Hafenbewohner haben Angst vor “kalter Enteignung”
Die Stadt Regensburg plant eine Ausweitung des “Sondergebiets Hafen” auf Wohnhäuser im Auweg. Die Anwohner befürchten noch mehr Schmutz, noch mehr Lärm und weniger Rechte. Sie kritisieren die widersprüchliche Informationspolitik von Stadt und der bayernhafen GmbH des Freistaats Bayern. Erste Klagen sind bereits eingeleitet. Wer plant dort was und warum?
Es rumpelt laut, es staubt. Dann ist der LKW auch schon vorbei. Der fünfte oder sechste, der in den letzten 20 Minuten vorbeigefahren ist. Runter vom Auweg, vorbei am Hottentotten Inn und dann rechts in die Wiener Straße Richtung Stadtlagerhaus. Manche fahren noch etwas weiter nach unten, vorbei am derzeit idyllisch ruhigen Hafenbecken, wo seit Tagen nur ein kleines Schiff liegt, und dann in die Budapester Straße zu einem der zahlreichen Lagerplätze für Container oder einem der Recyclingbetriebe. „In der halben Stunde fahren schon mal 40, 50 Lastwagen vorbei“, erzählt eine der 14 Anwohnerinnen und Anwohner, die heute gekommen sind. Ortstermin unserer Redaktion im Westhafen.
Übergangslösung wurde zum Dauerzustand
Lärm und Staub sind sie hier gewöhnt. Der Auweg ist seit etwa 25 Jahren der Zubringer für sämtlichen Schwerlastverkehr. Nur eine Übergangslösung bis es einen Anschluss des Hafens an die Osttangente gibt, hieß es damals Anfang der 90er als 70 Bäume und ein Bahndamm abgeräumt wurden, um den Auweg für den Verkehr zu öffnen. Seitdem fährt fast jeder LKW, der etwas abzuholen oder anzuliefern hat, an den dort gelegen Wohnhäusern vorbei.
Einen Teil der Wiener Straße, die parallel zum Auweg direkt durch das Hafengebiet führt, hat man damals entwidmet. Aus der Übergangslösung ist ein Dauerzustand geworden und nun befürchten die Anwohner neues Ungemach. Immer wieder fällt der Begriff der „kalten Enteignung“.
“Sondergebiet Hafen” soll ausgeweitet werden
Am 22. Januar hat der Planungsausschuss des Regensburger Stadtrats die Änderung des Flächennutzungsplans und die Aufstellung eines neuen Bebauungsplans für das Gebiet Westhafen/Ölhafen beschlossen – einstimmig. Vorgebliches Ziel: „Die Schaffung von gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnissen bei gleichzeitiger Sicherung des Hafenbetriebs“. „Uns können, die damit nicht meinen“, sagt Samantha Ermer. Sie ist im Auweg aufgewachsen und lebt dort bis heute mit ihrer Familie. Ihr Haus soll ebenso wie etwa 25 andere Wohngebäude nach den geplanten Änderungen im „Sondergebiet Hafen“ liegen.
Die Befürchtung der betroffenen Anwohner: mehr Lärm, mehr Staub und ein Wertverlust ihrer Häuser. 80 Unterschriften haben Ermer und ihre Mitstreiterinnen dagegen gesammelt. Etwa 200 Anwohner sind nach Schätzungen von Ermer davon betroffen. „Es ist völlig intransparent, was hier abläuft.“ Tatsächlich kann man den Beschlüssen zum geplanten Flächennutzungs- und Bebauungsplan nur wenig Konkretes entnehmen. Viele Allgemeinplätze, einiges ist widersprüchlich und anderes schlicht nicht nachvollziehbar.
Erste Informationsveranstaltungen der Stadt zu dem Thema verliefen eher turbulent und laut. Die beiden Bürgermeister ließen sich dort ebenso wenig blicken wie Planungsreferentin Christine Schimpfermann oder Mitglieder des Stadtrats. Zwei Sachbearbeiter des Planungsamtes durften sich stattdessen mit den teils erzürnten Bürgerinnen und Bürgern herumschlagen. Lediglich Bernadette Dechant (CSU) trifft sich regelmäßig mit den betroffenen Anwohnern. Sie ist die einzig erklärte Gegnerin der neuen Planungen im Stadtrat – auch gegen die Linie ihrer eigenen Fraktion.
