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Nachhaltig kurzsichtig

Nachhaltig. Ein viel gebrauchtes Wort in der Politik. Die Stadt Regensburg bildet da keine Ausnahme. Zwölf Jahre hat das Prinzip der Nachhaltigkeit die Politik von Oberbürgermeister Hans Schaidinger und der damals noch satten CSU-Mehrheit bestimmt. Davon gaben und geben zahlreiche Lippenbekenntnisse Zeugnis, ebenso wie die städtischen Publikationen.

Einige Beispiele:

Bürgersteige in Regensburg müssen „mit nachhaltig abstumpfenden Mitteln“ gestreut werden.

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Die Ernennung zum UNESCO-Welterbe bringt nicht nur „weltweite“, sondern auch „nachhaltige Aufmerksamkeit“, weiß Oberbürgermeister Hans Schaidinger.

Die Gewerbesteuereinnahmen in Regensburg waren in den letzten Jahren „nachhaltig höher“ als zunächst angenommen, gab Finanzreferent Dieter Daminger noch im letzten Jahr zu Protokoll.

Dass in Regensburg Investitionsprogramme „der Kontinuität und der Nachhaltigkeit” verabschiedet werden, kann man diversen Haushaltsreden des Oberbürgermeisters entnehmen.

Kürzlich war nun wieder viel von Nachhaltigkeit die Rede, weil sich das aber mittlerweile abgedroschen und wenig modern anhört, benutzt Oberbürgermeister Hans Schaidinger lieber das englische Pendant. „Sustainable“ soll also die Entwicklung in Regensburg sein. Und diese Entwicklung ist in Gefahr.

Am 24. Januar findet der Bürgerentscheid über eine Einhausung für die Ostumgehung statt. Am vergangenen Donnerstag verabschiedete der Stadtrat mit breiter Mehrheit ein erstes Informationsblatt, das – zusammen mit einem ebensogroßen Flyer der Bürgerinitiative – an die Haushalte verschickt werden wird. Die übergroße Mehrheit im Stadtrat ist sich einig: Das ist eine wichtige Straße. Die Bürger sollten mit Nein stimmen.

Hans Schaidinger nutzte die Gelegenheit für eine halbstündige Rede, die einem verzweifelten Appell gleich kam. Die weitere nachhaltige Entwicklung Regensburgs („sustainable developement“) verknüpft Schaidinger untrennbar mit dem Bau der Ostumgehung. Dazu brauche es aber auch etwas, das Schaidinger „sustainable commitment” nennt.

„Man muss sich in einer Bürgerschaft darauf verständigen können, dass die Diskussion um eine Baumaßnahme, die alle rechtlichen Regeln einhält und ein rechtlich ordnungsgemäßes Verfahren durchlaufen hat, irgendwann einmal ein Ende hat.” Sprich: Die Initiatoren des Bürgerbegehrens hätten gegen den Bau der Ostumgehung klagen sollen. Das wäre im Rahmen des Planfestellungsverfahrens möglich gewesen; blieb aber aus. Stattdessen gab es nun das Bürgerbegehren, dem im Januar der Entscheid folgt. Das ist das Gegenteil von dem, was sich der Oberbürgermeister unter “sustainable commitment” vorstellt.

Eines scheint nach den Informationen, die von der Verwaltung, aber auch vom Oberbürgermeister selbst präsentiert wurden, klar: Einen Zuschuss zur Einhausung, deren Kosten mit 18 Millionen Euro veranschlagt werden, wird es nicht geben. Die bislang zugesagten Zuschüsse zum Bau der Straße selbst wird es nur geben, sofern der Spatenstich bis Ende 2010 erfolgt. Falls nicht, werden die Karten über die Zuschusshöhe (aktuell 75 Prozent) neu gemischt. Und eines ist, angesichts der aktuellen Haushaltslage, sowieso klar: Eine Ostumgehung mit Einhausung wird die Stadt Regensburg finanziell nicht schultern können. Daraus folgt: Ist der Bürgerentscheid erfolgreich, wird es diese Straße auf absehbare Zeit nicht geben.

Das ist ein Problem für viele Bürger, die sich Entlastung versprechen.
Das ist ein Problem für Wirtschaftsunternehmen wie die Maschinenfabrik Reinhausen, die – sollte keine Ostumgehung kommen – damit droht, keine Erweiterung in Haselbach zu bauen.

Und das ist, glaubt Hans Schaidinger, eine Katastrophe für Regensburg: „Sollte dieser Bürgerentscheid erfolgreich sein, wird das einen Bruch in der erfolgreichen Entwicklung dieser Stadt darstellen. Dann stehen wir in weiteren drei Jahren schlicht und ergreifend vor einem Scherbenhaufen.”

Zurück zur Nachhaltigkeit. Man kann man sich nun über eine Bürgerinitiative aufregen, darüber, dass es den Bürgern an Einsicht in gewisse Notwendigkeiten („sustainable commitment“) fehlt.

Man darf aber auch feststellen, dass eine Politik, bei der das Fehlen einer Straße Regensburg in einen „Scherbenhaufen“ verwandelt, weder nachhaltig war, noch sustainable, sondern kurzsichtig.

