgelegt werden

28. April 2021, 20 Uhr. Irgendjemand muss hier verwelkte Rosen und ein Grablicht auf dem Sockel vergessen haben. Die beiden Herren mit trendigen Umhänge-Businesstaschen lassen sich davon zum Glück nicht stören. Die Pizza schmeckt, das Spital-Pils auch. Der Stein macht sich gut als Tresen.

Es ist eine Szene von vielen. Sehr vielen. Seit Jahren schon, besonders aber in der Pandemie-Zeit dient der Gedenkstein in Stadtamhof wahlweise als Fahhradständer, Weinbar, Biertresen oder Stehtisch. Der Stein wurde 1994 – damals noch deutlich unscheinbarer hinter der Pizzeria Ciao – aufgestellt, um an über 400 KZ-Häftlinge zu erinnern, die zwischen dem 19. März und 23. April 1945 im Gasthaus Colosseum (Stadtamhof 5) inhaftiert waren, um als Arbeitssklaven Kriegsschäden zu beseitigen.

Endlich würdiges Gedenken – oder doch nicht?

Hier befand sich in den letzten Kriegswochen bis zur Befreiung Regensburgs ein Außenlager des Konzentrationslagers Flossenbürg. Die Inschrift ist zwar unvollständig und etwas nebulös (so wird etwa kein direkter Bezug zum Colosseum gegenüber hergestellt), doch der Stein ist immerhin das erste offizielle städtische Gedenkzeichen, das in Stadtamhof aufgestellt wurde – knapp 50 Jahre nach Kriegsende.

Die Inschrift lautet:

„קיינמאל מער [jiddisch ‚nie wieder‘]
DEM GEDÄCHTNIS DER OPFER DES KZ–AUSSENKOMMANDOS FLOSSENBÜRG IN STADTAMHOF VOM 19.3-23.4.1945 400 GEFANGENEN TEILS JÜDISCHEN GLAUBENS AUS VIELEN LÄNDERN EUROPAS – DIE WÜRDE DES MENSCHEN IST UNANTASTBAR –“.

Die Würde des Vino ist unantastbar. Der Gedenkstein während des Weinfestes 2016. Foto: om

Es sollte möglich sein, das Geschriebene zu registrieren und die Bedeutung dieser Worte zu begreifen, während man die Margherita den Gaumen hinunterschiebt.

Nach einer jahrelangen Posse um ein würdiges Gedenken direkt am Haus, das als Außenlager diente, und einer verharmlosenden Bodenplatte, ist dort seit 2017 eine Tafel angebracht, die auf die Funktion des Gebäudes, den Gedenkstein und zwei Informationsstelen hinweist.

Letztere stehen etwas nach Norden versetzt neben dem Stein und klären über das KZ-Außenlager, seine Gefangenen, die über 50 Toten sowie die Verbrechen der SS auf. Die Jahrzehnte des Verleugnens, Schönredens und Wegschauens schienen zunächst Geschichte.

Die (mittlerweile entfernte) geschichtsklitternde Bodenplatte vor dem früheren KZ-Außenlager Colosseum (links) und die neue Tafel am Gebäude (rechts). Foto: Archiv/om.

Kein Ort der Würde

Der Erinnerungsort wurde seitens der Stadt in den letzten Jahren zweifellos aufgewertet. Als Anfangsstation des jährlichen Gedenkweges zum 23. April kommt ihm eine besondere Bedeutung zu. Man scheint sich sonst allerdings zu sehr auf Achtsamkeit, Anstand und Pietät der Bevölkerung zu verlassen.

Denn von einem würdevollen Gedenkort sind diese paar Quadratmeter Stadtamhofs noch weit entfernt. Ob die mangelnde Sensibilität der hier Eisschleckenden und Weinschlürfenden in Unwissenheit, Ignoranz oder Dummheit begründet liegt, ist gar nicht so entscheidend. Entscheidend ist, diesem taktlosen Treiben ein baldiges Ende zu bereiten.

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Kommentare (29)

  • Mr. T.

    |

    Dem kann wohl nur ein Ende bereitet werden, indem man den Gedenkort massiv aufwertet. Viele werden wohl nicht überlegen, warum dieser Stein hier steht.

  • KW

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    Ich kann mich an ähnliche Diskussionen zu den Stelen in Berlin und ein paar Jahre später zum Karavan Denkmal am Neupfarrplatz erinnern.
    Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, waren jedoch in beiden Fällen die jüdischen Künstler/Erschaffer der Bauwerke der Meinung, sie akzeptierten es, dass die Leute das so annehmen.
    Völlig unabhängig davon, Müll hat da selbstredend nichts verloren.

