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„Künftig vor Ort besser einordnen“

Die „Judensau“ bleibt hängen

Antijudaistische Schmäh-Skulpturen und Gemälde finden sich bis heute an und in vielen Kirchen in ganz Deutschland. Die sogenannte „Judensau“ am Regensburger Dom St. Peter gab nun Anlass für einen Runden Tisch. Einhellige Meinung der Gesprächspartner: Die Werke sollen weiter hängen bleiben. Es brauche aber eine deutlich bessere und sichtbarere Einordnung, nicht nur in Regensburg.

Die sogenannte “Judensau” am Regensburger Dom. Foto: Archiv/wr

Ob nun in Bamberg, Cadolzburg oder Regensburg. An zahlreichen Gotteshäusern deutschlandweit prangen antijudaistische Plastiken und Gemälde, die immer wieder Anlass zu Diskussionen geben. Mit am bekanntesten dürften dabei Darstellungen der sogenannten „Judensau“ sein, wie sie auch an der Südseite des Regensburger Doms zu finden ist. Die aus dem 14. Jahrhundert stammende Plastik zeigt eine Sau, an der sich drei Personen zu schaffen machen. Die Figuren sind dabei in einer für das Mittelalter typischen Darstellung jüdischer Menschen gehalten. Historisch besteht an der abwertenden und verspottenden Aussage solcher Skulpturen, wie sie an rund 30 Kirchen deutschlandweit – in Bayern sind es etwa ein Dutzend – bis heute zu finden sind, kein Zweifel. Allerdings fehlt es oft an einer entsprechenden Einordnung vor Ort. Das soll sich nun ändern.

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Bereits Anfang des Jahres kam es in Regensburg zu einem Treffen zwischen Vertretern des Freistaats, der Kirche und der Jüdischen Gemeinde in Regensburg, wo entschieden wurde, dass am hiesigen Dom ein neuer Text angebracht werden soll. Die bisherige Informationstafel sei mittlerweile „über der Zeit“, befindet Ludwig Spaenle, Antisemitismusbeauftragter der Staatsregierung, am Dienstag im Anschluss an den Runden Tisch gegenüber der Presse. „So würde das heute niemand mehr formulieren.“

Tafel sorgte bereits für Streit

Die bisherige Formulierung der Tafel am Regensburger Dom sehen viele als verharmlosend an. Dort steht unter anderem:

„Diese Skulptur als steinernes Zeugnis einer vergangenen Epoche muss im Zusammenhang mit ihrer Zeit gesehen werden. Sie ist in ihrem antijüdischen Aussagegehalt für den heutigen Betrachter befremdlich. Das Verhältnis von Christentum und Judentum in unseren Tagen zeichnet sich durch Toleranz und gegenseitige Achtung aus.“

Im August 2019 sorgte diese Formulierung gar für Streit zwischen dem damaligen Kulturreferenten Klemens Unger und der Münchner Professorin Eva Haverkamp-Rott (wir berichteten).

Tafel am Regensburger Dom zur sog. Judensau, Juli 2019

Haverkamp-Rott ist Professorin für Mittelalterliche Jüdische Geschichte und Kultur an der LMU München und kritisierte im Entwurf eines Ausstellungskatalogs, der als städtische Publikation der Stadt Regensburg erscheinen sollte, die „Judensau“ unter anderem als „Ekel erregende Propaganda“. Die Skulptur „degradierte die Juden und war eine Angriff auf die jüdische Religion”, so Haverkamp-Rott weiter. Ein Satz, den Unger – am Ende erfolglos – aus dem Katalog streichen und deutlich abschwächen wollte. Einer inhaltlichen Debatte verweigerte sich der mittlerweile in den Ruhestand verabschiedete Kulturreferent.

