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DEZ-Bühne startet wieder

Ein Viereinhalb-Minuten-Ei und Männer in Erbsengröße

Darauf hat Regensburg lange gewartet. Der Kultursommer kann endlich beginnen. Während das Stadttheater im Ostpark und am Hafen mittlerweile seine Open Air-Bühnen aufgebaut hat, startete die DEZ-Bühne vergangenen Donnerstag bereits mit einem Best-Off eines großen deutschen Humoristen.

„Was singen wir? Das geht Sie gar nichts an.“ Quelle: DEZ-Bühne

„Können Sie mir sagen, warum Sie in meiner Badewanne sitzen?“ Herr Müller-Lüdenscheidts Frage ist durchaus berechtigt. Schließlich hat sich sein Gegenüber Herr Dr. Klöbner im Hotelzimmer geirrt. Da Müller-Lüdenscheidt sehr viel Wert darauf legt, in seiner Wanne das Wasser selbst einzulassen, hatte er das von Dr. Klöbner eingelassene Wasser zunächst wieder abgelassen. Und so sitzen sich die beiden Herren nackt und ohne Wasser in der Badewanne gegenüber. Es ist einer von zahlreichen Sketchen, für die Vicco von Bülow, besser bekannt als Loriot, bis heute viele treue Fans hat.

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Ironisch und humorvoll sorgen die Geschichten des 2011 verstorbenen Künstlers auch beim Regie-Debüt von Undine Schneider vor nicht ganz ausverkauftem Haus am Donnerstagabend für reichlich Lacher. Schneider leitet das Turmtheater und initiierte vergangenen Oktober die DEZ-Bühne als vorübergehenden Ausweichort. Nun versucht sie sich auch als Regisseurin.

„Die Ente bleibt draußen“

Dass die von Loriot vor allem für das Fernsehen konzipierten Witze auch Bühnenpotential haben, bewiesen in den vergangenen Jahren schon andere deutsche Bühnen. Schneiders Collage besticht durch eine abwechslungs- und temporeiche Inszenierung. Die Umbauten zwischen den meist nur wenige Minuten langen Szenen werden kreativ in ein Gesamtwerk eingebaut. Ebenso Matthias Leitner mit seiner stimmigen Klavier-Musik, der eigentlich eine Anstellung als Weihnachtsmann sucht. „Ich bin Student.“

Vollen Körpereinsatz geben dann Janós Kapitany und Tobias Ostermeier, wenn sie mit einer kurzen Striptease-Szene auf Loriots Badewannensketch überleiten. Nachdem sie sich zunächst nicht einigen können ob das Wasser überhaupt eingelassen werden soll, geht es schließlich lautstark darum, welche Temperatur die richtige wäre. Streitpunkt wird dann auch eine gelbe Quietscheente. „Die Ente bleibt draußen“, sagt Müller-Lüdenscheidt bestimmt. Diese Loriot-Fans wohl vertraute Szene ist zugleich Namensgeber für die Zusammenarbeit zwischen Turmtheater und Statt-Theater, die sich im aktuellen Programm der DEZ-Bühne findet.

Wenn der Fernseher diktiert

Viele der loriotschen Sketche beschäftigen sich mit der Rolle von Mann und Frau und wie das Miteinander gelingen kann. Zuhören ist bei Loriot allerdings niemandes Stärke. So etwa, wenn der Mann über das bevorstehende Jodeldiplom seiner Frau sagt: „Eine Frau muss auch etwas eigenes haben, für später einmal.“ Dass die Frau das bereits gegenüber dem Radiomoderator in den gleichen Worten erklärt hatte, davon will der Mann nichts wissen.

In den knapp zwei Stunden geht es aber auch um lunare Ehemänner in Erbsengroße, wie sehr ein kaputter Fernseher das eigene Leben diktieren darf  – „Ich lasse mir doch von einem Fernseher nicht vorschreiben, ob ich nach hinten schaue“ – oder wie lange ein Viereinhalb-Minuten-Ei gefühlt im Wasser kochen muss, damit es weich genug ist. Aus Freunden werden bei Loriot zudem schnell Feinde, wenn es um das Teilen eines Kosakenzipfels geht. Und ein Wissenschaftler erhält den Nobelpreis für seine bahnbrechende Erfindung, „die Zahl der Frauen in Genzen zu halten“. Oder wussten Sie, dass „kein Trompeter je in eine Geige“ blasen wird?

Ein Leben voller Missverständnisse

Es zeichnet das gesamte Werk Loriots aus, eigentlich klassische Altagssituationen auf absurde und überspitzte Weise wiederzugeben und dadurch der Gesellschaft bis heute auch immer ein Stück weit den Spiegel vorzuhalten. Kaum eine Szene, die sich nicht innerhalb kürzester Zeit in Missverständnissen und einem verbalen Schlagabtausch verliert. So auch der wohl vielen bekannte Klassiker, wenn Hermann „einfach nur hier sitzen“ will.

Den Vorschlag seiner Frau, er könne doch einen Spaziergang machen, lehnt er dankend ab. „Ich möchte hier einfach nur sitzen.“ Heinz Müller spielt auf der DEZ-Bühne den zunächst ruhigen, mit der Zeit aber merklich gereizter werdenden Ehemann. Seine Frau, gespielt von Inge Faes, versteht schließlich die Welt nicht mehr. „Erst willst du spazieren gehen. Dann wieder nicht.“ Dabei wollte Hermann doch „einfach nur hier sitzen und entspannen“.

Viel Witz, Charme und Leidenschaft

Schneider versucht sich an einem Stoff, der auf den ersten Blick betrachtet nicht sonderlich komplex wirkt. Doch Loriot lebt auch auf der DEZ-Bühne vor allem von den vielen Details, einem auf das Wesentliche reduzierten Bühnenbild und der Leidenschaft der Schauspieler. Und die scheint den sechs Protagonisten auch nach der ungewollten Pause in den vergangenen Monaten nicht verloren gegangen zu sein. Vor dem Original müssen sie sich auch bei eingefleischten Loriot-Fans nicht verstecken. Ein Manko hat das ganze aber schon. Es fehlt leider die wandernde Nudel.

Neben dem Stück „Die Ente bleibt draußen“ hat die DEZ-Bühne in den  kommenden Wochen zahlreiche weitere Komödien und Kabarett-Abende im Programm.

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Kommentare (2)

  • Piedro

    |

    Manchmal wünschte ich in Regensburg zu sein.

  • R.G.

    |

    Ein richtig witzig geschriebener Artikel.

Kommentare sind deaktiviert

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