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Wer schockte wen in der "Schocknacht"?

„Ich hab die Polizei gerufen – aus Angst vor der Polizei“

Was war los in der Januar-Nacht 2018? Vor Gericht zeichnen Zeugen ein deutlich anderes Bild, als zwei Polizeibeamte, die anfangs vor Ort waren. Symbolfoto: pm

Von drei Angeklagten im Prozess wegen eines aus dem Ruder gelaufenen Polizeieinsatzes wegen Ruhestörung ist nur noch einer übrig geblieben. Hat Nico Z. einem Beamten einen Schlag versetzt, so dass dieser zu Boden ging und sich verletzte? Zeugen schildern das Geschehen deutlich anders als die beiden Polizisten.

Mit einer Verfahrenseinstellung und einer vergleichsweise geringen Geldstrafe wegen Beleidigung beginnt der dritte Tag im Prozess um einen Polizeieinsatz, der am Ende völlig aus dem Ruder lief. Dabei waren zunächst nur zwei Beamte wegen Ruhestörung zu einer Geburtstagsfeier gerufen worden. Am Ende standen etwa 30 Polizisten in dem kleinen Hinterhof mit Garten in der Regensburger Altstadt (Hier geht es zu unserem Bericht vom ersten Prozesstag.). Die Bilanz: ein Polizist mit gebrochenem Sprunggelenk und drei Angeklagte, die sich seit Ende April vor dem Amtsgericht Regensburg verantworten müssen. Zwei von ihnen konnten den Gerichtssaal von Richterin Corinna Dexl am Montag kurz nach Sitzungsbeginn verlassen.

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“Nicht die klügste Handlung”

Gegen einen Gast der Feier wurde das Verfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft eingestellt – gegen eine Geldauflage von 2.000 Euro, die er zu gleichen Teilen an die Organisationen Sea-Eye und Campus Asyl bezahlen wird. Der Student wollte dazwischen gehen, als der Gastgeber der Feier von zwei Polizeibeamten rabiat über einen hüfthohen Jägerzaun gezogen wurde. Hier stimmen die meisten Zeugenaussagen wie auch die Handyaufnahme eines Gastes (Hier geht es zum Bericht über seine Vernehmung.) von der Situation überein. 

Einer der beiden Beamten brachte den Studenten zu Boden und wollte ihm anschließend, nach dem gemeinsamen Aufstehen, Handschellen anlegen. Auf dem Video ist zu sehen, wie er mehrfach laut nach dem Grund seiner Festnahme fragt und – das ist die Widerstandshandlung – zwei Mal seine Hand weg zieht. Das sei „nicht die klügste Handlung“ gewesen, so Richterin Dexl. Allerdings habe der Angeklagte sich rasch einsichtig gezeigt. Und auch seine Frage, warum er denn festgenommen werde, sei berechtigt gewesen. „Normalerweise stellen wir Widerstandshandlungen nicht ein.“ Am Rande: Der zweite Polizeibeamte, der zu diesem Zeitpunkt vor Ort war und nach der Über-den-Zaun-zieh-Aktion verletzt am Boden lag, schlug dem Studenten bei der Situation mit dem Schlagstock in die Bauchgegend. Folge: eine Rippenprellung.

50 Tagessätze für “Pfloutsch” und “Deppen”

Der zweite Angeklagte, ein Bewohner des Hauses, in dessen Innenhof die Feier stattfand, akzeptierte am Montag eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen. Der Mittfünfziger hatte den am Boden liegenden Polizisten als „Pfloutsch“ bezeichnet – ein bairisches Wort, das nach einhelliger Meinung aller Verfahrensbeteiligten einen Tollpatsch bezeichnet. Außerdem hatte er sich lautstark über die Beamten aufgeregt. Dabei fiel mehrfach das Wort „Deppen“, das der Angeklagte aber ausdrücklich auf die Art des Einsatzes und nicht auf einzelne Beamte bezogen wissen wollte.

