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Absage

„Leider nicht“: Kein Naidoo-Konzert im Fürstenschloss

Verschwörungsgeraune, antisemitische Stereotype, Zusammenarbeit mit extrem rechten Musikern – während der Corona-Pandemie hat sich der Soulsänger Xavier Naidoo noch weiter radikalisiert. Ein geplanter Auftritt bei den Schlossfestspielen in Regensburg wurde nun abgesagt. Ein Ersatztermin habe „leider nicht realisiert werden“ können.

„Du darfst nicht vergessen, dass die Deutschen und das Land schon seit Jahren unter Massenhypnose stehen.” Xavier Naidoo. Foto: Archiv/as

„Da muss man Jahrhunderte sich hinarbeiten, um die Welt so im Griff zu haben, wie die Juden es derzeit haben.“ Das sagte der Sänger Xavier Naidoo Mitte Juli im Interview mit dem rechten Videoblogger Matthäus Westfal („Aktivist Mann“). Ein Satz, der sich bruchlos in das verschwörungsideologische und antisemitische Weltbild des Mannheimer Musikers fügt. Während die meisten anderen Konzerte der diesjährigen Thurn & Taxis Schlossfestspiele bereits im Juni coronabedingt ins Jahr 2022 verlegt wurden, hielt man sich einen möglichen Auftritt von Naidoo lange offen. Es gab weder eine Verlegung noch eine Absage. „Zu dem geplanten Konzert von Xavier Naidoo liegen noch keine Informationen vor“, hieß es lediglich. Doch nun herrscht Klarheit.

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Am heutigen Mittwoch teilte Odeon Concerte mit, dass das Konzert mit dem Soulsänger im Juni 2022 endgültig abgesagt wird. Gründe nennt der Veranstalter nicht. Ein Ersatztermin habe „trotz aller Bemühungen (…) leider nicht realisiert werden“ können, heißt es lediglich.

Apokalypse, Reichsbürger, QAnon

Seit etlichen Jahren fällt Naidoo mit Nähe und Affinität zu christlich-fundamentalistischen und extrem rechten Erzählungen auf. Schon 1999 gab er sich gegenüber dem Musikexpress als Apokalyptiker zu erkennen, 2014 trat er bei Kundgebungen der Reichsbürgerszene auf. Dabei zweifelte er die 9/11 an und bezeichnete Deutschland als besetztes Land. Für Odeon Concerte kein Problem. 2015 gab Naidoo sein Gastspiel bei den Schlossfestspielen.

Ab Frühjahr 2020 radikalisierte sich Naidoo im Verlauf der Corona-Pandemie weiter. In einem von ihm verbreiteten Video weinte der Sänger vor Freude, weil „in diesen Momenten in verschiedenen Ländern der Erde Kinder aus den Händen pädophiler Netzwerke befreit” würden. Naidoo bekannte sich als Anhänger der QAnon-Verschwörungstheorie und trug damit wesentlich zu deren Verbreitung in Deutschland bei. Ein Kernelement des Q-Mythos, auf den sich Naidoo bezieht, ist ein Pädophilennetzwerk einflussreicher Personen wie Bill Gates oder George Soros, die sich an unterirdisch gefangen gehaltenen Kindern vergehen und ihnen das Verjüngungselixier Adrenochrome abzapfen würden.

Zusammenarbeit mit extremen Rechten

Cover der Mini-CD “Deutschland krempelt die Ärmel hoch”. Foto: Die Firma/Kategorie C

Vorletzte Woche veröffentlichte Naidoo mit Hannes Ostendorf, Sänger der extrem rechten Hooligan-Band Kategorie C, den Song „Deutschland krempelt die Ärmel hoch“. In der Rechtsrock-Ballade singt der Soulsänger etwa „Deutschland krempelt die Ärmel hoch / Nadelstich oder Todesstoß / Die starken Männer, wo sind sie bloß?“. Im dazugehörigen Video schlendert ein Mob aus Hools, Rockern und Neonazis mit Bengalos und Kategorie C-Klamotten in einem Gleisbett herum. Bereits im Mai veröffentlichte Naidoo zusammen mit einer rechten Rap-Crew ein Musikvideo, in dem ein Impfzentrum in die Luft gejagt wird.

Im selben Monat sang Xavier Naidoo unter dem Label „Die Konferenz“ unter anderem mit Osterdorf, dem Verschwörungsideologen Oliver Janich und dem Videoblogger „Aktivist Mann“ den Song „Heimat“ und fabuliert von einem „gemeinsamen Feind“. In den vergangenen Jahren erschienen immer wieder Lieder von Naidoo, die vor allem aufgrund ihrer verschwörungsideologischen und antisemitischen Anspielungen kritisiert wurden. Am bekanntesten ist der Titel „Raus aus dem Reichstag“ von 2009, einer Abrechnung mit Politik und Bankenwesen, in der sich zahlreiche antisemitische Chiffren finden lassen, wie etwa „Baron Totschild“ oder „Schmock“. In der Kritik stand in diesem Zusammenhang auch der Song „Marionetten“.

…und die Erde ist nicht rund

In einem erst diese Woche veröffentlichten Interview von Kai Stuht mit Matthäus Westfal und Xavier Naidoo leugnet der Sänger nun auch, dass die Erde rund ist. „Ich stelle sogar die Form der Erde infrage“, so Naidoo. „Da ich in meiner Bibel von einer feststehende Erde und von einem Firmament höre und alle meine Forschungen mich darauf führen, dass die NASA alles faked, was wir jemals gesehen haben; und dass alle, die mit dem Globus zu tun haben und alle, die mit der Erfindung dieses Stücks eigentlich alles Freimaurer und sehr dubiose Menschen sind, die damit zu tun haben, ist für mich natürlich sonnenklar: Ich kann’s gar nicht mehr anders sehen.“

Man gehe eben so weit, sogar die eigentliche Form der Erde zu verbergen, meint Naidoo. Es sei den Mächtigen offenbar wichtig, das zu tun – warum, weiß selbst er nicht. In dem selben Interview sagt Naidoo auch: „Die Juden, die wir in Israel sehen, sind nicht die echten Juden.“ Vielmehr seien schwarze Menschen die eigentlichen Semiten.

