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Referentenwahl mit Verfahrensfehler

OB-Favorit zum Personalreferenten gewählt

Es war zunächst ein knappes Rennen, inklusive Uneinigkeit in der Koalition, Losentscheid und Verfahrensfehler. Doch am Ende setzte sich Dr. Patrick Veit mit einer deutlichen Mehrheit bei der Wahl zum neuen Personalreferenten der Stadt Regensburg durch.

Trotz Uneinigkeit innerhalb der Koalition konnte sich mit Dr. Patrick Veit der Wunschkandidat der Oberbürgermeisterin durchsetzen – er ist neuer Personalreferent. Foto: Ferstl/Stadt Regensburg

Die Koalition konnte sich zwar auf keinen gemeinsamen Kandidaten einigen, dennoch wurde der Favorit von Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer am Donnerstagabend – unter rechtlichen Unklarheiten – mit einer doch deutlichen Mehrheit zum neuen Personalreferenten der Stadt Regensburg gewählt. Dr. Patrick Veit, bislang Chef des Regensburger Ordnungsamts, konnte sich mit 31 zu 18 Stimmen gegen Dr. Bernhard Mitko durchsetzen, CSU-Mitglied und langjähriger Vorstand im oft so bezeichneten „Schlegl-Wahlverein“ „Bürger für Regensburg“. Mitko galt als Kandidat der CSU-Fraktion und Präferenz von Bürgermeisterin Astrid Freudenstein.

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Veit tritt die Nachfolge von Karl Eckert an. Der langjährige Stadtkämmerer übernahm das damals neugeschaffene und mit entsprechendem Einfluss innerhalb der Stadtverwaltung versehene Referat 2014 und wurde kürzlich in den Ruhestand verabschiedet.

„Grundsätzliche Bemerkung zum Ablauf“

Eingeleitet wurde die gestrige Wahl nach der nichtöffentlichen Vorstellung der vier Kandidatinnen und Kandidaten von einem Schlagabtausch zwischen Brücke-Chef Joachim Wolbergs und Gertrud Maltz-Schwarzfischer. In einer „grundsätzlichen Bemerkung zum Ablauf“ des Bewerbungsverfahrens wirft Wolbergs der Koalition am Donnerstag vor, „50.000 Euro zum Fenster hinaus geschmissen“ zu haben. Der Hintergrund: Ursprünglich war eine Headhunting-Agentur beauftragt worden, um geeignete Bewerberinnen und Bewerber zu finden. Doch am Ende blieben nur welche, die abseits dieser Agentur Interesse an der Position gezeigt und sich beworben hatten.

Das sei ein „niederschmetterndes Ergebnis“, schimpft Wolbergs. Man hätte das Verfahren – wie in der Vergangenheit auch – durch die Verwaltung organisieren lassen sollen. Die regierende Koalition bezeichnet Wolbergs als „zerstrittenen Haufen“. Bei den Bürgermeisterposten sei man sich noch einig geworden, „weil da jeder für sich zugreift“, aber in dieser wichtigen Personalfrage nicht. CSU, SPD, Freie Wähler, FDP und CSB seien einfach „heillos zerstritten“.

OB: Koalition „keineswegs zerstritten“

Vergleichsweise gelassen reagiert die Oberbürgermeisterin. Sie spricht sowohl bei der Entscheidung, eine externe Agentur zu beauftragen, als auch bei der Kandidatenfrage von „demokratischen Prozessen“. Die Koalition sei „keineswegs zerstritten“, so Maltz-Schwarzfischer, die anschließend zum ersten Wahlgang bittet, bei dem ihr Favorit zunächst nur knapp die Nase vorn hatte. Patrick Veit erhält 18 Stimmen, Bernhard Mitko 16 und liegt damit gleichauf mit einer der beiden weiteren Bewerberinnen (die andere erhielt keine Stimme).

Ein zweiter Wahlgang muss her – doch wie sieht der aus? Die Oberbürgermeisterin unterbricht. Es brauche eine „juristische Prüfung“, was nun zu tun sei. „Ein solches Ergebnis gab es noch nie.“ Zwischen den beiden zweitplatzierten Bewerbern wird gelost, ergibt anschließend ein Blick des Rechtsreferenten in die Geschäftsordnung. Maltz-Schwarzfischer bittet Brücke-Stadträtin Bettina Simon als Glücksfee nach vorne – und die zieht Mitkos Namen.

Heile, heile Segen?

Doch dieses Vorgehen war fehlerhaft, wie Grünen-Stadtrat Daniel Gaittet anmahnt. Gaittet verweist auf die Geschäftsordnung. Dort ist zwar festgelegt, dass bei Stimmengleicheit das Los entscheidet, allerdings darf die Glücksfee (oder der Glückself) nicht von der Oberbürgermeisterin ausgewählt werden. „Das Los zieht ein vom Stadtrat bestimmtes Stadtratsmitglied“, heißt es im entsprechenden Passus. Was nun? Ein Mitglied des Stadtrats bestimmen und nochmal losen? Es einfach gut sein lassen – wird schon passen?

Ein Beschluss des Stadtrats muss her, sagt die Oberbürgermeisterin auf Anraten ihres Rechtsreferenten. Ob das wirklich gehe, wollen die Grünen wissen. Freilich gehe das, heißt es von vorne. Und warum? „Es ist ein allgemeiner verwaltungsrechtlicher Grundsatz, dass man nachträglich Fehler heilen kann“, gibt Rechtsreferent Walter Boeckh knapp zurück.