Stadt will Straße – durch Behindertenwerkstätten
Völlig unklar ist, wie die Stadt eine versprochene Verkehrsentlastung von zumindest Teilen des Auwegs und der bisher häufig frequentierten Zufahrt an der Prinz-Ludwig-Straße, vorbei am hochpreisig bebauten Marinaquartier, zustande bringen will.
Eine dafür vorgesehene Trasse vom Auweg zur Straubinger Straße, an der die städtischen Planer seit 2013 hartnäckig festhalten und die auch im aktuell geplanten Bebauungsplan bekräftigt wird – übrigens als einzige Variante – soll über eine Fläche führen, die sich in Privatbesitz befindet. Ein Großteil gehört der Behindertenhilfe der Barmherzigen Brüder.
Deren Geschäftsführer teilt uns auf Anfrage unmissverständlich mit, dass man auf der Fläche „zeitnah eine Werkstätte für Menschen mit Behinderung errichten“ werde. Und: „Dafür liegt eine bestandskräftige Baugenehmigung vor.“ Ungeachtet dessen nennt das städtische Planungsamt im Aufstellungsbeschluss für den neuen Bebauungsplan diese damit faktisch nicht umsetzbare Stichstraße weiterhin als „mögliche Variante“ zur Erschließung des Hafengebiets.
Auch bereits seit 2015 bekannte Pläne der bayernhafen GmbH & Co KG zur Erweiterung seines Container-Terminals unterhalb des Stadtlagerhauses, die einerseits eine deutliche Veränderung der Verkehrssituation und andererseits einen weiteren Ausbau als Logistikdrehscheibe mit sich bringen werden, finden in der Verwaltungsvorlage keine Erwähnung.
Das Container-Terminal am Westhafen soll ausgebaut werden
Seit etwa acht Jahren bleibt der Güterumschlag per Schiff am Regensburger Hafen – mit seinen drei aneinander anschließenden Standorten West-, Öl- und Osthafen – relativ konstant. Etwa 1,6 Millionen Tonnen werden pro Jahr durchschnittlich über die Donau transportiert. Im vergangenen Jahr war es wegen des Niedrigwassers deutlich weniger – wieder einmal. Rund 1,9 Millionen Tonnen sind es jährlich per Bahn. Den Löwenanteil macht immer noch der Umschlag per LKW mit rund 4,3 Millionen Tonnen aus, wobei hier allerdings weitaus kürzere Strecken als mit den beiden anderen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden.
„Der LKW wird für den Vor- und Nachlauf, also die regionale Verteilung, benötigt“, erklärt Karin Moro, Pressesprecherin von bayernhafen. Damit finde sich „jede Tonne, die per Schiff und Bahn transportiert wird, in der Statistik auch per Lkw wieder“. Unabhängig davon muss natürlich jeder dieser Lastwagen zum Hafen kommen. Bei einer durchschnittlichen LKW-Ladung von 24 Tonnen und verteilt auf 365 Tage wären das knapp 500 Lastwagen pro Tag, die an- und abfahren.
Fast die Hälfte des Güterumschlags betrifft Container – ein Wachstumsmarkt, bei dem der Regensburger Hafen auch im vergangenen Jahr deutliche Zuwächse verzeichnet hat. Eine Untersuchung, die dem Stadtrat bereits 2015 vorgestellt wurde, geht davon aus, dass dieser Markt für Regensburg bis 2033 nochmal deutlich wachsen wird.
Pläne zur Erweiterung seines Container-Terminals, das an das Stadtlagerhaus angrenzt, hat der bayernhafen bereits 2015 vorgestellt und dabei eine Erhöhung der Umschlagskapazität von bis zu 60 Prozent in Aussicht gestellt. Und auch wenn es eher widersprüchlich klingt: Gerade diese Erweiterung könnte – folgt man den damals öffentlich vorgestellten Planungen (siehe Video) der bayernhafen GmbH – zumindest eine gewisse Entlastung des Auwegs mit sich bringen.