Spaenle widerspricht seinem Bundeskollegen

Ursprünglich sollte der am Dienstag abgehaltene Runde Tisch schon im März, anschließend an das Regensburger Gespräch stattfinden. Coronabedingt musste der Antisemitismusbeauftragte den Termin verschieben. Diesen Dienstag traf sich Spaenle nun in München mit der Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Regensburg Ilse Danziger und dem Präsidenten des Zentralrats der Juden Dr. Josef Schuster sowie Vertretern der christlichen Kirchen, der bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung – der Regensburger Dom ist im Besitz des Freistaates – und weiterer Ämter.

In dem „guten“ und „konstruktiven Gespräch“ habe man einen sachgerechten Umgang mit antisemitischen Darstellungen an historischen Gebäuden in Bayern intensiv diskutiert, betonte Spaenle im Nachgang. Dabei habe sich ein breiter Konsens ergeben, der künftig als Empfehlung im Umgang mit derlei antijudaistischen Motiven gelten soll. Einig sind sich die Gesprächspartner darin, dass antijüdische Darstellungen aus dem baulichen Kontext nicht entfernt werden sollen. Stattdessen müsse „die judenfeindliche Darstellung, die Kritik auslöst, vor Ort als Objekt beschrieben werden“, so Spaenle weiter. „Wenn die Skulpturen aus dem Kontext gerissen würden, wäre eine Erläuterung nur schwer möglich und sie könnten nicht mehr ihre mahnende Funktion erfüllen.“ Für ihn sei es ohnehin „komisch, so etwas abzunehmen und dann wie in einer Monströsitätenschau, bestenfalls gegen Eintritt, irgendwo auszustellen“.

Spaenle widerspricht damit einer Forderung seines Kollegen Felix Klein. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung forderte nach dem Terroranschlag auf die Synagoge in Halle 2019, Skulpturen wie an der Lutherkirche in Wittgenberg zu entfernen und in einem Museum auszustellen.

Die Skulpturen sollen bleiben wo sie sind

Die Parteien des Runden Tisches verständigten sich hingegen darauf, man müsse sich vor Ort mit den Schmähfiguren auseinandersetzen. Für jedes Objekt müsse der geistes-, kultur- und kirchengeschichtliche Kontext erklärt und vertiefende Informationen beispielsweise über einen QR-Code zur Verfügung gestellt werden.

Die Empfehlungen sollen aber nicht nur für Darstellungen einer „Judensau“ gelten. „Wir wollen sämtliche bekannte antijudaistischen Darstellungen einer genauen Betrachtung unterziehen“, erklärte Spaenle. Denn auch andere mittelalterliche Darstellungen müssten in den richtigen Kontext gestellt werden. Ein Beispiel stellt dabei die Abbildung von Ecclesia und Synagoge in Bamberg da. In der christlichen Ikonographie des Mittelalters wurden so das Christentum und das Judentum symbolisiert. Wobei Synagoga meist mit einer Augenbinde und damit als blind für das Wort Gottes dargestellt wurde.

Antijudaismus war prägend für die Zeit des Mittelalters

Das Christentum verstand sich damals als legitime Nachfolge des Judentums, das nicht mehr zeitgemäß sei. Solche Darstellungen befeuerten im Mittelalter aber auch die gesellschaftliche Abwertung jüdischer Mitmenschen, die nicht selten in Pogrome wie 1519 in Regensburg führten. In der Regensburger St. Kassianskirche existiert ein Deckengemälde, das die damalige Vertreibung der Juden aus Regensburg noch heute zeigt. Auch hier wolle man die Kunst nicht entfernen, sondern entsprechend thematisieren, so Spaenle.

Um das Thema künftig zu begleiten, soll ab dem kommenden Frühjahr auch ein Fachkreis zusammen kommen. Zudem soll zeitnah mit Wissenschaftlerinnen der Ludwig-Maximilians-Universität München – unter anderem Eva Haverkamp-Rott – ein Text erarbeitet werden, der als Grundlage für die regionale Auseinandersetzung mit entsprechenden Objekten herangezogen werden kann.