Fehler birgt Klagerisiko

Ob es dann nicht das Risiko gebe, dass einer der beiden Bewerberinnen klage, wenn man den Beschluss nun nachhole, will schließlich Astrid Lamby (ÖDP) wissen. Das Risiko sei jetzt so oder so da, meint Boeckh – ob man nun nochmal lose mit vom Stadtrat bestimmter Glücksfee, oder ob man den Losentscheid nachträglich für ok befinde.  Der Beschluss wird also nachgeholt – nachdem sich Brücke-Chef Wolbergs über den „Popanz““ und „Kindergarten“, den die Grünen hier aufführen würden, erregt hat. Das Verfahren sei doch ohnehin schon „total in den Graben gefahren“.

Am Ende geht dann Veit als glücklicher Sieger bei der Wahl hervor – mit fünf Stimmen mehr als die Koalition sie hat. Dem Vernehmen nach waren sich Grüne, ÖDP, Linke, Ribisl und Partei wohl einig, den Kandidaten der CSU nicht zu wählen.

Dr. Patrick Veit arbeitet seit 2010 bei der Stadt Regensburg. Bevor er 2014 die Leitung des Ordnungsamts übernahm war der 46jährige Abteilungsleiter im Umwelt- und Rechtsamt, seit 2017 stellvertretender Leiter des Rechtsamts.

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Kommentare (9)

  • Susanne

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    Also ausllosen finde ich in einer Demokratie die schlechteste Lösung – wie kommt so etwas in eine Verordnung? Schade auch, dass nichts über die inhaltlichen Entwicklungsschwerpunkte der Kandidat(inn)en geschrieben oder bekannt wird.

  • Piedro

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    “Sie spricht sowohl bei der Entscheidung, eine externe Agentur zu beauftragen, als auch bei der Kandidatenfrage von „demokratischen Prozessen“.”
    Aha? Wurde abgestimmt, ob die Agentur bemüht wird? Wurden 50.000 investiert, weil die eigene Verwaltung nicht zur Durchführung von Bewerbungsverfahren befähigt ist? Ist ja auch nicht sooo viel für eine nicht erbrachte Leistung.

    “…und die zieht Mitkos Namen.”
    Super. Ein Gottesurteil. Viva Bavaria.
    Möge die Macht mit ihnen sein.

  • Mr. T.

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    Vielleicht sollte man im Stadtrat öfter bei Entscheidungen losen. Der Stochastik traue ich durchaus eine größere Treffsicherheit für richtige Entscheidungen zu als dem Gremium.

  • R.G.

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    Alsdann, weil wir schon beim Losen sind – Casinos haben wegen Corona leider zu – machen wir doch einfach weiter.
    Das lockige Glücksengerl Friedl zieht neue Bürgermeister, HäuptlingIn, und Statisten ohne Rederecht.

  • XYZ

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    Eine headhunting-agentur – auch Personalberater genannt – überprüft sehr genau die persönlichen und fachlichen Qualifikationen der Bewerber. Da waren, fachliche Eignung vorausgesetzt, bislang auch persönliche Vernetzungen ausschlaggebend. Das hat sich mittlerweile geändert. Kein Wunder über mangelnde andere Bewerbungen bei dem politischen Schlamassel in R.

  • XYZ

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    Vielleicht schafft es ja der Schneidermeister Böck, Max und Moritz dritter Streich: “jedermann im Dorfe kannte einen, der sich Böck benannte . . . Oder wäre was zu flicken oder lose wie und wo und was es sei, einerlei, alles macht der Meister Böck”.

  • Kalli K.

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    Es ist sehr verständlich, dass die SPD mit Malz-Schwarzfischer sich keinen CSU-Mann als Referenten nimmt und ebenso daß weder die Grünen noch die Brücke einen CSU-Mann zum Referenten wählen. Ergebnis war von vorneherein so absehbar. Leider hat man so sicher nicht den Mann/Frau/Divers zum Referenten bekommen der die beste Qualifikation für den Posten hat.

  • Ely

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    XYZ ist zuzustimmen. Selbst die Stadt Regensburg hat in der Vergangenheit bei der Besetzung von Leitungspositionen in ihren Beteiligungsgesellschaften mehrfach Personalberater eingesetzt. Wenn ich mich richtig erinnere bei der Sparkasse und der Stadtbau. Führungspersonal so auszuwählen ist im Gegensatz zu der Meinung des Fraktionsvorsitzenden der Brücke durchaus effektiv und effizient bei der Auswahl des Führungspersonals. Fragen muss er sich allerdings fragen lassen, was er dazu beigetragen hat, dass die Stadt Regensburg ein wenig attraktiver Arbeitgeber (geworden) ist. 1991 bei der Einführung des Referentensystems wurde übrigens ein weitaus aufwendigeres und damit teureres Verfahren, Assessmentcenter, zur Auswahl eingesetzt. Die Mehrheit des Stadtrats hat allerdings die Auswahlergebnisse bei ihrer Entscheidung ignoriert. Auch das gibt es. Besetzt wurden damals das Rechts-, das Umwelt- und das Kulturreferat. Die bereits vorhandenen Dezernenten für Verwaltung und Personal, Finanzen und Planung und Bau wurden ohne weitere Auswahl zu berufsmäßigen Stadträte. Diese Leitungsebene wurde übrigens mit der Begründung geschaffen, dass die Stadt einen Fehlgriff bei der Auswahl wieder korrigieren könne. Ist das jemals erfolgt?
    Dr. Veit ist mir, wie den Meisten in diesem Forum nicht bekannt, deshalb bleibt mir nur ihm und uns als Bürger*innen dieser Stadt Glück und Erfolg bei der Einführung und Umsetzung moderner Organisation und Führung zu wünschen.

Kommentare sind deaktiviert

drin