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"Transparency International" und die Stadtverwaltung

Korruptionsaffäre: “Es kann nicht sein, dass die Aufarbeitung völlig im Sande verläuft.”

Am kommenden Donnerstag steht im Stadtrat der Bericht des Antikorruptionsbeauftragten auf dem Programm. Darüber, dass die Stadtverwaltung die Gespräche mit „Transparency International“ (TI) entgegen der Beschlusslage des Stadtrats de facto eingestellt hat, findet sich dazu kein Wort. Die Grünen fordern nun, die Gespräche über eine Mitgliedschaft bei TI konsequent weiterzuverfolgen.

Stefan Christoph und Theresa Eberlein: “Gespannt” auf den mündlichen Bericht des Antikorruptionsbeauftragten. Foto: Archiv/Bothner

Unser Bericht über den Kontaktabbruch der Stadt Regensburg mit „Transparency International“ – eine Mitgliedschaft bei der NGO war vor zwei Jahren als wichtiger Schritt zur Korruptionsprävention beschlossen worden – sorgt für Reaktionen. Während „Bruecke“-Spitzenkandidat Joachim Wolbergs den Artikel mit flankierendem Kommentar in einem Facebook-Video als Bestandteil einer „gemeinsamen Aktion“ von Ermittlungsbehörden und „Teilen der Medien“ einordnet, um „meine Wahl zu verhindern“, fordert Stefan Christoph, Oberbürgermeisterkandidat der Grünen, für die Stadtratssitzung am 20. Februar dazu eine Stellungnahme des Antikorruptionsbeauftragten der Stadt Regensburg. Dessen jährlicher Bericht steht auf kommenden Donnerstag auf der Tagesordnung des Regensburger Stadtrats.

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Verwaltung verschweigt Gesprächsabbruch

Man sei „gespannt“ darauf, was der Antikorruptionsbeauftragte zu den Verhandlungen mit Transparency International sagen werde, so Christoph. „Es kann doch nicht sein, dass  die interne Aufarbeitung des Parteispendenskandals durch die Stadt Regensburg am Ende völlig im Sand verläuft.“

Doch tatsächlich scheinen die Spitzen der Verwaltung genau das – die Aufarbeitung im Sande verlaufen zu lassen – im Sinne zu habe. In dem 17seitigen Bericht, der zur Sitzung an die Stadträte verschickt wurde, findet sich zu der vor zwei Jahren beschlossenen angestrebten Mitgliedschaft bei „Transparency International“ nämlich lediglich ein kurzer Passus:

„TI ist eine zivilgesellschaftliche Organisation und strebt als ‘Koalitionspartner gegen Korruption’ Bündnisse mit anderen Akteuren an, die sich in besonderem Maße gegen Korruption engagieren wollen. Von Kommunen, die eine korporative Mitgliedschaft anstreben, wird langfristiges und politisch einvernehmliches Engagement im Sinn dieser Ziele erwartet. Es ist deshalb nicht unüblich, dass sich der Beitritts- bzw. Aufnahmeprozess über einen längeren Zeitraum erstreckt. Beide Seiten wahren in dieser Phase Stillschweigen über Inhalte ihrer Verhandlungen. Eine Änderung des Sachstandes ist gegenüber dem Vorjahresbericht nicht eingetreten.“

TI war im Interview mit unserer Redaktion deutlich konkreter. „In den zurückliegenden Monaten“ habe es „keinerlei Kontakt“ gegeben. „Wir können aktuell nicht einschätzen, ob es noch ein Interesse an einer korporativen Mitgliedschaft der Stadt Regensburg gibt.“

Über diesen Umstand, der in direktem Widerspruch zu dem erwähnten Beschluss steht, lässt die Verwaltungsvorlage die Stadträte komplett im Unklaren. Verantwortlich für die Vorlage zeichnet mit Verwaltungs- und Personalreferent Karl Eckert einer der hochrangigsten städtischen Spitzenbeamten.