Nicht nur die Ab-, sondern auch die Zufahrt der LKWs zum Container-Terminal würde demzufolge dann nämlich nur noch ausschließlich über die Wiener Straße erfolgen und nicht wie bisher über Auweg und Prinz-Ludwig-Straße. Die Route würde demzufolge ausschließlich durch Hafengebiet ohne Wohnhäuser zur Osttangente führen.
Entgegen den Darstellungen des Planungsamtes, das in einer Stadtratsvorlage behauptet, die Hafenbetriebe würden die Zu- und Abfahrtsrampen der Osttangente „als zu eng kritisieren“, bezeichnet bayernhafen-Sprecherin Karin Moro diese als „funktions- und leistungsfähig“. Und während sich die bayernhafen GmbH zu den weiter oben beschrieben (faktisch nicht umsetzbaren) Stichstraßen-Ideen der Stadt eher bedeckt hält, sieht man vielmehr den Bau der Hafenspange als wichtig an – eine direkte Anbindung des Hafens an die Autobahn über die Osthafenstraße.
Stadträtin: “Westhafen in Wohngebiet umwandeln”
„Diese Hafenspange wäre in meinen Augen die einzige Möglichkeit, den Westhafen weiterhin wirtschaftlich und wenigstens einigermaßen anwohnerverträglich zu betreiben, wenn man des denn unbedingt will“, sagt Bernadette Dechant. „Aber bei diesem Projekt geht ja seit Jahrzehnten nichts voran. Das würde ja Geld kosten.“ Eine „Ideallösung“ wäre es für die CSU-Stadträtin, „den Standort Westhafen aufzugeben und die Hafennutzung nach Osten, gegebenenfalls auch in den Landkreis zu verlagern und den Westhafen in ein Wohnviertel umzuwandeln“. Und darin ist sie sich mit den betroffenen Anwohner rund um den Auweg einig.
Durch den Bau des Marinaquartiers und die Entwicklung des ehemaligen Zuckerfabrikgeländes zum Wohngebiet Candis ist der einst am Stadtrand gelegene Westhafen zwischenzeitlich ins erweiterte Stadtzentrum gerückt und – keine zwei Kilometer von der Altstadt entfernt – darin regelrecht eingezwängt. „Hier weiter an einem Industriegebiet festzuhalten und das auch noch erweitern zu wollen ist eine stadtplanerische Totgeburt“, sagt beispielsweise der Architekt Bernd Bornschlegl, der etwas oberhalb des Auwegs in der Alten Straubinger Straße wohnt. Mehrere Anwohner verweisen im Gespräch auch immer wieder auf eine Diplomarbeit zweier Architekturstudenten aus den 90ern, in der der Westhafen in Anlehnung an das Projekt „Wohnen am Hamburger Hafen“ und die „Docklands“ in London überplant wurde.
Doch derartige Wünsche stehen in diametralem Widerspruch zu den Plänen der bayernhafen GmbH und den stadtplanerischen Vorstellungen im aktuell vorgelegten Aufstellungsbeschluss der Stadt für einen Bebauungsplan. Durch die Erweiterung des Container-Terminals, die laut Auskunft von Karin Moro demnächst begonnen und 2021 abgeschlossen sein soll, wird die Funktion des Westhafens als Logistikdrehscheibe weiter zementiert.
Misstrauen gegen Hafen und Stadt
Zwar beteuert die bayernhafen GmbH, dass es trotz der städtisch vorgesehenen Erweiterung des „Sondergebiets Hafen“ auf den Auweg nicht um die Ausweitung der Hafennutzung oder die Vergrößerung von Betriebsgrundstücken gehe, sondern nur darum „aus der historisch gewachsenen Gemengelage Rechts- und Planungssicherheit zu erreichen – für die Hafenkunden wie auch für die Nachbarn“. Allerdings interpretieren betroffene Anwohner diese Erweiterung dennoch nur als einen weiteren Schritt, um sie aus ihren Wohnhäusern in Hafennähe zu vergrämen. Mehrere berichten davon, dass der Hafen immer mal anfrage, ob man denn nicht doch Haus und Grundstück verkaufen wolle.
