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Mit der Tram durch die Maxstraße?

Zwischen Zukunftsvision und Disneyland

Die IG historische Straßenbahn plädiert für eine Aufwertung der Maxstraße und hofft dort auf eine künftige Trasse für die historische Straßenbahn. Doch es gibt bereits Gegenwind.

Ginge es nach den Straßenbahnfreunden, dann fährt künftig die ehemalige Regensburger Tram durch die Maxstraße Foto: IG historische Straßenbahn

Die Maxstraße ist eines der Sorgenkinder vieler Regensburger und der hiesigen Politik. Seit Jahren besticht die einstige Prachtstraße und Flaniermeile vor allem durch Leerstand und Billigläden denn als Ort mit Aufenthaltsqualität. Das frühere Steakhaus Asado kennen wohl nur noch die wenigsten als belebte Lokalität und auch die Geschäftsräume des dieses Jahr neueröffneten Globetrotter waren lange Zeit ein fast schon vergessener Ort. Dabei wurde die Maxstraße erst Anfang der 2000er umfangreich saniert und modernisiert. Für das schlichte Grau der Bodenplatten und die sachlich gehaltene Beleuchtung gab es damals – man mag es kaum glauben – sogar einen Preis. Doch die Realität am Tor zur Altstadt, wie das Areal oft bezeichnet wird sieht weiterhin eher bescheiden aus.

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Vom Bahnhof Richtung Dom…

Die Interessengemeinschaft (IG) historische Straßenbahn wagt nun erneut einen Vorstoß. Dort denkt man schon länger in großen Maßstäben. „Wir können uns gut vorstellen künftig die historische Straßenbahn über die Maxstraße fahren zu lassen“, sagte Jan Maschek im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung der IG am vergangenen Samstag in den Regensburger Arcaden. Dort sprach er mit mehreren Politikern und einer Vertreterin der Altstadtkaufleute über das Potential dieser Idee.

Seit 2014 existiert der Verein der Straßenbahnfreunde, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, das in die Jahre gekommene Vehikel, das bis Anfang der 1960er Jahre in Betrieb war, aufwendig zu restaurieren und technisch auf den neuesten Stand zu bringen. Vom Bahnhof könne die Bahn dann eines Tages über die Maxstraße Richtung Dom fahren.

Dass die historische Straßenbahn einmal wieder auf die Gleise zurückkehren wird, das steht auch für die geladenen Gäste in den Arcaden außer Frage. „Da steckt so viel Herzblut der Straßenbahnfreunde drin, dass das Ding natürlich irgendwann fahren muss“, betont CSU-Stadtrat Jürgen Eberwein und hegt durchaus Sympathien für eine Gleisführung über die Maxstraße.

„Eine Attraktion mit emotionaler Komponente“

Stefan Christoph, OB-Kandidat der Grünen, zeichnet unterdessen ein Bild der Maxstraße, in dem die historische Straßenbahn an modernen Läden vorbeifährt, in denen die Menschen dann überwiegend regionale Produkte angeboten bekommen sollen. „Wir brauchen eine Revitalisierung des Stadteingangs mit mehr Aufenthaltsqualität.“ Christoph fordert daher auch mehr Sitzgelegenheiten, mehr Grün und die Umstrukturierung zur Fußgängerzone.

Stephan Christoph (Grüne) und Jürgen Eberwein (CSU) stehen der Idee offen gegenüber.

In den Augen von Kathrin Fuchshuber, Vorsitzende des Vereins der Altstadtkaufleute, ist die Bahn eine „Attraktion mit emotionaler Komponente”. “Manch einer erinnert sich noch, wie die Züge früher durch die Altstadt gefahren sind.” Heute könne das für den Einzelhandel durchaus etwas Belebendes haben. „Doch erst muss hier die Machbarkeit überprüft werden. Im Moment ist das alles nur eine Vision“, dämpft Fuchshuber die Erwartungen. Gerade für die Kaufleute seien Maßnahmen zur Belebung der Altstadt aber sehr wichtig. Schon länger beklagen viele Einzelhändler, die Regensburger würden die Innenstadt mehr und mehr meiden.

Da könne ein „querliegender Fahrstuhl zwischen den Altstadtgeschäften“, wie Maschek die Straßenbahn bezeichnet, durchaus einen Mehrwert liefern. „Das kann eine richtige Attraktion für Touristen aber auch für die Regensburger selbst werden.“ Positives Beispiel sei etwa die historische Tram in Istanbul.

