„Nur der Inkasso-Beauftragte der Bundesregierung“

Pflichterfüllung Preiserhöhung
Mit einer Grafik (der REWAG-Chef hat für alles eine Grafik) zeigt Breidenbach: Unter den vergleichbaren Städten ist das Trinkwasser nur in Ingolstadt billiger. Alle anderen verlangen mehr, teilweise sogar weit über zwei Euro wie in Würzburg. Breidenbach inszeniert die Preiserhöhung fast wie einen Abschied: 16 Jahre konnte die REWAG den Preis stabil halten. Aus seinem Vokabular spricht Pflichtgefühl, das „Müssen“ steht im Vordergrund. Die Ursache für die Preissteigerung liegt Breidenbach zufolge in großen Investitionen in die Technik der Wasserwerke Sallern und Oberer Wöhrd. Dort habe man in die Förderung, Aufbereitung und Verteilung des Wassers investiert. Eine Preiserhöhung sei deshalb unumgänglich. Noch mehr Pflichterfüllung verlangt ihm offenbar die Preiserhöhung beim Strom ab. Die REWAG selbst könne quasi gar nichts dafür. Hier fällt schließlich auch das Wort des „Inkasso-Beauftragten der Bundesregierung“. Schuld daran sei hauptsächlich die EEG-Umlage, also die finanzielle Umlage durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Die steigt und steigt und steigt und steigt: von 0,189 Cent pro Kilowattstunde im Jahr 2000 auf 3,53 Cent pro Kilowattstunde heute, die Prognosen für das kommende Jahr reichen bis zu 5,x Cent pro Kilowattstunde – „wobei sich über das x noch niemand äußern möchte“, sagt Breidenbach.Teuer wegen erneuerbarer Energien
Jedenfalls sei der Einfluss der REWAG gering. „75 Prozent des Strompreises unterliegen nicht dem Wettbewerb“ – das sind zum größten Teil Steuern und Abgaben, 25 Prozent macht die Netznutzung aus; nur 25 Prozent würden an der Strombörse, also auf dem Markt bestimmt und sind reine Energiekosten. Dort kaufe die REWAG „risikooptimiert“ in Chargen ein, das allein sei eine variable Größe, auf die man selbst Einfluss nehmen könne. Mehr Wettbewerb auf dem Strommarkt würde Breidenbach „sofort unterstützen“. Das Ergebnis dieser Gängelei durch Staat (Steuern/Abgaben) und regulierte Märkte (Netzbetrieb): Der Strompreis steigt. Auf 21,37 Cent pro Kilowattstunde im Januar 2013. Die Preissteigerung von 53 Prozent seit Januar 2003 (13,93 Cent pro Kilowattstunde laut einer von Breidenbachs Grafiken) habe mit dem Strommarkt an sich nicht viel zu tun. Der Haupt-Treiber: die erneuerbaren Energien. Aber das wollten wir ja so haben.Breidenbach: Erneuerbares-Energien-Gesetz stoppen!
Dann wird der smarte REWAG-Chef politisch: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz muss gestoppt werden! Er zitiert den EU-Energie-Kommissar Günther Oettinger, der bereits eine Deindustrialisierung in Deutschland befürchtet, weil die Stromkosten die zweithöchsten in der ganzen EU sind. Zufällig, aber passend zum Termin, bei dem die REWAG ihre „Preis-Anpassung“ (so die Ankündigung) bekannt gegeben hat, trat Oettinger ohnehin auf den Plan: Die Bevölkerung müsse vor hohen Strompreisen geschützt werden. Oettinger fordert eine Deckelung der EEG-Abgabe und hat damit Breidenbach auf seiner Seite.Energiearmut: Schon blöd, aber… nicht unsere Aufgabe
Beim Thema Energiearmut zeigt der REWAG-Chef Verständnis für die Schwachen und befürwortet einen Sozialtarif für finanziell schlechter gestellte Personengruppen. Aber: „Das muss die Politik regeln. Wir sind nicht dafür da, die Fehler der Politiker auszubügeln.“ Verantwortung abgegeben. Es zaubert dem gewandten Strom-Manager Stirnrunzeln in die Mimik, dass immer mehr Menschen ihre Stromrechnung nicht mehr bezahlen können. Aber die REWAG habe schon einmal einen Sozialtarif eingeführt, beschränkt auf 1.000 Kunden, die auch anderweitig bewiesen haben, dass sie finanziell schlecht aufgestellt sind und beispielsweise von den GEZ-Gebühren befreit sind. Zu eigenen Konzepten wird sich das städtische Tochterunternehmen wohl dennoch nicht hinreißen lassen. Apropos eigene Konzepte: Das mysteriöse Energiekonzept der REWAG ist laut Breidenbach überhaupt nicht geheim. Das heißt: Geheim ist es schon – noch. Es müsse erst „alle Gremien passieren“, dann könne man darüber sprechen. Bislang hieß es, eine Veröffentlichung des Energiekonzeptes verletzt die Rechte Dritter, also die von E.ON. Etwas lüftete Breidenbach das Geheimnis um das Energiekonzept: „Ein Vorstand muss ein Unternehmen in die Zukunft führen“ – so die einleitende Manager-Floskel. Was das bedeutet? Die REWAG wolle den Anteil der erneuerbaren Energien von derzeit 11,5 Prozent weiter vorantreiben. Das Ziel sei es, im Jahr 2020 einen Großteil der Haushaltskunden mit Strom aus erneuerbaren Energien zu beliefern. Das wäre dann etwa ein Drittel des Gesamtenergieverbrauchs der REWAG.
Volle Windkraft voraus: Norbert Breidenbach (re.) möchte regenerative Energien wie die Windkraft innerhalb der REWAG fördern. (Foto: REWAG)