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Erstes Urteil zu Korruptionsvorwürfen steht bevor

Plädoyers um den „weißen Fleck auf der rechtlichen Landkarte“

Im abgetrennten Verfahren des zweiten Korruptionsprozesses fällt am Freitag das Urteil für den wegen Bestechung angeklagten früheren Geschäftsführer von Sontowski & Partner. Es geht um eine Spende von 5.000 Euro. Ein Punkt ist auch für die Entscheidung im Fall Wolbergs von einiger Bedeutung.

Rechtsanwalt Dr. Georg Karl fordert für seinen Mandanten einen Freispruch.

Hat ein früherer Geschäftsführer des Immobilienentwicklers Sontowski & Partner Oberbürgermeister Joachim Wolbergs mit einer Spende von 5.000 Euro bestochen, um auf dem Nördlichen Rübenhof für die Genehmigung von mehr Einzelhandelsfläche zu sorgen, oder nicht? Bereits am Freitag wird die fünfte Strafkammer am Landgericht Regensburg dazu ein Urteil fällen. Im Verfahren gegen Thomas R., das vor knapp zwei Wochen vom Prozess gegen Joachim Wolbergs abgetrennt wurde, haben Staatsanwaltschaft und Verteidigung am Dienstag ihre Plädoyers gehalten. Das Interesse ist gering. Zwei, am Ende drei Journalisten sind da. Rechtsanwalt Michael Haizmann, der Ferdinand Schmack im Wolbergs-Prozess vertritt. Und Joachim Wolbergs selbst ist gekommen, um zuzuhören und sich gelegentlich ein paar Notizen zu machen.

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Korruption vor der Wahl – ging das überhaupt?

Tatsächlich wird das Urteil in diesem Verfahren wohl eine Frage vorab beantworten, die für Wolbergs’ Urteil von einiger Bedeutung ist: Konnte er sich während seiner Zeit als Dritter Bürgermeister wegen der in Rede stehenden Spenden verschiedener Bauträger überhaupt der Vorteilsannahme bzw. Bestechlichkeit schuldig machen, oder nicht?

Die sechste Strafkammer unter Vorsitz von Richterin Elke Escher hatte diese Frage im ersten Prozess gegen Wolbergs ausdrücklich verneint. Sämtliche Spenden vor seiner Wahl zum Oberbürgermeister stufte das Gericht als legal ein, selbst die unbestrittenen privaten Vorteile über rund 20.000 Euro, die Wolbergs vom Unternehmen BTT über zu niedrige Rechnungen bei Renovierungsarbeiten für sich vereinnahmen konnte, stufte die Escher-Kammer in diesem Zusammenhang als bedeutungslos ein.

Wolbergs sei zwar als Dritter Bürgermeister bereits Amtsträger gewesen und damit theoretisch taugliches Objekt für Korruptionstatbestände, da aber Vorteile nur im Hinblick auf das Amt gewährt werden könnten, das der Betreffende zum entsprechenden Zeitpunkt inne habe, komme eine Strafbarkeit nicht infrage. Wolbergs sei als Dritter Bürgermeister mit Bau- und Immobilienangelegenheiten nicht befasst gewesen, habe darauf keinen Einfluss gehabt und könne demnach auch keine strafrechtlich relevanten Vorteile erlangt haben. Lediglich Geldflüsse nach der Wahl waren im ersten Urteil denn auch von Belang – Spenden in Höhe von 150.000 Euro nach Wolbergs’ Amtsübernahme stufte das Gericht dem folgend als Vorteilsannahme ein.

Neue Kammer, gleiche Auffassung?

Dass die fünfte Strafkammer im zweiten Prozess dieser Auffassung im ersten, noch nicht rechtskräftigen Urteil folgen wird, ist nicht ausgemacht. Ausdrücklich hat sich die Kammer unter Vorsitz von Georg Kimmerl eine nochmalige Prüfung dieser Frage vorbehalten. Und so geht es auch am Dienstag um die Frage, ob Thomas R. Wolbergs aus rein rechtlicher Sicht überhaupt bestechen konnte.

Sowohl sein Verteidiger Dr. Georg Karl als auch die Staatsanwaltschaft ziehen dazu einschlägige Urteile des Bundesgerichtshofs heran: die beiden Entscheidungen im Fall des Wuppertaler Oberbürgermeister Hans Kremendahl, ein Urteil zum Kölner Müllskandal. Doch die Auffassungen und Interpretationen gehen weit auseinander. „Ich versuche wirklich, die Staatsanwaltschaft zu verstehen“, sagt Rechtsanwalt Karl irgendwann. Doch es sei ihm kaum möglich. Teilweise würden Urteile sogar falsch zitiert.

Zwischen Freispruch und Geldstrafe

Und so stehen sich zwei Pole gegenüber: Während Karl mehrfach seiner „festen Überzeugung“ Ausdruck verleiht, dass hier nur ein Freispruch infrage kommen könne, fordert die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen wegen Bestechung. Ein minderschwerer Fall sei nicht gegeben.

