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Dreifaltigkeit, Drogen und der Hackl Schorsch

„Eckert Beach“ steht in knalligen Buchstaben am Eingang des „Beach Clubs“, hoch über den Toren von Regenstauf. Im beschrankten Zugangsbereich der Eckert-Schulen wurde das Regenstaufer Freibad vor drei Jahren zur Strandbar mit Ballermann-Feeling umfunktioniert. Weißer Sand vom Monte Kaolino, eine künstliche Lagune, Strandhäuschen und Mietinselchen prägen das Bild. Die Sonne knallt vom Himmel, Menschen schieben sich mit bunten Cocktails und Bier am Pool vorbei oder fläzen in weißen Liegestühlen. Hans Söllner, der am Freitagabend mit Band auf der Bühne steht, wirkt – wenigstens am Anfang – wie zufälliges Animationsprogramm in einem All-Inklusive-Hotel. „Das ist wie ein Robinson-Club, nur ohne Schwarze. Hier behandeln sich die Weißen gegenseitig schlecht“, meint er zur Atmosphäre am Regenstaufer Hochplateau. Was Hans Söllner sonst noch so meint: Auszüge aus einem einstündigen Gespräch voll freier Assoziationen.

Hans Söllner über …

… Untergang

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Es geht bergab. Seit 1985 ist nur noch Pipifax und Scheißdreck gekommen. Da wird die Micky Maus zum zehnten Mal erfunden. Oder der Big Mäc. Wir entwickeln uns zurück in die Steinzeit. In 20 Jahren werden wir am Rathaus in Bonn am Pranger stehen. Sie werden wieder auf öffentlichen Plätzen Arme abhacken oder Ohren abschneiden als Bestrafung. Das lässt sich nicht ändern. Was sich ändern lässt, ist, wie Du untergehst. Lustig und lachend und sie durchschauend oder bös und grantig und ständig fluchend und …

… den Hackl Schorsch (zum Ersten)

Was ist dabei, wenn Du Dich auf einen Schlitten legst, fünf Meter läufst und runter fährst? Die Königssee-Bahn ist doch so gebaut, dass sie überleben. Ich würde die S-Kurve einen Meter niedriger bauen. Dann ist ein bisserl Risiko dabei …

… Kriminalität

Es gehört wieder zum Straßenbild, dass Jugendliche irgendwo an der Wand stehen und ihnen ein Polizist die Hose runter zieht. Es gehört zum Straßenbild, dass dunkelhäutige Leute ständig kontrolliert werden. Wenn man viel Kriminalität bewirkt mit seiner Politik, dann braucht man viele Leute, um dafür zu sorgen, dass diese Kriminalität aufrecht erhalten wird. Es ist ja nicht so, dass die raus gehen mit Fahnen und für den Frieden plädieren. Sie schlagen uns, brechen uns die Schlüsselbeine, fassen unsere Geschlechtsteile an, fingern unsere Frauen, ziehen die Arschbacken meiner Kinder auseinander. Das ist ja kein Kavaliersdelikt, was sie da unter Menschenrecht oder Demokratie verkaufen.

… Führerschein

Sie haben ein Ding gefunden, mit dem sie uns alle am Arsch haben. Das Ding heißt Führerschein. Damit kriegen sie uns alle. Für uns bedeutet der Führerschein: Freiheit, Unabhängigkeit, schnell irgendwohin. Am Dorf sowieso. Damit haben sie uns alle …

… Fortschritt

Die meisten Leute sind gestresst, haben eine Familie, die nicht funktioniert, haben Schulden und müssen irgendwas abbezahlen. Den meisten Leuten geht es einfach nicht besonders gut. Da ist es wahnsinnig schwer, jemand überhaupt zum Tanzen zu bringen. Ich überleg mir nicht, ob die Leute meine Texte oder meine Musik verstehen. Mir langt’s, wenn jemand, der das ganze Jahr nicht tanzt, sich ein wenig bewegt zur Musik. Das ist ein Fortschritt.

… Frieden

Es ist wahnsinnig schwer, heute zum Frieden aufzurufen. Der Aufruf zum Frieden ist immer friedlich. Der hat keine Gesichter. Liebe ist Liebe. Aber Gewalt hat 1.000 Gesichter. Das ist interessant. Es wäre viel einfacher, wenn ich bei jedem Konzert zur Gewalt aufrufen würde. Wenn ich jedes Mal sagen würde: Jetzt geht raus, zündet die Polizeiautos an und fotzt sie raus – ich wäre der Mega-Star. Das verspreche ich Dir. Aber ich will es einfach nicht …

… Dreifaltigkeit Handy, Drogen – Nikotin und Alkohol – und Führerschein: Diese drei Dinge funktionieren immer. Damit kannst Du Leute lenken. Das ist die Dreifaltigkeit. Ich habe meine eigene Dreifaltigkeit, aber dazu sag ich jetzt nichts …

… Drogen zum Ersten Ich bin für die Legalisierung. Leute, die womöglich Drogenprobleme haben, sollen nicht auch noch Probleme mit der Polizei, Gerichten, ihren Eltern oder Arbeitgeber haben.