Im März 2018 wurden die Betretungsverbote an den Uferflächen rund um den Westhafen erweitert – nachdem diese Bereiche zuvor Jahrzehnte zugänglich waren. Ein Sicherheitsdienst, der regelmäßig patrouilliert, sorgt für deren Einhaltung. Eine Sicherheitsmaßnahme heißt es von bayernhafen-Seite – „aufgrund einer massiven Zunahme von Diebstahl, Sachbeschädigungen und Vandalismus bis hin zu Fällen illegalen Drogenhandels“. Mehrere Anwohner berichten von recht unschönen Begegnungen mit der “Hafenaufsicht”.
„Mir kommt das vor wie bei einem Miethai.“
Dazu kommen die teils einander widersprechenden Aussage von Stadt und Hafen zu den zukünftigen Plänen. Und nun die Ausweitung des Sondergebiets. „Mir kommt das vor wie bei einem Miethai“, sagt Anita Keuchl, die seit 25 Jahren am Auweg wohnt. Erst werde Verunsicherung verbreitet, dann werde einem der Zugang zum Wasser versperrt und am Ende stehe das Haus dann in einem Sondergebiet, wo im Zweifel niedrigere Lärm- und Emissionsschutzgrenzen geltend gemacht werden könnten, während gleichzeitig der Wert der eigenen Immobilie sinkt. „Am Ende gibt dann der eine oder andere auf und verkauft.“
Die Stadt Regensburg argumentiert genau anders herum. In einem „Sondergebiet Hafen“ bestehe die Möglichkeit, „über die starren Festsetzungsmöglichkeiten der anderen Gebietskategorien der Baunutzungsverordnung hinaus weitere Festsetzungen und Regelungen zu treffen“. Nur so könne eine gleichzeitige Wohn- und gewerbliche Nutzung sichergestellt werden. Und so könnten „beispielsweise“ dort „auch niedrigere Lärmwerte als in einem Gewerbe- oder Industriegebiet allgemein zulässig festgesetzt werden“.
Dass die betroffenen Anwohner am Auweg derlei interpretationsoffene Versprechungen glauben, darf man getrost bezweifeln. Mehrere haben sich bereits einen Rechtsanwalt gesucht, um gegen den geplanten Flächennutzungs- und Bebauungsplan zu klagen. „Es ist ja schön, wenn das Elektroauto vom Hafen vorm Rathaus steht und ein Foto mit Bürgermeister Jürgen Huber gemacht wird, der von besserer Luft für die Regensburgerinnen und Regensburger redet“, schimpft eine von ihnen. „Uns meint er damit sicher nicht.“ Und wieder rumpelt ein LKW vorbei.
Eingeborener
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Spannende Recherche ! Ob CSU,Spd oder ,bunte’Rathaus-Koalition, – immer trägt der Bürger die Lasten für diese Politik von ,Regensburg muss noch moderner, profitabler’ und sonstiger Mist werden. Was sagt die Opposition (ich meine Ödp und Linke) zu den Vorwürfen ?
highwayfloh
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Zuallererst möchte ich sagen, dass ich durchaus Verständnis für die Anwohner und Ihre Sorgen habe und aufbringe. Bei der gesamten Diskussion bezüglich der Thematik wird allerdings nicht betrachtet, dass solche Entwicklungen auch von uns als Gesellschaft und unserem Konsumverhalten zu tun haben.
Einerseits wird in unserer schnellebigen Zeit erwartet, dass die Ware, die man bequem übers Internet per Mausklick bestellt (eventuell möglichst billig und aus China) innerhalb von 24h bei uns zuverlässig ankommt, andererseits sind wir jedoch nicht bereit, die damit verbundenen Konsequenzen daraus zu tragen. Einerseits wird gefordert, dass viel mehr Güter auf dem See- und Schienenweg transportiert werden, andererseits wird aber nicht akzeptiert, dass dann bei diesen Verkehrsträgern die entsprechenden Kapazitäten geschaffen werden müssen um diese Umstellung zu bewerkstelligen. Ebenso wird vergessen, dass man mit dem Eisenbahnwaggon und dem Güterfrachtschiff eben nicht eine Haustür-Lieferung bewerkstelligen kann, sondern für die sogenannte “letzte Meile” eben der Verkehrsträger Straße notwendig ist und auch bleiben wird. Hier muss auch in der Bevölkerung ein entsprechendes Verständnis für die Zusammenhänge hergestellt und geschaffen werden. Es ist einfach unmöglich den Güter- und Warentransport ohne gewisse Einschränkungen zu bewerkstelligen.