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Kommentare (22)

  • Mr. T.

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    Meiner bescheidenen Meinung nach sollte da eKasten drüber, signalrot angestrichen und in dicken Lettern drauf: Hier wurde antisemitische Hetze verdeckt!
    Das nimmt nichts weg, setzt niemanden der weiteren Beleidigung aus und ordnet ein.

  • R.G.

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    Eine Entschuldigungsbitte, hier von einer Kirche für die Rolle im Holcaust, wäre das mindeste.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Leopoldstadt#/media/Datei:Verkl%C3%A4rungskirche_Wien_Gedenktafel.JPG

    Die Darstellung der Judensau findet sich an mehreren Kirchen:
    https://www.welt.de/kultur/article194390065/Antisemitismus-Die-Judensau-an-Luthers-Kirche-ruft-Entsetzen-hervor.html

    Ich suche vergeblich nach einem Bild der Lösung einer Künstlerin. Sie entschied sich für die Halbverdeckung eines antisemitischen Reliefs, es ist entweder in München oder Wien im Hof einer Wohnhausanlage angebracht. (finde es in meinem “Archiv” nicht.
    Die Lösung war eine Glasscheibe vor der Abbildung, ein spielverkehrte Schrift klärte darauf.

  • joey

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    Man muß alles im historischen Kontext einordnen. So ist die bestehende Tafel eine Binsenweisheit.
    Mir wäre auch entgangen, daß der Attentäter von Halle eine Judensau im Blick hatte, Neonazis brauchen keine Mittelalterfiguren und Verschwörungstheorien haben ganz anderes Feuerholz.

    Ein QR Code ist sinnvoll, wenn sich (selten) jemand für das Thema interessiert.

  • Roland Hornung

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    Es wird viel Fingerspitzengefühl nötig sein, einen geeigneten und würdigen Text zu finden!

  • R.G.

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    @Roland Hornung
    Man könnte schreiben, was uns unser erzkonservativer, grimmig aussehender Professor für Neues Testament hervorkrächzte:
    “Im Kampf um die materielle Macht wandten die an den Juden Jesus von Nazareth gläubigen Christen gegen traditionelle Juden alle Methoden Schwerstkrimineller an, von Verleumdung, Verhetzung, Verfolgung, bis Mord und Totschlag- sie nahmen die Rolle Kains ein”, und :
    “Wir müssen uns von unserem kriminellen Erbe distanzieren”.

  • XYZ

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    Es sollte auch noch eine Tafel an protestantischen Kirchen angebracht werden, etwa wir bedauern was ein M.L. in seiner Schrift ‘Von den Juden und ihren Lügen’ ausgesagt hat, passenderweise an der Kirche am Neupfarrplatz, wo mal das jüdische ghetto war . . .

  • Hthik

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    @Mr. T. 9. Dezember 2020 um 17:00

    Richtig. Bevor jetzt jemand den dadurch beschädigten Gesamteindruck der Kathedrale mokiert. Das soll er werden. Es soll die Beschädigung in den Köpfen sichtbar machen. Ich sehe keinen Anspruch dass Leute die gerne 300 Jahre zurückgreifen um Unrecht, dass Ihnen geschehen sein soll, zu beklagen, unbedingt davon verschont zu werden, dass das Unrecht, dass sie begangen haben nicht sichtbar wird und beschädige es auch den Gesamteindruck.

  • XYZ

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    Noch zur Präzisierung:
    M.L. sprach 1543 wörtlich den Juden jegliche Menschenwürde ab:
    Synagogen niederbrennen/Häuser zerstören/körperliche Arbeit.
    Das endete in der Reichskristallnacht und in KZ’s.
    Einen solchen Wahnsinn teilte die inter- und nicht deutsch-nationale römische Kirche nicht,
    also auch eine Gedenktafel an der protestantischen Kapitelkirche in R.