… die Polizei

… genau so Blöde wie wir, die die Macht haben, dass sie da draußen irgendjemand mit einer Waffe nicht schön genug finden und den ärgern …

… artgerechte Haltung

Ich bin ein aufrecht gehendes Lebewesen. Ich möchte artgerecht gehalten werden. Dazu gehört es, dass ich bestimmte Sachen selbst entscheide. Aus. Dazu brauche ich kein Grundgesetz. Dazu brauche ich keine Regeln. Dazu brauche ich nichts. Dazu brauche ich nur wissen: Tut Dir das weh oder nicht, wenn ich hier sitze und einen Joint rauche? Nein, das tut Dir nicht weh. Du kannst ja gehen. Du musst mir nicht zuschauen. Um nichts anderes geht es …

… den Hackl Schorsch (zum Zweiten)

Ich mag ihn. Das Komische ist, dass er mir echt sympathisch ist. Das ist das Schöne an uns Bayern. Wir können noch so unsympathisch sein, irgendetwas Sympathisches haben wir. Und das muss man sich dann raus suchen. Und dann magst Du jeden ganz gern. Und den Hackl Schorsch mag ich. Weil er eine Lederhosn anhat. Weil er gern Bier trinkt. Und weil er gern blöd daher redet. Aber ich bin kein überzeugter Fan.

… Maßregelung

Ich möchte mit 54 Jahren nicht gemaßregelt werden wie ein Zwölfjähriger, der gerade in die Pubertät kommt und die nächsten vier Jahre hofft, dass er seinen ersten Geschlechtsverkehr hat. Das ist mir zu blöd. Ich bin 54 Jahre alt. Ich arbeite. Ich zahle Steuern. Ich habe drei Autos angemeldet. Ich habe drei Angestellte. Ich möchte, dass sie erkennen, dass ich 54 Jahre mit Drogen umgehen konnte. Jetzt sollen sie mir einen Schein geben, in dem drin steht: Der kann’s. Den zeig ich dem Polizisten, der mich auf der Straße aufhält und …

… Olympiaden

Ich frag mich, was jemand davon hat, wenn er eine Olympiade organisiert. Was hat man da davon? Weißt Du, was schön wäre: Wenn die ganzen Sportler sich das selber zahlen würden. Wie einen Urlaub. Das sind irgendwelche Typen, die treffen sich einmal im Jahr drei Wochen und sagen: Wir legen alle zusammen und machen eine Olympiade. Das wäre super.

… bedingungsloses Grundeinkommen

Lasst die Leute einfach machen. Schenk jedem Menschen 1.000 Euro im Monat und lass ihn einfach machen. Was glaubst Du wie schön das ist. Keiner würde nicht arbeiten. Es wäre kreativ, bunt, reich. Es wäre ein Schlaraffenland. Wow! Es wäre …

… Drogen (zum Zweiten)

Nach 30 Jahren habe ich das Privileg: Wenn ich sage, ich nehme keine Drogen, dann glaubt man mir: Ich nehme keine Drogen. Ich kenne jede Nuance wie man drauf ist, wenn man bekifft ist, aber die Polizei wird bei mir nichts finden. Sie haben es 30 Jahre probiert und nichts gefunden. Es ist ihnen nicht gelungen. Das ist dann immer wieder peinlich, wenn bei mir eine Hausdurchsuchung gemacht und ein Gramm gefunden wird. Das ist immer da. Das sage ich auch öffentlich. Das eine Gramm ist für den da, der sucht. Damit er sich freut, dass er etwas gefunden hat. Das ist wie wenn der Hund etwas sucht und eine Belohnung kriegt. Dann wedelt er mit dem Schwanz. Dann freut er sich. Und wenn die sich freuen, freu ich mich auch.

… Auftritte

Ich mache keine Pläne. Man kann bestimmte Sachen nicht bestimmen. Ich kann natürlich sagen: Ich geb mir heute Mühe. Aber wie es im Endeffekt wird, ist Dein Empfinden. Ob Du nach dem dritten Lied sagst „Scheißdreck“ oder „Wow“ oder „Ich hol mir noch ein Bier“. Ich mach mein Ding. Aber ich geb mir wirklich Mühe, egal wie es ausgeht.

P.S.: Das anschließende Konzert war gar nicht schlecht

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Kommentare (2)

  • StuhloderSessel

    |

    Das neueste Lied

  • Einfalt statt Zwietracht | Regensburg Digital

    |

    […] sicherlich die Kinder, die mit bunten Kreiden das Kopfsteinpflaster bemalen. Und vermutlich auch Hans Söllner, dessen Lieder in den Redepausen immer wieder aus den Lautsprechern kommen. Markus, der sich […]

Kommentare sind deaktiviert

drin