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Kommentare (12)

  • gifthaferl

    |

    Ja mei – „sustainable commitment“- sowoas ham mir Rengschburga fei ned – wohea a…………….

    Die Kommunikation zu den Bürgerinnen ist nachhaltig gestört?! :shock:

  • Bernd Henneberg

    |

    Die Straße wird sicher gebaut. Schon allein weil der OB bei einigen ach so wichtigen Industrie-Unternehmen im Wort steht. Und da würde er wahrscheinlich sein Gesicht verlieren, würde Kao-Tai sagen.

  • Manfred Veits

    |

    (3. und letzter Versuch – very sorry)

    Tun muss man´s, Johann!
    Ein erfolgreicher Bürgerentscheid brächte neue Rahmenbedingungen

    “Eines scheint nach den Informationen, die von der Verwaltung, aber auch vom Oberbürgermeister selbst präsentiert wurden, klar: Einen Zuschuss zur Einhausung, deren Kosten mit 18 Millionen Euro veranschlagt werden, wird es nicht geben.”

    Wer hat die Fakten wirklich selbst geprüft? Die MZ zitierte – wohl am Sa./So. – ein Schreiben der Obersten Baubehörde an MdB Maierhofer, nur auszugsweise, ohne den Sachverhalt unter die Norm zu legen (subsumieren), so dass der ganze Artikel unverständlich bleiben musste. – Wer hat das vollständige Maierhofer-Papier?

    Bei einem erfolgreichen Bürgerentscheid gäbe es im Januar 2010 folgende Situation:

    1. Bereits existierende eigene Entscheidung des Stadtrats, eine Osttangente (-querung) zu bauen.

    2. Entscheid/Abstimmung der Bürger (= hat die gleiche rechtliche Qualität wie ein Stadtratbeschluss), diese “Tangente” nur als Einhausung zu bauen.

    Beide Entscheidungen bestehen für sich und ergänzen sich.

    Will man zum Schutz ALLER Anlieger diese Einhausung nicht bauen (weil man glaubt, das Geld nicht zu haben), dann muss der Stadtrat die zu 1. benannte eigene(!) Entscheidung aufheben.

    Es gibt also keinen Automatismus, wonach ein erfolgreicher Bürgerentscheid bereits das AUS für die Tangente mit Einhausung bedeutete. Ein solches AUS müssten schon die Stadträte selbst beschließen, etwa: “Wer ist dafür, dass keine Osttangente gebaut wird?” … und dann gehen die Hände hoch … oder auch nicht. Immer müssen die gewählten Repräsentanten persönlich und sichtbar Verantwortung übernehmen.

    Ausblick:

    Die mit einem erfolgreichen Bürgerentscheid einhergehende “Verzögerung” brächte darüber hinaus alleine durch Zeitablauf neue Rahmenbedingungen:

    1.
    Anwendung der EU-Richtlinie-Umgebungslärm
    2.
    Daraus weitergehende Verpflichtungen der Stadt
    3.
    Neue zeitgemäße, ergebnisoffene Beteiligung der Bürgerschaft
    4.
    Neue Wege der Förderfähigkeit einer Tangente mit Einhausung?

    Wunsch:

    Es gibt hier eine Reihe von Bloggern, die sich bereits tief in die Thematik eingearbeitet haben. Ich meine: Unter den aufgezeigten Umständen wäre ein weiteres allumfängliches Engagement ALLER wünschenswert, um E B E N
    eine Stadtentwicklung hinzubekommen, die das Prädikat “nachhaltig” iSd Edelmanns Carlowitz auch nachdrücklich verdient und 2 Generationen trägt, keine 5 Jahre.

    M.K. Veits

    P.S.

    Zum Erfinder der Nachhaltigkeit geht es auf
    http://www.zeit.de/1999/48/Der_Erfinder_der_Nachhaltigkeit

    Das Prinzip der N. ist im GG und in vielen deutschen Gesetzen, auch im Stadtentwicklungsplan 2005 verankert – was bleibt freilich ist zu erinnern an Lilo Pulver alias “Piroschka”, die sagte:

    “Nicht reden, Andy, tun muss man’s…”

  • Pessimist I.

    |

    After all these Years, this is a sustainabel Scherbenhaufen . Including a sustainabel Schuldenberg. Without any chance of sustainabel CHANGE . No we cann´t !

  • Joachim Datko

    |

    OB Schaidinger hat von Anfang an auf Verschuldung gesetzt und es auch gesagt!

    Zu “Pessimist I. am 30. Nov 2009, 20:5”
    Siehe:
    Finanzpolitik: Ein “Hans im Glück”
    http://datko.de/Regensburg-Verschuldung-1996.html

    Stoppen wir den finanzpolitischen Irrsinn:
    – Kein unnützes weiteres Schulgebäude für die FOS/BOS
    – Keine Stadthalle
    – Kein weiteres Jahnstadion

    Die Bevölkerung nimmt massiv ab!

