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Glosse

Rotunde ist fort

Der Regensburger Stadtrat muss künftig wieder ohne Kunst im Plenarsaal auskommen.

Tristesse statt Farbenspiel: FDP-Stadträtin Gabriele Opitz bei der ersten Plenumssitzung ohne Rotunde.

Was hat sie nicht für schöne Stunden beschert. Wenn der Oberbürgermeister – sei es nun Wolbergs gewesen oder Hans Schaidinger – mal wieder einen Wutanfall hatte, wenn die Wartezeit bis zur Abstimmung wegen zu vieler Wortmeldungen der Opposition mal wieder zu lange wurde oder wenn die Zahlen und Pläne, die ein Referent gerade an die Leinwand warf mal gar zu trocken waren und der Handy-Akku leer, dann konnte man den Blick auf sie lenken, nach Klecksen suchen, die einem bisher noch nicht aufgefallen waren oder sich einfach an ihrem Farbenspiel weiden – ja, es wird fehlen im Plenarsaal des Neuen Rathauses, jenes Gemälde namens Rotunde.

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2010 war es auf Geheiß des damaligen Oberbürgermeisters Hans Schaidinger angeschafft worden, die Stadträte zu erfreuen und einem befreundeten Galeristen zu gefallen. Auch ein Hauch von Weltstadt wehte seitdem durch den Plenarsaal, erinnerte das Werk doch an jene des US-Amerikaners Cy Twombly, dessen Gemälde es nicht nur in den Louvre geschafft haben, sondern schon für bis zu 70 Millionen Euro über den Auktionstisch gingen. Und gekostet hat diese Twombly-Reminiszenz des Regensburger Künstlers Peter Wittmann die Stadt Regensburg auch nicht allzu viel. Dank eines Spenders, der seinerzeit einen Betrag in unbekannter Höhe drauflegte, waren es zunächst nur 32.100 Euro, später sollen es – dank weiterer Mäzene, die der Stadt zur Seite sprangen – dann nur noch 10.000 gewesen sein.

Eine rätselhafte Schönheit: die Rotunde zu Regensburg. Foto: Archiv

Da war es verschmerzbar, dass für Rotunde jener Spiegel weichen musste, der den Zuschauern im Stadtrat einen besseren Blick auf das Plenum ermöglichte und den Entscheidungsträgern wiederum den verschämten Blick nach oben über die Schulter ersparte, um zu sehen, ob dem Volk gefiel, was man zum Besten gab. Es war ja eh kaum jemand da, um den öffentlichen Sitzungen im Stadtrat zu folgen.

Doch keine zehn Jahre, nachdem Hans Schaidinger mit diesem Akt für den Einzug von Kunst und Kultur, von Freude, Feinsinn und Buntheit im Stadtrat sorgte, ist es damit nun vorbei. Im August dieses Jahres ließ Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer das Werk entfernen. Ein Spiegel sollte wieder her, um Interessierten das Verfolgen der Sitzungen zu erleichtern. Der Stadtrat selbst ist ja mittlerweile bunt genug. Und Rotunde ruht nun in einem kleinen schmucklosen Grab im Depot des Historischen Museums.

Hat ein Händchen für Kunst: Alt-OB Hans Schaidinger. Foto: Archiv/Staudinger

Doch wo viel Dunkel ist, da wächst auch Rettendes heran. Zwar habe man kein Büro, das groß genug ist, um Rotunde eine neue Heimat zu bieten, heißt es aus dem Umfeld der Stadtverwaltung. Aber man könne es ja – Triptychon sei Dank – auch auf drei Büros aufteilen. „Das geht doch auch.“

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Kommentare (7)

  • Kunstfreundin

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    Die Erklärung mit den unbekannten Spendern ist ein Märchen, das vom OB und Kulturreferenten in Umlauf gebracht wurde. Eine Recherche würde ergeben, dass der Kauf aus Haushaltsmitteln des Kulturreferates erfolgte. Beweis eine Aufstellung für den Kulturausschuss, die im letzten Augenblick korrigiert wurde. Die Spende stammte von der Sparkasse, so hörte man es aus informierten Kreisen. Der AltOB und Ehrenbürger war scho a Hund! :-)

  • Bunter Hund

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    Passend zur “Grauen Koalition”.

