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Kundgebungen

Nahost-Konflikt in Regensburg

Seit Freitagmittag herrscht im Nahen Osten eine Waffenruhe. Einen Tag zuvor übten rund 300 Menschen auf dem Domplatz Kritik an der israelischen Regierung. Am Mittwoch kam es vor der Synagoge zu einer von der Stadt organisierten Mahnwache.

Die rund 300 Menschen auf dem Domplatz üben Kritik an Israel. Manche sprechen von „ethnischer Säubering”. Foto: bm

„Stoppt das Morden der Kinder in Palästina“, steht auf einem Schild, das eine junge Frau vor ihrer Brust hält. Links und rechts neben ihr wehen schwarz-weiß-grün gestreifte Fahnen mit einem roten Dreieck. Es ist das Symbol jenes Flecken Erde, der derzeit wieder für zahlreiche Schlagzeilen sorgt. Nachdem die Hamas Raketen auf israelisches Staatsgebiet abgefeuert und Israel sich verteidigt hat, ist der Nahost-Konflikt wieder einmal in eine Welle der Gewalt ausgeartet.

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Die Folgen sind auch hierzulande seit Tagen zu erleben. Hass und Aufrufe zum Mord gegen Jüdinnen und Juden. Brennende Israelfahnen vor deutschen Synagogen. Bereits am Mittwochabend zeigten sich Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer und Ilse Danziger, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Regensburg, betroffen. Bei einer Mahnwache erklärten sie ihr Unverständnis über die antisemitischen Vorfälle.

„Antisemiten kriechen aus ihren Löchern“

„Erschreckend viele Antisemiten kriechen aus ihren Löchern“, beklagt Danziger tags darauf auch am Karavan-Denkmal. „Antisemiten vom linken Rand, von rechtsextremer Seite, aus muslimischen Kreisen und aus der scheinheiligen bürgerlichen Mitte.“ Der Anlass für die Kundgebung der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) am Donnerstagnachmittag ist auch eine Pro-Palästina-Kundgebung nur wenige Schritte entfernt auf dem Domplatz.

Vor dem Karavan-Denkmal wollen am Donnerstag rund 50 Menschen ein Zeichen gegen Antisemitismus setzen. Foto: om

Dort zeigt sich der Protest gegen die israelische Regierung allerdings deutlich anders als zuletzt in Neukölln oder Frankfurt. Laut eigener Aussage sei die Demo von mehreren an der Uni Regensburg studierenden Palästinensern organisiert worden. Politisch wolle man sich nicht geben. „Es geht um die Menschenrechte“ und „die Freiheit Palästinas“. Das steht auch auf zahlreichen Schildern der über 300 zumeist jungen Teilnehmer. „Mit dieser Demo richten wir uns gegen die israelische Siedlungspolitik, gegen Zionismus, gegen Rassismus und Rechtsextremismus“, erklärt eine Jurastudentin mit Schwerpunkt auf Völkerrecht in ihrer Anfangsrede. Seit 73 Jahren werde Palästina unterdrückt durch den israelischen „Apartheidsstaat“.

„Mörder, Mörder, Netanyahu.“

Vergleiche etwa mit dem ehemaligen Apartheidsregime Südafrikas oder die Gleichsetzung mit dem Holocaust – auch dieser findet sich auf einem Schild – sind es, die laut Experten wie dem Antisemitismusbeauftragten des Landes Berlin, Samuel Salzborn, antisemitische Bilder transportieren und verstetigen. Immer wieder skandieren die Menschen auf dem Domplatz am Donnerstag angeheizt von einem Mann mit Megafon: „Mörder, Mörder, Netanyahu.“ Auf weiteren Schildern wird gefordert: „Stoppt das Töten der Kinder in Palästina.“ Auch das ist ein seit Jahren wiederkehrendes Motiv dieser Proteste. Der Vorwurf, der Staat Israel ziele darauf ab, Kinder zu töten oder nehme es zumindest bewusst in Kauf, müsse als antisemitisch gewertet werden, erklärt Salzborn im ARD-Faktenfinder.

„Wir wollen auf das Leid der Palästinenser aufmerksam machen“, heißt es hingegen auf dem Domplatz. Auch gehe es hier nicht um eine Religion. „Wir wollen friedlich die israelische Politik kritisieren.“ Netanyahu sei als Ministerpräsident dafür verantwortlich, dass wieder einmal Menschen in den palästinensischen Gebieten getötet und verletzt würden. „In Städten werden arabische Menschen verfolgt, geduldet von der Polizei“, sagt ein älterer Mann im Nachgang zur Kundgebung.

Mit Terror nichts am Hut

Die Hamas, die seit 2007 nach einem international überwiegend als Putsch bezeichneten Konflikt im Gazastreifen regiert, findet in den Reden und den Parolen keine Erwähnung. Auf Nachfrage erklärt einer der Veranstalter, mit Terror wolle man nichts zu tun haben. „Die Menschen werden von allen Seiten unterdrückt.“ Die internationale Staatengemeinde schaue weg. „Ist die Welt stumm und dumm? Die bringen Kinder um“, ruft ein Mann, den Vorwurf auf Israel gerichtet. Die Menge skandiert mit.

Immer wieder rufen die Teilnehmerinnen „Free Palastine” und “Mörder, Mörder, Netanyahu”.

Schon im Vorfeld hatten die Veranstalter in den Sozialen Medien deutlich darauf hingewiesen, dass man einen friedlichen Protest und keine Anfeindungen gegen Juden oder gar brennende Fahnen wolle. Insgesamt herrscht auf der Südseite des Doms eine emotionale, aber nie aggressive Stimmung wie sie in den letzten Tagen in einigen Städten vorgeherrscht hatte. Aus vielen spricht die eigene Betroffenheit. Einige erzählen gegenüber unserer Redaktion von ihren Familien vor Ort und dem jahrzehntelangen Konflikt. Viele der Anwesenden sind aber vor allem aus Solidarität da. Fahnen Tunesiens, des Irak und des Libanon sowie einiger anderer Staaten des Nahen Ostens sind zu sehen. Ein beliebtes Kleidungsstück ist das sogenannte Palästinensertuch (Kufiya).

Staatsgründung Israels: Ein „Tag der Trauer“?

Man wolle in Frieden leben, beteuern die Veranstalter. Doch unter der israelischen Besatzung und deren Unterdrückung sei das nicht möglich. „We can´t breathe since 1948.“ Der von der Black Lives Matter-Bewegung entliehene Ausspruch verweist auf das Gründungsjahr des Staates Israel. Es sei der Tag „der großen Trauer“. So nennt es die Jurastudentin. Denn damals seien viele Palästinenser vertrieben worden.

Ein Demonstrant will in Israel Pogrom, Holocaust und Apartheid erkennen. Foto: bm

Bereits wenige Stunden nachdem David Ben Gurion am 14. Mai 1948 den Staat Israel auf dem ehemaligen britischen Mandatsgebiet ausgerufen hatte, erklärten mehrere arabische Staaten dem neugegründeten Staat den Krieg. Das ursprünglich vorgesehene Staatsgebiet wurde hierdurch ausgeweitet und mehrere hunderttausend Menschen der arabischen Bevölkerung flohen in die Nachbarländer. In den Folgejahren kam es immer wieder zu teils kriegerischen Auseinandersetzungen. Dass in den Medien und von der Politik in Deutschland dabei oft von einem Konflikt gesprochen werde, stößt den Demonstrierenden auf. Die „erzwungene ethnische Vertreibung der Palästinenser“ und der „zionistische Siedlungsbau“ müssten gestoppt werden.

„Erschreckend viele Experten“

Ilse Danziger betonte am Mittwochabend bei der gemeinsamen Mahnwache mit der Stadt Regensburg: „Israel verteidigt sich.“ Und das sei sein Recht. Der Nahost-Konflikt dürfe nicht herhalten, „um Menschen in Deutschland für die israelische Politik in die Verantwortung zu ziehen“. Genau das geschehe aber immer wieder. „Furchtbar“ sei dabei auch immer „wie viele Nahost-Experten es dann plötzlich wieder gibt“. Jeder meine, etwas dazu sagen zu können. So auch zuletzt die Fridays for Future-Aktivistin Greta Thunberg. „Bei vielen fehlt das absolute Grundwissen. Die sollten sich erstmal informieren.“

Danziger nimmt schon seit längerem „auf breiter Fläche“ einen zunehmenden Judenhass war. Vieles werde wieder sagbarer. Auch dass offen gegen Juden gehetzt werden könne, sei eine „furchtbare Entwicklung in Deutschland. Jetzt bekommen wir es gerade von allen Seiten ab.“ Die Querdenker-Demonstrationen hätten mit zahlreichen antisemitischen Verschwörungserzählungen rund um die Corona-Pandemie „ihr erstes beigetragen.“ Die Situation in Israel trage es auch wieder von anderer Seite „voll hier rein“.