Dreh- und Angelpunkt in der Argumentation der Ankläger ist insbesondere eine E-Mail, mit der sich Thomas R. die Spende, die kurz vor der Stichwahl floss, von einem übergeordneten geschäftsführenden Gesellschafter bei Sontowski absegnen ließ. Text:

„Könnten Sie das bitte veranlassen. Ich habe die Spende zugesagt, damit die Bücherei und der II. Bauabschnitt kommen.“

Er habe diese Spende vor der Stichwahl überwiesen haben wollen, weil Ferdinand Schmack ihn darum gebeten habe, sagt Thomas R. am Dienstag in einer kurzen persönlichen Einlassung. Er wisse nicht mehr, was er sich bei der Formulierung gedacht habe, aber seine Motivation sei es wohl gewesen, mit der Spende einen Beitrag dazu zu leisten, dass der Stillstand bei dem Projekt aufgebrochen werde.

Der Stillstand am Nördlichen Rübenhof

Stillstand? Der Bebauungsplan für die Einzelhandelsfläche war beschlossen. 3.000 Quadratmeter für den REWE. Kein Discounter, kein Getränkemarkt, wie von Sontowski & Partner erwünscht und wie im Optionsvertrag mit Schmack vereinbart. Und selbst die mittlerweile dort ansässige Bibliothek und Dependance der VHS war zwar theoretisch möglich, aber damals noch nicht konkret vorgesehen. Der amtierende Oberbürgermeister Hans Schaidinger stützte diese Position seiner Verwaltung trotz anderslautender Stimmen aus der Politik – selbst Teilen seiner eigenen Partei. Es ging nichts voran für Sontowski und Schmack.

Doch Ferdinand Schmack, der im Gegensatz zu Thomas R. regelmäßig bei der Politik Lobbyarbeit für das Vorhaben betrieb und sich dabei auch immer wieder mit Wolbergs traf, blieb hartnäckig. Er forderte R. auf, ihm ein Konzept für die erwünschte Bebauung zukommen zu lassen, die er den beiden OB-Kandidaten Christian Schlegl und Joachim Wolbergs mit „ins Gepäck“ geben könne. Gleichzeit solle man über eine kleine Spende an beiden Bewerber nachdenken. 900 Euro pro Nase waren von R.s Vorgesetzten nach Rücksprache bereits bewilligt. Doch das Konzept dauerte. Der erste Wahlgang, in dem Wolbergs fast auf Anhieb die absolute Mehrheit holte, kam und man verständigte sich nun darauf, nur noch für den aussichtsreichen Kandidaten bei der Stichwahl zu spenden: Wolbergs.

Kann man mit 5.000 Euro einen OB beeinflussen?

Die Wahlkampfunterstützung sei nie als Gegenleistung für eine konkrete Handlung gedacht gewesen, erklärt R. am Dienstag. „Ich hätte auch nie gedacht, dass man einen Oberbürgermeister mit 5.000 Euro zu einem konkreten Verhalten veranlassen kann.“ Und das habe er auch nicht. „Ich bin der festen Überzeugung, dass ich mich nicht strafbar gemacht habe.“

Darin ist er sich mit seinem Verteidiger einig. Georg Karl verweist auf die Summen, die beim ersten Wolbergs-Prozess um Volker Tretzel und auch bei den Bauträgern Schmack und Immobilien Zentrum im Raum gestanden seien bzw. stehen. „Hunderttausende von Euro“, teils über Strohmänner, größtenteils knapp unter der Veröffentlichungsgrenze, teils nach der Wahl. All das sei bei seinem Mandanten nicht der Fall. Man könne dessen E-Mail auch durchaus so interpretieren, dass er einen neuen Wind in der Politik wünschte, weil mit Schaidinger und der CSU eben nichts voran gegangen sei, und dass er deshalb mit der SPD eine andere Partei unterstützen habe wollen.

Ohnehin seien es doch die Vorgesetzten von R. gewesen, die die Spende am Ende bewilligt hätte. Er habe das laut Arbeitsvertrag gar nicht alleine entscheiden dürfen. Diese Vorgesetzten hätten auch laut Aussage des leitenden Ermittlers der Kripo zum Spenenverhalten bei Sontowski regelrecht gemauert. Und man verfolge doch normalerweise auch nicht eine Sekretärin, die angewiesene Überweisungen tätige.

Eine “erhebliche Höhe”

Staatsanwalt Wolfgang Voit bezeichnet dagegen 5.000 Euro als eine „erhebliche Höhe“. R. sei sich auch darüber bewusst gewesen, dass er damit „den mächtigsten Mann der Stadt“ positiv zu seinen Gunsten beeinflusse. Wolbergs sei nach seiner Wahl Chef der Stadtverwaltung geworden, habe ein gewichtiges Wort im Koalitionsausschuss und bei Fraktionssitzungen der SPD mitgesprochen. Zwar habe es auch andere politische Entscheider gegeben, die eine Erweiterung der Einzelhandelsfläche gefordert hätten – tatsächlich gab es dafür eine breite politische Mehrheit im Stadtrat, aber Wolbergs „konnte und hat wesentlichen Einfluss genommen“, so Voit.

Auch dass Wolbergs entsprechende Ziele schon vor seiner Wahl kommuniziert habe, ändere daran nichts. Dass die Erweiterung am Ende nicht wunschgemäß kam, ändere daran nichts. Die Verzögerung liege ausschließlich am Widerstand der Grünen im Stadtrat, die vor einer Entscheidung darüber ein neues Einzelhandelskonzept gefordert hätten.