  • Jonas Wihr

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    “Eine rätselhafte Schönheit: die Rotunde zu Regensburg”, so steht es in der Bildunterschrift. ich sag nur: Des Kaisers neue Kleider. Der “größte Regensburger Künstler seit Albrecht Altdorfer” (Selbstauskunft Peter Wittmann), Galerist B. und Hans Schaidinger haben uns Steuerzahler mit diesem epigonalen Machwerk ganz schön hinter die Fichte geführt. Bin froh, dass es weg ist.

  • R.G.

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    Mir ist schad um das prophetische Bild.

    Wie sich alles Rote mit den Schwarzen zu einem annährend Braunlila zusammenschoppt, besser als jedes echte Braun, und das Grün sich als Schwänzle des Roten versteht, und das Schwarz das verblassende Rot jagt, das ersetzt alle Nachwalhlstatistiken.
    Aber die Zeiten sind vorbei.

    Heute kann man vorm großen Schminkspiegel nachsehen, ob man in den urlaubslosen Jahr, über allen autoritären Maßnahmen zur Einschränkung von Corona, trotzdem braun geworden ist.

  • Wolfram Heinrich

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    >>Bin froh, dass es weg ist.<<
    Kunst ist, wenn man trotzdem lacht.
    Ciao
    Wolfram

  • Jakob Friedl

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    Erfreulich und schön, dass der Sitzungssaal endlich wieder über den Spiegel einsehbar ist! In der Kantine wäre noch Platz für die „Rotunde“ über der Essensausgabe.

    Meiner Meinung nach ist (z.B. im Sinne des autodestruktiven Ansatzes von Gustav Metzger) der Spiegel die eigentlich relevante Installation, die von dem lediglich dekorativen, in seiner Bedeutung aufgeblähten und überteuerten Abklatsch „Rotunde“ verdeckt wurde.

    Über den Spiegel können die Zuschauer in den öffentlichen Sitzungen nun wieder den Stadtrat beobachten und sehen, wer spricht. In den vergangenen 10 Jahren war auf der im hell beleuchteten Sitzungssaal aufgehängten zweiten Videoprojektionswand kaum etwas zu erkennen.

    Ein nächster Schritt in Richtung mehr Transparenz könnte es sein, die Ton-Aufzeichnungen der öffentlichen Sitzungen mit Markern zu den einzelnen Tagesordnungspunkten zu versehen. Dazu müsste während der Sitzung nur die Zeit notiert werden, einen Wecker zu den Redezeitbegrenzungen 5 und 3 Minuten gibt es ja bereits. Bisher sind die Ton-Aufzeichnungen nur einen Monat lang auf der regensburg.de-Seite verfügbar, warum nicht dauerhaft?
    Auch an der Tonqualität der unprofessionellen Aufnahmen könnte gearbeitet werden. Es dürfte nicht so schwer sein, die Brummschleifen (50hz Rauschen) und das allgemeine Rauschen zu minimieren. Vielleicht solle mal ein Tontechniker auf Fehlerquellensuche gehen – falsch verkabelt? Es wäre ein Leichtes den extrem niedrigen Lautstärkepegel wenigstens vor dem Hochladen der Datei anzupassen – das sind zwei Mausklicks mehr: „Normalisieren auf 0,7 dB.“
    Da die Lautsprecher selbst nicht Brummen und Rauschen, könnte der Ton auch hier abgegriffen werden. Ein Raummikrophon oder billiges Aufnahmegerät vor den Lautsprechern wäre eine einfache Lösung: 120 € fertig.

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drin