OB warnt vor einem „Auseinanderfallen der Gesellschaft“

Danziger, die überregional gut vernetzt ist, bekommt auch aus anderen Gemeinden und vom Zentralrat der Juden in Deutschland viel mit. Es sei „erschreckend und traurig“. „Man kann das gar nicht wiedergeben, wie bösartig manche Menschen sind.“ Vor allem in den Sozialen Medien entlade sich der Hass.

Danziger sieht die Politik in der Pflicht und fordert, das Thema mehr in die Bildung, auch von Geflüchteten, einzubauen. In der Ausbildung der Geflüchteten müsse „mehr Wert auf die demokratische Vermittlung“ gelegt werden. Gleichzeitig müsse die Gesellschaft klarer gegen Antisemitismus einstehen. Das fordert auch die Oberbürgermeisterin am Mittwochabend. Man müsse sich immer wieder „klar gegen Hass, Hetze und ein Auseinanderfallen der Gesellschaft“ auf die Straße stellen. „Auch gegen antimuslimische Hetze, das ist ganz klar“, betont das Stadtoberhaupt. Deshalb sei man in Regensburg mit allen im Dialog. Das dürfe man nicht abreißen lassen.

Dieser Wunsch nach einem friedvolleren Miteinander ist auch am Donnerstag auf dem Domplatz präsent. „Wir wollen Frieden für Palästina“ lautet die zentrale Forderung. „Wir wollen friedlich nebeneinander existieren,“ betonen die Veranstalter im Nachgang gegenüber unserer Redaktion.

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Kommentare (41)

  • Harry

    |

    Ich finde es ziemlich erschreckend, dass eine “Jurastudentin mit Schwerpunkt auf Völkerrecht” in dem Kontext von einem “Apartheidsstaat” spricht (wenn das die wörtliche Rede war). Auch der Vergleich mit der Black-Lives-Matter-Bewegung ist in meinen Augen nicht zu rechtfertigen, allein schon das “since 1948” sollte deutlich machen, dass der Vergleich nicht zu ziehen ist, weil die Geschichte von der systematischen Unterdrückung Schwarzer Menschen deutlich länger geht – wie freilich auch die Verfolgung von Jüd:innen. Und dieser “Kindermörder”-Vorwurf lässt sich aber einerseits genauso an die Hamas richten (“Schutzschild”taktik), andererseits sehe ich das Wort selbst in der gleichen Tradition wie z.B. das “Brunnenvergifter”, und wenn das keine antisemitische Tradition sein soll …

  • MaSlos

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    ‘A*’ und ‘B*’ schlagen sich mal wieder die Schädel ein. (est. since 1948)

    Zitat: ‘Gleichzeitig müsse die Gesellschaft klarer gegen Antisemitismus einstehen’ (*A)
    Zitat: ‘Auch gegen antimuslimische Hetze, das ist ganz klar’ (*B)

    Und ich soll wieder für alle(s)(A*+B*) Verständnis haben.
    Fühle mich gerade ein klein wenig überfordert!

  • joey

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    es kommt nun leider an die Oberfläche, was ich im Privaten schon lange erfahren mußte – und hier auch immer erwähnt habe: Judenhaß in migrantischen Kreisen. In meinem Erfahrungsbereich waren es Deutsche mit “stolzer” türkischer Abstammung (“reinrassig ohne Vermischung” wie bei mir) und russische oder ukrainische “Traditionen”.

    Hier sind ja nicht Ukrainer, sondern “Südländische”, unterstützt von Linksextremisten die das hier als Vehikel nutzen. Die “bürgerliche Mitte” (Danziger) ist das jetzt nicht.

    Lösung: wir sind Deutschland. Parallelgesellschaften müssen bekämpft werden. Der Einfluß des türkischen Staates muß strengstens unterbunden werden. Wir sprechen Deutsch auf Schulhöfen und singen die deutsche Nationalhymne ein wenig öfters.
    Und die jüdischem Gemeinden im System des Zentralrats der Juden in Deutschland sollten ihre Israel Fähnchen wegwerfen. Manchmal wundert es mich nicht, daß immer wieder was durcheinander geht.

    Nochmal zur Klarstellung: die Hamas schießt (ungezielt) breit auf Zivilisten.

  • Fabian

    |

    @Harry
    Der Apartheid-Vorwurf ist nicht kontrovers für irgendjemanden, den Menschenrechte wirklich interessieren. Man mag das als Deutscher unangenehm finden, aber das ist die Realität.
    Schutzschilde: Ich halte das größtenteils für einen voreingenommenen Talking Point. Das wird oft behauptet und allermeistens widerlegt. Und es ist natürlich eine Monstrosität, wenn es tatsächlich passiert.
    Ich würde mir etwas mehr Skepsis zutrauen, was das israelische Militär angeht. Die sind kein Akteur, der sich um Kollateralschäden groß schert. In der aktuellen Eskalation hat es das Gebäude, das unter anderem die Büros der Presseagentur AP hatte, zerstört, mit nur einer Stunde Evakuierzeit. Angeblich seien Hamas-Geheimdienstler dort auch gewesen. Diese Linie ist doch stark anzuzweifeln, da auch AP ein Interesse hat, nicht in der Nähe von Terroristen zu sein und es laut eigenen Erkenntnissen auch nicht war.
    Wir wissen alle, was passieren würde, wenn die Machtverhältnisse von Hamas und Israel umgekehrt wären, und das ist besser so, dass die offen genozidale Hamas unterlegen ist. Aber deswegen darf man nicht das Leid der Palästinenser so leichtfertig wegwischen und einen Antisemitismus konstruieren, wo es nue geht.
    Ich hätte auch George W. Bush oder Barack Obama Kindermörder genannt, wenn ich Verwandte an deren Panzer- und Drohnenverbrechen verloren hätte.

  • Mr. T.

    |

    Es scheint, als wolle man sich die 2000-jährige christliche Tradition des Antisemitismus nicht von Muslimen wegnehmen lassen.
    Es ist nicht zu entschuldigen, dass Araber ihren Zorn an in Deutschland lebenden Juden auslassen, aber es ist noch weniger zu entschuldigen, wenn sich ganz Deutschland erst dann um Juden sorgt, wenn der Hass von außen kommt. Vielleicht ist das aber auch nur ein willkommener Anlass, um antimuslimische Ressentiments auszuleben.

  • auch

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    Ist es heute denn überhaupt noch möglich, gegen die Politik des Staates Israel zu protestieren, ohne von vorne herein als „antisemitisch“ abqualifiziert zu werden?

  • joey

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    @auch
    ja, aber nicht anläßlich der Angriffe der Hamas “Kindermörder” und Holocaust rufen bzw bei Leuten dabei sein, die sowas machen.

  • RatisBoo!ner

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    Mr. T.: Das erste Pogrom gegen eine jüdische Gemeinde in Europa fand 1066 im muslimischen Granada statt. Antisemitismus ist also auch dem Islam nicht wesensfremd, selbst wenn das ihren antichristlichen Stereotypen widerspricht.
    Wenn ich mich richtig erinnere, gab es schon zahlreiche Mahnwachen gegen Antisemitismus (leider immer wieder notwendig) und da spielte der immigrierte niemals eine Rolle.

  • Taxifahrer

    |

    Mich nervt diese Globalisierung der Proteste.

  • Mr. T.

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    Günther Herzig, danke, freut mich!

    RatisBoo!ner, ich habe weder behauptet, dass es keinen muslimischen Antisemitismus gibt, noch dass es bislang kein Anti-Antisemitischen Bestrebungen gegeben hätte. Allerdings ist es schon komisch, dass auf einmal C-Politiker aufwachen und ihr Herz für jüdische Probleme entdecken, als muslimischer Antisemitismus wieder sichtbarer wird. Auf einmal werden Abschiebungen gefordert und dabei ganz vergessen, dass man die Antisemiten in ihren eigenen Reihen nicht mal abschieben kann.