  • Petr Czelle

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    @joey Absolut richtig. Das muss auf jeden Fall hängen bleiben. Erstens ist das eine viel bessere ,,Warnung” und zweitens fühle ich mich als Jude in keinster Weise davon beleidigt, das ist doch lächerlich.

  • Mr. T.

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    XYZ, hier geht’s zwar um die Judensau an verschiedenen katholischen Kirchen, aber selbstverständlich kann man überall ähnlich vorgehen, wo antisemitische Hetze noch öffentlich sichtbar ist.

    Wenn allerdings Petr Czelle als Jude sich von all dem nicht beleidigt sieht, könnte man natürlich auf all das auch verzichten. Solche Strohmänner sind in gewissen Kreisen immer sehr willkommen.

  • Gruenteetrinker

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    Ich finds gut, dass deswegen nicht an einem Bauwerk wie dem Dom herumgepfuscht wird, nur weil sich die üblichen Political-Correctness-Fundamentalisten, die sich mit ihrem Befindlichkeits-mimimi-Empörungs-Gegacker ihrer Selbstwirksamkeit ein bisschen gewahr werden möchten, mal wieder ein Stelldichein geben. Geschichte akzeptieren, und das ist die Vorausssetzung, um aus ihr lernen zu können, heisst auch sie aushalten zu können. Beides geht jedoch nur, wenn Zeitzeugen in Form von Bauwerken, Personen, .. Dinge, die man sehen, anfassen, mit ihnen sprechen kann,. da, und in der Gegenwart präsent sind. Buchenwald oder Dachau wird ja schliesslich auch nicht plattgewalzt und ein Gewerbepark drauf geklotzt.

  • Hartnäckig

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    Ich kapier es nicht:
    Wenn man die Beseitigung der Judensau fordert, muss man dann nicht auch die Beseitigung der KZ-Bauwerke fordern ?
    Ich meine, Geschichte und Gedenkkultur erfordern stetiges Erinnern an Grausamkeit, Unterdrückung und Mord.
    Wer die Judensau am Dom nicht richtig einordnen kann, dem hilft auch keine Gedenk- oder Hinweistafel !

  • Rigobert Rieger

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    Das von Michael Bothner gegen Ende genannte kirchliche Kampfmotiv „Ecclesia und Synagoge“, bei dem es darum geht, die jüdische Religion als überholt und gescheitert zu schmähen und den eigenen Glauben und sich selbst als siegreich und gottwohlgefällig zu feiern, entstammt zwar der christlichen Ikonographie des Mittelalters, wurde aber auch in der Neuzeit gern verwendet. In Regensburg ist es zum Beispiel an der Fassade der Kirche St. Cäcilia zu sehen, als Relief über dem Eingang in der Reichsstraße. Zwar eher verschämt und klein, aber doch als demonstratives Zeichen dafür, daß man gar nicht daran dachte, die Anfeindungen gegen die Juden im 20. Jahrhundert etwa einzustellen. Der Grundstein für St. Cäcilia wurde 1900 von Bischof von Senestrey gelegt.
    Im Kaiserreich von 1870 war das Motiv kein Einzelfall, der wikipedia-Artikel “Ecclesia und Synagoge” führt ein paar andere Beispiele an (St. Cäcilia ist nicht darunter). Selbst nach 1945 wurde das Motiv in christlichen Kirchen noch verwendet.
    Im Mittelalter wurde die Frauenfigur der Synagoge nicht nur mit einer Augenbinde als Zeichen ihrer Blindheit dargestellt, sondern oft auch drastischer. Über einem Portal der Martinskirche in Landshut zum Beispiel steht die Synagoge unter einem Kreuz, aus dessen Querbalken eine Hand mit einem Schwert herauskommt, das auf die Synagoge herniederfährt. Auf der anderen Seite kommt aus dem Querbalken des Kreuzes eine segnende Hand, darunter ein Pfarrer, der die Messe liest.
    Und noch zum Deckengemälde im rechten Seitenschiff von St. Kassian in Regensburg: Das Gemälde “zeigt” nicht die Vertreibung der Juden von 1519, sondern es rechtfertigt und verherrlicht diesen Pogrom. Es handelt sich um ein Triumph- bzw. Schmähgemälde nach allen Regeln der Kunst. Die Auslöschung der 1519 bereits viele hundert Jahre alten jüdischen Gemeinde wird in dem Deckengemälde als gottwohlgefälliges Werk unter der Patronage der allerseligsten Jungfrau Maria dargestellt, die Juden werden als gottlose Kindsmörder und von Habgier getriebene Halunken verleumdet. Die Kirche wurde erst unlängst jahrelang aufwendig saniert und erstrahlt jetzt in neuem Glanz.

