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regensburg-digital.de ./. Hiendl Passau

Dr. Richard Seifert ist ein richtiger Menschenfreund. Dem Boss des weltweit zweitgrößten Möbelkonzerns kommt es nämlich vor allem auf eines an: zufriedene Mitarbeiter. Nur solche soll es in den XXXLutz-Möbelhäusern geben, zu denen auch die Hiendl-Gruppe gehört. Das wissen vor allem Medien zu berichten, bei denen das Unternehmen dicke Anzeigen- und Prospektaufträge schaltet.

Auf Kritik an der Personalpolitik des Konzerns – auch die gibt es in manchen Medien – reagiert man in der Zentrale entsprechend verschnupft. „So etwas kränkt”, klagte Dr. Seifert im Januar bei der Passauer Neuen Presse im Rahmen eines Lobhudelberichts.

Wer gekränkt ist, reagiert bisweilen emotional. Da wird schnell mal die juristische Keule ausgepackt und zur Kommunistenhatz geblasen.

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In einem offenen Brief in der Zeitschrift möbelkultur sah Dr. Richard Seifert im November – angesichts von Kritik durch Gewerkschaft und Medien – die „Wiederauferstehung des Kommunismus” am Horizont heraufziehen.

Doch nicht deshalb, nein, wegen falscher Behauptungen habe man „mittlerweile zwei Zeitungen verklagt”, ließ Seifert die Leser wissen.

Ob regensburg-digital.de eine dieser „zwei Zeitungen” ist, weiß unsere Redaktion nicht so genau.

Wir treffen uns zwar mit den Münchner Rechtsanwälten des Möbelkonzerns am Donnerstag, 25. Februar, 10 Uhr, vor dem Landgericht Regensburg.

Geklagt hat allerdings weder Herr Seifert, noch XXXLutz, noch Hiendl, sondern unsere Redaktion. Wir wehren uns gegen eine ungerechtfertigte Abmahnung. Das konnte die Hiendl Passau Möbelhandels GmbH freilch nicht auf sich sitzen lassen und reichte Widerklage ein. Allerdings lange nach besagter Behauptung von Herrn Seifert.

Wie konnte es so weit kommen?

Eine Münchner Anwaltskanzlei hatte uns am 2. November namens der „Hiendl Passau Möbelhandels GmbH” aufgefordert, eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen. In unserem Artikel „Immer rüder: XXXLutz knöpft sich Zeitung vor!” sollen wir eine falsche Behauptung aufgestellt haben.

Wir berichten darin über eine Klage des Konzerns gegen das Passauer Magazin Bürgerblick. Wir klären über den Arbeitsplatzabbau in der Auslieferung bei Hiendl Passau auf. Wir weisen auf hunderte Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz hin. Wir kritisieren den Umgang mit Betriebsräten. Das alles wird von den Konzern-Anwälten übrigens nicht beanstandet.

Der Satz, für den man von unserer Redaktion eine Unterschrift und 1.085,04 Euro haben will, findet sich in dem monierten Text schlicht nicht. Diese falsche Abmahnung wurde übrigens bis heute mit keiner Silbe zurückgenommen.

Nach längerem Schriftwechsel und eingehenderem Studium des Artikels findet die Anwaltskanzlei schließlich einen anderen Satz, von dem sie glaubt, dass wir ihn zu unterlassen hätten: „Im Verkauf bei XXXL Hiendl Passau wurde die Quote der Vollzeitbeschäftigten auf unter 30 Prozent reduziert”. Eine falsche Aussage? Von 168 Mitarbeitern im Verkauf arbeiteten nach unseren Informationen seinerzeit 91 Beschäftigte in Teilzeit, es gab 27 Azubis und lediglich 50 Vollzeitbeschäftigte.

Unser Rechtsanwalt Nils Pütz zeigt sich von der Argumentation der Münchner Anwaltskanzlei verwundert: „Ich habe das Gefühl, dass die Gegenseite offenbar nicht klar weiß, was sie untersagt haben möchte.”

Die Hiendl Passau Möbelhandels GmbH, mit der wir uns am 25. Februar vor Gericht auseinandersetzen hat übrigens keine Beschäftigten. Sie wurden im August 2009 in mehrere Einzelgesellschaften ausgelagert. Vermutlich alles der Zufriedenheit wegen.

P.S.: Die Verhandlung am Donnerstag ist öffentlich.

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