Kein Streit über Tatsachen, sondern die rechtliche Bewertung

Es sei auch „lebensfremd“, davon auszugehen, dass Wolbergs nicht um die Motivation der Spende gewusst habe. Er habe noch vor seiner Amtsübernahme die Spendenquittung dafür unterzeichnet, zwei Mal sogar, weil diese zunächst auf ein falsches Unternehmen der Sontowski-Gruppe ausgestellt war. Darüber hinaus habe er regelmäßigen Kontakt mit Ferdinand Schmack gepflegt, mehrere Treffen seien dokumentiert. Auch habe sich Schmack in Wolbergs’ Namen ausdrücklich in einer E-Mail bei R. für die Spende bedankt. Alle Beteiligten hätten Bescheid gewusst, worum es gehe, so Voits Überzeugung.

E-Mails, Treffen, Quittung, Überweisung, politische Mehrheitsverhältnisse – all das ist weitgehend dokumentiert. Staatsanwaltschaft und Verteidiger streiten nicht über die Tatsachen, allenfalls deren Interpretation und vor allem über die daraus folgende rechtliche Würdigung.

“Das geht doch wirklich nicht” reicht nicht…

Rechtsanwalt Karl weist am Ende darauf hin, dass ein Oberbürgermeisterkandidat, der noch kein Amt inne habe, laut BGH-Rechtsprechung straflos Spenden einwerben und dabei selbst rechtswidrige Diensthandlungen versprechen könne. Selbst wenn man also davon ausgehe, dass es in diesem Fall irgendwelche derartigen Abmachungen gegeben haben könne – was er ausschließe – so bleibe festzuhalten, dass das Amt, das Wolbergs zum Zeitpunkt der Spende inne hatte, ebenso zu werten sei. Der Dritte Bürgermeister habe keinerlei Einfluss in diesem Punkt gehabt. Deshalb könne die Spende schon per se nicht strafbar sein.

Das sei ein „weißer Fleck auf der rechtlichen und moralischen Landkarte, den auch der BGH nicht schließen will“. Man könne das für falsch halten, und am Stammtisch für eine „Sauerei“ und er habe manchmal das Gefühl, dass die Staatsanwaltschaft so vorgehe, sagt Karl gegen Ende seines Plädoyers. „Aber einfach zu sagen ‘Das geht doch wirklich nicht’“ reiche eben für Juristen nicht aus.

Urteil am Freitag

Kurz meldet sich Oberstaatsanwalt Jürgen Kastenmeier darauf zu Wort. Er weise zurück, dass man das hier nur verfolge, weil man auf Stammtischniveau der Meinung sei, dass es sich um eine „Sauerei“ handle. „Wir verfolgen das, weil wir es für strafbar halten.“ Joachim Wolbergs quittiert das mit einem kurzen Auflachen im Publikum. Thomas R. verzichtet auf ein letztes Wort. Das Urteil wird am Freitag verkündet.

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Kommentare (26)

  • Dieter

    |

    Als kleiner Zusatz:
    soweit ich mich erinnere, hat es bei den anderen Großspendern auch mit einer “harmlosen” 5000€ Spende angefangen. Nur über die Zeit würde es immer mehr.

  • XYZ

    |

    Jenseits der juristischen Kapriolen um Kremendahl möchte ich nur darauf hinweisen dass solche Urteile nur dann als Vergleichsfall herangezogen werden können wenn auch der zugrundeliegende Sachverhalt einigermassen vergleichbar ist. Dort ging es um die Grossspende eines einzelnen Unternehmers zur Wiederwahl eines OB, hier geht es um das Scharwanzeln diverser Personen bei einem Hoffnungsträger zu etwaiger politischer Umgehung des Bauplanungsrechts und damit letztlich des Bürgervotums.

  • Mr. T.

    |

    In welcher Welt kann denn eine Spende so kurz vor einer Stichwahl, deren Ergebnis ohnehin klar war, irgendeinen anderen Zweck haben, als sich den Bespendeten gewogen zu machen? Damit noch eine Wahl positiv zu beeinflussen ist, wie wenn ein Skispringer nach dem Absprung nochmal seine Skier wachst.
    Dasselbe Ziel verfolgte auch die früher angedachte Taktik, die beiden aussichtsreichsten Kandidaten zu alimentieren. Der E-Mail-Verkehr zwischen S., R. und W. ist ebenso aussagekräftig.

  • XYZ

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    Scharwanzeln ist mir so unterlaufen. Nachtrag: ‘Schar’ ist laut Schmeller, Bayerisches Wörterbuch II, Spalte 443 eine Reihe oder frz. tour, wo sich bei einem Tanz mehrere ablösen und sich was schönes vornehmen, und ‘wanzen’ Spalte 963 sich anfressen. Und der Tanzmeister schaut gerne zu, ist ja nicht umsonst.

  • XYZ

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    Um nochmals zu präzisieren: das oberpfälzerische ‘Scharwanzeln’ ist gleichzusetzen mit dem französischen ‘Antichambrieren’: Geduldiges Warten im Vorzimmer höherer Personen, dann vorgelassen zu Vier-Augen-Gesprächen wenn ein Vorteil winkt – hier Spenden. . .

  • Julian86

    |

    Das Strafrecht im Lichte des Grundgesetzes

    Wahlrechtsgrundsätze
    Gem. Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG werden die Abgeordneten des Bundestages in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Diese Verfassungsgrundsätze gelten auch bei Kommunalwahlen, Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG.