  • R.G.

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    @Mr T.
    “Wenn allerdings Petr Czelle als Jude sich von all dem nicht beleidigt sieht, könnte man natürlich auf all das auch verzichten. Solche Strohmänner sind in gewissen Kreisen immer sehr willkommen.”

    Das kann man auch mitfühlend sehen. Angesichts realer aktueller Bedrohungen ist die Schmähskulptur auf der Kirche aus alter Zeit für Juden nachrangig. Immerhin sitzen viele von ihnen wieder, wie sie als Metapher sagen, “auf gepackten Koffern, um jederzeit fliehen zu können.
    Die Auseinandersetzung mit der Judensau darf man als Christ ruhig wie einen Blick auf die eigenen Methoden zur Kundenbindung sehen, man operierte mit Drohung und Angst, was Menschen außerhalb dieser einen Kirche an Schmähung und Hass zukäme.

    Mich den dunklen Seiten meiner Kirche oder Kultur zu stellen, muss sich nicht erst aus der Reaktion der Opfernachkommen erzwingen. Die Frage ist doch, will ich mich selbst in Schwarzer Pädagogik, im Beispiel bildlich, als Drohenden, Schmähenden, Verleumdenden definieren? Habe ich Mut zu einer Stiländerung?

    @Rigobert Rieger
    Wenn Künstler immer wieder und immer noch blödsinnige alte Symbole bemühen, bei denen jedem gesunden Fünfjährigen nicht wohl ist, liegt daran, dass sie “gebildet und traditionsbewusst” daherkommen wollen, um den Auftrag zu kriegen.
    Als nicht mehr zumutbar werden Bildsprachen vermerkt, wenn tatsächlich auf den Bauwerken entschuldigende Texte stehen, wischiwaschi Worte von Zeitgeist und so…führen noch nicht zur “Entwertung” der “alten” Schmähbilder.

  • Novalis

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    Nur so am Rande: Für die Kirche ist Antisemitismus kein Problem von gestern. Der ehemalige Papst hat ein Gebet angeordnet, in dem um Erleuchtung für die Juden gebetet wird. Das ist – ganz klassisch – antisemitisch. Da fällt Ratzinger deutlich hinter seinen Vorgänger und Nachfolger zurück.

  • Antigone

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    Antigone
    Danke, dass hier ein sehr gutes Foto der Judensau gezeigt wird. Deutlich zu sehen ist, dass die Sau ohne Ringelschwanz, dafür mit einem langen Schwanz dargestellt wurde. Sollte es sich am Ende gar doch um die kapitolinische Wölfen handeln?

  • Mr. T.

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    Das Christentum hat seit seinen Anfängen einen durchgängigen antsemitischen Faden. Dass sie seit dem Krieg da etwas zurückfahren, ist eher dem Zeitgeist geschuldet. Antisemitismus ist in der Mitte der Gesellschaft derzeit ziemlich schwer vermittelbar.
    Es ist eh kaum zu glauben, dass solche Strömungen in der heutigen, angeblich aufgeklärten Gesellschaft überhaupt noch Rückhalt finden.
    Deswegen muss man die Belege für den Antisemitismus des Christentums – wie die Judensau – auch erhalten, quasi eine Art der Beweissicherung. Nicht so wie das Schleifen der KZs, das nach dem Krieg versucht wurde, um Spuren zu vernichten. Ansonsten würde ich sie auffällig verdecken. Somit fällt der dunkle Schatten nicht auf die Geschmähten, sondern auf die Schmähenden.