  • Gscheidhaferl

    |

    Die Mehrzahl der Diskussionen kommt mir doch reichlich absurd vor.

    Um was geht es? Israel und eine palästinensiche Miliz haben (im Rahmen eines Konflikts, der bereits mehr als ein halbes Jahrhundert andauert) mal wieder Gründe gefunden, aufeinander einzuschlagen. Wieder einmal gab es viel zu viele Tote. Wie nicht anders zu erwarten, macht jede Seite die jeweils andere dafür verantwortlich. Die Situation ist hochgradig vergiftet und polarisiert. Entsprechend wird auch in der Diaspora protestiert. Deutsche Juden werden mit unangenessenen Vorwürfen und Anfeindungen konfrontiert. Bei den Protesten wird aber auch nicht unbedingt differenziert, was davon vielleicht legitim sein könnte. Es genügt der Verweis auf antisemitische Parolen, um den ganzen Protest zu diskreditieren. So weit, so vorhersehbar.

    In den Medien kommen meistens auch nur die Unversöhnlichen zu Wort. Als ob es keine Israelis gäbe, die das Vorgehen des eigenen Landes gegen die Palästinenser kritisch sehen und für Versöhnung eintreten würden. Als ob es keine Palästinenser gäbe, die es satt haben von der Hammas skrupellos instrumentalisiert zu werden. Schwarz-Weiß lässt sich eben einfacher verkaufen.

    Und als Sahnehäubchen dann noch die aus Gründen der Stastsraison empörte deutsche Politik (mit Ausnahme der völlig charakterlosen AfD natürlich). Gegen eine politisch und ökonomisch unbedeutende Minderheit wie die Palästinenser ist das kein Heldenstück.

    Es kann doch niemanden wirklich verwundern, dass hier kaum mehr jemand differenziert und besonnen agiert. Alle schießen von ihrer jeweiligen Posiition aus immer wieder über das Ziel hinaus. Und die eigentlichen Profiteure sind die Hardliner auf beiden Seiten (in Palästina und Israel), die sich mit ihren mörderischen Possen in den Augen ihrer jeweiligen Anhänger wechselseitig legitimieren.

    Es war absehbar, was die Zwangsräumungen in Ostjerusalem bewirken würde. Es war absehbar, wie Israel auf den Raketenbeschuss reagieren würde. Die Toten waren absehbar und einkalkuliert. Und es war absehbar, dass es bei Protesten im Ausland zu anti-jüdischen Vorfällen kommen wird.

    Und es ist leider auch absehbar, dass uns dieser tragische Konflikt noch lange Zeit erhalten bleiben wird. Ungeachtet der billigen Empörung und der mitunter böswilligen Verkürzungen auf allen Seiten; ob bei den Palästinensern, auf Seiten Israels oder auf Seiten der internationalen Gemeinschaft, die sich letztlich auch nur dafür interessiert, wie sie von dem Konflikt profitieren kann.

    Ich fände, gemeinsame Proteste (über Religions- und Nationalitätsgrenzen hinweg) gegen das zynische Blutvergießen wären die schönste und beste Antwort, die unsere Gesellschaft geben könnte. Aber wenn ich sowas öffentlich äußern würde, gäbe ich mich leider nur der Lächerlichkeit preis, oder?

  • Wolf-Rüdiger Weiß

    |

    Es geht um das “hic et nunc”, um das sofortige Aufhören mit dem gegenseitigen Beschuss und der gegenseitigen Schikane, vor allem mit der unerträglichen Landnahme durch Israel.
    Dennoch beschämt es mich als Deutscher, dass Synagogen Polizeischutz brauchen. Mal wieder den “Nathan” lesen!!!

  • R.G.

    |

    @Gscheidhaferl
    “Die Mehrzahl der Diskussionen kommt mir doch reichlich absurd vor.”

    Das lässt anklingen, sie besäßen einen Bildungsvorsprung.
    So das wahr ist, haben Sie dadurch soziale Verantwortung, die sich darin ausdrückt, anderen Hinweise auf gute, einführende, erklärende Literatur zum Thema zu geben.
    Weiser/in ist man, um bei Bedarf zu unterweisen. Von oben herabgucken gilt nicht. ; )

  • Andreas

    |

    Man sollte nicht unterschlagen, woran sich die Proteste in Israel ursprünglich entzündet haben: An der Zwangsräumung von Häusern, die arabischen Einwohnern Ost-Jerusalems (“Palästinensern”) durcch Israelis weggenommen werden sollten.

    Dagegen wurde protestiert und die Hamas hat den Protest genutzt um sich und ihre Raketen in Stellung zu bringen. Das Verhalten der Hamas ist unverzeihlich aber die extrem gnadenlose Haltung rechtsnationalistischer Kreise in Israel ist das auch.

    Die Kompromissbereiten auf beiden Seiten wurden im wahrsten Sinne des Wortes eliminiert und jetht steuert das auf eine große Katastrophe zu.

  • Madame

    |

    Der Hass zwischen Juden und Muslime gehört nicht auf Deutschlands strassen.Das sieht man wieder, was Religionen aus Menschen wilde Tiere macht

  • Gscheidhaferl

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    @Andreas
    Ich glaube, Ihre Erklärung greift zu kurz. Das war der Grund, warum ich daran erinnert habe, dass wir es hier mit einem Konflikt zu tun haben, der wenigstens ins Jahr 1948 zurückreicht.

    Ich weiß zudem nicht, auf welche große Katastrophe der Konflikt noch zusteuern sollte. Der Konflikt ist eine einzige, riesige Katastrophe. Und ich fürchte, die entscheidenden Akteure haben gar kein Interesse ihn zu beenden. Insofern ist meines Erachtens nicht von einem Ende mit Schrecken, sondern von einem Schrecken ohne Ende auszugehen. Zumindest bis auf Weiteres.

    Auch weil viele nicht bereit sind, sich den Konflikt wirklich unfassend anzusehen. Jeder pickt sich nur die Ausschnitte heraus, die geeignet sind, die eigenen Thesen zu stützen.

    Und die Politik in Deutschland ist vielleicht sogar froh, wenn es zu judenfeindlichen Ausfällen kommt. Da kann sie sich großartig empören, ohne ernsthaft negative Konsequenzen fürchten zu müssen. Und mit etwas Glück kann damit auch darüber hinweggetäuscht werden, dass darüber hinaus keine konstruktiven Schritte zur dauerhaften Befriedung unternommen werden. Vielleicht aber der eine oder andere Waffendeal mit der einen oder anderen Konfliktpartei. Wenn dann mal wieder keiner so genau hinschaut.

  • joey

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    @Gscheidhaferl
    die Hamas hat tausende von Primitivraketen gehortet und diese nun abgefeuert. Dieses Zeug ist per se eine Waffe gegen Zivilisten: die Dinger schlagen irgendwo in Städten ein und sind nicht geeignet, militärische Ziele zu bekämpfen.
    Die Hamas ist eine Diktatur/Unterdrückung, die im eigenen Volk foltert und mordet, wer nicht genug jubelt. Das “Strafrecht” ist absolut homophob und intolerant (islamische Gesetze).
    Ich würde von Deutschen eher Demos gegen Hamas (und Fatah) erwarten.

    Beschuß ist keine politische Ausdrucksweise. Wer das auch nur beschönigt oder entschuldigt, muß wohl als Unterstützer zählen.

  • Gscheidhaferl

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    @joey
    Vielleicht lesen Sie erstmal, was ich geschrieben habe.

  • Andreas

    |

    @Gscheidlaberl:
    Der Anlass für die jetzige Eskalation war die versuchte Zwangsräumung arabischer Einwohner aus Häusern in Ostjerusalem, basierend auf angeblichen Besitzverhältnissen aus 1948.

    Dass die Ursachen tiefer liegen ist eine Binse und allgemein bekannt.