    Was im Bericht kaum angesprochen wird: Ist der vom Bundesverfassungsgericht hoch gehaltene Grundsatz der Gleichheit der Wahl. Auch das passive Wahlrecht fällt darunter. Also das Recht des OB-Kandidaten Wolbergs, im Vorfeld der Wahl bei der Entgegennahme der für seine (damalige) Partei bestimmte Spende nicht schlechter zu stehen, wie sein (damaliger) CSU-Widerpart, der als “Nicht-Amtsträger” frei darin war, Spenden etc. anzunehmen.

    Der Grundsatz der Gleichheit der Wahl gebietet, dass alle Staatsbürger das aktive und passive Wahlrecht möglichst in formal gleicher Weise ausüben können. Er ist im Sinne einer strengen und formalen Gleichheit zu verstehen (vgl. BVerfGE 51, 222 [234]…85, 264 [315]).

    Es ist also dieses verfassungsrechtliche Gleichheitsrecht, das quasi die Amtsträgerschaft Wolbergs als 3. Bürgermeister strafrechtlich als nicht “existent” behandelt, also quasi im Lichte der gebotenen verfassungsrechtlichen Auslegung der fraglichen Straftatbestände “wegmoderiert”. Man spricht rechtlich von “Privilegierung”.

    Fazit: Beide OB-Kandidaten waren im Vorfeld der OB-Wahl als “Nicht-Amtsträger” anzusehen, um der verfassungsrechtlichen Garantie der Gleichheit der Wahl, als “vornehmstes Recht” jedes Bürgers, zu genügen.

    Wollte das Regensburger Gericht gleichwohl Wolbergs insoweit als taugliches Objekt einer sog. Korruptionstat ausmachen, müsste es sich “kreativ” mit der Verfassung auseinandersetzen.

    Die Richter aber entscheiden: in Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3, 97 GG).
    https://www.gewaltenteilung.de/der-richter-im-grundgesetz/

  • Lothgaßler

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    Können 5000 Euro einen OB beeinflussen?
    Gegenfrage: Können 5 oder 10 Euro einen Müllmann beeinflussen?
    Die Spende sollte natürlich wahrgenommen werden, sonst wäre die Spende sinnlos gewesen. In gewisser Weise war es ein Optionsschein, eine Wette auf die Zukunft. Die Frage ist auch die: wie nimmt der Bespendete diese unerwartete Spende wahr, als Versprechen für mehr? Gerade dieses wäre für Wolbergs ein starkes Motiv gewesen, denn er musste sein Dauerwahlkampfbüro finanzieren, und Spenden spielten hierfür eine große Rolle. Das Dauerwahlkampfbüro sollte auch nach der OB-Wahl nicht abgewickelt werden, sondern weiter laufen. Auch hier ging der Horizont über die OB-Wahl hinaus.
    Die Sichtweise der Juristen tut einem richtig weh: Weil ein 3. Bürgermeister offiziell nicht in seinem Amt mit Baugenehmigungen umzugehen hat, kann er in diesen Angelegenheiten im Sinne des Strafrechts nicht bestechlich handeln. So mancher Beamte in der unteren und mittleren Ebene dürfte sich nun fragen, weshalb er aufpassen muss, wenn er Geschenke annimmt. Deren Entscheidungsbefugnisse sind doch arg begrenzt.
    Norbert Hartl hat kürzlich in seiner Zeugenaussage ausgeführt, dass Entscheidungen vorab besprochen wurden und der Vorsitzende nur noch als (stimmberechtigter) Moderator auftrat. Solch offene Worte sind schön, denn damit wird klar, dass diese Entscheidungen von einigen wenigen Kommunalpolitikern in nicht näher benannten Runden vorbereitet und dann über die offiziellen Entscheidungsgremien abgenickt wurden. Mit anderen Worten: Der Stadtrat wurde von einigen wenigen instrumentalisiert. Norbert Hartl war scheinbar einer von Ihnen, sonst wüsste er das nicht zu berichten. Wolbergs war sicher mit dabei, er war nicht irgendein Stadtrat, kein Hinterbänkler, er bildete mit Norbert Hartl das Führungsduo der SPD.

  • Lothgaßler

    |

    @Julian86:
    Das kann so nicht ganz stimmen, denn wäre der 3. OB gemäß Geschäftsverteilungsplan offiziell für Bauangelegenheiten zuständig gewesen, dann hätte die Richterin Escher wohl die Schuld als gegeben erkannt. Private Vorteile (Renovierung der Wohnungen/Ferienhäuser) können schwerlich dem Wahlkampf zugeordnet werden, und außergewöhnlich hohe Spenden unter aktiver Spendeneinwerbung in nur einem Wirtschaftszweig mit Amtsbezug sind geeignet den Anschein der Käuflichkeit zu vermitteln. Auch kommunaler Wahlkampf ist zeitlich und finanziell begrenzt und ein Dauerwahlkampfbüro auf kommunaler Ebene hatten die Gesetzestextler sicher nicht im Gedankengang. Auch die persönliche Verknüpfung des Wahlkampfbüros mit Spendenkasse und Kreditfinanzierung ist ein Problem: Wäre das organisatorisch und persönlich sauber von Wolbergs getrennt gewesen, es läge kein persönliches Motiv zur Spendeneinwerbung vor.

  • Julian86

    |

    Lothgaßler, ich gebe Ihnen folgenden Tipp:

    Bitte “googeln”
    “§ 331 ff stgb gleichheit der wahl privilegierung”
    Sie kommen zum Leipziger Kommentar und stoßen auf der fraglichen Seite zu den Sätzen 575 und 576.