  • joey

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    St. Kassian: wieviele Besucher sind da eigentlich drin? Wäre das Skandalbild nicht, wäre wohl gar keiner.
    Ich war einmal drin. Das Bild habe ich nicht gesehen oder verstanden. Mein Eindruck: es gibt bessere Kirchen in Regensburg… raus hier.

    Das Christentum ist eine Missionsreligion. Erleuchtung unterscheidet sich etwas von Vernichtung. Vernichtungswünsche der Juden hören sich aus Iran und Palästinensergebieten anders an. Ja, Steinmeier gratuliert dem Iran.

    Laßt mal die Kirche im Regensdorf.

  • XYZ

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    Zu Mr. T. 20.26
    Das stimmt historisch nicht so: die ersten Christen in Rom waren Juden, siehe Katakomben. Petrus dürfte wohl gar nicht lateinisch sprechen können, nur Paulus. Dann viele Soldaten etwa aus dem heutigen Syrien, bei denen sich das Christentum verbreitete – waren auch in Bayern, siehe Marc Aurel (Selbstbetrachtungen) – eher Christ und Mensch als Judenfeind.

  • XYZ

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    Warum kann man diesen endlosen Streit um Religionen nicht endlich vergessen? Das Problem besteht doch darin, dass es nicht um Nirwanas wie Auferstehung oder Himmelauffahrt oder Messias geht, da gleichen sich die Religionen, sondern um das hier und jetzt des Menschenseins, jenseits nur noch psychoanalytisch zu verstehender Wahnvorstellungen – eine irreale Traumwelt.