  • Gscheidhaferl

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    Ich fände es schade, wenn wegen der berechtigten Kritik am gefankenlosen Umgang mit dem Gedenkstein, der Platz gänzlich für zwangloses Zusammenkommen verloren ginge. Dafür hat er dank der Bäumeeine viel zu hohe Aufenthaltsqualität. Dani Karavan hat ja eigentlich am Neupfarrplatz sehr gelungen und eindrucksvoll vor Augen geführt, dass Gedenken und Lebensfreude keine grundsätzlichen Gegensätze sind. Ich fände es jedenfalls gut, wenn sich eine Konfrontation nach dem Muster ‘moralische Gralshüter’ vs. ‘hedonistische Ignoranten’ vermeiden ließe. Mit etwas Einfallsreichtum und Menschenliebe sollte das doch möglich sein, oder? Vielleicht ja ein geeigneter Gegenstand für einen Ideenwettbewerb? Wieso erst in giftigen Streit miteinander geraten, wenn genauso gut gleich kreative, ernsthafte Lösungsvorschläge ausgearbeitet werden könnten?

  • Piedro

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    “Ob die mangelnde Sensibilität der hier Eisschleckenden und Weinschlürfenden in Unwissenheit, Ignoranz oder Dummheit begründet liegt, ist gar nicht so entscheidend.”
    Mag sein. Vermutlich alles, abwechselnd und gleichzeitig. Die Gestaltung lädt zur Nutzung ein, gerade, weil es in den Städten kaum noch irgendwelche Plätze gibt, wo man sich setzen, oder wenigstens etwas abstellen kann. Die Lösung wäre eine leichte Umgestaltung des Gedenksteins, am besten mit Sitzgelegenheit(en) in der Nähe. Etwas einfaches, kein postmoderner Designerscheiss für genormte Hinterteile, wie in Köln, oder überteuerte Pseudokunst wie in Göttingen. Einfach ein paar Bankerl, wie es früher mal fast überall gab. Und wenn dann noch ein Mistkübel dabei ist könnte das gleich durchdacht wirken. Wär doch mal was.

  • Gscheidhaferl

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    …vielleicht würde es sogar schon genügen, durch eine (niedrige) Buchshecke um den Stein herum den Gedenkort-Charakter zu betonen.

  • R.G.

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    Naja, wenn ein Gedenkort verschämt wie ein abgestellter Klapptisch auf dem Balkon bemessen sein muss, damit er nicht zu sehr die Augen der Ewiggestrigen stört, wird er auch als zweckdienliche Fläche empfunden und entfremdet.

  • Werner Frank

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    Könnte es daran liegen, dass der Stein gar nicht an der richtigen Stelle steht? Schön zurückgedrängt unter niedliche Bäumchen? Der Stein sollte ein nachhaltiges Ärgernis sein, wenigstens einige Parkplätze verdrängen. Dann wird er wichtig, und jedem Menschen, der vorbeikommt, wird sich die Frage stellen, wie wichtig ihm oder ihr das Gedenken ist.

  • Mr. T.

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    Werner Frank, ein nachhaltiges Ärgernis, das wenigstens einige Parkplätze verdrängt, wie der dämliche Bischof auf dem Emmeramsplatz?

  • Gscheidhaferl

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    @Werner Frank
    Ich glaube, der Stein sollte eben kein Ärgernis sein. Sonst schwappt der Unmut gegen das nervend aufgestellte Ding an sich, wahrscheinlich nur allzu schnell in ein: “… und überhaupt der ganze Gedenkschmarrn! Damit muss doch mal Schluss sein! Das machen wir doch schon lang genug mit!” Nein, ich denke er sollte möglichst nicht nerven, aber auch nicht verschämt irgendwohin gebatzelt werden. Deutlich sichtbar, als akzeptierter Bestandteil des öffentlichen Raums. Zum Gedenken / Innehalten einladend. Ich glaube, mehr bräuchte esgar nicht, weil das wäre schon ziemlich viel, eigentlich.

  • R.G.

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    Der Missbrauch dieses Gedenkortes ist, wenn man näher hinsieht, eine Art Spiegel für die Stadtpolitik.