Hoher Aufwand – wenig Nutzen?

Doch gerade dieser Punkt stößt bei der Bürgermeisterin auf Kritik. „Wenn diese Bahn als Freizeitattraktion gedacht wird, dann habe ich eine gewisse Skepsis“, so Gertrud Maltz-Schwarzfischer. Lediglich für eine Freizeitattraktion Gleise zu verlegen, rechtfertige den enormen Aufwand, der nötig wäre einfach nicht, gibt sie zu verstehen. Zudem liege der Schwerpunkt derzeit bei der Sanierung anderer Orte der Altstadt.

Für eine reine Attraktion seinen der Aufwand und die Kosten zu hoch, meint Maltz-Schwarzfischer Foto: Bothner

„Wir stecken aktuell in den konkreten Planungen der Stadtbahn als künftige Aufwertung des ÖPNV. Die historische Straßenbahn kann diesen aber nicht ergänzen.“ Das seien nun mal zwei unterschiedliche Dinge. Stattdessen schlägt die SPD-Politikerin vor, die historische Bahn zu besonderen Anlässen auf dem künftigen Schienennetz der Stadtbahn fahren zu lassen. Denn auch sie sieht hier einen „Identifikationsteil aus der Vergangenheit der Stadt“. Ähnlich wie in München könne dann die Bahn an Feiertagen, etwa an den Adventssonntagen, den ÖPNV durchaus ergänzen. Für die Stadtbahn hofft die Bürgermeisterin den Betriebsstart für 2030 realisieren zu können.

Auch für Horst Meierhofer stellt die Maxstraße nicht die optimale Lösung dar. Aber: „Warum suchen wir nicht nach Trassen, die den ÖPNV sinnvoll ergänzen?“ Der FDP-Kandidat für die OB-Wahl geht hier auf das Pürkelgutgelände im Stadtosten ein. Vor einigen Jahren war im Gespräch dort die Landesgartenschau abzuhalten. „Hierfür wäre die historische Straßenbahn eine attraktive Ergänzung gewesen“, so Meierhofer weiter. Man müsse eben nach Strecken suchen, die gut geeignet sind. Aus Sicht der IG könne diese Idee allerdings die Wirtschaftlichkeit der Bahn nicht garantieren, hält Maschek entgegen. „Wir müssen am Ende immer auch schauen, dass die Finanzierung steht. Hier ist die Altstadt eben die beste Variante.“

Wider eine nostalgische Kommunalpolitik

Auch einige ehemalige Trambahnfahrer ließen es sich nehmen und standen am Rande der Veranstaltung in den Arcaden

Ganz grundsätzliche Kritik an den Plänen der IG kommt vom Arbeitskreis Kultur Regensburger Bürger e.V. (AKK), der sich seit Jahren um eine Verbesserung des ÖPNV in der Stadt bemüht. Hier sieht man die Idee, die historische Regensburger Straßenbahn durch die Maximilianstraße fahren zu lassen, sehr kritisch. „Diese Idee weckt unter anderem die – völlig falsche – Erwartung, dass die künftige Stadtbahn auch durch die historische Altstadt fahren könnte. Wir schätzen die Idee deswegen als kontraproduktiv ein“, heißt es in einer Pressemitteilung des AKK vom vergangenen Freitag.

Die Kritiker finden durchaus scharfe Worte. „Unabhängig von diesen verkehrsplanerischen Überlegungen wäre eine historische Straßenbahnlinie in der Maximilianstraße auch Ausdruck einer nostalgischen Kommunal- und Kulturpolitik, die dazu beitragen würde, das Weltkulturerbe Regensburg in ein unangemessenes, auf den Schwerpunkt Tourismus hin orientiertes ‘Disneyland-Welterbe’ zu verwandeln.“

Die immer wieder beklagte „Unattraktivität der Maximilianstraße“ habe zudem mehrere Ursachen, die sich nur durch eine konsequente Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs einerseits, sowie durch privatwirtschaftliche Initiativen des Einzelhandels- und Dienstleistungssektors andererseits beheben lassen werde.

Mißlbeck fordert eine Stadtumlandbahn

Zumindest in Bezug auf die Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs ist man dann aber wieder gleicher Meinung wie die Podiumsgäste. Denn auch die sehen in der Umgestaltung des ÖPNV und der Stadtbahn ein wichtiges Mittel, den weiter zunehmenden Verkehr in den Griff zu bekommen und langfristig die Altstadt zu entlasten.