    Und die große Katastrophe auf die das zusteuert ist ein äußerst blutiger Bürgerkrieg im Inneren Israels. Denn neu an diesem Konflikt ist, dass auch die Araber, die in Israel leben, in großer Zahl zur Gewalt greifen und sich mit den zionistischen Extremisten Straßenschlachten liefern. Der Hamas gelingt es in weit stark zunehmendem Ausmaß, diese Palästinenser, die ja Staatsbürger Israels sind, zu Gewaltexzessen zu animieren.

    Wenn ein solcher Bürgerkrieg ausbricht, ist das was in den letzten Tagen passiert ist, nur ein kleiner Auftakt gewesen. Wir müssten dann wieder mit einer großen Flüchtlingswelle rechnen.

  • Eleonore

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    Nahost-Konflikt in Regensburg?
    Gib’s es denn bei uns nicht genügend Konflikte die aufgearbeitet werden müßten?

  • R.G.

    |

    @Joey
    Zu dem Thema, hoffte ich Ihre Gedanken lesen zu dürfen.
    Nicht wie sonst ein Zwiegespräch mit einem User, sondern Ihr Wissen, auf dem Hintergrund Ihrer eigenen Biographie.

    Mir ist in diesem Jahr sowohl bei einer aus den islamischen Ländern zugewanderten Flüchtling (aufgewachsenen ohne jedweden Kontakt zu Juden) ein mit der Muttermilch eingegebener Judenhass miterlebbar begegnet, als auch bei einer Israelin einer Versöhnungsbewegung nachv Deutschland, einer Patriarchin einer Sippe aus der dortigen Siedlerbewegung, ein unbändiger Hass gegen die Palästinenser, vermischt mit ihrem Kampf gegen Nazis. Dabei begriff ich, wie entfernt von der Wirklichkeit die Beschreibungen in unseren Nachrichten ausfallen, zu oft wie ein auf rein sachlichen Inhalten beruhendes Problem lediglich zweier Seiten.
    Mich interessiert Ihre Einschätzung, ob in der Türkei bei linken Oppositionsparteien oder Angehörigen von Minderheiten, Kopten, Kurden, Hellenen/Griechen, Armeniern ein gleich hasserfülltes Bild gegenüber Menschen aus Israel besteht, wie es allgemein in islamischen Ländern “Pflicht” sein soll.
    Was meinen Sie, wird mit dem Leben in Deutschland das Bild der Zuwanderer versöhnlicher, schaukelt es sich eher noch auf?

  • Gscheidhaferl

    |

    @Andreas
    Mit dem Verweis auf 1948 (Staatsgründung Israels) wollte ich nicht auf die angeblichen Besitzverhältnisse hinsichtlich der geräumten Häuser hinaus. Das war wahrscheinlich missverständlich.

    Ja, natürlich ist es eine Binsenweisheit, dass der Konflikt weiter zurückreicht. Aber wer berücksichtigt das denn wirklich? In der Regel wird doch nur auf die jüngsten Ereignisse fokussiert. Die Empörung über die judenfeindlichen Ausfälle sind doch ein gutes Beispiel dafür. Natürlich sind diese Vorkomnisse inakzeptabel. Aber es ist nicht sachdienlich die Hintergründe auszublenden. Da reicht – wie Sie selbst ja auch zurecht monieren – die offizielle Wahrnehmung noch nicht mal bis zu den Räumungen.

    Und die sind auch nicht richtig eingeordnet, wenn sie lediglich als ‘einfache’ Eigentumsstreiterei betrachtet werden. Es geht – wie ich Ihnen nicht sagen brauche – um die Vereinnahmung Jerusalems.

    Ja, Sie haben auch Recht, dass die Gewalt wieder einmal zu eskalieren droht. Aber eben: Wieder einmal.

    Darum ist für mich die eigentliche Katastrophe eher, dass trotz all dem jahrzehnte langen Leid offenbar immer noch keiner der wesentlichen Akteure ernsthaft an einer dauerhaften Befriedung interessiert ist.

    Israel meint sie nicht nötig zu haben und die Hamas weiß, dass sie gewaltsam letztlich nichts Entscheidendes ausrichten kann. Beide Seiten treiben hier ein zynisches Spiel, das noch viele Leben kosten (und natürlich wieder zu großen Fluchtbewegungen führen) wird.

    Nur gibt in Europa offenkundig eben auch kein hinreichende Bereitschaft, dem entgegenzuwirken. Damit erweist man weder den Palästinensern, noch Israel einen Dienst. Ganz im Gegenteil. Und dann kann man sich eigentlich die wohlfeile Empörung sowie Auslandsreisen des Aussenministers schenken, die nichts außer irreführende Bilder für den deutschen Wahlk(r)ampf bringen.

    Und Sie sehen ja, der eigentlich relativ differenzierte Protest in Regensburg geht dabei unter.

  • R.G.

    |

    @”Nahost-Konflikt in Regensburg?
    Gib’s es denn bei uns nicht genügend Konflikte die aufgearbeitet werden müßten?”
    Es ist ein Konflikt, zu dem ein unmittelbares Nachbarland der EU, am Landweg die Türkei, direkt Stellung beziehen wird. Mit Worten oder Waffen.

  • Hartnäckig

    |

    @ RG
    Danke für den Kommentar.
    Ich kann das leider nur bestätigen. Habe das nicht nur einmal erlebt, dass Araber ganz massiv gegen Juden grundlos gehetzt haben. Das passt nicht zusammen. Sich in Deutschland Schutz ( Asyl ) zu erwarten, weil man in der Heimat – aus welchen Gründen auch immer – verfolgt ist, und in Deutschland Verfolgung ( ja das kann man sehr wohl auch verbal ) aktiv gegen Juden praktizieren.
    Und ich schreibe das, obwohl ich sehe, dass der Staat Israel alles andere als mit Samthandschuhen gegen die Palistinenser vorgeht !
    Dies wiederum lässt den Schluß zu, dass es auch in Israel genügend Menschen gibt, denen der Friedenswille gänzlich fehlt !!!

  • R.G.

    |

    @Hartnäckig
    Selbst in einer multinationalen Umgebung, in relativ sicherer Umgebung aufgewachsen, hege ich den Verdacht, dass ein Teil des rassistischen Hasses erst in den Flüchtlingskonserven nach Ankunft gemacht worden sein könnte, was Sippen, die sich die gleichen Gene mit mir teilen, anbelangt.
    Da sind die im Weltkrieg evakuierten, zu Beginn in Ställen von Bauern eingepfercht gewesenen alten Verwandten, alle zwar von den Pfaffen zwangsweise bigott gemacht aber doch bald integriert. Ein Teil von ihnen später an Lager weitergereicht, damit sie für guten Lohn in der Schwerindustrie im Hochofen oder in Bergwerken arbeiten und mit spätestens vierzig tot umfallen sollten.
    In den gleichen Lagern erfolglos auf Auswanderung nach Amerika Wartende, alle “hübschen” Knaben übergriffigen Priestern, oder als Alternative Rechtsnationalen als Miterziehern, ausgesetzt.
    Bereits beim Ausfassen der Hilfen mussten sich Knaben und Mädchen, Mütter und Väter getrennt anstellen. Die Familie wurde entwertet. Um satt zu werden, galt es sich einer Kirche oder Partei einzuordnen; am Ende der Veranstaltungen fasste man Nahrung zum Mitnehmen aus.
    Während in der Landschaft meiner Ahnen die Berufstätigkeit der Frau, eine Idee von Gleichberechtigung, Kindergarten und Bildungspflicht vor Jahrhunderten “erfunden” wurde, haben alle im Lager Geprägten – bis in die Siebziger Jahre waren einige da, in unterschiedlichen europäischen Ländern – ein ekelig bösartig Verhalten gegenüber Frauen, Andersgläubigen, Andersdenkenden und Andersliebenden (nein, es sind nicht anders Liebende, sie lieben wie ich tief) gelernt.

    Eine nun öffentliche Kartei der Amerikaner zeigt, dass die gleichen Leute in den ersten Nachkriegsjahren noch weltoffen gewesen waren.

    Ich gehe eigentlich mit der inneren Mission herum, ankommende Menschen so schnell als möglich als Familien oder familienähnliche Gemeinschaften zu integrieren. Wir können es uns nicht leisten, sie in Massenunterkünften radikalisieren zu lassen.