    Ich bin der Meinung, der Tag ist nicht mehr so weit, wo die aus dem Stadtbild verdrängten Verlierer der Gesellschafft, speziell in Regensburg, überall sichtbar werden müssen, schlicht weil man ihnen alle Nischen nimmt. Vertreibung der “Problemmenschen” funktioniert nur bedingt.
    Ja, wo Obdachlose und andere Menschen vom Rand keine Winkel in Parks, keine Sitzbänke zum Verbringen des Tages und der Nächte mehr vorfinden, behelfen sie sich am Schluss damit, auf Denkmälern, in Grüften, in unseren Kellern und Stiegenhäusern zu wohnen, essen, trinken und die Notdurft daneben verrichten zu müssen.
    Stopp, hier dreht es sich gar nicht um Obdachlose, die Männer auf dem Bild sind von mitten in der Gesellschaft, Thema verfehlt?

    Nein, ich sehe, wie der Versuch, die Stadt am Anfang für Obdachlose und Trinker, schließlich für die Jugend, bald für weitere Gruppen ungemütlich zu machen und lediglich als Verkaufsraum zu betrachten, ihrer Lebbarkeit beraubt hat. Nun erobern sich bereits Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, wie Heimatlose, die allerletzten nicht kommerzialisierten Flecken, hier den Stein mit der Inschrift.

    Der Gedenkort wird durch den Missbrauch und unsere Empörung darüber pötzlich sichtbarer gemacht als vorher, da er seine Schrift in Sichthöhe für unseren Hund – aber der ist lesefaul, besprengt dafür die Ecken – möglichst ungesehen vergeuden musste.
    Wir haben beinahe keine Räume mehr gelassen zum Sitzen, Mensch sein, Denken, Gedenken.
    Geschichtslose Kulturlosigkeit.

  • Martin Oswald

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    Eine Anmerkung zu den (gewünschten) Vergleichen mit dem Karavan-Denkmal auf dem Neupfarrplatz:

    Ich halte beide Orte nicht für vergleichbar.

    Das Karavan-Denkmal wurde intentional und baulich als Begegnungsstätte im Relief der vor knapp 500 Jahren zerstörten Regensburger Synagoge konzipiert. Der Kontext ist ein ganz anderer und nur weil ein Denkmal so ist und wohl auch so funktioniert, muss das nicht viel für andere Denkmale (zumal im Zusammenhang mit NS-Terror, Vernichtung und Zwangsarbeit) bedeuten. Schon gar nicht zwingend.

    So ein Konzept hatte das Stadtamhofer Denkmal nie. Das einzige Konzept war: Stellen wir einen Stein hin und gut is’. Dass Erinnerungspolitik auf diese Weise nicht funktionieren kann, sieht man dort aktuell auch. Für ein nachträgliches Konzept, das aus Versäumnissen der Vergangenheit lernt, ist es nicht zu spät. Den derzeitigen Zustand empfinde ich als unerträglich.

    Man muss sich vielleicht grundsätzliche Fragen stellen: Was wünsch(t)en sich Überlebende und Hinterbliebene? Welche Bedeutung hat der Ort? Was soll dieser Gedenkort vermitteln? Geht es um Trauer, Innehalten, Erinnern und/oder Begegnung und Freude?

    Und wenn es gute Antworten gibt, sollte man konzeptionell und gegebenenfalls baulich reagieren.

  • xy

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    Muss denn jedes Denkmal auf einem Sockel stehen oder unnahbar durch Mauern, Buchsbaum oder Pfosten abseits stehen? Das beste Denkmal ist ein Ort mitten in der Gesellschaft und im prallen Leben. Muss man demnächst auch um jeden Stolperstein einen großen Bogen machen, dass man ihn ja nicht mit Füssen tritt? Oder darf man die Dr.-Johann-Maier-Straße nur noch mit frisch gewaschenen und lackierten Füßen in Prada-Schuhen oder Büßer-Sandalen betreten um die Würde des Orts zu wahren? Man kann es auch wirklich übertreiben und die notwendige Erinnerung in den Augen der lebenden Menschen zu ärgerlichem Kopfschütteln herabwürdigen! Das bewirkt das Gegenteil und die Toten haben auch nichts davon…

  • Edgar

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    zu xy, vermutlich hast du recht, aber ob’s richtig ist? Oder ist’s umgedreht?

  • R.G.