    Zusatz: Da die Erweiterung des Zentrums auch eine Bibliothek vorsah (und auch sonst im Interesse der nachbarlichen Anlieger war) kann es nicht sein, dass die Erweiterung “allein dem Zuwendenden nutzte” bzw. “nur bestimmten Individualinteressen förderlich” war.

    Ich habe den langen Link zu books.google.de versuchsweise reduziert in:
    https://tinyurl.com/wzvzfsw

  • Brenner

    |

    Wenn ich das richtig verstanden habe:

    Ein Nichts-Amtsträger (Christian Schlegel) darf im Hinblick auf seinen etwaigen Wahlsieg im Wahlkampf Bestechungsgelder annehmen. Er darf also korrupt sein, weil der Gesetzgeber diese Art von Korruption (bewußt?) nicht mit Strafe bewehrt hat.

    Ein Amtsträger (J. Wolbergs) dagegen dürfte im Wahlkampf keine Bestechungsgelder im Hinblick auf seinen etwaigen Wahlsieg annehmen. Ohne Bestechungsgelder wäre er aber ggü. dem Nicht-Amtsträger im Nachteil. Daher wird sein Recht, ebenfalls straflos Bestechungsgelder anzunehmen, von der Verfassung geschützt.

    Nun ja…

  • Lothgaßler

    |

    @Julian86:
    Ich verstehe den Grundsatz, dass ein Amtsträger nicht in seinem passiven Wahlrecht allein deshalb beeinträchtigt werden darf, weil er schon ein Amt inne hat. Das wäre aberwitzig.
    Im Kommentartext ist aber auch von “Wiederwahl” die Rede, d.h. Wahlkampf wird als zeitlich befristetes Ereignis wahrgenommen. Wolbergs schuf ein Dauerwahlkampfbüro, pumpte das über einen Kredit auf und warb nicht nur für seine OB-Wahl Spenden ein. Das ist vom Ansatz her schon etwas anderes.
    Wenn nun die Chancengleichheit als Prinzip dieser Rechtssprechung dienen soll, dann müssten sich die Juristen doch auch konkret im Einzelfall mit der Gleichheit der Art und Weise und des Umfangs der Spendenwerbung befassen. Wolbergs vs. Schlegl: Häufigkeit der Kontakte mit Spendern (Anlass, Möglichkeiten, direkt persönlich), der Spendenanfragen, der Spendeneingänge/-Zusagen; Organisation und Kosten des Wahlkampfs (Wahlkampfbüro/ Dauerwahlkampfbüro, personelle Ausstattung usw.); Vergleichbarkeit der Spender und Spendensummen (identisch, Wirtschaftszweige, privat vs. Unternehmen).
    Zudem war der Wahlkampf bei weitem nicht so offen im Ausgang wie es heute scheint: Schlegl war innerhalb der CSU nicht unumstritten, Schaidinger hat sich doch deutlich von ihm abgesetzt. Keiner von beiden stellte sich als OB einer Wiederwahl, aber Schlegl hatte einen gesicherten Arbeitsplatz außerhalb der Politik. Wolbergs war zu diesem Zeitpunkt bereits “Berufspolitiker”, ohne berufliche Alternative und mit Wahlkampfschulden (“Das ist wie ein Aktienkauf, der schief geht”, A. Wolbergs zum Darlehen: https://www.regensburg-digital.de/wolbergs-korruptionsprozess-das-ist-wie-ein-aktienkauf-der-schief-geht/07022020/), auf OB-Wahl oder weiteres Bürgermeisteramt angewiesen, Wolbergs hat also in seinen beruflichen Werdegang “investiert” (Aktienkauf!!!).
    Auch das scheint mir der Juristen-Kommentar nicht zu reflektieren: Ist Berufspolitikertum gewollt, dann gehört die Wahlspendeneinwerbung zum Berufsbild, die Einnahmen müssen dann aber auch personalisiert und als Einkommen versteuert werden ;-). Besonderer Schutz des Berufspolitikertums würde meiner Auffassung nach aber dem Gleichheitsgrundsatz beim passiven Wahlrecht widersprechen, denn Berufspolitiker wären ggü. jedem anderen Kandidaten im Vorteil, außer dieser wäre reich (warum denke ich jetzt an Donald Trump?).
    Wozu sich die Juristen nicht äußern ist die Angemessenheit der Spendeneinwerbung: Kommunalwahl, OB-Wahl. Was darfs denn kosten, ab wann sind es “Investitionen”, ab wann wird Politik zum Geschäft?

  • kb

    |

    @Julian86 :”Da die Erweiterung des Zentrums auch eine Bibliothek vorsah (und auch sonst im Interesse der nachbarlichen Anlieger war) …” – eine bloße Behauptung, keine Argumente, keine Belege

  • Julian86

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    @kb, womöglich ist Ihnen trotz der RD-Berichterstattung das Vorstehende entgangen. Unstreitig hat die Beweisaufnahme dieses ergeben. Der ehemalige Finanzreferent soll sich danach sogar gegen(!) eine Bibliothek ausgesprochen haben, weil diese ja Geld koste.
    (siehe dazu Link am Ende, worin ein Politikwissenschaftler über die Bildungs-Aufgabe der sog. Elite Ausführungen macht)

    Frau Straßer (MZ) notierte am 9. Januar, 11:02
    “Auch zum nördlichen Rübenhof macht Artinger Ausführungen. Aber März 2015 sei über den Wunsch des Investors gesprochen worden, die Fläche für das Nahversorgungszentrum zu erweitern. Er habe aus dieser Zeit auch E-Mail-Verkehr mit den Stadträten Hartl und Kunc. Damals habe man auch insofern eine Einigung erzählt, dass man einen größeren Drogeriemarkt befürworte und eine Überarbeitung des Einzelhandelsrahmenkonzepts anstrebe.”
    https://embed.scribblelive.com/Embed/v7.aspx?Id=2813996&Page=4&overlay=false
    Bei deren Mitschrift können Sie sich vertiefend einlesen.