Alex
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Über die Jahre hat sich im Auweg und den anliegenden Straßen die Regensburger Rotlicht-Szene fest etabliert. Vom Laufhaus, Nachtclubs, Wohnungsbordellen bis zum Straßenstrich in der Wiener Straße ist hier wirklich alles geboten. Das Anwohner hier noch einen großen Wertverlust ihrer Immobilien befürchten, überrascht doch sehr.
Nähere Informationen zu den einschlägigen Etablissements u.a. hier:
https://www.regensburgladies.de/Adressen/Regensburg/Auweg
https://www.regensburgladies.de/Adressen/Regensburg/Ditthornstr.
R.G.
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Das Gemeinsame an allen Regensburger Widmungen und Planungen scheint das lustige Katz- und Mausspiel mit den “aufgeregten Bürgern” zu sein.
Lothgaßler
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Wenn Planungen widersprüchlich sind, dann darf man die Verwaltung nicht einfach weiter wurschteln lassen. Die einen haben jetzt eine Baugenehmigung für eine Behindertenwerkstätte, die Planer wollen dort zukünftig eine Straße durch legen. Es kann nicht sein, dass einige angestellte Planer der Stadt ihr Ding machen. Dergleichen Betonkopfplanungen hat die Stadt früher schon gesehen und geistern heute noch durch bestimmte Köpfe (Burgunderring u.a.). Nun lautet die Parole nicht mehr unbedingt autogerechte Stadt (ich korrigiere, demnächst lautet die Parole eMobilität gerechte Stadt), sondern Gewerbe-/Industriegerechte Mischbebauung.
Das Hafengebiet ist alles andere als ein Gewerbegebiet für nicht störendes Gewerbe. Die Anwohner kannten die Zustände als sie sich dort niedergelassen hatten. Jede Änderung der Industrie- Gewerbetätigkeit in diesem Gebiet schlägt allerdings einseitig zu ihren Lasten durch. Kein Anwohner kann von sich aus etwas dazu beitragen die Belastungen zu verringern. Die Aufforderung zu verkaufen und wegzuziehen ist “kalte Enteignung”.
Einer von zu vielen
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bitte um Aufklärung – wohne seit 2013 in Weichs und mir ist dieses Gehupe der Rangierloks früher ( Reinhausen, Kasernenviertel ) nie aufgefallen. gibt es das in der Intensität schon immer oder hat sich das in den letzten Jahren erst so massiv ausgeweitet ?
Auch finde ich die Uhrzeiten, zu denen da gehupt wird ( 3:00 am, 5:00 am, … ) , schon jenseits des Grenzwertigen. Hier, so kommt es mir vor, wird der reguläre Bürger komplett ignoriert und – wenn ich das so lese, könnte man auch denken mit einem gewissen perfiden strategischen Interesse – gesundheitlich beeinträchtigt / genötigt.
Wie gesagt, ich wohne in Weichs, gegenüber vom IT-Speicher. der Hafenlärm, insbesondere das Hupen schallt oft lauthals zu uns herrüber, komplett Uhrzeit-unabhängig. Letzte Woche gab es zudem eine Nacht, wo der Wind offenbar von Süden kam und man die ganze Nacht das Klackern der Güterwaggons hören konnte / musste .
Hier in Weichs. da will ich mir gar nicht vorstellen, was das für ein Dolby® Surround Erlebnis im Hafengebiet sein muss.
Ein weiterer Punkt, der mich persönlich tangiert, ist dieser private Sicherheitsdienst.