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    @xy
    In der Kunst, der bildhauerischen Schaffung eines Denkmals, gilt in unseren Breiten die Figurengruppe, “Die Bürger von Calais” von Rodin, als Tabubrecher, was die bodennahe Aufstellung
    betrifft. Beinahe wie mitten unter uns.
    Wie Sie sehen können, lässt der Ausdruck der Gestalten durch ihren expressiven Stil kein Gefühl eines unauffälligen Alltagsraumes zu.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Die_B%C3%BCrger_von_Calais

    Die Stolpersteine entstanden aus der Not, weil zu viele Hausbesitzer und Inwohner sich immer noch weigerten, auf ihrer Fassade eine Gedenktafel für ehemalige Bewohner, Opfer des Nationalsozialismus, eine Tafel anbringen zu lassen.
    Stolpersteine sind besser als nichts, Dank dem Künstler, der es ermöglichte, dass damit wenigstens etwas zugelassen wurde. Denkmäler ersetzen sie nicht.

    Bei der von Herrn Oswald angesprochenen Zugangsweise,
    “Man muss sich vielleicht grundsätzliche Fragen stellen: Was wünsch(t)en sich Überlebende und Hinterbliebene? Welche Bedeutung hat der Ort? Was soll dieser Gedenkort vermitteln? Geht es um Trauer, Innehalten, Erinnern und/oder Begegnung und Freude?”,
    ist wiederum keine rein ästhetische Auseinandersetzung gemeint, nicht was man optisch machen kann, es geht um Haltungen, die sich die Nachkommen der Opfer von uns wünschen und wie sich das ihnen gegenüber zeigen sollte.
    Eine symbolische Verzeihensbitte, Gewährung von Würde, Beziehen einer klaren Position, endlich gedankliches Hereinholen der Ausgestoßenen, passt das zu
    einem als Alltagsgegenstand Tresen genutzen Stein neben dem Stammbaum der Gassigeher, knapp hinter der Biertischgarnitur ?

  • xy

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    Ein Denkmal ist zur Erinnerung und zur Ehrung der Toten da, aber doch nicht für die x-te Generation von Hinterbliebenen, die damit ebenso viel oder wenig zu tun haben wie wir, also die Erinnerung und die Ehrung.

  • Bert

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    @xy

    Dann also nächste Wochen Vino & Pizza am Kriegerdenkmal im Stadtpark? Sind Sie dabei?

  • Xy

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    Dass das Denkmal entwürdigt wird, liegt nicht am Denkmal, sondern am Nihilismus mancher Bürger, gegen den kein Kraut gewachsen ist. Wer an nichts glaubt, kann sich auch an nichts erinnern und nichts ehren.

  • Tom J

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    Wie wäre es anstelle von verbieten einmal mit ermöglichen? In Regensburg werden immer mehr öffentliche Räume der Gesellschaft genommen. Hiermit meine ich z.B. auch das nächtliche Betretungsverbot der Jahninsel, weniger öffentliche Sitzplätze und das Fehlen ansprechender Verweilmöglichkeiten ohne Konsumzwang. Ich glaube die nicht gewollte Nutzung des Gedenksteins liegt ganz einfach am fehlen der Alternativen. Schafft man Alternativen und ermöglicht diese wird sich evtl. dieses Problem von selbst lösen. Einfacher und billiger ist natürlich immer ein Verbot – und dieser Weg wird in Regensburg derzeit leider immer viel zu häufig gewählt. Ob dadurch die Lebensqualität in der Stadt unbedingt steigt? Ich bin mir da nicht so sicher….

  • Hthik

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    @Mr. T. 1. Mai 2021 um 09:45

    Das wäre eine Idee. Das statische Element des Denkmals überwinden und einfach mal mit dem den Platz tauschen. Oder auch mit dem https://de.wikipedia.org/wiki/Juan_de_Austria

  • Gscheidhaferl

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    @Martin Oswald
    Natürlich sind die Orte (Neupfarrplatz – Brückenbazar) nicht vergleichbar. Trotzdem würde ich gerne dazu ermutigen, Lebensqualität bzw. Lebensfreude nicht prinzipiell als Gegensatz zu Gedenken aufzufassen. Es muss kein “entweder – oder” sein. “Sowohl – als auch” geht bestimmt auch.

  • Hthik

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    @R.G. 1. Mai 2021 um 21:29

    “Die Stolpersteine entstanden aus der Not, weil zu viele Hausbesitzer und Inwohner sich immer noch weigerten, auf ihrer Fassade eine Gedenktafel für ehemalige Bewohner, Opfer des Nationalsozialismus, eine Tafel anbringen zu lassen.”

    Wenn ich mich richtig erinnere, ging dieser Aktion eine andere voraus, bei der es um die Weigerung eines ganz bestimmten Hausbesitzers (lat. DOMinus) ging, der sich weigerte, sich irgendwie sichtbar mit seiner Judensau auseinanderzusetzen.