    Joey, wie sehen sie das, ist der Antisemitismus eine seit frühester Kindheit mitgegebene Option, und sich erst unter ungünstigen Bedingungen nach der Emigration als identitätsstiftendes Element verfestigende fanatische Mission?

  • R.G.

    |

    Plädoyers von Goran Bregovic und Ogni Radivojevic für das Zusammenleben der unterschiedlichen Religionen und Ethnien, wie sie es als Kinder noch am Balkan erlebt hatten:
    https://www.youtube.com/watch?v=vsXsTYfrQIw

    https://www.youtube.com/watch?v=ISGealhpxQY
    “written as a metaphor for the three religions coexisting in Sarajevo: Christianity, Judaism and Islam”
    http://www.theblues-thatjazz.com/en/rock/92-goranbrgovic/23931-goran-bregovic-three-letters-from-sarajevo-opus-1-2017.html
    https://www.wrti.org/post/goran-bregovi-reconciles-religion-music-three-letters-sarajevo

  • joey

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    @R.G.
    ich bin da pessimistisch. Viele Muslime und orthodoxe Christen bleiben im Privaten “Türken und Russen”, sind also Parallelgesellschaft Sie werden bestärkt durch diverse staatliche russische und türkische Einflüsse. Deswegen fordere ich mehr “deutsch” ein, wie es in den klassischen Einwanderungsländern als “amerikanisch” auch lange verlangt wurde. Eine klare Übernahme der hiesigen Staatsräson.

    Dieses Deutschland von heute ist friedlich und tolerant in umgekehrter Folge der NS Zeit. Da meinen fast alle Einwanderer der obigen Gruppe, daß sie das nichts angeht, weil ihre Großväter nicht dabei waren oder gar Opfer…

    Seit dem Auftauchen der AfD hat man das Thema Einwanderung und seine Folgen einfach nicht diskutiert. Der offene Judenhaß der “Südländer” zwingt uns nun dazu…
    Nein, alles bleibt wie vorher. Beim nächsten Vorfall hören wir dann die gleichen Entrüstungen und Entschlossenheiten der Innenminister: “Abschieben”.

  • wahon

    |

    Die Menschenrechte sind unteilbar. Wer den Anspruch auf die Menschenrechte von der Staatsangehörigkeit, der Nationalität, der Kultur oder der Religion abhängig macht, handelt gegen das Prinzip der universellen Humanität.
    Die islamischen Staaten und der Staat Israel sind “Religionsstaaten”, d.h. allein die Religion bestimmt die Staatsverfassung und die Gesetze: Menschen, die die “richtige” Religion haben, werden bevorzugt gegenüber den Menschen, die die “falsche” oder keine Religion haben. Mit Humanität hat das nichts zu tun.
    Erst wenn die arabischen Staaten und der Staat Israel auf den religiösen Staatszweck verzichten, sich eine allein an den Menschenrechten orientierte Verfassung geben und die Staatspolitik sich danach ausrichtet, wird der Nahe Osten eine Chance auf eine friedliche Entwicklung bekommen.

  • Piedro

    |

    Die Juden waren im Palästina des vorletzten Jahrhunderts (im osmanischen Reich) eine Minderheit. In der vorletzten Dekade des 19. Jahrhunderts unterstützte Edmond Rothschild den aufkeimenden Zionismus und kaufte Land in Palästina, um das jüdisch zu besiedeln. Erst danach etablierte sich die Vorstellung eines biblischen Anspruchs der Juden auf die Region. Über gewalttätige Konflikte ist aus dieser Zeit noch nichts bekannt.

    Während des WK2 und danach unterstützten verschiedene Organisationen die illegale Einwanderung von Juden, bewaffnete Milizen etablierten sich. In den frühen Verhandlungen über einen jüdischen Staat in Palästinenser war deren Entwaffnung eine Grundbedingung, die abgelehnt wurde. Stattdessen begann eine Phase terroristischer Anschläge, vor allem gegen die arabische Bevölkerung, es gab regelrechte Massaker, aber auch gegen britische Stützpunkte. So wurde der Druck auf die Briten erhöht, die letztlich froh waren das beinahe bedeutungslos gewordene Palästina los zu werden. Schon die Staatgründung war gewissermaßen ein Gewaltakt.

    Geplant war ein Zwei-Staaten-Modell, dem der junge Staat Israel weiterhin mit dem errichten (militanter) jüdischer Siedlungen begegnete. Die nach dem Angriff arabischer Nachbarländer besetzten Gebiete wurden annektiert. Die de facto-Ausweitung des Staatsgebietes wirkt sich in jüngster Zeit immer deutlicher auf Ost-Jerusalem aus, wo das Völkerrecht ebenso missachtet wird wie in anderen Teilen der Region.
    Schon 1948 wurden an die 300000 Palästinenser aus ihrer Heimat vertrieben, zionistische Milizen töteten zerstörten ganze Dörfer und massakrierten die Bevölkerung.

    Seit 1950 hat sich Israel per Gesetz ermächtigt, palästinensischen Landbesitz zu konfiszieren. Das geschieht seither regelmäßig, um illegal errichtete Siedlungen zu legitimieren. 1947 gehörten den Palästinensern 93 Prozent des Landes als öffentliches oder privates Eigentum, die restlichen 7 Prozent waren in der Hand der jüdischen Gemeinschaft. Heute beträgt der Anteil privaten palästinensischen Grundeigentums nur noch 15 Prozent des Territoriums, das 1947 Palästina ausmachte, 10 Prozent davon entfallen auf das Westjordanland und den Gazastreifen.

    1967 verlangte die UN, dass Israel sich aus den besetzten Gebieten zurückzieht und der Gründung eines Palästinenserstaates zuzustimmen. Die PLO (von der UN als Vertreter des palästinensischen Volkes akzeptiert) stimmte zu, dem Staat Israel sein Existenzrecht zuzusprechen. Im Gegenzug forcierte Israel das Errichten jüdischer Siedlungen in den besetzten Gebieten, gerne auch unter Vertreibung der ansässigen Bevölkerung. Das setzt sich bis heute fort. Die Aneignung palästinensisch bewohnter Häuser (und Straßenzüge) in Ostjerusalem hat den bewaffneten Konflikt wieder befeuert, ebenso natürlich andere Faktoren, wie die Unterversorgung palästinensischer Anbaugebiete mit Wasser.
    Die Hamas ist das Resultat dieser anhaltenden Missstände, die Lesart der Terrororganisation ist eine westliche. Die UN hat die Hamas bisher nicht so eingestuft. Viele Länder verstehen sie als eine Befreiungsarmee, die gegen Unterdrückung kämpft, oder versagen sich einer Beurteilung.

    Die “rechten”, fundamentalistischen Juden haben in Israel wachsenden Einfluss. Es gibt nichts und niemanden, der sich ihnen entgegen stellt. Der Staat spielt ihnen in die Hände wo es nur geht. Es gibt zwar zivile Bewegungen, die sich dem Irrsinn entgegen stellen, ich persönlich halte sie sogar für die Mehrheit. Die politische Mehrheit wird jedoch von den Kräften gehalten, die den Konflikt lieber weiter befeuern als ihn befrieden. Diese Kräfte gibt es natürlich auch im arabischen Ausland, ohne die wäre die Hamas als militärisches Phänomen völlig bedeutungslos. Bis dahin ist sie nicht mehr und nicht weniger als die Konsequenz von Unterdrückung und Entrechtung. Der “Islamismus” ist hier nur aufgesetzt, es geht war auch um Religion, aber vor allem um das Recht eines Volkes auf einen eigenen, funktionierenden Staat. Was die Hamas fordert ist das, was die UN schon in den 60ern und 70ern gefordert hat.

    Mein Fazit: dieser Konflikt wird sich nicht ohne massive Einflussnahme auf die israelischen Hardliner lösen lassen, und darauf wird verzichtet. Die Konsequenz könnte ein weiterer, staatenübergreifender Konflikt mit der Atommacht Israel sein.

  • R.G.