Hab ja einerseits Verständnis das man sowas bei einem Betrieb dieser Größe glaubt zu brauchen, aber dann sollte er auch, gerade wenn der Betrieb so ins Stadtbild eingewachsen ist, auch nicht mit einem juristischen Schilderwald + Personenkontrolle auf Jugendliche, die mal am Donauufer ein Lagerfeuer machen wollen, Fußgänger mit und ohne WauWau,… alles in allem erholungsbedürftige Menschen, die die Nähe des Flußes zur Erholung suchen, reagieren, sondern, gemäß dem Auftrag, für Sicherheit im HAFENgebiet sorgen. Von mir aus mit Aufklärung oder wasauchimmer, aber mir kann keiner erzählen, dass ein Spaziergänger, der am Kiesufer nördlich der äußeren Wiener Straße mit seinem Dackel spazieren geht, eine Gefahr für den Betrieb des Hafens darstellt – das ist reine Schikane und zwar nicht nur von den Bewohnern des Auwegs, sondern aller Bürger unabhängig des Stadtteils, die solch abgelegene und wenig frequentierte Plätzchen noch schätzen.
joey
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Schilder helfen gar nix oder @Juristen?
Meines Wissens (Baustellen) muß man einzäunen, um wirksam ein Betretungsverbot zu behaupten.
Emissionsgrenzen: wenn ein Wohnanteil im Mischgebiet entsprechend hoch ist, gelten (vor Gericht) die Grenzwerte für ein allgemeines Wohngebiet. Ein benachbartes Sondergebiet braucht dann entsprechende Einschränkungen. Es wäre Sache eine langfristigen Stadtplanung (gewesen), unerwünschte Wohngebäude rechtzeitig zu verhindern.
Umgekehrt soll mir keiner den Moralischen geben, wenn er neben den Hafen auf ein billiges Grundstück baut. Architekt Bornschlegel kann sicherlich Rat geben, wie man sich vor Schall schützt.
Auch a Regensburger
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@einer von zu vielen:
Ja. Das hupen hat erheblich zugenommen. Und ja, am häufigsten zu Unzeiten.
Erstaunlich, dass es bis zu Ihnen zu hören ist.
Warum, weiß ich leider nicht.
@allgemein:
Anwohner gibt es hier schon immer.
Der Verkehr betrifft ja nicht nur den Auweg. Sondern auch die Bewohner rund um die Straubingerstraße. Die LKWs müssen ja auch zum Auweg hinkommen.
Wenn jetzt neu geplant wird, dann richtig. Zusätzlicher Verkehr in die Stadt rein ist bei einer sich ausbreitenden Stadt der falsche Weg.
Es müsste von der Osttangente aus zugänglich gemacht werden und eher nach Aussen anstelle nach Innen verlagert werden.
Potz Blitz
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Kompliment Herr Aigner: eine sorgfältige Recherche und einen fundierten Artikel haben Sie wieder abgeliefert. In Regensburg verdichten sich offensichtlich schon wieder harsche Konflikte bei der Stadtentwicklung und Verkehrsplanung (jüngste Beispiele: Königswiesen Nord, Holzgartensteg, Sondergebiet Hafen). Kann es sein, dass das politische Machtvakuum – gilt für die OB-Position ebenso wie für berufsmäßige Stadträte, die bei Bürgerdialogen häufig durch Abwesenheit glänzen – von der Verwaltung genutzt wird, um rigoros eindimensionale Exekutivinteressen durchzusetzen? Bürgerbedürfnisse werden zunehmend größtenteils ausgeblendet. Der sogenannte Nahmobilitätskoordinator, der eine kritische Stimme bei der Diskussion im Salzstadel zum „Holzgartensteg“ hat abblitzen lassen, sollte einen sozialen Verhaltenstrainingskurs absolvieren. Besser noch beim Stadtjugendring in die Lehre gehen; Stichwort „Demokratie lernen und fördern“! Den Spagat zwischen den wirtschaftlichen Interessen des Bayernhafen nach Gewinnmaximierung und dem Bedürfnis der Bürger in einem lebenswerten Umfeld zu wohnen und dem Wunsch nach einem gedeihlichen Aufwachsen ihrer Kinder, ist schwer hin zu bekommen. Dazu