Im Jahr 2018 untersagte übrigens das Landgericht Regensburg einer Referentin der Amadeu-Antonio-Stiftung zu sagen, dass es „strukturell nachweisbar“ sei, dass Naidoo ein Antisemit sei (unser Bericht). Das OLG Nürnberg bestätigte das Urteil. Diese Sichtweise dürfte aufgrund immer neuer antisemitischer Aussagen Naidoos mittlerweile wohl überholt sein.

Update: Gegenüber dpa sagte Odeon Concerte-Chef Reinhard Söll, dass die Politik „natürlich keinen Einfluss auf die Entscheidung“ hatte. Es sei kein Termin gefunden worden, so dass man sich mit Naidoos Agentur (DeMi Promotion) auf eine Absage geeinigt habe.

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Kommentare (10)

  • Mr. T.

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    Wie einfach wäre es für Odeon jetzt gewesen, zu sagen, dass man sich nach reiflicher Überlegung und der sich immer weiter ins Fragwürdige entwickelnden politischen Einstellung des Künstlers, mit diesem nicht mehr identifizieren kann und darauf verzichtet, ihm ein Podium zu geben.

    Wäre ein paar Punkte auf dem eh nicht üppig gefüllten Karmakonto gewesen. Aber so druckst man weiter rum und versucht, es sich auch mit dem schon komplett vom Verstand abgehängten kleinen Teil der Öffentlichkeit nicht zu verscheissen.

  • Hutzelwutzel

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    @Mr. T.
    So einfach ist das für Odeon-Konzerte nicht. Denken wir an die Aussage von I.D. gegenüber den “Revolverhelden”. “Man weiß nicht wie die Zeit sich entwickelt.” oder so ähnlich. Manche Leute halten sich eben gerne alle Wege offen. Vergessen aber, dass sie dann auf einer Eisscholle sitzen und im weiten Meer treiben könnten. ;-)

  • Jakob

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    Früher gegen die “braune Scheiße” (Adriano – Letzte Warnung) sein und heute ein Teil davon. Was für eine Wandlung. Von seiner Nähe zu Hildmann ganz zu sprechen.
    Richtig so Naidoo im wahrsten Sinne des Wortes keine Bühne zu geben.

  • KW

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    Wenn es stimmt, dass er sich jetzt auch noch als Flat-Earther geoutet hat, muss man sich tatsächlich große Sorgen um seinen Geisteszustand machen. Vielleicht liegt darin aber auch ein Vorteil, weil spätestens jetzt, zumindest die noch halbwegs vernünftigen seiner Follower erkennen, dass er massiv einen an der Waffel hat und sie sich von den ganzen kruden Theorien wieder abwenden.

  • Piedro

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    @KW
    “Wenn es stimmt, dass er sich jetzt auch noch als Flat-Earther geoutet hat, muss man sich tatsächlich große Sorgen um seinen Geisteszustand machen.”
    Es weiß halt nicht jeder, dass die Erde rund und hohl ist, und wir in ihrem Inneren leben.

  • Piedro

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    Zwei Dinge fand ich hier recht verstörend. Zum einen, den Jammerlappen N. als Soulsänger zu bezeichnen. Der hat so viel Soul wie ein Hühnerauge, ohne die Söhne Mannheim hätte es nicht mal für eine Schlagerkarriere gereicht. Und dann diese Werbung… 100% Politik für mich – von einem Amnesiepatienten und Lobbyknecht wie dem? Immerhin, den Kampf um mein Frühstück habe ich gewonnen…

  • Cassandra

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    Kommentar gelöscht. Bitte sachlich bleiben.

  • Sandra

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    Ich denk in Deutschland herrscht Meinungsfreiheit??? Nur Promis dürfen es leider nicht,echt zum kotzen!!! Ich bin mir der Musik aufgewachsen und geh mittlerweile mit meinen Eltern zu den Konzerten. Ihr macht ihn kaputt,mit welchem Recht??? Es gibt immer noch genug Fans die ihn wegen seiner Musik sehen wollen,was weniger mit seiner Einstellung zutun hat.Wir werden weiterhin seine Konzerte besuchen und seine Musik hören.Der Rest sollte sich schämen….

  • Piedro

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    @Sandra
    “Ich denk in Deutschland herrscht Meinungsfreiheit???”
    Antisemitismus ist keine Meinung.

    “Ihr macht ihn kaputt,mit welchem Recht???”
    Der macht sich selbst kaputt. Als ich gesehen habe wie er in sein Handy heulte, weil Trump endlich die Kinder aus den Folterkellern der Welt befreit, war echt nicht mehr zu übersehen, dass Burschi voll gestört ist. Der braucht keine Fans, der braucht eine Therapie.

    “Der Rest sollte sich schämen….”
    Jaja, die Welt ist flach. Passen Sie auf, dass Sie nicht versehentlich runter fallen.

  • Tröster

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    @Sandra
    Herr N. darf ja seine Meinung sagen, und tut dies auch.
    Außerdem gibt es auch kein Auftrittsverbot. Er muss halt jemanden finden, der ihn engagiert, so wie alle anderen auch.

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drin