  • Rigobert Rieger

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    @ Antigone:
    Das Märchen, bei der Schmähskulptur der “Judensau” am Dom handle es sich in Wirklichkeit um die römische Wölfin mit Romulus und Remus, geht auf Rudolf Reiser zurück. In seinem Buch “Regensburgs Kathedrale, Spiegel der Weltreligionen” (Eigenverlag, ohne Ort, ohne Jahr, aber wohl 2013) verschwendet der “Historiker” dreieinhalb Seiten (S.43-46) auf diese seine sagenhafte “Entdeckung”. Allein seine Diktion verrät ihn dabei schon. So spricht er davon, die von ihm als Falschinterpretation entlarvte “Judensau” sei “eine bittere und unerhörte Diskriminierung der Stadt”. Sprich: der Leidtragende der Skulptur an der Südseite des Doms heißt Rudolf Reiser, stellvertretend für alle Regensburger. Denn in unserer schnuckeligen kleinen Stadt fand Antisemitismus niemals nicht statt! Und der Pogrom von 1519? Vermutlich auch eine Falschinterpretation! Der Pogrom vom 9. November 1938? Dito! Das haben sich die Juden alles nur eingebildet! Es gibt ja überhaupt so viele historische Fakes! Es ist doch bekannt, daß auch John Lennon vor 40 Jahren keineswegs erschossen wurde, sondern sich lediglich mitten in Manhattan plötzlich am Rand der Scheibe wiederfand, dieser Scheibe namens Erde, und an deren Rand unglücklich abrutschte und abstürzte, gelle!
    Nein, im Ernst: es lohnt sich nicht, auf all die unglaublich gewichtigen Argumente von Rudolf Reiser einzugehen, warum die “Judensau” in Wirklichkeit die römische Wölfin sein soll (was hätte die denn an einer christlichen Kathedrale verloren!). Nur soviel: Reiser verschweigt wohlweislich, daß es eine Lithographie von 1848 gibt, die eindeutig die besagte Skulptur zeigt, und zwar in vollkommen unverwittertem Zustand (am Kopf des Tiers hat der Zahn der Zeit, genauer gesagt: der Luftschadstoffe, am heftigsten genagt). Auf der Lithographie von 1848, die die mittelalterliche Steinskulptur in ihrem Originalzustand zeigt, grinst einem aber eine Sau entgegen, wie einem nur eine Sau entgegengrinsen kann (Abbildung u.a. in dem 1088seitigen Standardwerk “Regensburg. Kunst-, Kultur- und Alltagsgeschichte” von Karl Bauer, 6. Auflage 2014, S. 475). Und die drei mit dem Tier beschäftigten Männchen sind nicht Romulus und Remus, und schon gar nicht der Hirte Faustulus (was für eine Lachnummer!), sondern die Hohn- und Spottfiguren von Juden, die es mit einem Schwein treiben, dem Tier, das im traditionellen Judentum als nicht mal verzehrbar und im traditionellen Christentum als des Teufels (wenn auch verzehrbar) galt.
    Reiser hat ganz offensichtlich seinen Spaß daran, als Schelm und Scharlatan sein Unwesen zu treiben, nach dem Motto: Schaun wir mal, wieviele darauf hereinfallen! Denn daß er den Unsinn, den er verzapft, selber glaubt, dafür ist er dann vielleicht doch ein bißchen zu intelligent.
    Rudolf Reiser ist sowas wie der Boris Johnson der deutschen History-Factory. Einfach draufloslügen und abwarten, ob man nicht gerade dafür Lorbeeren erntet! Bei Rudolf Reiser hat es nicht ganz so doll geklappt wie bei Boris Johnson. Der Premierminister von Bayern heißt dann doch Markus Söder. Obwohl das wirklich ungerecht ist, denn Reiser hat sich ordentlich ins Zeug gelegt. Am 19.10.1999 schrieb er in der Süddeutschen Zeitung – und es ist bis heute eines der sieben Welträtsel, daß die SZ diesen Bullshit allen Ernstes abdruckte: “Der Tod Ludwigs im Starnberger See, Weltkrieg und Revolution nur eine Generation später sind Folgen der Perversion eines Monarchen…” Womit Reiser sagen wollte: Die Homosexualität (“Perversion”) des bayerischen Königs Ludwig II. war die Ursache für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914, wie auch für die Revolution von 1918. Noch Fragen?
    Kein ernstzunehmender Verlag hat Rudolf Reisers Schmäh von der römischen Wölfin drucken wollen. Das Märchenbuch erschien in einer “MediaDomain Verlags GmbH”. Und wenn Romulus und Remus nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute!
    So, das war das Betthupferl heute! Es ist ein bißchen spät geworden! Gute Nacht, liebe Kinder!

  • R.G.

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    @Antigone
    “zu sehen ist, dass die Sau ohne Ringelschwanz, dafür mit einem langen Schwanz dargestellt wurde. Sollte es sich am Ende gar doch um die kapitolinische Wölfen handeln?”

    Die Frage für mich lautete somit, welches Aussehen, welchen Schwanz hatte eine mittelalterliche Sau? Internet sagt, das Düppeler Weideschwein kommt optisch wieder hin.
    https://scilogs.spektrum.de/denkmale/frieren-fuer-die-wissenschaft-lauresham-im-winter/
    Sage ich, so etwa wie das Schwein da sieht der dickgefütterte Hund eines Nachbarn von Stirn bis Schwanz aus. Verwechslung mit der kapitolinischen Wölfin gegeben. Sie tritt immer mit zwei säugenden Menschen auf.
    Nicht wie bei der Judensau mit dritter Person mit dem Judenviertel zugewandtem Gesicht. Deutlich bei der Regensburger Darstellung auch die aufgestellten Borsten.
    1:0 für die mittelalterliche borstige Sau mit dem haarigen langen Schwanz.

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