bedürfte es einer transparenten, ressortübergreifenden, differenzierenden und kohärenten Planung mit Mut zur Innovation und Weitblick. Genauso wichtig wäre eine aufgeschlossene Kommunikation und gepflegte Streitkultur. Der Hinweis auf das Projekt „Soziale Stadt“ hat schon etwas Verzweifeltes. Eine junge, noch so engagierte Quartiermanagerin im Stadtosten, ist angesichts eines solchen Spannungsverhältnisses schlichtweg die falsche Adresse. Regensburg hat leider sowohl in der Stadtspitze wie bei der „bunten“ Koalition und letztendlich auch in der Opposition einen Ãœberhang an Politiker*innen, die in erster Linie Eigeninteressen verfolgen, politische Nabelschau betreiben oder sich im politischem „Klein-Klein“ verlieren, statt einen anständigen Job als Bürgervertreter*innen zu machen. Einzig Frau Dechant scheint noch Bodenhaftung und Kampfgeist zu haben. Viele andere kümmern sich lieber um einzelne (!) Parkbänke und Straßenlaternen und ducken sich weg, wenn es um heiße Eisen und Großprojekte geht. Abgehobene Bürokraten vorzuschicken, von denen einige auch anscheinend noch ein „Empathiedefizit“ aufweisen, ist nicht sachdienlich. Der Bürgerunmut über die mangelnde Dialogfähigkeit ist nur allzu verständlich. Wie kann im Planungsausschuss so eklatant auf das Neue an der Stimmung der Bürgergesellschaft vorbei im Konsens abgestimmt werden? Liebe Rats-Leute, sollten manche Projekte zu komplex sein, holt euch einschlägige Expertise oder gebt euer Mandat zurück. Ein chronisch überforderter Stadtrat ist wahrlich kein Aushängeschild für unsere großartige Stadt. Wer ist der Souverän?
Auch a Regensburger
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Potz Blitz:
Genau
Nemo Udeis
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@Einer von zu vielen:
Ich wäre froh, wenn es “nur” der Hafen wäre …
Ich wohne im Inneren Osten in der Nähe der Domspatzen, 2. Stock, und möchte bitte definitiv keinerlei Wertung abgeben, was positive oder negative “Beschallung” ist, das wird jeder anders empfinden und viele Dinge aus der folgenden Liste stören mich nicht wirklich. Dazu wohne ich schon zu lange (über 30 Jahre) hier. Aber folgende Geräusche sind von meiner Wohnung aus gut zu hören (als geradezu “ideal” erweist sich dabei immer wieder der kleinste Raum der Wohnung – mit Sitzgelegenheit …):
– Der Hafen mit seinen Hup- und sonstigen Geräuschen (Schrottverladung usw.) zu allen Tages- und Nachtzeiten.
– Der Rettungshubschrauber des Uniklinikums.
– Die vielfach ausrückende Feuerwehr sowie die Malteser.
– Die Chorproben der Domspatzen.
– Die gasgebenden Vollpfosten auf der Rennstrecke Weißenburgstraße/Nibelungenbrücke.
– Die Studenten-WGs der näheren und weiteren Umgebung.
– Die Einsätze rund um die Donau, wenn jemand nicht mehr leben will.
– Die Kirchenglocken u.a. folgender Gemeinden: Mater Dolorosa, Kreuzkirche, St. Cäcilia, St. Anton, St. Albertus Magnus(!) sowie Dom, Karmeliten und Alte Kapelle.
– Die anfahrenden Busse im 10-15-Minuten-Takt.
– Ungeduldige Autofahrende im Stau mit nervösem Hup-Finger.
– Gut zu hören sind oft auch die Heimspiele des Jahn (!!!), wo ich nach manchem Aufschrei im Stadion mal neugierig auf den Live-Ticker schaue.
– Die am Samstagabend im Baumarkt neu erworbenen Werkzeuge, welche von den lieben Nachbarn häufig noch bis 22 Uhr ausgiebig getestet werden müssen …
Das meiste ist mehr geworden (Hafen, Raser, Autofahrer), einiges weniger (v.a. Glocken).
s-white
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@einer von zu vielen:
Das Hupen ist auch in Schwabelweis vermehrt zu vernehmen. Solidarische Grüße nach Weichs.