    Herfried Münkler
    > Einigen Teilen des Volkes fehle ein bestimmtes Wissen über politische Prozesse, sagt er. Darum müssten die Eliten dafür sorgen, mit ihrem Wissen diese Gruppe zu unterstützen, so der Publizist. <
    https://www.deutschlandfunkkultur.de/politikwissenschaftler-herfried-muenkler-grosse-teile-des.990.de.html?dram:article_id=371845

    Unterstützung in Form einer Bibliothek: "Wissen teilen"
    https://www.bpb.de/lernen/digitale-bildung/werkstatt/283868/sozialer-lernort-die-oeffentliche-bibliothek

  • Julian86

    |

    Zu Lothgaßler, der schreibt:
    “Auch das scheint mir der Juristen-Kommentar nicht zu reflektieren: Ist Berufspolitikertum gewollt, dann gehört die Wahlspendeneinwerbung zum Berufsbild, ….”

    Das Spenden ist Teilhabe des Bürgers am politischen Prozess.

    Das Einwerben von Parteispenden wird wegen der sog. Staatsfreiheit der Parteien letztendlich auch vom Verfassungsgericht gefordert. Die Parteien sollen nicht nur durch “Alimentierung” des Staates existieren können. Unter dem Stichwort “Parteiverbotsverfahren” ist auf der Website des BVerfG zu lesen:
    “Parteien sind wichtige Bindeglieder zwischen den Wählerinnen und Wählern einerseits sowie dem Parlament und der Regierung andererseits. Ihre Tätigkeit soll möglichst wenig durch den Staat beeinflusst werden.”

    Zitate aus einer Entscheidung des BVerfG:

    “Der Grundsatz der Staatsfreiheit” (Randziffer 194)

    “Das Grundgesetz hat in Art. 21 GG die politischen Parteien als verfassungsrechtlich notwendige Instrumente für die politische Willensbildung des Volkes anerkannt; es setzt politische Parteien voraus, die dieser Aufgabe, getragen von der Bereitschaft der Bürger, sie auch finanziell zu unterstützen, gerecht werden können.” (Randziffer 149)

    “Die mit der Gewährung von großen Spenden verbundene Einflußmöglichkeit auf die politische Willensbildung erschöpft sich jedoch nicht darin, daß ein Spender, der die – gleichsam als vorgegeben gedachten – politischen Auffassungen einer Partei teilt, mit der Spende zugleich seiner persönlichen politischen Meinung zu einer größeren Werbekraft verhilft. Eine solche Spende kann auch dazu führen, daß der Spender einen mehr oder minder großen Einfluß auf politische Entscheidungen der von ihm bedachten Partei erlangt (vgl. BVerfGE 24, 300 [360 f.]). (Randziffer 151)

    “Das Grundgesetz begegnet den mit solchen Spenden möglicherweise verbundenen Gefahren durch das in Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG an die Parteien gerichtete Gebot, über die Herkunft ihrer Mittel öffentlich Rechenschaft zu geben. Damit stellt das Grundgesetz sicher, daß große Spenden an die politischen Parteien nicht anonym bleiben und daß auf diese Weise nicht unerkannt Einfluß auf die politische Willensbildung genommen wird. Im übrigen überläßt es das Grundgesetz der Verantwortung der Parteien, einem auf sie eindringenden sachwidrigen Druck zu widerstehen (vgl. BVerfGE 20, 56 [105]; 52, 63 [86 f.]; sowie jetzt § 25 Abs. 1 Nr. 6 PartG) (Randziffer 152)

    Quelle:
    Parteispenden-Urteil des BVerfG
    http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv073040.html

    “Grundrechte gehen vor.” – schreibt Lothgaßler beim Obdachlosen-Bericht.

    Ja, aber immer. Es sei denn, die EU, deren Demokratie-Defizit allgemein bekannt ist, schafft Regelungen, die den Verfassungen der Mitgliedsländer vorgehen. Das aber ist ein anderes Problem.

    Zur kritischen Lage der Großspenden am Beispiel des Jahres 2018 incl. Auflistung der jeweiligen Summen samt Tabelle
    https://www.lobbycontrol.de/2019/01/parteispenden-2018-immobilienlobby-legt-zu/

  • XYZ

    |

    Zu Julian 17.42
    Die angezogenen Beschlüsse/Urteil des BVerfG sind nur uralt, von 1968 und 1986. Damit kann man keinen Hund mehr hinter dem Ofen herlocken, betreffen vorwiegend Nebenaspekte wie Abschlagszahlungen und Steuern mit einem obiter dicta. Staatsfreiheit der Parteien bzw. Politiker ist doch ziemlich überholt, abgesehen davon dass wir das schon einmal erlebt haben, das schwirrte wohl noch in den ergrauten Köpfen trotz Grundgesetz herum. Es wäre Zeit für eine transparente Spendenregelung, damit lässt sich einem Spendendruck begegnen.

