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Reise gegen Residenzpflicht

„Ein Apartheids-Gesetz“

Auf seiner Reise gegen die Residenzpflicht quer durch Deutschland ist der Iraner Mohammad Kalali am Mittwochabend in Düsseldorf eingetroffen. Er sagt: „Ich habe niemanden geschädigt. Ich habe nur ein Apartheids-Gesetz verletzt, das mir meine Freiheit nimmt.“ Ein kurzer Zwischenbericht.

Einladende Geste, rigorose Abwehrmaßnahmen: Das Protest-Camp auf dem Johannes-Rau-Platz in Düsseldorf. Fotos: as

Am Donnerstag hat das Protest-Camp der Flüchtlinge in Düsseldorf einen Sieg vor Gericht errungen. Irgendwie ist es erstaunlich, dass die Behörden in Nordrhein-Westfalen noch restriktiver vorzugehen scheinen als die in Bayern.

Polizei: Achten auf die MahnWACHE

In den zwei Wochen seit der Pavillon auf dem Landtagsgelände steht, in Sichtweite der Statue von Johannes Rau, der mit einladender Geste über den nach ihm benannten Platz blickt, hat die Polizei nichts unversucht gelassen, um die Flüchtlinge mürbe zu machen. Anweisung von oben. Schlafen verboten, lautetet die oberste Direktive bis heute und als wir Mittwochnacht hier ankommen, fährt tatsächlich alle halbe Stunde eine Streife vorbei und leuchtet mit Aufblendlicht in die Runde. Wenn es doch mal so aussieht, als würde einer von den Protestierenden dösen oder gar schlafen, wird auch aus dem Streifenwagen gestiegen und der Betreffende wachgerüttelt – schließlich handelt es sich ja um eine MahnWACHE. Damit ist es seit Donnerstag aber vorbei: Das Oberverwaltungsgericht genehmigte nach zwei Wochen Rechtsstreit zwischen Polizei und Flüchtlingen zwei Schlafstätten und ein vernünftiges Zelt. Vorerst bis zum 6. August. Dann werden die Karten neu gemischt.

Direktive: Flüchtlingen das Leben sauer machen

Die vielen Gespräche, die ich in den letzten Tagen mit Flüchtlingen in den Camps geführt habe, machen weniger betroffen, eher wütend: Egal welches Schicksal diese Männer und Frauen haben – staatliche Institutionen, allen voran die Ausländerbehörden, scheinen in Deutschland dazu da zu sein, ihnen das Leben zur Hölle zu machen. Es werden Lügen unterstellt, Papiere angezweifelt oder man lässt die Betroffenen einfach eine Weile in irgendeiner der trostlosen Unterkünfte schmoren. Der Rechtsstaat wird ausgeschöpft, um Menschenrechte mit Füßen zu treten. Um die geht es bei der asylpolitischen Praxis meistens nicht. Auch nicht bei Pascal Findouno, mit dem ich mich unter der Brücke vor dem Johannes-Rau-Platz unterhalte. Dort ist das Düsseldorfer Protestcamp, „geschmückt“ mit Solidaritätsbekundungen unterschiedlichster Gruppen. Im Hintergrund dröhnt ein Generator, der für Strom sorgt. Findouno ist einer der vier streikenden Flüchtlingen, die seit etwas mehr als zwei Wochen dauerhaft im Camp bleiben.

Eltern erschossen, 16 Jahre: Kein Asyl

2007 floh er als damals 16jähriger aus dem westafrikanischen Guinea nach Deutschland. Ein Jahr später wurde sein Asylantrag vom Bundesamt für Migration abgelehnt. Dass seine Eltern in Guinea von Soldaten erschossen wurden – es spielt offenbar keine Rolle. Seit der Ablehnung steigt der Druck durch die Ausländerbehörde im Ennepe-Ruhr-Kreis. Ein Deutschkurs, den eine Mitarbeiterin der Arbeiterwohlfahrt für Findouno organisiert hatte, wurde gestoppt. Für eine Stelle als Pfleger verweigerte man ihm die Arbeitserlaubnis. In einer „Gemeinschaftsunterkunft“ in Hattingen sollte er sitzen und bei Essenspakten und 40 Euro Taschengeld warten oder freiwillig ausreisen oder – wie es oft genug passiert – vielleicht einfach Selbstmord begehen. Dann muss man sich in der Behörde nicht weiter mit ihm herumärgern.