„So lange das Auto die bequemere Variante für die Menschen darstellt werden nur wenige darauf verzichten“, meint Rainer Mißlbeck, CSU-Landratskandidat, am Samstag. Laut ihm sei daher eine Stadtumlandbahn, die den Landkreis und die Region direkt an die Regensburger Altstadt anschließt die gebotene Variante für einen nachhaltigen ÖPNV. „Wir müssen die Verkehrsströme der gesamten Region berücksichtigen und ein gemeinsames Verkehrskonzept erarbeiten, das aber eben nicht an Stadt- und Landkreisgrenzen endet.“

Eine Forderung, die bei allen Anwesenden auf Zustimmung trifft. Konkrete Vorstellungen zur Belebung der Maxstraße hört man in den Arcaden unterdessen nicht.

Mehr Infos zu den konkreten Überlegungen der IG finden sich unter. 

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Kommentare (12)

  • Jonas Wihr

    |

    Ach Gott, wie süß! Straßenbahn von anno toback! Reicht den älteren Herrschaften die Modelleisenbahn im Hobbykeller nicht mehr?
    Warum nicht gleich wieder Droschken einführen wie zur Zeit der Gesandten? Oder Sänften?
    Die Regensburger Stadtplanung hat die Maxstraße verhunzt wie so viele andere Straßenzüge und Plätze auch. Ich habe noch R. Saule im Ohr wie er bei der Eröffnung der “neuen” Maxstraße im damals leerstehenden C&A-Gebäude in der Königsstraße gegenüber Kritikern der Gestaltung tönte: “In zehn Jahren, Sie werden es sehen, ist die Maxstraße die beliebteste Straße der Stadt. Aus allen Städten werden die Planer kommen und sich abschauen, was Regensburg da Tolles geleistet hat.”

  • R.G.

    |

    Die Idee ist sensationell zeitgemäß und hilft der ganzen Stadt samt dem Umland, gewiss! Man könnte dadurch die unsteten Gäste ganze paar Minuten länger in der Stadt aufhalten, während die Pferde auf der Poststation sich erholen!

    Flankiert sollte das ganze werden von Denktanks ; ), so einem Labor, in dem ein Ehepaar ein Röntgen erfinden darf, und einer Werkstatt für die Entwicklung der ersten Dampfmaschine. Vergessen wir nicht auf einen Schuppen für die Konstruktion des ersten Rades. Irgendwo wird auch noch eine kranke Mutter im Dunkeln auftreiben lassen, für die der Sohn eine Glühbirne ausdenkt, nicht wahr?

    Weiter vorwärts! Immer zum Wohle aller auf der gleichen Zeitwelle Schwebenden!

  • Joachim Datko

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    Zitat: “„Wir können uns gut vorstellen künftig die historische Straßenbahn über die Maxstraße fahren zu lassen“, sagte Jan Maschek […]. ”

    Ich bin heute um 20:00 mit einem der neuen Elektrobusse durch die Maxstraße gefahren. In der Maxstraße waren wir nur drei Fahrgäste. Eine Straßenbahn in der Maxstraße wäre eine Fehlinvestition.

  • Lothgaßler

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    Viele könnens nicht mehr sein, die sich an die Tram erinnern, ich kanns nicht.
    Alternativstrecken:
    a) Alleengürtel: damit könnten vom Bahnhof aus die T&T-Schlossfestspiele “beliefert” werden.
    b) Museum der Bayerischen Geschichte – Wurskuchl – Dom – Neupfarrplatz: Museum passt zu Disneyland und wäre ein Touristen-Shuttle.
    c) Altes Rathaus – Neues Rathaus – neuestes Rathaus in Planung Evangelisches Krankenhaus (Vorschlag Wolbergs): als Behördenbahn.
    d) vor einem großen Seniorenheim: die können sich vielleicht noch an die alte Tram erinnern.
    e) Rund ums DEZ: die armen Kunden laufen sich die Füße platt.

  • namtug

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    Ich versteh den ganzen Regensburger Hype über eine Straßenbahn nicht.
    Und könnte man mal realistische Fotomontagen mit der Straßenbahn machen?
    Es fehlen jedes Mal die Oberleitungen, die sich wie ein Netz über die Straßen ziehen und die ganze Straße verunstalten. Was definitiv nicht zum Flair der Maxstraße beiträgt.