  • XYZ

    |

    Zu ergänzen Art. 94 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz: “Die Mitglieder des Bundesverfassungs-Gerichts werden je zur Hälfte vom Bundestag und Bundesrat gewählt”. In diesen Parlamenten sitzen die jeweiligen Parteien. Da wird man sich doch nicht etwa in Sachen Parteienfinanzierung unbeliebt machen wollen?

  • Jonas Wihr

    |

    komisch – die Kommentare von Julian86 und XYZ lese ich schon lange nicht mehr. Wem geht es auch so? Ach, wie vermisse diesen MKVeits oder wie er hieß, der postet hier wohl nicht mehr.

  • XYZ

    |

    Jonas Wihr:
    Sie lesen es also doch und kommentieren sogar dazu, wie schön! Danke

  • XYZ

    |

    Soweit ich das überblicke beharrt das BVerfG in ständiger und altertümlicher Rechtsprechung auf der ‘Staatsfreiheit’ der Parteien, auch im Hinblick auf neuere Anträge der AfD zur Parteienfinanzierung. Parteispenden sind im Rechenschaftsbericht zu veröffentlichen und bei der – überwiegenden – staatlichen Querfinanzierung einzustellen. Das geht an der Wirklichkeit vorbei. Inzwischen ist sponsoring up to date: Auftreten von Politikern bei Firmen-Veranstaltungen als Redner mit entsprechendem Honorar – keine Spende – für erhoffte Wahl. In anderen Ländern ist das nicht erlaubt, etwa in Frankreich, nur deklarierte Privatspenden mit jährlicher Obergrenze. Beispiel der MPr. Rüttger?

  • Julian86

    |

    Diese Entscheidungen sind, wie XYZ richtigerweise bemerkt nicht nur “uralt”; sie sind auch für jedermann bindend.

    Dass der Gesetzgeber diverse Schlupflöcher, Gestaltungsmöglichkeiten, unbestimmte Gesetzesbegriffe (…) schon längst hätte in Angriff nehmen können – darüber wurde hier schon geschrieben; insbesondere liegen ansprechende, für Transparenz und Einschränkungen sorgende Gesetzesentwürfe vor.

    Das Eigeninteresse der sog. Volksparteien, welche die großen Spendenempfänger sind, verhindert eine diesbezügliche Mehrheitsfindung im Bundestag.

    “U.a. Dr. Wagenknecht hat mit anderen im Bundestag beantragt:
    Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, um im Parteiengesetz ein Annahmeverbot für Spenden von juristischen Personen wie Unternehmen, Wirtschaftsverbänden und Vereinen an politische Parteien sowie die Begrenzung der Parteispenden von natürlichen Personen auf höchstens 25.000 Euro pro im Jahr zu regeln.”
    Gute Begründung unter
    http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/090/1909054.pdf

    Der Gesetzesentwurf der Grünen vom Juni 2018 geht in die gleiche Richtung
    http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/027/1902739.pdf

    Ja, Herr Wihr, wenn man nicht liest, was die Lage ausmacht, und ggf. die “falschen” Parteien wählt, dann ändert sich an der von den USA zu uns herüberschwappenden
    https://de.wikipedia.org/wiki/Plutokratie
    nichts.

    Dort wendet sich u.a. Senator Sanders gegen die Super-Pacs: Political Action Committees und was machen die deutschen Medien durch die Bank? Sie “verteufeln” ihn.

    Hintergrund
    https://www.sueddeutsche.de/politik/wahlkampffinanzierung-in-den-usa-supreme-court-kippt-obergrenze-fuer-spenden-1.1928485

    Zu den “hochgradig intransparenten” Einnahmen aus Parteisponsering in Millionenhöhe von 2012-2017, führend die Union, gibt eine Tabelle mit einem Blick Auskunft
    https://lobbypedia.de/wiki/Parteisponsoring

  • Lothgaßler

    |

    @Julian86:
    “…Das Spenden ist Teilhabe des Bürgers am politischen Prozess…”
    Das ist die wohl schwächste aller Teilhabemöglichkeiten, denn sie erlaubt keine Einflussnahme. Die Spenden des normalen Bürgers sind Kleinspenden, diese Spenden hier hatten einen anderen Bezug, Regelbrecher müssen kaum Strafe fürchten.
    Zudem zielt dieser Satz auf Bürger, nicht auf von Unternehmen veranlasste Spenden. Ich interpretiere Ihre weiteren Ausführungen zudem so, dass Spenden durch Firmen (insbesondere die getarnten Mitarbeiterspenden) keine privilegierten Parteispenden sein können. Mein Fazit: Juristen tragen dazu bei Lobbyismus von Unternehmen mit Parteispenden von Bürgern gleichzusetzen. Juristen müssen nun Rechtspflege betreiben und für Unternehmensspenden eine eigene Spendenkategorie einführen, mit eigenen Regeln, getrennt von Bürgerspenden. Juristen, Organe der Rechtspflege, tut eure Pflicht und versteckt euch nicht hinter Juristen-Kommentaren eurer Ahnen!

  • frage

    |

    ich finde die einlassungen von julian86 und xyz hinsichtlich der rechtlichen bewertung schon interessant. die standpunkte wechseln und man darf auf das urteil gespannt sein. man sieht, dass juristisch doch einiges anders bewertet werden kann als moralisch. und das ist der punkt der für den wähler zählen sollte: nicht die höhe, sondern die bereitschaft spenden von jedem anzunehmen.