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    @wahon
    Das mag schon so sein, dass … und… solche Staaten sind.
    Im Moment geht es aber um unsere Fähigkeit die Aufmerksamkeit bei uns zu halten. Welcher Staat ist hier?
    Was möchten wir in unserem, für unseren Staat sein?
    Ich würde mir ja wünschen, wir wären wieder mehr deutsch, schweizerisch, österreichisch, südtirolerisch, europäisch.
    In unserem Wohnblock sprechen die Zugewanderten ein schönes und verständliches Deutsch, die Jugendlichen der “Ureinwohner” von hier dafür konsequent eine Art Denglisch mit wöchentlich neu erfundenen Kürzeln.
    Letzte Woche belieferte mich ein Lieferant mit neuer Tätowierung, er trägt nun am Hals das Christenkreuz. Sein Arbeitskollege geht mit der Kippa. Beide hätten das in ihrem Herkunftsland nicht gekonnt.
    Uns aber bedeutet das gar nicht mehr genug, wir verteidigen den Schatz der Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit als Grundsteine unseres Zusammenlebens kaum.
    @Joey
    Ich bin mir darin mit Ihnen einig, dass das Einfordern einer gemeinsamen Identität, voran des Gebrauchs der deutschen Sprache in der Schule ein wichtiger Baustein wäre, sich als Einheit jenseits des weiterhin bestehenden, meist aus der Herkunftskultur ableitenden Unterschiedlichen, verstehen zu können.

    In einem Blog einer mir etwas bekannten schweizerischen Familie konnte ich die Entwicklung ihres kleinen Sohnes vom “Ausländer” zum stolzen Amerikaner in New Jersey über Jahre mitlesen. Man bietet in den USA in der Schule tägliche gemeinsame Rituale.

    Meine Vorfahrin wurde bis in ihre letzten Jahre genötigt, ihr Geburtsland zu besuchen, ihr Gatte las ihr Nachrichten von dort vor, und schier alle brachten ihr Souvenirs mit. Sie wollte nichts mehr davon hören oder wissen. Ihre Identität als Individuum hatte mit Überschreiten der Grenze begonnen, niemand konnte deutscher – mit dramatischem Akzent – fühlen und träumen, als sie es tat.

    Bleiben wir bei uns, ermuntern wir weitere Bürger, auszusprechen welche Angst wir in Wirklichkeit um uns selbst spüren, wenn im Nahen Osten wieder ein Krieg beginnt. Es ist persönliches Interesse, eine Befriedung der Situation zu wünschen.
    Frieden erreichen wir nicht mit Abwertung anderer Staatsformen – während wir uns übrigens im eigenen Land nachlässig gegenüber unseren Werten darstellen.
    Wie müssten wir dann über aus den Heimatländern mitgeschleppte Konflikte sprechen lernen? Wo sollen die Begegnungsorte sein?
    Im öffentlichen Raum, in den inzwischen zubetonierten Parks?

    Ein Bekannter, er stammt aus Saudi Arabien, ging über Jahre in eine Begegnung mit Männern Abrahamitischer Religionen, Christen, Juden, Moslems unterschiedlicher Schulen, Bahaii. Das fand in einem katholischen Gebäude statt. Durch Geldmangel wurde das Projekt gestrichen. Seither baut er rasant ab, was sein Verständnis für demokratische Werte betrifft. Die Versöhnung fällt ihm nicht billig zu, es ist bei ihm eine Lebensaufgabe, die er nur in ständiger Diskussion schaffen kann. Sein Frau bis zur Scheidung, ab da sein Sohn, fordern das von ihm ein, er soll ein dialogfähiger Mensch sein, werden.

  • joey

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    @Piedro
    da haben Sie aber noch vergessen, daß Israel viele gepl. Vernichtungskriege überstehen mußte und gewonnen hat.
    Deutschland ist nach 45 gestutzt worden. Das wird von links immer wieder gerechtfertigt, weil D ja einen Angriffskrieg geführt hat und die Opfer/Sieger das Recht… Die deutschen Vertriebenen haben sich damit abfinden müssen.
    Weder Schlesien noch Palästina ist irgendwie faktisch restituierbar – was ja auch die Argumentation gehen die aktuellen “Rückenteignungen” in Ostjerusalem ist.

    Und dann kann man noch über die geeignete politische Strategie sprechen. Gewalt darf nicht dazu gehören. Ich schlage vor: die Linken in D kämpfen erst mal für Demokratie bei den Palästinensern und damit gegen die Hamas Terrordiktatur. Wenn dann ein Gandhi gewählt wurde, kann sich Nethanjahu politisch nicht mehr rechtfertigen.

    Unabhängig von jedweder Situation in Israel: Jeder Jude in Deutschland kann sich darauf verlassen, daß ich ihn mit meinem Leben verteidigen würde – mein Eid aus Militärzeiten gilt noch. Wenn wir in D dazu nicht bereit sind, können wir uns die ganze Mahnmalerei und Erinnerungskultur sparen. Das wäre sonst eine glatte Lüge.

  • R.G.

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    @Piedro
    Bitte geben Sie für Ihre Geschichtserklärung, eigentlich über den Zionismus, Ihre persönlichen Quellen an.
    Mit Herrn Michael Bothner als Redakteur des Eingangstextes, haben wir eine wissenschaftliche Zugangsweise vorgelegt erhalten, als ersten Schritt durch ihn die Beschreibung des Istzustandes, wertfrei…
    Das kann man als privater Kommentator aufnehmen, und nachsehen, durch welche Autoren oder Gruppen die nachfolgenden Postings belegt werden können, konkret meine ich die angebliche tragende Rolle Edmond Rothschilds, bei Ihnen ist diese” In der vorletzten Dekade des 19. Jahrhunderts unterstützte Edmond Rothschild den aufkeimenden Zionismus und kaufte Land in Palästina, um das jüdisch zu besiedeln. ”
    “Über gewalttätige Konflikte ist aus dieser Zeit noch nichts bekannt.”

    Ich greife vorerst die Rolle Leo Pinskers heraus, weil wir dabei auf Rothschilds lediglich finanziell unterstützende Rolle treffen. Quelle: Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Zionismus
    “1884 wurde Pinsker ein Führer der osteuropäischen „Zionsfreunde“ und übernahm damit deren Ziele in Palästina. Durch die zum Teil unerwarteten praktischen Probleme der Siedler trat das ursprüngliche Ziel Pinskers, einen jüdischen Nationalstaat aufzubauen, jedoch zunächst zurück: Die Selbstorganisation der Zionsfreunde drohte zu scheitern und musste Spenden von reichen Gönnern annehmen. Vor allem das Engagement von Edmond Rothschild (1845–1934) verhalf ihr zum Fortbestand und veränderte sie zu einem philanthropischen Hilfswerk ohne nationale Ansprüche.[16]”

    Da Rothschilds derzeit, in der Corona.-Krise, von Rechten und anderen Randgruppen, für alles von ihnen Ungeliebte als Verursacher herhalten sollen, bitte ich darum, die Rolle des Edmond exakter aus Texten zu belegen.

    Nach der Zeile “Während des WK2 und danach unterstützten verschiedene Organisationen die illegale Einwanderung von Juden,”
    atme ich mal tief durch, ich denke, da ist noch was an Entwicklung drin, nach der Verkürzung…

    Dennoch bitte ich, sich stark unserer Rolle in den Ländern Mitteleuropas zu besinnen: Wie können wir ein friedliches Zusammenleben der Religionen hinbekommen?
    Es geht um unser Hier und Jetzt.

  • Piedro

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    @joey
    Nö, die Angriffe auf Israel habe ich nicht vergessen. Ich stelle auch nicht das Recht auf Verteidigung in Frage. Allerdings bin ich der Meinung, dass diese Kriegsgefahr von Anfang an in Kauf genommen wurde, weil die ebenfalls berechtigten Interessen der palästinensischen Bevölkerung, die bei der Staatsgründung seitens der Briten und der UN noch relevant waren, negiert werden sollten. Es ist nicht fraglich, ob militärische Angriffe Völkerrechtsverstöße rechtfertigen – das tun sie nicht.
    An die ehemals deutschen Ostgebiete muss ich in dem Zusammenhang auch denken. Es gibt ja immer noch Gestalten, die diese “heim ins Reich” bringen wollen. Übertragen auf Israel ist das noch krasser: dort wird der Anspruch von manchen aus biblischen Texten abgeleitet. Politisch wird dieser Anspruch ebenso rücksichtslos durchgesetzt wie militärisch.
    Wofür “die Linken” in D-Land kämpfen oder nicht, ist mir persönlich ziemlich wurscht. Leider stärkt die Repression diese Organisationen, nicht zuletzt, weil weite Teile der Bevölkerung auf deren Unterstützung angewiesen ist. Viel brisanter ist die Haltung der deutschen Regierungen. Auf dem Demos wird Solidarität mit Palästina gefordert. Der Außenminister verkündet Solidarität mit Israel.
    Seit 1967 fordert die UN die besetzten Gebiete zu räumen, stattdessen schafft man in Ostjerusalem völkerrechtswidrig weitere Fakten. Auf beiden Seiten wurden regelmäßig Kriegsverbrechen festgestellt, beide Seiten verstoßen ungeniert gegen das Völkerrecht, und was passiert? Man erklärt sich solidarisch. Jahr für Jahr werden mehr illegale Siedlungen auf Palästinensergebiet gebaut und dann “enteignet”, werden mehr Palästinenser in Ostjerusalem enteignet, und was passiert? Sowohl seitens der deutschen Regierung als auch der UN: nüscht.