    Das ist die Kraft der Kunst: den Versuch zu verschweigen und zu vertuschen zu unterlaufen und ins Gegenteil zu verkehren.

  • Gscheidhaferl

    |

    Der Brückenbazar bietet kaum Aufenthaltsflächen, die nicht einem bestimmten Lokal zugeordnet sind. Und die Plätze sind bei gutem Wetter auch schnell belegt. Wegen der offenkundigen Baumaversion der Stadtverwaltung ist der Platz um das Mahn-/Denkmal herum zudem einer der ganz wenigen, an dem sich schattig stehen lässt. Des Weiteren reichen die sicheren Abstellmöglichkeiten für Fahrräder nicht aus. Die Botschaft des Steins springt einen nicht direkt an und er hat zu allem Überfluss eine ‘praktische’ Höhe. Wenn ich das zusammennehme und in Rechnung stelle, dass sich die Leute am Brückenbazar nicht einfinden, um primär der Opfer / Greultaten der Nazizeit zu gedenken, sondern um zu entspannen und Kaffe oder Bier an einem sonnenverwöhnten Platz zu genießen, an dem es auch um’s Sehen und Gesehenwerden geht… dann muss ich nicht zwangsläufig von einer Missachtung oder Geringschätzung von Geschichte oder historischer Verantwortung ausgehen.

    Wenn es so verführerisch ist, am Stein sein Bier abzustellen, dann muss der Stein eben eine Höhe und / oder Oberfläche haben, die nicht dazu einlädt, das zu tun. Wenn sich dort niemand mit einem Pizzakarton niederlassen soll, dann muss da halt auch entsprechend umgestaltet werden. Und vielleicht nebenan eine einladendere Möglichkeit dafür geschaffen werden. Und wenn deutlicher werden soll, wofür der Stein steht, könnte ja auch mal die Schrift farbig gefasst werden, damit sie deutlicher lesbar ist.

    Wenn jemand eine zündende, begeisternde Idee hat, kann auch größerer Aufwand getrieben werden
    Ansonsten kann es ja mal mit solchen einfacheren Schritten versucht werden.

    Jedenfalls besten Dank für den Hinweis, dass die Situation aktuell nicht ganz glücklich ist. Aber bitte jetzt auch kein unnötig großes Ding daraus machen, zumal vielleicht relativ einfach Abhilfe geschaffen werden könnte, ohne gleich großflächig Räume zu sperren. Was dem Gedenken (das sich nicht erzwingen lässt) wahrscheinlich eher abträglich wäre.

  • R.G.

    |

    @Gscheidhaferl
    “Trotzdem würde ich gerne dazu ermutigen, Lebensqualität bzw. Lebensfreude nicht prinzipiell als Gegensatz zu Gedenken aufzufassen. ”

    Da schlage ich vor, wenn Sie sterben, sollen sich die Menschen mit den Worten, lustig dass er tot ist, saufend um eine Pizza im Karton, abgestellt am offenen Grab, versammeln. Statt einer Grabrede rülpst einer ausgiebig.
    Wenn’s eh wurscht ist wie man gedenkt.

  • Hthik

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    @Martin Oswald 1. Mai 2021 um 11:10

    “Das einzige Konzept war: Stellen wir einen Stein hin und gut is’.”

    Das mag das Konzept der politischen Sagenhaber sein. Wurde das ausgeschrieben? Sind da noch Unterlagen vorhanden?

    Man muss den “Denkmalsnutzern” zugutehalten, dass die Schrift ziemlich verdreckt und wegen des hebräischen Anfangs wohl sowieso nicht leicht auf einen Blick zu erfassen ist. Früher hätte es solche Verwahrlosung nicht gegeben! Da war Deutschland noch sauber.

    Man könnte etwa die damaligen Verhältnisse umdrehen und eine Gruppe vom Bahnhof aus unter entsprechender Bewachung nach Stadtamhof marschieren lassen zur Reinigung der Gedenkstätte.

    Dauert zwar noch, aber solange wie die Aufarbeitung hierzulande braucht, kann man jetzt auch noch bis zum Wiedererblühen des Tourismus warten, um Widerzublühen.

  • Gscheidhaferl

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    @R.G.
    Ein begrenzter Horizont macht nichts besser. Aber gut, vielleicht zerfließen Sie ja selbst schon heute, beim Gedanken an Ihre eigene Vergänglichkeit.