“Juristische Aufarbeitung ist nur eine Seite”

Die Grünen halten sich mit deutlicher Kritik an der Vorlage bislang zurück. Sie fordern aber, die Gespräche wiederaufzunehmen und die Mitgliedschaft bei TI konsequent weiterzuverfolgen. „Inzwischen zeigt sich, was für ein System in Regensburg über Jahre hinweg gelebt wurde“, so die Stadtvorsitzende Theresa Eberlein. Jedoch sei dessen juristische Aufarbeitung nur eine Seite „Wir können das Vertrauen in die Politik der Stadt nur wieder herstellen, wenn wir hohe Transparenz schaffen.“

Neben der Zusammenarbeit mit TI sei der Ansatz von Open Data in der Verwaltung ein weiterer Schritt. Stefan Christoph: „Das bedeutet, alle Datenbestände der Verwaltung für eine freie Nutzung offenzulegen.“ Und alles, was offengelegt werde, könne “von allen überprüft und nachvollzogen werden“.

Eine Grundvoraussetzung für mehr Transparenz wäre es derweil schon, wenn städtische Spitzenbeamte Stadtratsvorlagen tatsächlich transparent und nicht an der Grenze zur gezielten Desinformation formulieren würde.

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Kommentare (3)

  • Solveig

    |

    Hier der Link zur Stadtratsvorlage https://www.regensburg.de/rathaus/stadtpolitik/regensburger-sitzungsdienst/sitzungskalender
    Sie enthält viel Text aber wenig Inhalt, vor allem nichts, was ohnehin bekannt ist. Diese Art der Vorlage passt zu den verantwortlich Handelnden. Es wird Substanzloses geliefert, um eine Pflicht zu erfüllen, mehr aber auch nicht. Wer damit zufrieden ist, zeigt, dass er kein weitergehendes Interesse an sauberen Verhältnissen hat. Die verantwortlich Handelnden genießen darüberhinaus innerhalb der Stadtverwaltung kein Vertrauen, ohne Vertrauen ist Korruptionsbekämpfung, Aufgabe des Antikorruptionsbeauftragten, nicht möglich. Mal sehen ob und wie der Stadtrat den Bericht behandelt, ob er ohne Aussprache und Diskussion zur Kenntnis genommen wird. Auf zur Teilnahme der Sitzung am Unsinnigen Donnerstag!

  • Piedro

    |

    “Während „Bruecke“-Spitzenkandidat Joachim Wolbergs den Artikel mit flankierendem Kommentar in einem Facebook-Video als Bestandteil einer „gemeinsamen Aktion“ von Ermittlungsbehörden und „Teilen der Medien“ einordnet, um „meine Wahl zu verhindern“…”
    Der Mann hat wirklich komödiantisches Talent. Oder ist das einfach nur wahnhaft?

    “Es ist deshalb nicht unüblich, dass sich der Beitritts- bzw. Aufnahmeprozess über einen längeren Zeitraum erstreckt. Beide Seiten wahren in dieser Phase Stillschweigen über Inhalte ihrer Verhandlungen.”
    „In den zurückliegenden Monaten“ habe es „keinerlei Kontakt“ gegeben.”
    So ist das Stillschweigen über die Verhandlung gewährleistet. Was gibt es da eigentlich zu verhandeln? (Zumal der Beitritt beschlossen wurde.) Die Konditionen der Mitgliedschaft? Transparenz light? Und wer soll da verhandeln? Der Bürgermeister, ein Referent? Verhandelt TI eigentlich mit den Beitrittswilligen? Wie könnte man sich das vorstellen? Wenn wir transparent werden, veröffentlich ihr nichts was wir transparent machen, wenn wir nicht beitreten auch nicht… Gegenangebot: wenn ihr transparent werdet müsst ihr nichts veröffentlichen. Kompromiss: wir treten bei, aber nur pro forma, und ihr tut so, als ob wir transparent werden.

    In der Art?

  • Lothgaßler

    |

    Und in dieser Stadtratssitzung am 20.02.2020 muss der gesamte Stadtrat Aufklärung einfordern. Mal schauen, welche Stadträtinnen/Stadträte sich engagieren.
    Wolbergs müsste das Anliegen vollumfänglich unterstützen, denn gerade diese Zusammenarbeit mit TI soll Verwaltung wie führende Politiker vor Korruption bzw. vor Verdacht auf Korruption schützen, durch entsprechende Verhaltensweisen, Abläufe und Transparenz.
    Die Argumentation von Wolbergs ist ja die: ich habe nichts falsch gemacht, ich habe politisch gehandelt. Wenn das so ist, dann wären die Entscheidungen auch bei einer bestehenden TI-Kooperation so ausgegangen, dann eben etwas transparenter. Wo liegt das Problem von Wolbergs?

Kommentare sind deaktiviert

drin