    Man darf auch nicht vergessen die Straßenbahn wird den Individualverkehr nicht ersetzen, sondern teilt sich mit ihm die gleichen Straßen.
    Ein Unfall oder eine Panne auf den Schienen legt da die ganze Infrastruktur lahm.
    Ich weiß auch immer noch nicht welchen gravierenden Vorteil eine Straßenbahn gegenüber dem aktuellen Bussystem haben soll, das eine so extreme Investition gerechtfertigt.

    „Da steckt so viel Herzblut der Straßenbahnfreunde drin, dass das Ding natürlich irgendwann fahren muss“ – DAS kann und darf nicht alleine die Rechtfertigung sein!

  • R.G.

    |

    @
    ” „Da steckt so viel Herzblut der Straßenbahnfreunde drin, dass das Ding natürlich irgendwann fahren muss“

    In meiner Badeentensammlung steckt noch viel mehr Liebe drin. Man sollte unbedingt eine Enten-Rennstrecke in der Maxstraße errichten.

    Wenn das Weltkulturerbe nun vom größten Politiker Regensburgs als nicht mehr unbedingter Maßstab erkannt wäre, bräuchte es ohnehin ein neues Alleinstellungsmerkmal.

  • joey

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    @namtug
    gut, daß RD das Originaldokument verlinkt hat. Dort wird gezeigt, daß ein Akkubetrieb angedacht ist.

  • Erich Zabel

    |

    Regensburger Straßenbahn?
    Es ist ja lustig wenn einige Träumer sich Gedanken machen, wie hohe 3stellige Millionenbeträge (260 000 000 EURO ) verprasst werden können, bei denen u.a. nicht mal ein Betriebshof eingerechnet wird.
    https://stadtbahnregensburg.files.wordpress.com/2017/10/anlage_kurzberichtnkuundsystemempfehlunginklpl.pdf
    Aber wirklich sinnvoll ist diese Idee sicherlich nicht. Wo bleibt der Aufschrei?
    Heute steht in der MZ das sich einige bei einem Spektakel Beleuchteter Dom für 320000 Euro beschweren, recht ham‘s.

  • namtug

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    @joey
    Dankeschön, ich hab den Anhang gar nicht gesehen.
    Entschuldigung dann nehme ich die Aussage über Oberleitungen zurück.
    Wenn der Akkuwagen auch in der Fotomontage zu sehen gewesen wäre, wär mir der Fehler nicht so schnell unterlaufen.

    Also wenn man eh den Antrieb austauscht, neue Achsen und Räder usw., könnte man das Teil nicht auch gleich so umbauen, das es auf normalen Straßen fährt? Dann wäre die Tram flexibel einsetzbar. Für dieses oder jenes Event kann die Tram andere Routen fahren, wie es gerade gebraucht wird.

  • Horst

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    Wozu? Die Regensburger Altstadt ist nicht so groß, man kommt zu Fuß in einem Viertelstündchen vom einen Ende zum anderen. Für alle, die nicht gerne laufen (bzw. es körperlich nicht schaffen), gibt es Busse. Für ein Liebhaberprojekt auf einem knappen Kilometer Oberleitungen und Gleise zu verlegen, halte ich für sinnfrei. Der Vergleich mit der Istanbuler Tram ist auch goldig, auch wenn es natürlich den ein oder anderen orientalischen Hotspot an der Maxstraße gibt.

    Das oberste Bahn-Ziel muss sein endlich wirkliche Alternativen für Pendler zu eröffnen und dadurch die Staus zu bekämpfen – warum erschließt man nicht endlich die Stadtteile, in denen die großen Arbeitgeber sitzen bzw. schafft vernünftige, schnelle ÖPNV-Wege in die Stadt aus dem Umland?

  • Julian86

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    “Das oberste Bahn-Ziel muss sein endlich wirkliche Alternativen für Pendler zu eröffnen …”

    Der Autor Luik sagt:
    “Es wird Jahrzehnte dauern, bis die Bahn wieder halbwegs richtig funktionieren kann. Zuviel ist zerstört worden. Um den schweizer Standard zu erreichen, müsste das Streckennetz hierzulande um 25 000 Kilometer erweitert werden. Es sieht nicht so aus, dass sich Bahn oder Regierung dafür einsetzen.”

    Arno Luik
    Schaden in der Oberleitung
    Das geplante Desaster der Deutschen Bahn
    https://www.buchkomplizen.de/Alle-Buecher/Schaden-in-der-Oberleitung.html

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drin