    Haben Sieschon mal überlegt, woher die ‘schöne Leich’ und das Festessen nach der Beerdingung kommt? Ich persönlich hätte jedenfalls nichts dagegen, wenn wir ähnlich wie z.B. in Mexico die Fiesta de los Muertos mit Picknicks auf dem Friedhof begingen. Aber ob Sie’s glauben oder nicht: In dem Artikel ging es gar nicht um uns beide.

    Es geht um schwerwiegendes Unrecht, dessen Opfer und wie wir heute damit umgehen wollen. Und mir ist es lieber, wenn beim Feierabendbier die Blicke ab und an den Stein streifen und im Bewusstsein des eigenen Lebensglücks jemand zu der Einsicht gelangt, was für ein unsäglicher Schwachsinn Rassismus ist und wie ungeheuer Schade die sinnlosee Vernichtung von Leben war.

  • R.G.

    |

    Darf ich nach Ihren Äußerungen annehmen, dass Ihnen, @Gscheidhaferl, in Ihrer Erziehung pietätvolles Verhalten nicht beigebracht wurde, speziell gegenüber den vom Leid der Kz-Opfer Betroffenen so gar nicht?

    “Haben Sie schon mal überlegt, woher die ‘schöne Leich’ und das Festessen nach der Beerdingung kommt?”
    Das ist leicht erklärt. Die Menschen mussten früher gehend, vom Ochsen gezogen oder zu Pferd, zur Beerdigung kommen. Der Schmaus war als Kräftigung für den Heimweg gedacht.

    “Ich persönlich hätte jedenfalls nichts dagegen, wenn wir ähnlich wie z.B. in Mexico die Fiesta de los Muertos mit Picknicks auf dem Friedhof begingen.”
    Die Täter an den Brüdern meiner Vorfahren, tanzten auf den Leibern der ermordeten und verstümmelten Opfer, und es machte ihnen höllische Freude.
    Ist Spaß und ein, ” Ich hätte lieber, wenn” ein gutes Leitmotiv?

  • Gscheidhaferl

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    @R.G.
    Oh, jetzt kommt der Wettbewerb, wer das größere Opfer ist und wer demzufolge die größere moralische Urteilskraft hat. Nein, werter R.G. auf etwas derart Abstruses werde ich mich nicht einlassen und ich werde mich Ihrem damit verbundenen unangemessenen Hoheitsanspruch auch nicht beugen.

    Wenn für Sie Gedenken nur in Sack und Asche oder mit Geißel funktioniert, dann machen Sie das so. Wenn Sie Ihr Leid für höherwertiger halten, als das anderer, steht Ihnen auch das frei. Dann werden Sie wohl auch die Arbeit von Karavan nicht sehr schätzen. Auch beim damaligen Progrom sind schließlich viele Menschen gestorben. Oder sind diese Toten zeitlich zu weit weg / weniger wert? Ist es verwerflich, dass auf dem Relief der Synagogen-Fundamente Eis gegessen wird und Kinder spielen? Verhöhnt Karavans Arbeit das Leid der damaligen Opfer?

    Gehen Sie davon aus, dass auch die Kinder und Enkel der Täter schuldig am Holocaust sind? Treffen sich Ihrer Meinung nach am Brückenbazar vor allem Holocaust-Leugner?

    Wir reden hier von Menschen, die unachtsam ein Bier auf einem Gedenkstein abstellen, um sich vielleicht eine Zigarette zu drehen. Ist es angemessen, in diesem Zusammenhang von denen zu sprechen, die mit höllischer Freude auf den Leibern der verstümmelten und ermordeten Opfer (des Naziregimes) tanzten? Ist es angemessen, mich in die Nähe dieser Menschen zu rücken, weil ich mich erdreiste, anderer Meinung als Sie zu sein? Fällt Ihnen da nichts auf? Haben Sie da vielleicht ein wenig Maß und Ziel aus dem Auge verloren?

    Sie werden an der in vielerlei Hinsicht immer noch unzureichenden Aufarbeitung der Nazizeit nichts ändern, wenn Sie den Nachkommen dee Täter das Recht auf ganz normale menschliche Unzulänglichkeiten absprechen und sie stattdessen deswegen zu Monstern machen. Damit werden Sie nur berechtigte Aversionen oder (noch schlimmer) Heuchelei hervorrufen. Das kann eigentlich nicht in Ihrem Interesse sein, oder?

  • Stefan Aigner

    |

    Nachdem die Debatte hier zunehmend auf eine persönliche und abseitige Ebene abgleitet, wird das Forum geschlossen.

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