Der Vorwurf, dass er Bier auf die Beamten geschüttet hätte, bestätigte sich im bisherigen Verlauf der Verhandlung nicht. So etwas gab es wohl, wenn man den bisherigen Zeugenaussagen folgt, allerdings lässt sich der wahre Täter offenbar nicht ermitteln.

Der Angeklagte hätte „eine gute Idee“ gehabt, als er – als der Älteste an dem Abend – versucht habe, die Situation zu klären, so Richterin Dexl. „Aber die Umsetzung ist gründlich misslungen.“ Auch die Vehemenz, mit der er sich aufgeregt habe und gar nicht mehr zu beruhigen gewesen sei, spreche gegen eine Einstellung. Die 50 Tagessätze bezeichnet Verteidiger Thomas Winkelmeier am Montag trotz Bedenken als „noch vertretbar”.

Kein Zeuge sah einen Schlag

Zurück im Gerichtssaal bleiben der Hauptangeklagte Nico Z., der an diesem Abend im Januar 2018 seinen 21. Geburtstag feierte, und sein Verteidiger Jörg Meyer. Unstrittig ist, dass bei ihm 0,3 Gramm Marihuana gefunden wurden. Den Vorwurf des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte sieht Corinna Dexl derzeit als nicht erwiesen an. Bleibt also der schwerwiegendste Punkt der Anklage: tätlicher Angriff auf einen Polizisten.

Der Beamte, der sich an dem Abend das Sprunggelenk brach, behauptet, dass Nico Z. ihm einen Faustschlag versetzt habe, ehe er zu Boden ging und sich verletzte. Zeugen für einen solchen Schlag gibt es nicht. Sein Kollege, der etwas versetzt knapp hinter ihm stand, als das passiert sein soll, hatte ausgesagt, dass er zu diesem Zeitpunkt auf eine andere Person fixiert gewesen sei und die Situation nicht mitbekommen habe. Auch laut polizeilichen Protokollen, die am Montag verlesen werden, hat keiner der vernommenen Gäste einen solchen Angriff gesehen. Und folgt man Zeugen, die an diesem Tag gehört werden, dann scheint insbesondere der verletzte Beamte sowohl für die Eskalation des eigentlich alltäglichen Einsatzes wie auch seinen späteren Sturz, bei dem das Sprunggelenk brach, zumindest mitverantwortlich gewesen zu sein.

Eine Feier ohne Alkoholexzesse

Übereinstimmend schildern die Zeugen eine Geburtstagsfeier ohne größere Alkoholexzesse – mit 20 oder 30 Gästen. Bei einem späteren Alkoholtest hatte der Hauptangeklagte 0,87 Promille. Eine Mitbewohnerin, die als Zeugin vernommen wird, sagt, sie habe ein Bier und einem Schnaps getrunken, mit dem sie um zwölf auf das Geburtstagskind angestoßen habe. Ein weiterer vernommener Gast war komplett nüchtern. „Ich war an dem Abend Fahrer.“ Ein dritter Zeuge schließlich spricht von „vielleicht zwei, drei Bier und einem oder zwei Schnaps“, die er draußen am Lagerfeuer getrunken habe.

Der 23jährige rief den Notruf, als die Situation schließlich eskalierte. „Weil ich Angst vor der Polizei hatte.“ Er will die Situation aus einer Entfernung von etwa drei Metern komplett beobachtet haben. Die Musik sei bereits aus gewesen, als Gastgeber Nico Z. zu den beiden Beamten an den Zaun ging. „Ich glaube, die Beschwerde kam, weil wir um zwölf alle Happy Birthday gesungen haben.“ In jedem Fall seien ohnehin eher die Gespräche als die Musik die lautere Angelegenheit gewesen.

Mit dem Schlagstock “herumgefuchtelt”

Die beiden Polizisten hätten vom Nachbargrundstück aus den Ausweis von Nico Z. verlangt. Es gebe jetzt eine Anzeige wegen Ruhestörung. Da habe es von hinten dann Unmutsrufe gegeben. “Das dürft ihr nicht.” “Da müsst ihr öfter kommen.” und Ähnliches sei gerufen worden. Der später verletzte Beamte habe dann den Schlagstock gezogen und „damit herumgefuchtelt“.