  • Manfred Veits

    |

    Aus dem nachfolgenden LINK ergibt sich ohne weiteres, dass sowohl für den Landkreis als auch für die Stadt jedenfalls bis 2025 mit einer Zunahme(!) der Bevölkerung zu rechnen ist.

    Folgt man dieser Prognose, so sind die pauschalen Behauptungen von J. Datko nicht zutreffend.

    Mehr auf
    http://www.ropf.bayern.de/wfs/dw_opf/bev_rs.php

  • Joachim Datko

    |

    Nicht erst aus Schaden klug werden!

    Wir müssen uns von der Großmannssucht trennen, bevor es zu spät ist. Die Schadensmeldungen sind schon da.

    http://www.kulturnews.de/knde/news.php?id=00797&title=Wuppertal+will+sein+Theater+einsparen

    “Die Tage des renommierten Wuppertaler
    Schauspielhauses sind offenbar gezählt. Die Verschuldung der 350 000-Einwohner-Stadt steht bei rund 1,8 Milliarden Euro”.
    ===
    Durch unnütze öffentliche Ausgaben ruinieren wir die Wirtschaft und Arbeitsplätze.
    ==============================================
    Zu den Schülerzahlen an allgemeinbildenden Schulen: Jede zusätzliche Schule ist unnütz:
    Beispiel:
    Landkreis/Stadt Regensburg
    2005 2007
    15.909 15.045 -5.4%
    http://www.ropf.bayern.de/dbGden/thema_karten/tk_schulen_allgem.php?v_jahr=31.12.2005#regbez

  • Manfred Veits

    |

    Zum in der Überschrift angesprochenen Thema: Richtig ist, dass der Gebrauch des Wortes “Nachhaltigkeit” inflationär ist, für dies und das und jenes. Gerade auch die DAX-Unternehmen glänzen gern in ihren Nachhaltigkeits-Berichten damit – siehe nur das eine oder andere Regensburger Weltunternehmen.

    Und trotzdem:
    Das öffentliche Bekenntnis – und mag es zuerst auch nur als PR oder als der Unternehmenskommunikation dienend angesehen worden sein – zur N. führt zu à la longue zu einem Glaubwürdigkeit- und Legitimationsproblem all jener Unternehmen, Regierungen, Stadtverwaltungen, Bürgern …,bei denen das Handeln nicht dem Reden entspricht.

  • Jochen Schweizer

    |

    Hallo A. Aigner,

    Gratulation zu diesem Artikel!

    Nachhaltig und kurzsichtig, dass ist genau die korrekte Umschreibung für das Handlen der vergangenen Jahre der politisch Verantwortlichen aus Regensburg, an erste Stelle wäre hier der Herr Oberbürgermeister zu nennen.

    Im Frühjahr 2007 hatte die BayernLB, mit einem Herrn OB Schaidinger im Verwaltungsrat, offenbar von keiner Sachkenntnis getrübt, 67 Prozent der Hypo Alpe Adria Bank für 1,7 Milliarden Euro gekauft und der maroden Bank in Kärnten inzwischen insgesamt 700 Millionen Euro zuschießen müssen, um sie vor einer Pleite zu bewahren. Diese Gelder hat der bayerische Steuerzahler ungefragt aufgebringen müssen.

    Weitere 1,5 Milliarden Euro sind in den nächsten Tagen nötig – wer sie zahlt, darüber streitet Bayern mit Österreich. Wegen des Hypo Alpe Adria Bank-Kaufs ermittelt inzwischen die Münchner Staatsanwaltschaft gegen den früheren BayernLB-Chef Werner Schmidt.
    Sie geht davon aus, dass der Kaufpreis überhöht war.

  • Huber

    |

    Wenn im November, als das Bürgerbegehren sich abzeichnete, bei der Stadtverwaltung „Auskünfte“ der Bezirksregierung und der DB-Regio eingingen, die bestens taugen zur Abwehr des Bürgerbegehrens, dann liegt der Verdacht von Gefälligkeitsauskünften nahe. Also sollten diese Auskünfte solide rechtlich belegt sein mit Angabe von Rechtskommentaren, hohen Gerichtsurteilen u.ä.. Wo steht der Gesamttext der „Auskünfte“? Eine Würdigung der rechtlichen Belege hat zumindest in regensburg-digital niemand versucht. Im Gegensatz zur Kritik der SPD an den Thesen der BI sind unbelegte Auskünfte nur Meinungsäußerungen über Fakten. Die Thesen der BI sind dadurch nicht widerlegt.

  • Huber

    |

    Wo ist der Link zum angeblichen “Lärmgutachten von 2007” der DB-Regio mit den Eingangsdaten zur Emissionsberechnung?
    Was sind die Unterschiede zur Berechnung der Stadtverwaltung mit höherer Immission (etwa ein b.ü.G.)?
    Die Unterstellung, die Stadtverwaltung habe Emission mit Immission verwechselt, glaubt NIEMAND.
    Warum hat die Stadtverwaltung seit 2007 nicht reagiert auf Unterschiede zur eigenen Berechnung?
    Seltsam …

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