Dubiose Delegationen

Eine Bescheinigung der Botschaft von Guinea, die seine Identität bestätigt, akzeptierte die Ausländerbehörde nicht. Stattdessen sollte er zum Termin im Amt einer ominösen Delegation aus Guinea vorgeführt werden. Bei der Botschaft von Guinea kennt niemand diese Delegation. Was man aber weiß, ist, dass die Zentrale Ausländerbehörde in Dortmund mit einer ähnlichen „Delegation“ zusammenarbeitete, die sich 2006 als Menschenhändlerorganisation entpuppt hatte. Identifizierung und postwendende Abschiebung gegen Bares. Findouno kam nicht zum Termin. Jetzt wurde ihm angedroht, nächstes Mal von der Polizei vorgeführt zu werden.

Mit 16 kam Pascal Findouno nach Deutschland. Seitdem versuchen die Behörden, ihn mit allen Mitteln los zu werden.

Hier, in dem Pavillon am Johannes-Rau-Platz, wo er bis Donnerstag nicht schlafen durfte und wo es zwei Tage vor unserem Eintreffen noch gestürmt und geregnet hat, gehe es ihm gut, sagt er. „Ich will nicht ängstlich im Heim sitzen und einfach darauf warten, was passiert. Wir müssen raus und den Leuten sagen, was los ist.“ Findounos Geschichte ist eine von vielen. Er stellt sie auch gar nicht so sehr in den Mittelpunkt unseres einstündigen Gesprächs.

Gleiches Recht für alle

Es geht ihm mehr um die gemeinsamen Forderungen, die ihn und andere Flüchtlinge Düsseldorf, in Regensburg, Bamberg, Aub, Würzburg und mittlerweile auch Osnabrück auf die Straße treiben. „Dein Problem ist auch mein Problem“, sagt er, lächelt das erste Mal und hebt die Faust. Und da ist sie wieder, diese einfache Forderung: Gleiches Recht für alle, auch für Flüchtlinge. Menschenrechte sind kein Almosen.

Protest gegen deutsches Sondergesetz: Mohammad Kalali.

Mohammad Kalali, den ich auf dieser Reise begleite, ist heute fast den ganzen Tag beschäftigt. Er führt viele Gespräche mit anderen Flüchtlingen, telefoniert immer wieder, schreibt Texte für Facebook und verschiedene Internetseiten. Am Nachmittag gibt es eine kurze Pressekonferenz.

Kalali: „Vor Gericht hätte ich viel zu sagen“

Warum er die Residenzpflicht bewusst verletzt, ohne Erlaubnis quer durch Deutschland reist und bewusst gegen geltende Gesetze verstößt (in Würzburg gab es deshalb bereits eine Strafanzeige), wird am Rande gefragt. „Ich habe niemanden etwas weggenommen. Ich habe niemanden geschädigt. Ich habe nur ein Apartheids-Gesetz verletzt, das mir meine Freiheit nimmt. Sollte man mich deshalb vor Gericht stellen, dann habe ich viel zu sagen.“ Kurz darauf sitzt Kalali schon wieder am Laptop und schreibt. Heute Nacht darf er ohne polizeiliche Unterbrechung im Protest-Camp schlafen. Die Residenzpflicht ist ein deutsches Sondergesetz, das es Asylbewerbern verbietet, die Grenzen des Landkreises, Bezirks oder – bestenfalls – Bundeslandes zu verlassen, in dem sie untergebracht sind. Der Ursprung dieser Regelung stammt aus der Nazi-Zeit. 1938 wurde in der „Ausländerpolizeiverordnung“ so die Bewegungsfreiheit sämtlicher Nicht-Deutscher eingeschränkt. Die Bundesregierung dringt seit längerem darauf, die Residenzpflicht EU-weit einzuführen.
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Flüchtlingsproteste weiten sich aus

„Die Residenzpflicht ist mir scheißegal“

Die Forderung ist nicht kompliziert: Gleiches Recht für alle, auch für Flüchtlinge. Am Dienstag wird der Iraner Mohammad Hassanzadeh Kalali von Regensburg nach Bamberg reisen und damit für sein Recht auf Bewegungsfreiheit demonstrieren. Das darf er nicht, sagt der deutsche Staat. „Ich werde öffentlichkeitswirksam zeigen, dass mir die Residenzpflicht scheißegal ist“, schreibt er.

Arktis-Kampagne

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Kriegsende in Regensburg

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Ostengassenfest

Ein Fest im geschundenen Viertel

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