Z. habe den Beamten gesagt, dass er den Ausweis nicht bei sich habe. Das habe er gehört, so der Zeuge weiter. Aber das sei bei den sehr lauten Polizisten wohl untergegangen. Z.s Mitbewohnerin spricht von einem „durchweg provokanten Auftreten“ der Beamten. „Dann dürfen wir sie jetzt durchsuchen“, sei zurückgekommen, erzählt der Zeuge weiter. Und sofort hätten die Beamten nach Nico Z. gegriffen. „Nicht besonders zielführend, das war eher etwas patschig.“ Z. habe die Hände eines Polizisten „weg gewischt“. Daraufhin hätten beide Beamten Z. gepackt und „mit voller Wucht über den Zaun rüber gerissen“. Vor allem der anschließend verletzte Beamte habe hier mehr gezogen als der andere.

Ziehen mit unterschiedlichen Absichten

Diese Schilderung deckt zumindest mit der Aussage des anderen Polizisten. Dieser hatte ausgesagt, dass er Nico Z. nur festhalten und nicht über den Zaun ziehen wollte. Er sei an diesem Abend erst zum zweiten Mal mit dem Kollegen Streife gefahren. Da sei eine Abstimmung bei solchen Aktionen noch schwierig. Der später Verletzte hatte bekundet, dass man Z. sehr wohl über den Zaun ziehen wollte – um auf der anderen Seite in Ruhe mit ihm zu reden.

Für den Zeugen war das über den Zaun ziehen und der anschließende Sturz eine fließende, stolpernde Bewegung nach hinten. Einen Schlag schließt er definitiv aus. Als Polizist und Gastgeber dann übereinander liegend auf dem Boden gelandet waren, habe Nico Z. sichtlich Angst gehabt. „Der stand unter Schock. Das hat man gesehen.“

“Unfassbar bedrohlich”

Nico Z.s Mitbewohnerin half ihm anschließend auf. Sie habe das Geschehen die ganze Zeit im Blick gehabt, sagt die 23jährige, und schließt einen Schlag ebenfalls aus. Dem am Boden liegenden Beamten, der über Schmerzen geklagt habe, habe sie signalisieren wollen, das von den Umstehenden keine Gefahr ausgehe. Doch der habe nur mit seinem Pfefferspray gedroht. Den Einsatz an dem Abend bezeichnet sie als „unverhältnismäßig“ und in seiner Wirkung „unfassbar bedrohlich“.

Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt.

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Kommentare (4)

  • Mr. T.

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    Da tut sich die Polizei keinen Gefallen, wenn sie so einen “Tollpatsch” deckt. Den Arm wegziehen in so einem ungerechtfertigten Fall ist also schon Widerstand? Gibt’s bei eskalierender Gewalt durch Polizisten eigentlich auch eine Notwehr? Ich würde es mir nicht gefallen lassen, wenn ich wegen so etwas 2000 Euro oder 50 Tagessätze zahlen müsste. Mir kommt das nicht gering vor, auch wenn es das wohl vergleichsweise ist. Wären da zwei normale Polizisten hingekommen, wäre überhaupt nichts passiert. Die kämen hin, ermahnen die Gäste, leiser zu sein, und sagen vielleicht, was passiert, wenn sie nochmal kommen müssen. Hab ich schon oft genug erlebt und war nie ein Problem. Ich hab sogar schon Polizisten erlebt, sie sich entschuldigt haben weil sie wegen einem Anruf kommen mussten, obwohl es nicht gerechtfertigt war, und dann bedauert haben, kein Bier mittrinken zu können.

  • Helden vom Erdbeerfeld

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    Die Glaubwürdigkeit des Artikels wird durch die unglaubliche Grammatik unterstrichen.

  • auch_ein_regensburger

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    @Helden vom Erdbeerfeld
    Unglaubwürdig erscheint mir hier nur eines, und das ist die Aussage des einen Polizisten.

  • Altes Kamuffel

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    Krampfhafter Versuch, Nico Z. als Opfer darzustellen.

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