„Nicht falsch, sondern nur belanglos“

Platte bleibt, Platte geht, Platte bleibt… Joachim Wolbergs hat sich in der Diskussion ums Colosseum immer wieder exponiert und auch (wie im Bild) Diskussionen gestellt. Eine klare Haltung ist bei ihm nicht auszumachen. Foto: Archiv/ as
„In fast grotesker Weise am Kern der Sache vorbei“
Am Dienstag waren zwei der drei Experten im Ausschuss eingeladen, die im Februar ein Gutachten zum Colosseum im Speziellen und zur Regensburger Erinnerungskultur im Allgemeinen vorgelegt haben. An Deutlichkeit ließ dieses von der Stadt Regensburg in Auftrag gegebene Papier kaum etwas vermissen. Insbesondere die Bodenplatte vor dem Gebäude stieß den Gutachtern sauer auf. Diese gehe „in fast grotesker Weise am Kern der Sache vorbei“ und müsse entfernt werden.„Die Platte bleibt. Wir sind die gewählten Vertreter. Wir entscheiden.“ Joachim Wolbergs im November 2011Bei der Sitzung ist davon zunächst nichts zu hören. Dr. Jörg Skribeleit, Leiter der Gedenkstätte Flossenbürg, und Ulrich Fritz (Stiftung Bayerische Gedenkstätten) lassen betont sachlich die Geschichte des KZ-Außenlagers Revue passieren, in dem in den letzten Kriegswochen rund 400 Zwangsarbeiter eingesperrt waren, die „unter den Augen der Regensburger Kriegs- und Zivilgesellschaft“ (Fritz) vornehmlich am Hauptbahnhof zum Bombenräumen eingesetzt wurden. Mehr als 50 von ihnen kamen in dieser kurzen Zeit ums Leben: zerfetzt von Bomben, zu Tode geprügelt, an Krankheiten oder Hunger gestorben. Nach dem Krieg war das Lager spurlos verschwunden. Auch aus der Stadtgeschichte.

“In fast grotesker Weise am Kern der Sache vorbei”: Die Bodenplatte verschweigt insbesondere die Todesopfer der KZ-Außenstelle Colosseum.
Gutachter-Trio soll Konzept entwickeln
Nun sollen es die Experten richten und ein Konzept entwickeln. Sie schlagen vor, den Platz rund um die – unter Oberbürgermeisterin Christa Meier in den 90ern aufgestellte – Gedenkstele aufzuwerten. Diese erfülle zwar für die Betroffenen selbst eine wichtige Funktion als Ort der Erinnerung, biete aber Außenstehenden keinerlei Informationen. Das soll jetzt nachgeholt werden. Und dass das Experten-Trio um Skribeleit beauftragt werden soll, gemeinsam mit der Verwaltung ein Konzept dafür zu entwickeln, stieß am Dienstag auch auf weitgehende Zustimmung.
Unter Christa Meier aufgestellt: ein Gedenkstein zu Ehren der Opfer. Die Fläche dort soll nun nach den Vorstellungen der Gutachter durch Informationen aufgewertet werden. Foto: Archiv
„Man muss der Ehrlichkeit halber sagen: Ich habe den Text gekannt und mit freigegeben. Ich habe aus diesem Fehler gelernt. Heute bin ich auch dafür, dass diese Platte entfernt wird.“ Joachim Wolbergs im April 2013Kurzfristig legte Joachim Wolbergs in seiner Eigenschaft als Sitzungsleiter einen Verwaltungsvorschlag vor, der genau dies vorsieht. Unklar ist bislang lediglich, inwieweit Vertreter aus der Zivilgesellschaft sich dabei einbringen können. Dies ist mit dem Beschluss vom Gutdünken der Gutachter abhängig. Die rechnen etwa mit einem Zeitraum von zwei Jahren, bis ein tragfähiges Konzept vorliegt. Was Wolbergs’ Vorschlag nicht enthielt: die Entfernung der Bodenplatte, die in dem Gutachten doch so klar gefordert wird und die Wolbergs selbst noch im April angekündigt hatte. Das stieß nun auf deutliche Kritik von Jürgen Huber (Grüne), der ebendies in einem eigenen Antrag gefordert hatte.
Huber: „Falschinformationen und Dilettantismus“
Die Grünen waren es, die vor gut fünf Jahren die Diskussion ums Colosseum erneut ins Rollen gebracht hatten, als sie eine Gedenkplatte am Gebäude gefordert hatte. Seitdem habe es „ein ewiges Hin und Her gegeben“, so Huber. Gespickt mit „Falschinformationen“, „dilettantischer Vorgehensweise“ und der Ablehnung unabhängiger Experten, über deren Hilfe man sich nun am Dienstag so dankbar zeigte. „Falschinformationen“
Jürgen Huber: “Diese unsägliche Diskussion muss endlich vom Tisch.”
„Wenn’s nach mir geht, bleibt die Platte. Der Text darauf ist ja nicht falsch, sondern nur belanglos.“ Joachim Wolbergs im Juli 2013Doch der Bürgermeister ließ sich auf keine Kompromisse ein, wurde kurz laut und hatte stellenweise durchaus Probleme, die Fassung zu bewahren. „Wenn’s nach mir geht, bleibt die Platte.“ Der Text darauf sei ja „nicht falsch, sondern nur belanglos“. Und gerade „wir Sozialdemokraten müssen uns da von Ihnen gar nichts erklären lassen“, so Wolbergs in Richtung Huber.
„Der bessere Gedenker“
Allerdings, das sage er insbesondere an die Mitglieder der Koalition gerichtet, könne jeder in diesem Punkt so abstimmen, wie er wolle. Wie man sich da entscheide, sage nichts darüber aus, wer „der bessere Gedenker“ sei.
Das Colosseum in Stadtamhof: Die Gutachter wollen weg von der Fixierung auf das Gebäude. Foto: Archiv/ Mirwald
Schweigen von Unger und der CSU
Erstaunlich: Während der gesamten Debatte meldete sich Kulturreferent Klemens Unger, derdie letzten Jahre federführend mit der Causa Colosseum betraut war, kein einziges mal zu Wort. Von Seiten der CSU gab es binnen zwei Stunden nur eine Wortmeldung von Erich Tahedl, der sich für den „hervorragenden Vorschlag“ der Verwaltung bedankte und an der Platte nichts auszusetzen hatte. Dann warteten er und seine Fraktionskollegen geduldig schweigend darauf, endlich abstimmen zu dürfen.
Hat Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beschlusses: Irmgard Freihoffer. Foto: Archiv

Machten die Debatte um das Colosseum zur Farce und halten sich jetzt einfach raus: Kulturreferent Klemens Unger und Oberbürgermeister Hans Schaidinger. Foto: Archiv