    “Kann man mit 5.000 Euro einen OB beeinflussen?”

    wenn man sich das spendenaufkommen der bruecke ansieht (auf deren seite nachzulesen), dann kommt man für den monat januar auf knapp 5000 €. ist das jetzt für die bruecke viel? wenn man sich die anderen spendeneingänge ansieht, ja. ist es für die damalige spd viel? nun, anscheinend hat sich die spendenbereitschaft hoch geschaukelt und der betrag wirkt im gesamtgeschehen niedrig. wenn man sich allerdings die jetzige spendenbereitschaft ansieht, auch im hinblick auf mögliche verfahren, dann haben sich die beträge wieder normalisiert und daher würde ich sagen, ja, mit 5000 € kann durchaus jemand beieinflusst werden. das ist mein nicht juristischer standpunkt. für den einen sind 5000 € viel, für den anderen nur ein taschengeld. je nach marktlage.

    es schreibt hier ja mittlerweile auch ein kulttrainer aus der bundesliga mit. dort ist es mittlerweile das gleiche: früher war eine million für einen spieler eine menge geld, heute würde kein profi der bundesliga mehr das telefon abnehmen und sich das angebot anhören. ausser sky verliert die bundesligarechte und der fan stellt fest, dass streaming über dazn oder amazon bei weitem nicht dasselbe ist wie eine kabel- oder satelliten übertragung. dann werden keine abos mehr gekauft, der markt normalisiert sich und der profi freut sich plötzlich wieder über den 1 million-angebot anruf…

    was ich damit sagen will: der damalige wahlkampf und die höhe der spenden waren aussergewöhnlich hoch. da fallen 5000 € vermeintlich nicht ins gewicht. ausser man braucht das geld um darlehen zu tilgen oder rechnungen zu zahlen. dann bekommen auch die 5000 € wieder einen stellenwert. aus der perspektive sehe ich es und von daher bin ich auf das urteil am freitag gespannt.

  • R.G.

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    @Jonas Wihr
    meint
    “komisch – die Kommentare von Julian86 und XYZ lese ich schon lange nicht mehr. Wem geht es auch so? Ach, wie vermisse diesen MKVeits oder wie er hieß, der postet hier wohl nicht mehr. ”

    Wieso sollte er nicht mehr hier posten / gepostet haben?
    Juristische Zwiegespräche und viele Links lassen sich unter einem anderen Nick gleichfalls absetzen.

  • Mr. B.

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    Zu Alfons Kaiser
    20. Februar 2020 um 13:03| #

    “Das Problem liegt viel tiefer und muß auch dort angegangen werden: Die Verknüpfung von Wirtschaft und Politik. Wenn die Politik der Wirtschaft nichts mehr vorzuschreiben hat, was ausschließlich die Wirtschaft betrifft, dann besteht seitens der Wirtschaft auch keine Notwendigkeit mehr, sich mit Lobby-Arbeit und/oder „Spenden“ eine ihr gewogene Politik zu erkaufen.
    Utopisch? Nicht umsetzbar?”

    Sehr geehrter Herr Kaiser, haben Sie nicht mitbekommen, das Teile der großen Wirtschaft die Politik längst bestimmen. Sie sollten sich hier wirklich besser informieren.
    Freilich, dem Bürger wird es von der Politik im Fernsehen und in den Gazetten anders dargestellt. Stimmt aber oftmals nicht! Aber, es geht immer um nichts anderes als “Geld”, “Geld”, “Geld”!!!!!!!

  • XYZ

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    Zu frage 10.53
    Die Feinheiten der Gesetze sind zu recht nicht zu unterschätzen. Bei Bedarf und anderer gesellschaftlicher Entwicklung muss der Gesetzgeber rechtzeitig nachkorrigieren. Da gab es ja einige Warnungen wie von den Linken und dem Europarat. Die Abgrenzung Unternehmens- und Privat-Spenden ist natürlich auch schwierig. Mitarbeiter von UN’en können durchaus auch an Spenden persönlich interessiert sein, schliesslich wollen sie dass die Firma floriert und sie ggf. einen Bonus bekommen. Nähere Ausführungen dazu fand ich im erstem Urteil laut Berichterstattung nicht, vielleicht im zweiten Prozess.

  • Piedro

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    @Alfons Kaiser
    “Ich propagiere doch nicht, daß sich Politik und Wirtschaft noch weiter verflechten, sondern genau das Gegenteil – Politik und Wirtschaft müssen getrennt werden!”
    Das passt zu dem vorherigen Beitrag:
    “Wenn die Politik der Wirtschaft nichts mehr vorzuschreiben hat, was ausschließlich die Wirtschaft betrifft…”
    Erst dachte ich, Sie hätten sich unglücklich ausgedrückt, aber Sie scheinen das tatsächlich ernst zu meinen.

    SELBSTVERSTÄNDLICH muss die Politik “der Wirtschaft” Vorschriften machen, ihr Regeln setzen, nicht zuletzt als Gesetzgeber. Es muss gewährleistet sein, dass diese Regeln eingehalten und Verstöße sanktioniert werden. Nur so kann Demokratie funktionieren. Wenn es Defizite gibt, zB durch Einflussnahme via Spenden, dann müssen hier die Stellschrauben justiert werden, keinesfalls ist den Spendern freie Hand zu lassen um Spenden unnötig zu machen.

    Wie kommt man auf solche Ideen?

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