Oleg
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Stimmt, die Geräuschemissionen vom Hafen haben die letzten Jahre enorm zugenommen (vor allem Nachts) Hupen, Güterwagons, Verladen, Pfeifen etc. Wohne auch einige Kilometer weg im Norden, da fragt man sich schon……..
Auch die komplette Sperrung völliger unbedeutender Feldwege und Trampelpfade am Ufer mit aggressiven Sicherheitspersonal stößt mir als friedlicher Spaziergänger ziemlich sauer auf.
Mia Zwoa
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@ highwayfloh:
Grundsätzlich geben wir dem Einwand recht. Nur passiert im betreffenden Westhafen-Gebiet augenscheinlich nicht viel über das Schiff (das wäre auch nicht so laut), sondern mehr an diversen Containerverladezentren über Züge und einer Flut an LKWs. Es ist fraglich, wie sinnvoll es ist, an diesem Güter- und Warenumschlag innerhalb der Stadt festzuhalten. Insbesondere, da doch jetzt schon durch viele Kommentare ersichtlich wird, wie der Lärm nicht mehr nur den Auweg und die Alte Straubinger Straße betrifft. Da die Belastungen durch Lärm und Schmutz, auch ohne eine Erweiterung des „Sondergebiets Hafen” binnen der letzten Jahre immer mehr zunahmen, könnte man vermuten, dass in Zukunft noch mehr Menschen davon betroffen sein werden.
@ joey:
Wie schon von „Auch a Regensburger“ geschrieben, wird in diesem Gebiet schon immer gewohnt. So haben z.B. schon zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs dort aufwachsenden Kinder in den Bombentrichtern gespielt. Wir schätzen die neuesten Wohnhäuser dort sind die Stadtbauwohnungen, welche in den 90er Jahren generalsaniert wurden.
@ Alex:
Es bräuchte viel Rotlicht-Milieu, um die Lärmbelästigung des Hafenbetriebs zu über(s)tö(h)nen. Über Jahrzehnte haben sich die Anwohner damit arrangiert. Das heißt aber nicht, dass sie deshalb immer wieder neue Belastungen auf sich nehmen und aushalten müssen.
Die Lärmbelästigung wird, wie hier in den Kommentaren zu lesen, mittlerweile z.B. bis einige Kilometer nach Norden vom Hafen entfernt, bis nach Schwabelweis, Weichs, ins Wohngebiet nähe der Domspatzen und rund um die Straubinger Straße als belastend wahrgenommen. Dies bestätigt die These, dass eine Zunahme des Containerumschlags in der Stadt nicht mehr tragbar ist.
Betreffend der Sperrung der Grünflächen / Donauauen wird von Seiten der Leitung des Bayernhafens immer wieder auf die Verantwortlichkeit bei potenziellen Umfällen und Drogendelikten auf seinem Gelände hingewiesen. Wir und jeder, den wir bisher gefragt haben, hat noch nie eine kriminelle Handlung beobachten können. Wir sehen die Sorge einer Verletzung auf den unbefahrenen Wegen, Wiesen und Donauufern als unbegründet. Viel gefährlicher empfinden wir den Schwerlastverkehr und die Umweltbelastung in diesem Gebiet.
Ansonsten spricht der Artikel wirklich sehr für sich, dem ist nichts hinzuzufügen – eine umfangreiche Recherche mit der Gelegenheit der Stellungnahme fast aller beteiligten Parteien.
Es bleibt zu hoffen, dass auch die über die weitere Zukunft der um den Westhafen herum ansässigen Menschen entscheidenden Politiker diesen Artikel lesen und unbeeinflusst und sachlich reflektieren. Es scheint so, als würden diese sich bisher noch nicht darüber bewusst sein, dass mit ihren städteplanerischen Entscheidungen auch Individuen berührt werden, denn sonst würden sie ja die Appelle der Anwohner nicht derart ignorieren, oder?