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Die Staatsmacht im Dienst der Atomlobby

WAA1Neben der Nostalgie kam auch der Blick in die Zukunft nicht zu kurz: Über 400 Menschen fanden sich am vergangenen Samstag in der Oberpfalzhalle in Schwandorf ein, um an den erfolgreichen Widerstand gegen die Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf – WAA – zu erinnern. Vor 20 Jahren kam das Aus für das Lieblingsprojekt des damaligen Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß. Standing Ovations erhielt Ex-Landrat Hans Schuierer (SPD). Er erwies sich seiner Zeit als einer der härtesten Knochen im Kampf gegen die Pläne der bayerischen Staatsregierung. Er unterstützte – nach anfänglicher Begeisterung über 3.600 „saubere Arbeitsplätze“ – schließlich die Bürgerinitiative gegen die WAA, exponierte sich in öffentlichen Reden gegen das Projekt und verweigerte als Chef der Genehmigungsbehörde seine Zustimmung. Ein Disziplinarverfahren, Überwachung durch Kripo und Staatsschutz sowie die so genannte „Lex Schuierer“ trug ihm das ein. Die Landtags-CSU verabschiedete ein Gesetz, das dem Staat über den Kopf eines Landrats hinweg bei Genehmigungsverfahren ein „Selbsteintrittsrecht“ garantiert. Diese Neuregeklung gilt bis heute. Moderator Siegfried Höhne im Gespräch mit Hans Schuierer.Es war nicht die einzige Aktion, mit der die Strauß-CSU sich gegen die eigene Bevölkerung wandte und demokratische Rechte massiv einschränkte, um die Interessen der Atomindustrie durchzusetzen. Einschränkung der Versammlungsfreiheit, der Einsatz von CS-Gas und prügelnden Polizeikommandos gegen friedliche Demonstranten jeden Alters und quer durch alle Schichten gehören dazu. Doch aller Druck war erfolglos: Der Protest und Widerstand der Bevölkerung wuchs stetig an. Die wertkonservative Oberpfälzer stellten sich um so massiver gegen die Staatsmacht. Die Atomindustrie musste ihr Milliardenprojekt aufgeben. Genau daraus gelte es für die Zukunft zu lernen, appellierte Schuierer am Samstag. „Wir müssen den Jüngeren sagen, was Solidarität und gemeinsamer Einsatz bewirken können.“ Auf diese Solidarität hoffen unter anderem die Vertreterinnen aus Temelin und Gorleben. Während die tschechischen Aktivisten gegen ein Atomkraftwerk kämpfen, das immer wieder durch Störfälle in die Schlagzeilen gerät, befürchtet die Initiative aus Gorleben vor dem Hintergrund finanzieller Zuwendungen, dass sich die Bundesregierung bereits auf ein Endlager in der niedersächsischen Gemeinde festgelegt hat. Dass es aber kein sicheres Endlager gebe, zeigten der Wassereintritt und die zunehmenden Ungereimtheiten in Bezug auf die gelagerten Materialien im Salzstock Asse, so Rednerin Kerstin Rudek. halleFestredner Henrik Paulitz von den Internationalen Ärzten für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) mahnte mit Blick auf die bevorstehenden Bundestagswahlen zu Widerstand gegen eine drohende Verlängerung der Laufzeiten bei Atomkraftwerken. „Alle 17 der heute noch laufenden Atomkraftwerke sind sicherheitstechnisch völlig veraltet“, so Paulitz. Keines von ihnen würde, dem Bundesumweltministerium zufolge, heute noch eine Betriebsgenehmigung erhalten. Je länger die der Ausbau einer dezentralen ökologischen Stromversorgung verzögert werde, desto größer werde die Gefahr, dass das Aus für die Atomenergie doch noch gestoppt werde. Die Energiekonzerne haben ein vitales Interesse daran, die Laufzeiten ihrer Kraftwerke zu verlängern, die ohnehin nur zwei Prozent der Energieversorgung decken. Täglich verdienen sie mit ihren mittlerweile abgeschriebenen Anlagen Unsummen. Sie hemmten dadurch die notwendige dezentrale und regenerative Stromerzeugung in demokratisch kontrollierter Eigentumsform Paulitz zur Seite sprang Hubert Weiger, Landesvorsitzender des Bund Naturschutz. Er rief zur Demonstration am 5. September in Berlin auf. Unter dem Motto „Mal richtig abschalten“ soll dort für ein rasches Aus für sämtliche AKWs und für den zügigen Ausbau der erneuerbare Energien in dezentralen Anlagen auf 100 Prozent demonstriert werden. Laut IPPNW wurden im vergangenen Jahr mehr Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien geschaffen als es insgesamt in den deutschen AKWs gibt. Fotos: Bernhard Ostermeier
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Kommentare (6)

  • Roland Hornung

    |

    @BB

    Der Anteil der Kernenrgie an der STROM-ERZEUGUNG beträgt sicher sogar mehr als 20 %, wohl um die 30
    Prozent. Aber der STROM ist an der Gesamtenergie nur minimal beteiligt – wohl um die 15 % – sodass der Anteil der Kernenergie an der gesamten Energieversorgung wohl nur bei weniger als 5 % liegt.

  • BernardO

    |

    Ich besuchte die Veranstaltung und mir wurde einmal mehr klar, wie wichtig eine dezentralere erneuerbare Energie ist und dies so schnell wie möglich. Dies wird sich wohl auch nur durch eine vergesellschaftete Energieversorgung machen lassen. Die E-Konzerne haben schlichtweg kein Interesse an einem schnellen Umstieg, denn dies würde deren Kraftwerksideologie konterkarieren, deren Pfründe schmälern. Jeder Tag an dem ein Atomkraftwerk länger läuft ist ein Gewinn für eon und co. – Daher muss man den Betreibern misstrauen, so auch deren Plan für 400 Milliarden Euro PV nach Nordafrika bringen zu wollen. Auch hier steht der Profit an erster Stelle, wie sollte es auch anders denkbar sein. Auch hier hätten die Konzerne ihre Finger drin und eine weitere unsichere Energiezufuhrregion wäre geschaffen. Zuerst Gas aus Russland, Öl aus Nahost und nun Solarenergie aus Nordafrika.
    Alles Risikofaktoren die uns vom Ausland abhängig und erpressbar machen. Hierfür werden dann Auslandseinsätze der Bundeswehr wieder logischer… – Kriegsgefahr droht durch solche Krisenszenarien.
    Was wir benötigen ist dezentralere, regionale und demokratisch strukturierte regenerierbare Energie, keine Multis.
    BernardO

  • Roland Hornung

    |

    ZUSTIMMUNG, BernardO !

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