    Dafür werden Kritik und Protest, auch, wenn sie nicht so abgrundtief deppert daher kommt wie aktuell auf diesen Demos, als antisemitisch gebrandmarkt, nicht nur seitens der israelischen Regierung. DAS regt mich auf, ich empfinde es als total pervers, den Holocaust als Schild gegen Kritik an Völkerrechtsverstößen zu verwenden. Dabei leben noch heute Palästinenser in libanesischen Flüchtlingslagern, die dort alt geworden oder geboren wurden. (Nebenbei: alles Semiten…)
    Ein Ghandi hätte in Palästina keine Chance. Entweder würde er an der Grenze abgeknallt oder er verschwände in einem Mossad-Keller. Abgesehen davon, dass Hass und Frustration von den Agitatoren der Hamas Jahr für Jahr genährt werden, und auf dem fruchtbaren Boden der Unterdrückung gedeiht.

    Eine klare und konsequente Haltung der UN und der EU könnte vielleicht einiges bewirken und die moderaten, demokratischen Kräfte in Israel stärken. Netanjahu ist schon länger ein Seiltänzer, der sich schlicht nicht mehr halten könnte, wenn es nicht von diesen Seiten straff gehalten wird.

    Nebenbei stützt dieses Verhalten auch die Judenhasser in unserem Land, weil sie nicht wahrnehmen, dass Verbrechen Israels kritisiert, geschweige denn sanktioniert werden, man erklärt sich solidarisch, auch das nährt Wut und Hass. Ein Trump kommt geflogen und erklärt Jerusalem zur israelischen Hauptstadt. Natürlich ohne ein Mindestmaß an Bildung oder Verständnis, natürlich ein fatales Signal in beide Richtungen. Und die Reaktion aus Europa, aus D-Land auf diesen Affront? Gerade mal, dass man dieser Blödheit nicht zugestimmt hat. Jerusalem darf nach den Verträgen nicht die Hauptstadt sein, weil der Osten der Stadt nicht zu Israel gehört, daran ändert auch der dümmste Donald nichts. Aber auf einen Völkerrechtsverstoß mehr oder weniger kommt es wohl auch nicht mehr an.

  • Piedro

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    @R.G.
    Ich soll persönliche Quellen für historische Fakten angeben? Warum? Der Aigner sperrt mich hier, wenn ich das alles mit Links belege. ;) Brisant finde ich, dass für ein historisches Fakt, dass sich ganz leicht belegen lässt, eine Quelle bringen soll, weil Matschbirnen der Querfront die Rothschilds zum Feindbild machen. Das meine ich: man gerät schon in den Ruch des Antisemitismus, wenn man auf etwas tatsächliches hinweist. Sollen alle Mitglieder dieser Familienzweige, auch posthum, vor Kritik immunisiert werden, weil sie Juden sind/waren? Mir ist deren Abstammung so wurscht wie ihre Haarfarbe, beides hat nichts damit zu tun welche politische und wirtschaftliche Rolle sie spielten, vom amerikanischen Bürgerkrieg bis heute. Welche Ansprüche Herr R. mit dem finanzierten Landkauf verfolgte ist auch nebensächlich. Fakt ist: durch massive Aufwendungen ausländischen Kapitals wurden in Palästina die Grundlagen für eine weitgehende Entrechtung der Bevölkerung geschaffen, ob von Spendern beabsichtigt oder nicht. Kaum fünfzig Jahre später wurde der damit verbundene Anspruch bereits durch Terror gegen Briten und Araber verfestigt.

    “Nach der Zeile “Während des WK2…”
    Ja, das liest sich für Deutschländer ein wenig dingslich, da gebe ich Ihnen recht. Stimmt aber so, wie es da steht. Diese Organisationen brachten Vertriebene und Geflüchtete nach Palästina, jüdische Milizen zerstörten systematisch Radarstationen, damit die Schiffe nicht geortet und an der Landung gehindert wurden, denn die britischen Besatzer hatten ein Einwanderungskontingent festgelegt. Stellten sich Einheimische einer neuen Siedlung entgegen, wurden sie oft von den Milizen angegriffen und entweder massakriert oder vertrieben. Von den Briten hatten sie keinen Schutz zu erwarten. So leid es mir tut, das ist Geschichte.

    Die Rolle der europäischen Länder habe ich im letzten Beitrag angedeutet. Auch Israel ist für Völkerrechtsverstöße zur Rechenschaft zu ziehen. Auch israelische Kriegsverbrechen gehören untersucht und angeklagt. Darauf muss bestanden werden. Israel hat die Beobachter/Ermittler der UN nicht mal nach Gaza rein gelassen, als es um solche Untersuchungen ging. Jedes andere Land hätte sich danach Sanktionen gefangen. Israel darf sich über Waffenlieferungen und eine Hauptstadt von Trumps Gnaden freuen. Ansonsten sind alle Hetzer gleich zu behandeln, ob sie zur deutschen Biomasse gehören oder nicht, ob sie den Tod “der Juden” fordern oder Menschen ertrinken lassen wollen. Aber das passiert natürlich nicht, statt den Rechtsstaat durchzusetzen denkt man laut darüber nach, die Demonstrationen zu verbieten. Statt die Kritik der Demonstranten sachlich einzudampfen und sich damit auseinander zu setzen begnügt man sich mit Framing: Linksradikale und arabische Migranten. Da freut sich die Mitte, die sich nur ungern gegen “die Juden” positionieren wollte. Alle anderen bleiben über. ZB Amnesty International. Die setzen sich regelmäßig mit dem Thema Kriegsverbrechen auseinander. Hier könnte die Regierung mal ansetzen und sich um klare Worte bemühen, das könnte international wie hierzulande schon einiges bewirken.
    Zu AI spendiere ich mal zwei Links: https://www.amnesty.de/2015/6/23/gaza-konflikt-kriegsverbrechen-auf-beiden-seiten
    https://www.amnesty.de/informieren/aktuell/israel-besetzte-palaestinensische-gebi

    Sie sehen, es geht nicht nur um “hier und jetzt”, dieses elende Trauerspiel zieht sich durch Jahrzehnte. Die Reaktion ist immer die gleiche: “Antisemiten” protestieren. “Linke” gehen auf die Straße. Und jetzt auch noch viele arabisch stämmige Menschen. DAS ist den Herrschaften in Berlin der größere Dorn im Auge.

  • R.G.

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    @Piedro
    “Nebenbei stützt dieses Verhalten auch die Judenhasser in unserem Land, weil sie nicht wahrnehmen, dass Verbrechen Israels kritisiert, geschweige denn sanktioniert werden”
    Danke für die Essenz.
    Könnten Sie den Judenhassern mal erklären, dass der deutsche X. mit den Taten des Staates Israel genau gar nichts gemeinsam hat?

  • joey

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    @piedro
    1948 war allen Menschen dort klar, daß nach Abzug der britischen Truppen ein gegenseitiges Abschlachten beginnt.

    Wem was im Orient gehört, ist eine schwierige Frage. Mir “gehört” ja auch ein Pferdehof direkt am schwarzen Meer. Ein osmanischer Pascha hat meinen Vorfahren ein komplettes Tatarendorf “geschenkt”, nachdem man ihm ein anderes “Geschenk” gegeben hat. Erst als die SS die Liegenschaften beschlagnahmt hat, wurde eine Art Grundbuch angelegt, die Deutschen verwenden die Schriftform auch für Verbrechen. Gehört das Land den Tataren, dem Pascha, meinen Vorfahren, dem sowjetischen Nachfolgestaat oder den heute dort Lebenden?
    Da können Sie nun fast die ganze Welt revidieren oder eben nicht. Jerusalem ist seit Jahrzehnten unter Kontrolle der Israelis.

    Gegen Polizeigewalt in den USA wurde breit demonstriert, gegen , die Hamas aber kriegt kein Wörtchen der Kritik. Da stimmt was nicht.

    Die Politik des Zentralrats der Juden in Deutschland kritisiere ich auch. Ich kritisiere auch das orthodoxe Judentum wegen seiner Frauendiskriminierung, wie ich auch die kath. Kirche kritisiere (Religionskritik). Aber ich stelle mich nicht neben “Südländer”, die in türk. oder arab. Moscheen aufgehetzt wurden. Da läuft was anderes.

  • Piedro

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    @R.G.
    “Könnten Sie den Judenhassern mal erklären…”
    Nö. Ich kenne keine. Aber ich würde manchen gern erklären, dass Solidarität mit Israel nicht einschließen darf, dass permanente Menschen- und Völkerrechtsverstöße nicht ignoriert werden dürfen. Und anderen, dass Solidarität mit Palästina nicht das geringste mit Sympathie für die Hamas zu tun hat.

    @joey
    “1948 war allen Menschen dort klar…”
    Arabische Palästinenser wurden schon vorher getötet und vertrieben. Von zionistischen Freischärlern. Was nach 1948 geschah muss jedoch der neu gegründete Staat verantworten. Bis heute ist da leider einiges dazu gekommen. ZB wurde die Trinkwasserversorgung mehr als einmal gezielt zerstört. ZB wurden und werden Jugendliche ohne Gerichtsverfahren, ohne Anwalt, ohne Nachricht an die Eltern inhaftiert. Medizinische Einrichtungen vom Hilfsorganisationen wurden zerstört, damit Zivilisten nicht behandelt werden, Lieferungen in die besetzten Gebiete verhindert. Ach, besser gar nicht erst anfangen damit. Es ist, leider, sehr leider, ein Unrechtsstaat geworden, getrieben sowohl von fanatisch religiösen Juden, als auch von fanatisch religiösen Arabern. Daran lässt sich von außen nix ändern, aber die Position des Westens, speziell der EU und insbesondere D-Lands finde ich schlicht abscheulich.

    “Jerusalem ist seit Jahrzehnten unter Kontrolle der Israelis.”
    Das ist ja nicht unbedingt verwerflich. Verwerflich sind die systematischen Enteignungen und die Entrechtung der arabischen Bevölkerung in ihrer Hauptstadt.

    “…die Hamas aber kriegt kein Wörtchen der Kritik. ”
    Das sehen Sie falsch, die Hamas wird sehr wohl anhaltend kritisiert. Auch ihr werden Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die eigene Bevölkerung vorgeworfen. Von beiden Seiten sind sie belegt.
    “Aber ich stelle mich nicht neben “Südländer”, die in türk. oder arab. Moscheen aufgehetzt wurden. ”
    Da samma schon zwei. Ich stelle mich auch nicht neben den Schwarzen Block “autonomer” Dogmatiker. Oder
    neben Faschisten. Gleich, um welches Anliegen es geht. Trotzdem ist die Forderung nach Solidarität mit Palästina nicht nur gerechtfertigt. Etwas mehr davon und etwas deutlichere Kritik, respektive Haltung gegen israelische Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverstöße wären angebracht. Ganz sachlich, möglichst konstruktiv, aber konsequent. Die deutsch-israelische Freundschaft soll ja so innig sein, dann wird sie das schon aushalten.
    Was die einschlägigen Moscheen angeht: da ist es höchste Zeit, dass sich was ändert. Möglichst, ehe der Bundesregierung im Rektum von Erdogan die Luft ausgeht.

  • R.G.

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    Die Situation mit den “Gastarbeitern” vom Balkan ist mir Beispiel für den Umgang mit alten Problemlagen.
    Da arbeiten bei uns Männer aus dem ehemaligen Jugoslawien seit Jahrzehnten auf dem Gerüst als Fassader, vorrangig Kosovaren, Egypter-Roma, Sinti, Türken, Serben.
    Es klappt gut, aber nur solange allen angeblich sicher Kündigung droht, falls sie verbotene Inhalte diskutieren, voran die wie gestern erst verlorene/gewonnene Schlacht am Amselfeld (15. Juni 1389), und den nur beinahe so aktuellen Natobeschuss Serbiens (1999).

    Ich trete für eine geordnete Auseinandersetzung mit den Problemen in Nahost ein, parallel aber auch für ein Leben, in besprochenen Bereichen frei von erzeugten Spaltungen durch erzwungene politische und religiöse Positionierung zu nicht gelösten Konflikten aus den Herkunftsländern unserer Zuwanderer oder dem Land Israel.
    Von meinen eigenen, teils in Bürgerkriegsländern verstreuten Verwandten weiß ich großteils genau, wer auf welcher Seite steht oder im Krieg stand. Mann muss das vor der Begegnung wissen, dass ein Kontakt mit jemandem von der einen Gruppe die Tür zu allen anderen lebenslänglich verschließt. Sie sortieren ihr Leben ausschließlich nach den Zugehörigkeiten zu gemeinsamen Feindbildern.
    Ich sehe, wenn Zuwanderer in Demonstrationen sich politisch positionieren, neben dem realen Anlass durchaus bei einigen Gruppen den Versuch einer gewohnten Positionierung im Kampf gegen einen erklärten Feind, den gleichen wie im Heimatland.
    Wie soll man hier ankommen, wenn man immer den gleichen Konflikten verpflichtet, und gewissermaßen vom Ausland aus, z.B. über die Moschee oder das Gotteshaus kontrolliert wird, dass man es tue?
    @Joey
    Man behauptet, das Gefühl vorrangig Amerikaner zu sein, wachse auf dem unausgesprochenen Gesetz, Politik und Religion aus den üblichen Gesprächen auszuklammern.

  • joey

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    @R.G.
    ausklammern ist nicht die Lösung, weil sie nur überdeckt. Es geht um die innere Anerkennung von Toleranz und Vielfalt. Auf meinen Baustellen arbeiten entweder Kosovaren oder Serben. Die üblichen Subunternehmer sind Clans. Judenhasser sind sie fast alle.
    Judenhaß ist in Deutschland nicht nur verboten, es ist das Unmögliche. Das muß von jedem hier lebenden uneingeschränkt akzeptiert werden, das muß eingefordert werden. Das ist Deutschland. Das unterscheidet uns von anderen Ländern.

  • joey

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    @Piedro
    In Ost Jerusalem stehen Juden im britischen Grundbuch, die 1948 wild vertrieben wurden. Der Erwerb war vor 1948 ganz nach europäischen Rechtsnormen (Kolonialismus ist nicht immer schlecht).
    Bei anderen neueren Siedlungen ist die Lage anders, da wird munter neu enteignet, um Platz für israelische Siedler zu schaffen. Es gibt dort ja auch einen demografischen Wettlauf: arabische Geburten vs jüdische Einwanderung. Wäre Israel keine Demokratie, wäre das egal. Das halte ich auch für eine Perversion, aber es erklärt ein wenig, was da los ist. Da läuft ein ganz anderer Krieg über Jahrzehnte.

    Israel könnte Gaza und seine Bewohner eliminieren (macht es aber nicht), Hamas und Fatah haben Massenmord im Grundprogramm (machen es, wenn sie können). Das ist der Unterschied, warum ich Israel zunächst (!) verteidige. Nach westlichen Werten geht Israel so nicht, nach der Realität in der Levante gilt das Recht des Starken.

    In Frankreich sind viele Bereiche “judenfrei” gemacht worden, auch mit barbarischen Morden. Strafen waren gering, der Täter kann ja nichts dafür, soziokulturell… Juden haben wieder einen guten Grund für Israel. Dem können und müssen wir in Deutschland deutlichst entgegentreten, wenn wir unsere Mahnmäler ernst nehmen. Damit tun wir den Palästinensern indirekt auch einen Gefallen…

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